Bankrecht

Anspruch auf Zustimmung zur Löschung im Grundbuch eingetragener Grundschuld nach § 812 BGB

Aktenzeichen  44 O 551/16

Datum:
3.5.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 50645
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 286, § 288, § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, § 1191
ZPO § 286

 

Leitsatz

Bei Wegfall des Sicherungszwecks hat der Sicherungsgeber einen Anspruch gegen den Sicherungsnehmer auf Rückgewähr der Grundschuld, wobei es ihm frei steht, den Anspruch auf Abtretung der Grundschuld, deren Aufhebung oder den Verzicht auf das dingliche Recht zu richten. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, ihre Zustimmung zur Löschung der im Grundbuch von K, Band …, Blatt …, 3. Abteilung, laufende Nummer -, zu ihren Gunsten eingetragenen Grundschuld im Nennwert von 178.952,16 € zu erteilen.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist auch weit überwiegend begründet.
1. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zustimmung zur Löschung der im Grundbuch für die Beklagte eingetragenen Grundschuld aus § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative BGB zu.
Zugunsten der Beklagten ist im Grundbuch von K. Band …, Blatt …, 3. Abteilung, laufende Nummer -, eine Grundschuld im Nennwert von 178.952,16 € eingetragen. Diese Rechtsposition hat die Beklagte in sonstiger Weise ohne rechtlichen Grund erlangt. Rechtsgrund für die Bestellung einer Sicherungsgrundschuld ist regelmäßig der Sicherungsvertrag zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer (Palandt/Herrler, BGB, 77. Auflage, § 1191, Rdn. 15). Bei Wegfall des Sicherungszwecks aber hat der Sicherungsgeber einen Anspruch gegen den Sicherungsnehmer auf Rückgewähr der Grundschuld, wobei es ihm frei steht, den Anspruch auf Abtretung der Grundschuld, deren Aufhebung oder den Verzicht auf das dingliche Recht zu richten (BGH, Beschluss vom 20.03.2013 – XVII ZW 81/11).
Ein Rechtsgrund in Form einer Sicherungsabrede ist jedoch nicht gegeben.
a) Es liegen keine wirksamen schriftlichen Sicherungsabreden vor. Soweit sich die Beklagte auf die beiden in Kopie als „B7“ und „B9“ vorgelegten Zweckerklärungen beruft, kam die vom Gericht beauftragte Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die dortigen Unterschriften des Klägers mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit gefälscht seien.
Aufgrund der ausführlichen und nachvollziehbaren Erläuterungen der Sachverständigen in ihrem Gutachten zur Methodik und den aus der Untersuchung herausgefundenen Ergebnissen hat das Gericht keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Ergebnisse und schließt sich den Ausführungen der Gutachterin vollumfänglich an. Unter dem Eindruck der weiteren durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere der Vernehmung der Zeugen H. und M. K. ist das Gericht überzeugt, dass es sich bei den Unterschriften auf den in Kopie als „B6“, „B7“ und „B9“ vorgelegten Unterlagen nicht um die Unterschriften des Klägers handelt. Auch wenn sich der Kläger im Rahmen der Hauptverhandlung impulsiv zeigte, führt dieser persönliche Eindruck von dem Kläger nicht dazu, dass das Gericht Zweifel an seinem durch die Ergebnisse der Gutachterin bestätigten Vortrag hätte.
Mangels Unterschrift des Klägers liegt auch keine ihm zuzurechnenden Willenserklärung zum Abschluss einer derartigen Sicherungsabrede vor.
b) Hinsichtlich der beiden angeblichen mündlichen Sicherungsabreden kann sich das Gericht aufgrund der durchgeführten Hauptverhandlung und der Einvernahme der Zeugen keine Überzeugung bilden, dass diese so, wie von der Beklagten geschildert, tatsächlich zustande gekommen sind.
Der Kläger selbst bestreitet jegliche mündliche Zweckvereinbarung.
Der Zeuge M. K. bestätigte, dass er mit dem Zeugen H. über die Sicherung des Darlehens mit einer Grundschuld gesprochen habe. Er habe jedoch auch gesagt, dass er nicht darüber entscheiden könne. Er gehe aber davon aus, dass es funktioniere. Tatsächlich habe sein Vater dann aber die ihm vorgelegten Abtretungserklärungen nicht unterschreiben wollen, weshalb sich das Verhältnis zu seinem Vater auch verschlechtert habe.
Zwar schildert der Zeuge H. das Gespräch mit dem Zeugen M. K. so, als ob dieser bereits eine Zusage zur Absicherung des Kredits mittels der Grundschuld habe. Der Aussage des Zeugen H. kann das Gericht jedoch keinen Glauben schenken. Im Vergleich zur Aussage des Zeugen M. K., die eher unbeholfen und unvorbereitet wirkte, gab der Zeuge H. an, zur Vorbereitung des Termins nicht nur bei der Beklagten Einsicht in die Bankunterlagen genommen zu haben, sondern auch mit dem Vorstand der Beklagten und dem Beklagtenvertreter selbst gesprochen zu haben. Entsprechend „rund“ stellte sich dann auch seine Aussage insgesamt dar. Dabei ist auch sein Verhalten als Bankmitarbeiter zu würdigen, nämlich dass er ein Darlehen in Höhe von 80.000,00 € zu einem Zeitpunkt ausreichte, als dieses – auch nach seiner eigenen Einlassung – noch überhaupt nicht gesichert war.
Ferner führte der Zeuge aus, sich am 20.02.2006 mit dem Kläger in dessen Haus getroffen zu haben. Er habe sich dort die als Anlage B6 in Kopie eingereichte Erklärung unterschreiben lassen, mit der die H.Bank veranlasst werden sollte, die freie Grundschuld an die Beklagte abzutreten. Der Kläger habe in seinem Beisein dieses Schriftstück unterschrieben. Allerdings kommt das Sachverständigengutachten zu dem Ergebnis, dass es sich bei der dortigen Unterschrift mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit um eine Fälschung handelt. Auch dies lässt die Aussage des Zeugen H. in ihrer Gesamtheit zweifelhaft erscheinen. Aus den genannten Gründen ist das Gericht auch nicht davon überzeugt, dass es an dem betreffenden Tag (20.02.2006) zu einer mündlichen Zweckerklärung des Klägers gekommen ist.
Soweit die Sachverständige zu den Unterschriften auf den in Kopie als „B2“ bzw. als „B4“ vorgelegten Anschreiben an die H.Bank zu keinem sicheren Ergebnis kam bzw. hinsichtlich der Anlage B4 zu dem Ergebnis kam, dass die Echtheit der Unterschrift wahrscheinlicher ist als deren Fälschung, steht dies dem Anspruch des Klägers nicht entgegen.
Zum einen stellt die Aufforderung an die H.Bank, die offenen Grundschuldbeiträge an die Beklagte abzutreten, schon keinen Rechtsgrund im Verhältnis zwischen Kläger und Beklagter dar. Allenfalls wäre, sollte sich die Abtretung auf das als Anlage B4 vorgelegte Schreiben gestützt haben, ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 (Leistungskondition) herzuleiten gewesen. Aufgrund des zeitlichen Ablaufs, der sich aus dem als Anlage K2 vorgelegten Schreiben der Beklagten an die H.Bank vom 25.02.2006 ergibt, ist das Gericht jedoch überzeugt, dass der Abtretung das als „B6“ vorgelegte Schreiben und gerade nicht die als „B2“ bzw. „B4“ vorgelegten Schreiben zugrunde lag.
Die Beklagte hat die Grundbuchposition auch auf Kosten des Klägers erhalten, wie sich aus der Androhung der Zwangsvollstreckung gegen den Kläger ergibt.
2.) Hingegen hat der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.006,42 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ab Rechtshängigkeit. Ein solcher Anspruch kann sich allenfalls als Verzugsschaden aus §§ 286, 288 BGB ergeben.
Dies setzt jedoch voraus, dass sich die Beklagten zu dem Zeitpunkt, zu dem der Schaden entsteht, bereits im Verzug befinden. Insoweit wird als verzugsbegründendes Ereignis jedoch lediglich das Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 07.02.2015 angeführt. Zu diesem Zeitpunkt waren die Prozessbevollmächtigten also offensichtlich bereits für den Kläger tätig. Es ist nicht ersichtlich, dass diese erst nach Verzugseintritt beauftragt worden sind.
3.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.


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