Bankrecht

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Aktenzeichen  28 O 11949/19

Datum:
16.1.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 40170
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 25.343,03 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
A.
I. Der Klageantrag Ziffer 1 ist zulässig. Es besteht das erforderliche Feststellungsinteresse. Da die Beklagte die Wirksamkeit des Widerrufs in Abrede stellt, berühmt sie sich vertraglicher Erfüllungsansprüche. Die Klagepartei muss sich insoweit nicht grundsätzlich auf den Vorrang der Leistungsklage verweisen lassen. Denn diese bezieht sich allein auf die Rückgewähr der bis zum Widerruf erbrachten Leistungen, wohingegen sich jedenfalls die begehrte Feststellung, dass die Beklagte danach keine Ansprüche mehr aus dem Darlehensvertrag hat, nicht mit der Leistungsklage abbilden lässt (vgl. BGH, Urteil vom 16.05.2017 – XI ZR 586/15). Die Parteien haben auch nicht vorgetragen, dass der Kläger die Schlussrate (fällig am 05.01.2020) bereits geleistet hat.
Letztlich kann dies aber auch dahinstehen, da die Klage jedenfalls in der Sache abzuweisen ist (vgl. Thomas/Putzo, 39. Auflage 2018, § 256 ZPO Rn. 4).
II. Die Klageerweiterung in Ziffer 2 des Klageantrags ist ebenfalls zulässig, § 264 Nr. 2 ZPO.
III. Der Klageantrag Ziffer 3 auf Feststellung des Annahmeverzugs ist zulässig. Der Verzug des Schuldners ist zwar grundsätzlich kein Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 ZPO. Die Klage auf Feststellung des Annahmeverzugs bei Leistung Zug um Zug ist jedoch wegen §§ 756, 765 ZPO zulässig. Die Klagepartei hat in Ziffer 1 die Verurteilung zur Leistung Zug um Zug beantragt. Dies genügt. Ob die Leistung tatsächlich Zug um Zug durchsetzbar ist oder sich die Beklagte auf ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 358 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 357 Abs. 4 BGB berufen kann, betrifft dagegen die Begründetheit der Klage.
B.
Der von der Klagepartei mit Schreiben vom 10.05.2019 erklärte Widerruf war verfristet und damit unwirksam.
I. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag vom Dezember 2015 um ein Verbraucherdarlehen im Sinne des § 491 Abs. 1 BGB (in der bei Vertragsschluss maßgeblichen Fassung v. 13.06.2014 bis 20.03.2016, im Folgenden: a.F.) handelt, so dass der Klagepartei ein Widerrufsrecht nach §§ 495 Abs. 1, 355 BGB (in der entsprechenden Fassung) zustand.
II. Die Widerrufsfrist war jedoch bei Erklärung des Widerrufs längst abgelaufen. Insbesondere sind die Voraussetzungen des Beginns der Widerrufsfrist gemäß § 356b Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB (in der maßgeblichen Fassung bis 20.03.2016, im Folgenden: a.F.) eingehalten.
1. Die Vertragsunterlagen bestehen vorliegend aus 11 Seiten, die fortlaufend mit „Seite 1 von 11“ bis „Seite 11 von 11“ nummeriert sind und so auch von der Klagepartei in der Anlage K 3 vorgelegt wurden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Einheit einer Urkunde selbst bei fehlender körperlicher Verbindung gewahrt, wenn eine fortlaufende Paginierung vorliegt (BGH, XII ZR 234/95, juris). Die Vertragsunterlagen umfassen hier demnach die Europäischen Standardinformation für Verbraucherkredite (Seite 1 bis 3), die „Informationen zu Ihrem Darlehensvertrag“ (Seite 4), das Darlehensantragsformular (Seite 5 bis 7), die Widerrufsinformation (Seite 8), die Selbstauskunft (Seite 9) sowie die Allgemeinen Darlehensbedingungen (Seite 10 und 11).
2. Die Vertragsunterlagen enthalten alle erforderlichen Pflichtangaben.
a) Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Beklagte die Pflichtangabe zur „Art des Darlehens“ gemäß Art. 247 § 6 Nr. 1 i.V.m. § 3 Nr. 2 EGBGB a.F. erfüllt.
In den Gesetzesmaterialien (Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie vom 21.01.2009, BT-Drs. 16/11643, S. 123) heißt es hierzu:
„Nach Nummer 2 muss die „Art des Darlehens“ angegeben werden. Dies entspricht Artikel 5 Abs. 1 Satz 4 Buchstabe a, Artikel 6 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe a der Verbraucherkreditrichtlinie. Nummer 2 umfasst auch die „Produktbeschreibung“ aus dem Europäischen Standardisierten Merkblatt für grundpfandrechtlich gesicherte Verbraucherdarlehensverträge. Bei der „Art“ kann zunächst zwischen Darlehensverträgen und anderen entgeltlichen Finanzierungshilfen unterschieden werden. Die Vertragsart kann deshalb zum Beispiel auch als „Leasingvertrag“ bezeichnet werden. Die Art kann sich aber auch auf die nähere Ausgestaltung des Darlehens beziehen, z.B. ein befristetes oder unbefristetes Darlehen mit regelmäßiger Tilgung oder Tilgung am Ende der Laufzeit. Auch die besonderen Formen, die in §§ 503 bis 505 BGB-E genannt werden, stellen Darlehensarten dar.“
Die Beklagte hat diese Pflichtangabe vorliegend an mehreren Stellen des als Anlage K 3 und B 1 vorgelegten Darlehensvertrages erteilt. Zum einen findet sich die Angabe in dem von der Beklagten verwendeten Muster nach Anlage 4 zu Art. 247 § 2 EGBGB „Europäische Standardinformation für Verbraucherkredite“. Dort ist ausdrücklich die Kreditart als „Ratenkredit mit gleichbleibenden Monatsraten, erhöhter Schlussrate und festem Zinssatz“ angegeben (S. 1 von 11). Weiter findet sich auf Seite 4 von 11 unter Ziffer 1. nochmals eine klare Beschreibung des Inhalts des Darlehensvertrags und unter Ziffer 3. der Rückzahlungsmodalitäten. Im Übrigen sind auch auf dem auf Seite 5 von 11 vorgelegten Darlehensantragsformular (Anlage K 3) die Angaben „Darlehensantrag Ratenkredit“ enthalten, sowie weiter unter der Überschrift „Zahlungsplan“ die Anzahl und Höhe der einzelnen Tilgungsraten sowie die Höhe und der Fälligkeitszeitpunkt der Schlussrate. Die Art des Darlehens ist hieraus klar ersichtlich.
bb) Entgegen der Ansicht des Klägers sind die Auszahlungsbedingungen gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 9 EGBGB a.F. genannt.
Diese Pflichtangabe betrifft insbesondere den streitgegenständlichen Fall der Auszahlung des Darlehens an einen Dritten (BT-Drs. 16/11643, S. 124; LG Heilbronn, Urteil vom 24.01.2018, 6 O 311/17). In der nach oben stehenden Ausführungen zu beachtenden „Europäischen Standardinformation für Verbraucherkredite“ auf Seite 1 unter dem Punkt „Bedingungen für die Inanspruchnahme“ sowie in dem Darlehensantrag unter der Überschrift „Auszahlung des Darlehens“ auf Seite 5 der als Anlage K 3 vorgelegten Vertragsunterlagen ist geregelt, dass das Darlehen ausgezahlt wird, sobald die nach Darlehensvertragsschluss von der Bank bestimmten Auszahlungsvoraussetzungen erfüllt sind, das zu finanzierende Fahrzeug geliefert wurde und die vorgesehenen Sicherheiten (u.a. Anzahlung 5.555,91 €) bestellt wurden. Des weiteren findet sich der Hinweis, dass der im Gesamtkreditbetrag ganz oder teilweise enthaltene Kaufpreis zum Zeitpunkt seiner Fälligkeit an die Verkäuferfirma ausbezahlt wird. Der ersten Seite des Darlehensantrages (Seite 5 von 11 der Vertragsunterlagen, Anlage K 3) ist zu entnehmen, welcher Restkaufpreis im Gesamtdarlehensbetrag enthalten ist. Die zu bestellenden Sicherheiten sind ebenfalls auf der ersten Seite des Darlehensantrags genannt.
cc) Auf das einzuhaltende Verfahren bei Kündigung des Vertrages gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB a.F. wird ordnungsgemäß hingewiesen.
Das einzuhaltende Verfahren bei Kündigung des Vertrages ist ebenfalls den gesetzlichen Anforderungen entsprechend angegeben worden. Die Allgemeinen Darlehensbedingungen der Beklagten enthalten in Ziffer 4.4 (vgl. Seite 11 der Anlage K 3) „Kündigung aus wichtigem Grund“ folgende Angabe: „Das Recht des Darlehensnehmers/Mitdarlehensnehmers zur Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt. Die Kündigung bedarf der Textform.“ Unabhängig von der teilweise kontrovers diskutierten Frage, ob die Beklagte überhaupt verpflichtet war, auf das außerordentliche Kündigungsrecht des Darlehensnehmers hinzuweisen, ist daher festzustellen, dass dieser Hinweis hier jedenfalls erfolgt ist. Der Angabe der Vorschrift des § 314 BGB bedurfte es dabei aus Sicht des Gerichts nicht. Der Hinweis auf das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund ist auch ohne Zitat der Vorschrift des § 314 BGB ausreichend und klar verständlich. Zudem ist es ausreichend, wenn sich diese Information (nur) in den – hier ohnehin als Bestandteil der Vertragsurkunde (siehe oben) – ausgehändigten Allgemeinen Darlehensbedingungen befindet (vgl. BGH XI ZR 741/16, Rz. 25, juris, und XI ZR 253/15, Rz. 25, juris; BGH XI ZR 650/18).
Ein Fehler ergibt sich entgegen der Ansicht der Klagepartei auch nicht daraus, dass es in Ziffer 4.4. der ADB weiter heißt, dass die Kündigung des Darlehensnehmers der Textform bedarf. Dabei kann hier wiederum dahinstehen, ob die Beklagte überhaupt verpflichtet war, auf die Form der Kündigung hinzuweisen. Das Bestehen einer solchen Pflicht an dieser Stelle unterstellt, wäre ihr mit Ziffer 4.4 der ADB jedenfalls Genüge getan. Dabei ist es zwar zutreffend, dass der Darlehensnehmer grundsätzlich formfrei kündigen kann. Die Parteien haben hier aber im Rahmen des Vertragsschlusses unter Einbeziehung der ADB schlicht eine anderweitige Vereinbarung getroffen. Diese Vereinbarung war vorliegend auch zulässig. Es liegt insbesondere weder ein Verstoß gegen § 309 Nr. 13 BGB noch gegen § 307 BGB vor. Dabei ist zum einen das berechtigte Interesse beider Parteien an der Einhaltung der Textform schon zu Beweiszwecken zu sehen. Zum anderen ist auch nicht ersichtlich, inwiefern der Darlehensnehmer hierdurch unangemessen benachteiligt werden sollte. Dazu kommt, dass für den Darlehensnehmer keine strengere Form als für den Darlehensgeber, sondern dasselbe Formerfordernis vereinbart wurde. Im Übrigen hätte ein solcher – hier nicht gegebener – Verstoß nur zur Folge, dass die entsprechende Klausel unwirksam wäre, ohne darüber hinaus jedoch Auswirkungen auf den Lauf der Widerrufsfrist zu haben.
Die Beklagte musste darüber hinaus nicht darauf hinweisen, dass die Kündigung erst mit Zugang bei der anderen Partei wirksam wird. Dabei handelt es sich schon nicht um eine Angabe zu dem „einzuhaltende(n) Verfahren bei der Kündigung“ im Sinn des Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB a.F..
Der Hinweis auf die Form der Kündigung durch den Darlehensgeber (Textform) befindet sich in Ziffer 5.3 der ADB (vgl. Seite 11 der Anlage K 3) der Beklagten.
Die Parteien haben in Ziffer 5.3 der ADB unter der Überschrift „5. Kündigung durch die Bank – Rücktritt vor Auszahlung des Darlehens“ – „5.3 Form der Kündigung“ (Anlage K 3) wirksam vereinbart, dass die Kündigung der Bank der Textform bedarf. Die Vereinbarung einer solchen Form ist möglich und garantiert dem Verbraucher ebenso wie die in § 492 Abs. 5 BGB a.F. vorgesehene Form (Abgabe auf einem dauerhaften Datenträger), dass ihm alle vertragserheblichen Erklärungen in einer bestimmten Form mitgeteilt werden (BeckOK BGB/Möller, 50. Ed. 1.5.2019, BGB § 492 Rn. 42). Durch das Erfordernis der Verwendung der Textform kann der Darlehensnehmer sämtliche Informationen nach Vertragsschluss als gewichtige Mitteilungen erkennen (BeckOGK/Knops, 1.3.2019, BGB § 492 Rn. 53). Hinzu kommt, dass § 126 b BGB wie folgt lautet: „Ist durch Gesetz Textform vorgeschrieben, so muss eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden.“ Auch vor diesem Hintergrund ist die Vereinbarung in Ziffer 5.3 der ADB nicht zu beanstanden.
dd) Die nach Art. 247 § 7 Nr. 3 EGBGB a.F. erforderliche Angabe der „Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung, soweit der Darlehensgeber beabsichtigt, diesen Anspruch geltend zu machen, falls der Darlehensnehmer das Darlehen vorzeitig zurückzahlt“, ist mit Ziffer 4.3 der ADB (siehe Seite 10 der Anlage K 3) erfolgt, in der Bezug genommen wird auf die vom Bundesgerichtshof vorgeschriebenen finanzmathematischen Rahmenbedingungen, von denen einige aufgezählt werden, und eine Kappungsgrenze festgelegt wird.
Zunächst ist es ausreichend, dass die Beklagte hier „nur“ auf die vom Bundesgerichtshof vorgeschriebenen finanzmathematischen Rahmenbedingungen verwiesen und die maßgeblichen Faktoren aufgezählt hat. Die Angabe einer konkreten Berechnungsformel war dagegen nicht erforderlich. Schon dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass hier eine konkrete Formel anzugeben wäre. Gefordert wird vielmehr nur die „Angabe der Berechnungsmethode“. Damit wird dem gesetzgeberischen Ziel, dass der Verbraucher die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nachvollziehen und seine Belastung im Fall einer vorzeitigen Darlehensablösung zutreffend abschätzen kann (Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, BT-Drs. 16/11643, S. 87) hinreichend Rechnung getragen (vgl. BGH, Urt. vom 05.11.2019, Az.: XI ZR 650/18).
Auch die zusätzliche Angabe, dass die Entschädigung pauschal 50,00 € beträgt, macht die Darstellung nicht insgesamt unklar oder unverständlich. Für den durchschnittlich verständigen Verbraucher ist aus der Formulierung ohne weiteres ersichtlich, dass er im Fall der vorzeitigen Rückzahlung grundsätzlich eine pauschale Vorfälligkeitsentschädigung von 50,00 € schuldet. Die folgenden Ausführungen tragen dann der Vorgabe des § 309 Nr. 5 b BGB Rechnung, wonach dem Darlehensnehmer der Nachweis zu gestatten ist, dass dem Kreditgeber kein oder nur ein geringerer Schaden entstanden ist. Aus der weiteren Darstellung ergibt sich wiederum, dass der Betrag der Vorfälligkeitsentschädigung ggf. noch auf den niedrigeren der beiden folgenden Beträge reduziert wird, wobei die Beklagte hier die Vorgaben des § 502 Abs. 1 S. 2 BGB. umgesetzt hat. Zudem wird hierdurch sichergestellt, dass die Pauschale den nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden nicht übersteigt, § 309 Nr. 5 a BGB. Letztlich führt die zusätzliche Angabe der Pauschale dazu, dass dem Verbraucher die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung sehr viel klarer vor Augen geführt wird, als durch die bloße Angabe der Berechnungsmethode. Die weiteren Ausführungen dienen schlicht der Umsetzung dieser gesetzlichen Vorgaben.
ee) Soweit der Kläger rügt, dass der Vertrag die Pflichtangaben zu den sonstigen Kosten nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB a.F. nicht enthalte und ein Verweis auf das Preis- und Leistungsverzeichnis nicht ausreiche, schließt sich das Gericht den überzeugenden Ausführungen des OLG München vom 26.11.2018, Az.: 17 U 3448/18, an: Die sonstigen Kosten im Preis- und Leistungsverzeichnis der Beklagten nachzusehen, hält das Gericht für zumutbar, zumal es nicht Aufgabe eines Darlehensvertrags sein kann, das Preis- und Leistungsverzeichnis einer Bank vollständig abzudrucken. Der Einwand des Klägers, dass sich auf der Internetseite der Beklagten www…. weder das Preis- und Leistungsverzeichnis noch ein Link zu diesem findet, überzeugt nicht. Der Kläger verweist in seinem Schriftsatz vom 12.12.2019 selbst auf das Preis- und Leistungsverzeichnis unter https://www…. Mithin ist dieses für einen durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher ohne weiteres auf der Homepage der Beklagten auffindbar.
3. Die Widerrufsinformation ist ebenfalls ordnungsgemäß.
a) Der Darlehensvertrag klärt in der Widerrufsinformation zutreffend über den Tageszins nach Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 1 und 2 EGBGB a.F. auf. Der Verbraucher wird durch die Angabe, dass der pro Tag zu zahlende Zins 0,00 € betrage, klar und verständlich darüber informiert, dass er im Falle eines Widerrufs für den Zeitraum bis zur Rückzahlung des Darlehens keine Sollzinsen zu entrichten hat. Diese Regelung ist für den Verbraucher günstig und daher gerade nicht geeignet, ihn von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten.
Die Angabe, dass pro Tag ein Zinsbetrag von 0,00 Euro zu zahlen sei, kann als vertragliches Angebot der Beklagten auf Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung für den Fall der Ausübung des Widerrufs verstanden werden. Dies ist auch ohne weiteres möglich, da der Verbraucher hierdurch gegenüber der gesetzlichen Regelung gerade besser gestellt wird.
Der Verzicht der Beklagten auf die Geltendmachung von Sollzinsen steht auch nicht im Widerspruch zu den Ausführungen in der Widerrufsbelehrung, dass der Darlehensnehmer, soweit das Darlehen bereits ausbezahlt wurde, es spätestens innerhalb von 30 Tagen zurückzuzahlen und für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung des Darlehens den vereinbarten Sollzins zu entrichten habe. Die Beklagte hat insoweit lediglich den in der Musterbelehrung ausdrücklich vorgesehenen Satz übernommen. Die Widerrufsbelehrung der Beklagten entspricht sowohl inhaltlich, als auch in der äußeren Gestaltung dem Muster in Anlage 6 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB a.F. Der Beklagten kann es nicht zugemutet werden, durch Weglassen eines Satzes die Schutzwirkung des Musters zu verlieren.
Für den Verbraucher ist es zudem auch offensichtlich, dass die Beklagte einen vorgefertigten Text verwendet und in diesem zugunsten des Darlehensnehmers auf die üblicherweise vorgesehenen Sollzinsen verzichtet und diese daher auch nicht gezahlt werden müssen. Eine andere Deutung lässt diese klare Formulierung nicht zu (vgl. auch BGH, Urt. vom 05.11.2019, Az.: XI ZR 650/18).
b) Die Beklagte kann sich zudem auf die Schutzwirkung des Musters nach Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB i.d.F. bis 20.3.2016 berufen, da sie gegenüber der Klagepartei in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form ein Formular verwendet hat, das dem Muster sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht.
aa) Entgegen der Ansicht der Klagepartei wurde mit der Angabe des Zinsbetrags mit „0,00 Euro“ im Rahmen der Widerrufsfolgen der Gestaltungshinweis Nr. 3 des Musters (Gestaltungshinweis [3] „Hier ist der genaue Zinsbetrag in Euro pro Tag einzufügen. Centbeträge sind als Dezimalstellen anzugeben.“ der Anlage 7 zu Artikel 247 § 6 Absatz 2 und § 12 Absatz 1 EGBGB in der Fassung vom 13.06.2014 bis 20.03.2016) korrekt umgesetzt, denn dort heißt es nur, dass der genaue Zinsbetrag in Euro pro Tag einzufügen ist und Centbeträge als Dezimalstellen anzugeben sind. Diese Voraussetzungen sind aber auch bei der Angabe von „0,00 Euro“ erfüllt.
bb) Die Ausführungen der Beklagten in der Widerrufsinformation zu den „Besonderheiten bei weiteren Verträgen“, insbesondere zu den Rechtsfolgen beim Widerruf des verbundenen Vertrags (Kaufvertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug und Vertrag über den Beitritt zur freiwilligen …) sind nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat insoweit die Gestaltungshinweise in [2], [2a] a), [5] und [5a] in nicht zu beanstandender Weise umgesetzt. Aus den Gestaltungshinweisen geht auch hervor, dass die Musterwiderrufsinformation mehrere verbundene Verträge vorsieht.
Auch die vom Kläger zitierte Entscheidung des BGH, Urt. v. 18.01.2011, XI ZR 356/09, = NJW 2011, 1063 führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Entscheidung ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, da sie eine andere Sachverhaltskonstellation betrifft. In dem vom BGH entschiedenen Fall diente das Darlehen nur teilweise der Finanzierung des verbundenen Vertrags, der andere Darlehensteil wurde dem Verbraucher zur freien Verwendung überlassen (vgl. auch MüKoBGB/Habersack, 8. Aufl. 2019, BGB § 358 Rn. 86). So liegt der Fall hier aber gerade nicht.
Die Widerrufsinformation ist somit nicht zu beanstanden.
III. Mangels wirksamen Widerrufs besteht der Darlehensvertrag fort und ist dieser nicht rückabzuwickeln. Ein Annahmeverzug der Beklagten ist nicht gegeben.
Ein Anspruch auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten scheidet damit ebenfalls aus.
IV. Auf die Frage des Rechtsmissbrauchs und der Verwirkung kommt es nicht mehr an. Über den Hilfswiderklageantrag der Beklagten war mangels Bedingungseintritts nicht zu entscheiden.
V. Der Klageseite war der beantragte Schriftsatznachlass nicht zu gewähren, da der Schriftsatz der Beklagten vom 02.01.2020 keinen neuen entscheidungserheblichen Tatsachenvortrag enthält. Rechtsausführungen sind auch nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung ohne weiteres möglich.
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.
D.
Der Streitwert bemisst sich nach dem Nettodarlehensbetrag in Höhe von 19.787,12 € zuzüglich der Anzahlung in Höhe von 5.555,91 € (Umkehrschluss aus BGH, Beschluss vom 12.01.2016, XI ZR 366/15 Rn. 6).


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