Bankrecht

Abgewiesene Klage im Streit um Widerruf eines Darlehensvertrages

Aktenzeichen  21 O 1263/19

Datum:
15.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 56026
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Landshut
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 502 Abs. 2 Nr. 2
EGBGB § 247 § 6 Abs. 2

 

Leitsatz

Tenor

1.Die Klage wird abgewiesen.
2.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3.Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4.Der Streitwert wird auf 67.899,02 € festgesetzt.  

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
1. Das Landgericht Landshut bejaht seine örtliche Zuständigkeit. Der klagende Verbraucher hatte bei Abschluss des Darlehensvertrags und Auszahlung der Valuta seinen Wohnsitz im Bezirk des Landgerichts Landshut. Somit ist für die negative Feststellungsklage der Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§ 29 ZPO) im hiesigen Bezirk gegeben, da auch für die Klage aus Ansprüchen der Bank gegen den Kunden gem. §§ 269, 270 Abs. 4 BGB der Erfüllungsort am Wohnsitz des Darlehensnehmers anzunehmen wäre, vgl. OLG Stuttgart, NJW-RR 2019, 1067.
2. Die örtliche Zuständigkeit besteht, auch wenn in einem weiteren Antrag die Rückzahlung bereits geleisteter Raten verlangt wird. Dieser Antrag ist nur hilfsweise gestellt unter der Bedingung, dass der Klageantrag Ziff. 1 Erfolg hat. Ein nur hilfsweise gestellter Antrag kann den unbedingt gestellten Antrag nicht unzulässig machen und hat auch keinen Einfluß auf die örtliche Zuständigkeit. Es ist allerdings zutreffend, dass – für den Fall des Eintritts der Bedingung – dann eine Verweisung an das örtlich zuständige Gericht Frage kommen könnte, da es sich um unterschiedliche Streitgegenstände handeln würde (BGH NJW-RR 2019, 866).
3. Der Kläger konnte sein Widerrufsrecht nicht mehr ausüben. Die Frist von 2 Wochen gem. §§ 358 Abs. 2, 495 Abs. 1 i.V.m § 355 Abs. 1 BGB war abgelaufen. Die Widerrufsinformation war zutreffend, die Klagepartei hat auch alle Pflichtinformation rechtzeitig erhalten.
Zu den von der Klagepartei aufgeworfenen Fragen hat der Bundesgerichtshof mit Urteilen vom 05.11.2019 (XI ZR 650/18 und XI ZR 11/19) – die Belehrungen anderer Banken (BMW-Bank, Ford Bank) betreffend – inzwischen mehrere Streitfragen entschieden. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat sich am 15.10.2019 (6 U 148/18) BeckRS 2019, 24593 mit den Vertragsunterlagen der hiesigen Beklagten – auch das erkennende Gericht überzeugend – auseinandergesetzt.
a) Die Rüge der Klagepartei, die gem. Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 2 EGBGB mitzuteilende Angabe eines zu zahlenden Zinsbetrages in der Widerrufsinformation widersprüchlich sei und deshalb fehle, weil der Zins hier mit 4,18 € angegeben sei, kann der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Verbraucher, auf den abzustellen ist, versteht diese Information dahingehend, dass im Falle des Widerrufs solche Zinsen zu zahlen sind. Wenn in den AGB auf diese Zinsen dann verzichtet wird, kann das keine negativen Auswirkungen auf die Widerrufsentscheidung des Kunden haben. Er wird sich daran orientieren, dass er einen Zins von 4,18 € täglich zu zahlen hat. Dass der Darlehensnehmer an andere Stelle auf diese Zinsen verzichtet, beeinflusst die Entscheidung des Kunden deshalb nicht nachteilig, weil er beim Widerruf dann lediglich einkalkulieren muss, die Zinsen von 4.18 € – und jedenfalls nicht mehr, höchstens weniger – zahlen zu müssen. Die Tageszinsen sind auch nach allgemeinen Finanzmathematischen Methoden richtig berechnet.
b) Soweit die Klagepartei rügt, das in den AGB enthaltene Aufrechungsverbot erschwere das Widerrufsrecht, ist – im Anschluss an die Entscheidungen des BGH XI ZR 309/16 und XI ZR 463/18 – festzustellen, dass die Tatsache, dass in den einbezogenen AGB eine unwirksame Regelung zur Beschränkung der Aufrechungsbefugnis enthalten ist, die Ordnungsgemäßheit der Widerrufsbelehrung nicht beeinflusst.
c) Über das außerordentliche Kündigungsrecht nach § § 314 BGB mußte nicht informiert werden. Dieses gehört nicht zu den Angaben über das einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrags nach Art. 247 § § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB. Vielmehr bezieht sich diese Vorschrift nur auf das – in der Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG vorgesehene – Kündigungsrecht nach § § 500 Abs. 1 BGB. Diese Frage ist durch den Bundesgerichtshof in den oben genannten Entscheidungen inzwischen geklärt worden.
d) Die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung muss, anders als die Klage meint, nicht ausführlicher als hier vorhanden sein Die nach Art. 247 § § 7 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB erforderlichen Informationen zu den Voraussetzungen und der Berechnungsmethode für den Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung ist erteilt worden. Im Hinblick auf eine hinreichende Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Berechnungsmethode genügt es, wenn der Darlehensgeber die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wesentlichen Parameter in groben Zügen benennt. Welche näherer Präzierung hier gegenüber der Formulierung, es werde ein bestimmter Prozentsatz des züruckbezahlten Betrages angesetzt, noch erforderlich sein soll, erschließt sich nicht.
Auf Seite 1 des Darlehensvertrages ist diese – einfache – Formel unübersehbar enthalten.
Selbst wenn aber diese Art der Berechnung der Vorfälligkeit den Verbraucher unangemessen benachteiligen würde, lässt das den Beginn der Widerrufsfrist unberührt, als Sanktion greift dann nur § 502 Abs. 2 BGB ein, wonach es dann für die Bank keinen Anspruch auf Vorfälligkeit gibt.
e) Entgegen der Auffassung der Klagepartei waren die Widerrufsinformationen auch in der Schriftgröße ausreichend. Diese waren ohne Hilfsmittel unproblematisch und ausreichend lesbar, vgl. OLG Stuttgart, 15.10.2019, BeckRS 2019, 24593.
f) Zur Rüge, die Auszahlungsbedingungen als Pflichtangabe seien nicht richtig angegeben, ist der Klagepartei entgegenzuhalten, dass sich die erforderlichen Angaben auf auf Seite 1 des Vertragsformulars finden, indem hier unter der Überschrift „Auszahlungsbedingungen“ “ auf die Erforderlichkeit der Stellung von Sicherheiten und die Vorlage der im Rahmen der Selbstauskunft notwendigen Unterlagen, sowie in den Erläuterungen zu den Vertragsdaten darauf hingewiesen wird, dass die Auszahlung des Darlehens an die Verkäuferin erfolge und wann das geschehen werde.
4. Auf die weiteren Fragen, ob der Kläger also ohne Anrechnung einer Nutzungsentschädigung oder nur gegen eine bestimmte Nutzungsentschädigung die Rückabwicklung des Vertrags verlangen kann, kam es nicht mehr an.
5. Kostenentscheidung: § 91 ZPO.
6. Vorl. Vollstreckbarkeit: § 711 ZPO.
7. Streitwert. § 3 ZPO.


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