Bankrecht

Darlehensvertrag, Berufung, Versicherungsfall, Verwirkung, Wirksamkeit, Rechtsmittel, Anlage, Versicherung, Feststellung, Sicherung, Bedeutung, Fernkommunikationsmittel, Vollstreckbarkeit, Schriftsatz, Fortbildung des Rechts, Aussicht auf Erfolg, Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung

Aktenzeichen  17 U 5197/20

Datum:
4.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 49835
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

40 O 3063/20 2020-07-23 LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 23.07.2020, Aktenzeichen 40 O 3063/20, berichtigt durch Beschluss vom 13.08.2020, wird zurückgewiesen.
2. Die Klagepartei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Beschluss des LG München I im Endurteil des LG München I vom 23.07.2020 wird dahingehend abgeändert, dass der Streitwert für den ersten Rechtszug auf € 22.220,28 festgesetzt wird.
5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf € 22.220,28 festgesetzt.

Gründe

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs des Klägers vom 05.08.2019 (Anlage K 2) betreffend den Darlehensvertrag der Parteien vom 23.05.2015 (Anlage K 1 = Anlagen B 2 und B 3), mit dem die Beklagte dem Kläger den Kauf eines Kraftfahrzeugs finanzierte.
Hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen wird gemäß § 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO auf das klageabweisende Endurteil des LG München I vom 23.07.2020 (Bl. 99/111 d. A.), hinsichtlich des Sachvortrags der Parteien im Berufungsverfahren auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und bezüglich der Berufungsanträge auf den Schriftsatz des Klägers vom 29.10.2020 (Bl. 134 d. A.) sowie den Schriftsatz der Beklagten vom 14.09.2020 (Bl. 129 d. A.) verwiesen.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 23.07.2020, Aktenzeichen 40 O 3063/20, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 522 Abs. 2 ZPO hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats im Beschluss vom 11.11.2020 (Bl. 211/214 d. A.) Bezug genommen.
Zum Schriftsatz des Klägers vom 27.11.2020 wird Folgendes angemerkt:
1. Eine Aussetzung des Rechtsstreits nach Art. 267 Abs. 1 b AEUV oder nach § 148 ZPO analog im Hinblick auf Vorlagen des LG Ravensburg ist mangels Entscheidungserheblichkeit nicht veranlasst. Auf Ziffer 2 der Gründe im Senatsbeschluss vom 11.11.2020 sowie auf die Beschlüsse des BGH jeweils vom 26.05.2020 (XI ZR 64/19, XI ZR 65/19, XI ZR 103/19, XI ZR 117/19, XI ZR 213/19, XI ZR 252/19, XI ZR 261/19, XI ZR 262/19, XI ZR 346/19, XI ZR 359/19, XI ZR 372/19, XI ZR 413/19, XI ZR 424/19, XI ZR 428/19, XI ZR 434/19, XI ZR 444/19, XI ZR 458/19, XI ZR 514/19, XI ZR 541/19, XI ZR 569/19 und XI ZR 570/19 – jeweils nach juris) und vom 30.06.2020 (XI ZR 32/19, XI ZR 109/19, XI ZR 132/19, XI ZR 161/19, XI ZR 241/19, XI ZR 277/19, XI ZR 280/19, XI ZR 292/19, XI ZR 326/19, XI ZR 345/19, XI ZR 382/19, XI ZR 391/19, XI ZR 392/19, XI ZR 398/19, XI ZR 403/19, XI ZR 420/19, XI ZR 440/19, XI ZR 452/19, XI ZR 456/19, XI ZR 459/19, XI ZR 464/19, XI ZR 471/19, XI ZR 495/19, XI ZR 502/19, XI ZR 510/19, XI ZR 554/19, XI ZR 603/19 und XI ZR 6/20 – jeweils nach juris) wird verwiesen.
2. Für die Frage der Verwirkung maßgeblich ist für den Senat die hierzu ergangene eindeutige Rechtsprechung des 11. Zivilsenats des BGH dahingehend, dass gewichtiges Kriterium für die Verwirkung die (ggf. vorzeitige) Ablösung (ggf. auf Wunsch des Klägers) und vollständige Abwicklung des Darlehensvertrages ist (vgl. BGH, Urteil vom 12.07.2016, XI ZR 501/15, WM 2016, 1835, 1840, Randziffer 41; s.a. Urteil vom 10.10.2017, XI ZR 443/16, WM 2017, 2248, 2251, Randziffer 26) insbesondere bei Freigabe der übereigneten Sicherheit (vgl. BGH, Urteil vom 12.03.2019, XI ZR 9/17, WM 2019, 917, 919, Randziffer 11). Dies berücksichtigt der Kläger in seinem Vortrag nicht.
3. Die RL 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der RL 87/102/EWG des Rates steht nicht entgegen, da Verwirkungsfragen solche allein des nationalen Rechts sind (vgl. BGH, Urteil vom 27.10.2020, XI ZR 498/19, Randziffer 27; Urteil vom 27.10.2020, XI ZR 525/19, Randziffer 27 – jeweils nach juris und jeweils zur Frage des Rechtsmissbrauchs nach § 242 BGB).
4. Ausschließlich Fernkommunikationsmittel wurden ebenfalls nicht zum Abschluss des Darlehensvertrages verwendet, da der Verkäufer des Kraftfahrzeugs als Darlehensvermittler (vgl. Anlage K 1, Seite 5 von 10, links oben), mit dem der Kläger nach eigenem Vortrag unmittelbaren Kontakt hatte, als Vertreter der Beklagten handelte (vgl. BGH, Urteil vom 27.02.2018, XI ZR 160/127, WM 2018, 729, 731, Randziffer 20). Das gilt auch für die abgeschlossene Ratenschutzversicherung Tod und AU auch im Verhältnis zum Versicherungsunternehmen.
5. Nicht recht ersichtlich ist, welche Rechtsfolgen der Kläger mit seinem Vortrag zur regelmäßig unfreiwillig abgeschlossenen Ratenschutzversicherung bezweckt. Welche Auswirkungen dies auf den konkreten Vertragsabschluss des Klägers haben sollte, ist ebenfalls nicht verständlich. Für eine Anfechtbarkeit des Darlehens wegen widerrechtlicher Drohung o.ä. ist nichts ersichtlich, im Zuge der Vertragsfreiheit ist die Beklagte nicht zum Abschluss eines Darlehensvertrages ohne Ratenschutzversicherung verpflichtet.
6. Dasselbe gilt für den Versicherungsfall und die vom Kläger angesprochene Vorfälligkeitsentschädigung: Da die Versicherung im Versicherungsfall für den Kläger eintritt, braucht den Kläger der Umfang von deren Leistungspflicht gegenüber der Beklagten nicht zu interessieren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils und dieses Beschlusses erfolgte gemäß § 708 Nr. 10, § 708 Nr. 10 analog, § 711 ZPO (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 13.11.2014, NJW 2015, 77, 78, Randziffer 16).
Der Wert des von dem Kläger verfolgten Klagebegehrens bemisst sich grundsätzlich nach dem Nettodarlehensbetrag zuzüglich der Kaufpreisanzahlung. Die in dem Zahlungsantrag enthaltenen Zinszahlungen bleiben ebenso wie die geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten als Nebenforderungen nach § 4 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO außer Betracht. Dem Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs kommt neben der in der Hauptsache geltend gemachten Zugum-Zug-Verurteilung keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zu (BGH, Beschluss vom 26.05.2020, XI ZR 414/19 – nach juris; Beschlüsse jeweils vom 25.08.2020, XI ZR 483/19 und XI ZR 108/20 – jeweils nach juris). Dementsprechend war auch der für die erste Instanz festgesetzte Streitwert gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG abzuändern.


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