Aktenzeichen 29 O 7052/20
Leitsatz
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 21.890,00 € festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet und war somit abzuweisen.
A.
Die Klage ist in der zulässigerweise abgeänderten Form (§ 264 Nr. 2 ZPO) zulässig.
Das Landgericht München I ist gemäß § 281 ZPO zuständig; der Verweisungsbeschluss ist für das Gericht gemäß § 281 Abs. 2 ZPO bindend.
Das nach § 256 Abs. 2 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse bzgl. des Antrags zu 4) liegt vor. Zwar ist sein Gegenstand kein Rechtsverhältnis, wie es § 256 ZPO prinzipiell voraussetzt. Dennoch ist die Zulässigkeit dieses Antrags anerkannt, wenn er im Zusammenhang mit einem Antrag auf Leistung Zugum-Zug steht. Das Gleiche gilt, wenn er im Zusammenhang mit einem Antrag auf Leistung nach Empfang der Gegenleistung steht. Eine solche Verurteilung steht in der Vollstreckung der auf Leistung Zugum-Zug gleich (vgl. MüKoBGB/Emmerich, 7. Aufl. 2016, BGB § 322 Rn. 20). Es besteht daher auch hier ein schutzwürdiges Interesse des Gläubigers, die Zwangsvollstreckung zu erleichtern und unabhängig von der Gegenleistung durch Vorlage des Titels über den Annahmeverzug die Klageforderung beitreiben zu können.
B.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Klagepartei stehen gegen die Beklagte keine Ansprüche aus der Rückabwicklung des Darlehensvertrags zu, weil der von der Klagepartei mit E-Mail vom 07.08.2019 erklärte Widerruf verfristet und damit unwirksam war.
I. Bei dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag vom 01.02.2017 handelt es sich unzweifelhaft um ein Verbraucherdarlehen im Sinne des § 491 Abs. 1 BGB, sodass der Klagepartei ein Widerrufsrecht nach §§ 495 Abs. 1, 355 BGB zustand.
II. Die 14-tägige Widerrufsfrist war jedoch bei Erklärung des Widerrufs längst abgelaufen.
Die Voraussetzungen des Beginns der Widerrufsfrist gemäß § 356b Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m.
§ 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 §§ 6 bis 13 EGBGB wurden sämtlich eingehalten.
1. Die wirksam in den Vertrag einbezogene Widerrufsinformation der Beklagten ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte kann sich hier jedenfalls auf die Schutzwirkung des Musters nach Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB berufen.
a) Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB bestimmt, dass eine Vertragsklausel in einem Verbraucherdarlehensvertrag in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form, die dem Muster in Anlage 7 entspricht, den Anforderungen des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 1 und 2 EGBGB genügt.
Dementsprechend kann sich der Unternehmer auf die genannte Schutzwirkung berufen, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet, das dem Muster für die Widerrufsbelehrung in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (st. Rspr. – vgl. BGH XI ZR 33/08, BGH XI ZR 156/08, BGH XI ZR 349/10, BGH VII ZR 122/06, BGH III ZR 252/11, BGH VIII ZR 219/08, BGH III ZR 83/11, BGH II ZR 109/13, BGH III ZR 440/13, BGH I ZR 168/14).
Unterzieht der Unternehmer dagegen das vom Verordnungsgeber entworfene Muster einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung, die über das nach Art. 247 § 6 Abs. 2 S.3, 5 EGBGB Erlaubte hinausgeht, verliert er die Schutzwirkung.
Gemäß der durch Art. 247 § 6 Abs. 2 S.3, 5 EGBGB gesetzten Grenze lassen Anpassungen, die den vom Gesetzgeber selbst als unschädlich anerkannten Abweichungen ihrer Qualität nach entsprechen, ohne die Deutlichkeit der Belehrung zu schmälern, die Gesetzlichkeitsfiktion unberührt. Zu solchen unbedenklichen Anpassungen rechnen zum Beispiel das Einrücken oder Zentrieren von Überschriften, der Verzicht auf eine Einrahmung oder deren individuelle Gestaltung (vgl. BGH aaO).
b) Vorliegend hat die Beklagte eine Widerrufsbelehrung verwendet, die dem Muster in Anlage 7 sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung bis auf unschädliche Anpassungen in der Formatierung und bis auf das direkte Ansprechen des Darlehensnehmers vollständig entspricht. Die Abweichung, dass der Darlehensnehmer direkt angesprochen wird, statt dass von „dem Darlehensnehmer“ gesprochen würde, ist unschädlich, wie sich aus den Gestaltungshinweisen der Anlage 7 ergibt.
c) Soweit die Klagepartei meint, die Widerrufsinformation sei nach der Entscheidung des EuGH vom 26.03.2020 (Rs. C-66/19) wegen des darin enthaltenen Kaskadenverweises nicht klar und prägnant und der Widerruf daher wirksam, kann auch dem im Ergebnis nicht gefolgt werden. Eine richtlinienkonforme Auslegung bzw. Rechtsfortbildung ist vorliegend nicht möglich.
Zwar ist die – auch von der Beklagten verwendete – Formulierung, die Widerrufsfrist beginne „nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (z.B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat“ nach der Auslegung des EuGH nicht klar und prägnant im Sinne von Art. 10 Abs. 2 Buchstabe p der RL 2008/48.
Weiter ist das Gericht verpflichtet, die Auslegung des nationalen Rechts unter voller Ausschöpfung des ihm dadurch eingeräumten Beurteilungsspielraums soweit wie möglich am Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten, um das mit ihr verfolgte Ziel zu erreichen (BGH IV ZR 76/11, juris, Rz. 20 unter Verweis auf EuGH, Slg. 2004, I-8835 Rn. 113 – Pfeiffer u.a.; Slg. 1984, 1891 Rn. 26, 28 – von Colson u.a., jeweils m.w.N.). Der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung verlangt von den nationalen Gerichten mehr als bloße Auslegung im engeren Sinne entsprechend dem Verständnis in der nationalen Methodenlehre. Er erfordert auch, das nationale Recht, wo dies nötig und nach der nationalen Methodenlehre möglich ist, richtlinienkonform fortzubilden (ebd.). Allerdings findet die Pflicht zur Verwirklichung des Richtlinienziels im Auslegungswege zugleich ihre Grenzen an dem nach innerstaatlicher Rechtstradition methodisch Erlaubten (ebd. unter Verweis auf BVerfG, NJW 2012, 669 Rn. 47 m.w.N.).
Letztere Voraussetzung ist hier nicht gegeben und eine richtlinienkonforme Auslegung nicht möglich. Der Bundesgerichtshof hat hierzu in seinem Beschluss vom 31.03.2020, Az. XI ZR 198/19, zutreffend ausgeführt:
„Eine richtlinienkonforme Auslegung des Artikel 247 § 6 Absatz 2 Satz 3 EGBGB aF überschritte indes entgegen seinem eindeutigen Wortlaut, seinem Sinn und Zweck und der Gesetzgebungsgeschichte die Befugnis der Gerichte. Die durch das Gesetz zur Einführung einer Musterwiderrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge, zur Änderung der Vorschriften über das Widerrufsrecht bei Verbraucherdarlehensverträgen und zur Änderung des Darlehensvermittlungsrechts vom 24. Juli 2010 (BGBl. I S. BGBL Jahr 2010 I Seite 977) in Art. Artikel 247 § 6 Absatz 2 EGBGB eingefügte Gesetzlichkeitsfiktion trug der Entschließung des Deutschen Bundestages im Rahmen der Beschlussfassung zum Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht (BT-Drucks. 16/13669, S. 5) Rechnung. Mit dieser Entschließung hatte der Deutsche Bundestag die Bundesregierung unter anderem aufgefordert, zu Beginn der 17. Legislaturperiode einen Gesetzentwurf mit einem Muster für eine Information über das Widerrufsrecht bei Verbraucherkreditverträgen mit Gesetzlichkeitsfiktion in das Gesetzgebungsverfahren einzubringen. Durch die gesetzliche Regelung im EGBGB und die Schaffung eines (fakultativen) Musters sollte Rechtsklarheit und Rechtssicherheit bei den Anwendern erzeugt und der Rechtsverkehr vereinfacht werden (vgl. BTDrucks. 16/13669, S. 3 und BT-Drucks. 17/1394, S. 1, 21 f.). Dieses gesetzgeberische Ziel würde verfehlt, würde man der Verwendung des Musters die Gesetzlichkeitsfiktion absprechen, weil etwa der Verweis in der Widerrufsinformation auf § BGB § 492 Abs. BGB § 492 Absatz 2 BGB in Kombination mit der beispielhaften Aufzählung von Pflichtangaben nach Artikel 247 § 6 EGBGB nach dem Urteil des Gerichtshofs vom 26. März 2020 (EUGH Aktenzeichen C6619 C-66/19, juris – „Kreissparkasse Saarlouis“) nicht richtlinienkonform ist.“
Mithin dürfen sich die Gerichte über die bewusste gesetzgeberische Entscheidung nicht hinwegsetzen; eine Entscheidung contra legem ist nationalen Gerichten in Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip gem. Art. 20 Abs. 3 GG versagt. Klare nationale Gesetze sind bindend. Die Beachtung des klaren gesetzgeberischen Willens ist Ausdruck von demokratischer Verfassungsstaatlichkeit und trägt dem Grundsatz der Gewaltenteilung gem. Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG Rechnung (so BGH Urteil XI ZR 759/17 v. 15.10.2019 TZ 20). Eine entgegenstehende richtlinienkonforme Auslegung des insoweit eindeutigen deutschen Gesetzes scheidet also aus (BGH Beschluss v. 19.3.2019 XI ZR 44/18 TZ 17 aE). Andernfalls würde die gesetzliche Anordnung missachtet, das Regelungsziel des Gesetzgebers verfehlt und verfälscht und einer eindeutigen Norm ein anderer Sinn gegeben; hierzu sind die Gerichte nicht befugt. Im Übrigen – so entspricht es den Feststellungen des BGH – hat auch der EuGH in ständiger Rechtsprechung bekräftigt, die Verpflichtung zur unionskonformen Auslegung dürfe nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen (vgl. BGH, Urteil v. 15.10.2019, XI ZR 759/17, TZ 20 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
Vor diesem Hintergrund ist auch eine erneute Vorlage der Rechtsfrage an den EuGH nicht angezeigt.
d) Entgegen der Ansicht des Klägers wurde mit der Angabe des Zinsbetrags mit „1,05 Euro“ im Rahmen der Widerrufsfolgen der Gestaltungshinweis des Musters korrekt umgesetzt, denn dort heißt es nur, dass der Zinsbetrag in Euro pro Tag einzufügen ist und Centbeträge als Dezimalstellen anzugeben sind. Diese Voraussetzungen sind bei der Angabe von „1,05 Euro“ erfüllt. Der Betrag von „1,05 Euro“ entspricht dem aus dem vertraglich vereinbarten Sollzins in Höhe von 4,88% p.a. errechneten Tageszins (4,88% des Nettodarlehensbetrags in Höhe von 7890,00 EUR / 365 Tage).
Der Auffassung des Klägers, dass der Darlehensnehmer im Falle eines Verbundgeschäftes aufgrund der Regelung des § 358 Abs. 4 S. 4 BGB bei einem Widerruf des Darlehensvertrags keine Zinszahlung an die Bank schulde und daher der Zinssatz mit „0,00 Euro“ hätte angegeben werden müssen, folgt das Gericht nicht.
Das Landgericht München I, 28 O 15748/18, hat im Urteil vom 25.02.2019 zutreffend hierzu ausgeführt:
„Nach § 358 Abs. 4 S. 4 BGB sind im Falle des Absatzes 1 Ansprüche auf Zahlung von Zinsen und Kosten aus der Rückabwicklung des Darlehensvertrags gegen den Verbraucher ausgeschlossen. § 358 Abs. 1 BGB regelt den Durchgriff des Widerrufs des verbundenen Vertrags auf den Darlehensvertrag. Der hier vorliegende Fall des Durchgriffs des Widerrufs des Darlehensvertrags auf den verbundenen Vertrag ist in § 358 Abs. 2 BGB geregelt. Für diesen Fall gilt § 358 Abs. 4 S. 4 BGB ausweislich des eindeutigen Wortlauts gerade nicht (Habersack in Münchener Kommentar, 8. Auflage 2019, § 358 BGB Rn. 86; Herresthal in Staudinger, 2016, Stand: 14.01.2019, § 358 BGB Rn. 207; zu einer vorhergehenden, aber vergleichbaren Fassung des § 358 Abs. 4 BGB: BGH, Urteil vom 18.01.2011, XI ZR 356/09). Die Folgen des Widerrufs eines Verbraucherdarlehensvertrags richten sich daher nach §§ 355, 357a BGB, sofern es sich – wie vorliegend – nicht um außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge oder Fernabsatzverträge handelt. Nach § 357a Abs. 3 S. 1 BGB ist mithin für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung des Darlehens der vereinbarte Sollzins zu entrichten.
Eine analoge Anwendung des § 358 Abs. 4 S. 4 BGB auf den Fall des § 358 Abs. 2 BGB kommt nicht in Betracht, da die Zinszahlungspflicht bei Widerruf des Verbraucherdarlehensvertrags nach § 357a Abs. 3 S. 1 BGB durch Art. 14 Abs. 3 lit. b der RL 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der RL 87/102/EWG des Rates (Verbraucherkreditrichtlinie) vorgegeben ist (Rosenkranz in BeckOGK, Stand 01.01.2019, § 358 BGB Rn. 119.1).
Die klägerseits zitierte Entscheidung des Landgerichts Heilbronn (Urteil vom 14.06.2018, Bm 6 O 151/18, Anlage K 5) ist nicht zu der geltenden Gesetzeslage ergangen. Der Darlehensvertrag, über den dort zu entscheiden war, stammte aus dem Jahr 2014. Hinsichtlich der Widerrufsfolgen stellte das Gericht ersichtlich auf die bis 12.06.2014 geltende Gesetzeslage ab. Bis 12.06.2014 erfolgte die Rückabwicklung eines widerrufenen Vertrages nach den Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt, §§ 357 Abs. 1 S. 1, 346 ff. BGB a.F., auf die wohl auch in der Entscheidung des Landgerichts Heilbronn abgestellt wird. Die Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt normieren einen Anspruch auf Herausgabe gezogener Nutzungen bzw. Wertersatz hierfür, § 346 Abs. 1 und 2 BGB. Nach der aktuellen Gesetzeslage, die im vorliegenden Fall Anwendung findet, hat der Darlehensnehmer im Falle des Widerrufs von Verbraucherdarlehensverträgen für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung des Darlehens gemäß § 357a Abs. 3 S. 1 BGB von Gesetzes wegen den vereinbarten Sollzins zu entrichten, ohne dass es darauf ankommt, ob der Darlehensnehmer Nutzungen gezogen hat. Die Ausführungen des Landgerichts Heilbronn sind daher auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.
Die auch seitens des Klägers zitierte Entscheidung des BGH (Urteil vom 03.03.2016, IX ZR 132/15) ist zu der bis 10.06.2010 geltenden Rechtslage ergangen, nach der hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs ebenfalls auf die Vorschriften zum gesetzlichen Rücktrittsrecht verwiesen worden ist. Zudem hatte der BGH die Frage zu prüfen, ob die Darlehensgeberin von dem Darlehensnehmer bei einem verbundenen Vertrag nach Widerruf die Rückzahlung des Darlehensbetrags verlangen kann, der nicht an den Vertragspartner des finanzierten Vertrags, sondern an den Darlehensnehmer selbst ausgezahlt worden ist. Für diesen Teil des Darlehens gilt § 358 Abs. 4 S. 2 BGB a.F., der im Wesentlichen § 358 Abs. 4 S. 4 BGB entspricht, nicht. Zu dem Teil des Darlehens, das der Darlehensgeber an den Vertragspartner des finanzierten Vertrags ausgezahlt hat, äußert sich der BGH in der von dem Kläger zitierten Stelle nicht (“jedenfalls“, BGH a.a.O. Rn. 15 juris). Der von dem Kläger gezogene Umkehrschluss ist daher nicht zwingend. Im Anschluss an die zitierte Stelle nimmt der BGH im Übrigen Bezug auf die bereits oben zitierte Entscheidung vom 18.01.2011 (XI ZR 356/09), in der auf den Wortlaut der Vorschrift abgestellt wird. Im weiteren Verlauf der Entscheidung führt der BGH aus, dass es nicht Ziel des § 358 BGB sei, dem Schuldner aus dem Wegfall des Aufspaltungsrisikos finanzielle Vorteile gegenüber dem Darlehensgeber zu verschaffen, die er ohne den Eintritt des Darlehensgebers in die Rechte und Pflichten des Unternehmers nicht hätte (BGH a.a.O. Rn. 35 juris). Genau dies würde aber geschehen, wenn dem Darlehensnehmer die Zinszahlungsverpflichtung zwischen Auszahlung und Rückzahlung des Darlehens erlassen würde.“
Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich das Gericht vollumfänglich an. Sie passen auch hinsichtlich der klägerseits zitierten Entscheidungen auf den vorliegenden Fall, da die Klägerseite selbige Entscheidungen auch hier zitiert hat.
e) Wie im gesetzlichen Muster vorgesehen, finden sich in der hier verwendeten Widerrufsbelehrung zunächst die allgemeinen Ausführungen zum Widerrufsrecht, sodann die Besonderheiten beim verbundenen Vertrag; im Weiteren zunächst die allgemeinen Widerrufsfolgen, sodann die Besonderheiten im Zusammenhang mit den Widerrufsfolgen beim verbundenen Vertrag und die Einwendungen beim verbundenen Vertrag. Die Ausführungen entsprechen im Einzelnen dem gesetzlichen Muster (siehe dazu schon oben).
f) Nach all dem kann sich die Beklagte auf die Schutzwirkung des Musters nach Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB berufen.
2. Da sich die Beklagtenseite – wie dargestellt – auf die Gesetzlichkeitsfiktion auch bezüglich der Widerrufsfolgen berufen kann, sind die Darstellungen in der Widerrufsinformation zur Rückzahlungs- und Zinszahlungspflicht des Klägers nicht zu beanstanden. Der Verwender muss nicht genauer formulieren als der Gesetzgeber. Vielmehr muss er sich an den Wortlaut des gesetzlichen Musters halten, um den Musterschutz nicht zu verlieren. Ob das gesetzliche Muster selbst den gesetzlichen Vorgaben entspricht, ist nicht zu prüfen.
3. Die Vertragsunterlagen enthalten auch alle gemäß § 492 Abs. 2 BGB, Art. 247 §§ 6-13 EGBGB erforderlichen Pflichtangaben.
a) Zur Erteilung der Pflichtangaben konnte die Beklagte den gesamten Vertragstext von Seite 1 von 11 bis 11 von 11 verwenden. Einzubeziehen sind die „Europäische Standardinformation für Verbraucherkredite“, die „Informationen zu Ihrem Darlehensvertrag“ und die „Allgemeinen Darlehensbedingungen“. Diese Unterlagen wurden vorliegend als Teil des Darlehensvertrags ausgehändigt und sind damit selbst Bestandteil des Vertrages. Die Angaben liegen daher nicht nur in (separaten) vorvertraglichen Informationen oder in sonstigen Dokumenten vor, sondern sie sind in der Vertragsurkunde selbst enthalten. Sie sind zudem für den Verbraucher leicht auffindbar und übersichtlich gestaltet, so dass der Voraussetzung einer „klaren und verständlichen“ Angabe Genüge getan ist. Der Darlehensgeber ist nicht gehalten, die erforderlichen Pflichtangaben im Vertragsformular selbst zu erteilen, sondern kann dies beispielsweise auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen tun, ohne dass es eines gesonderten Hinweises im Vertragsformular auf den Standort der Informationen bedürfte (BGH 04.07.2018 – XI ZR 741/16; OLG München 25.09.2018 -17 U 2661/18; OLG München 07.11.2018 – 19 U 2893). Die Beklagte konnte somit ohne Weiteres die erforderlichen Pflichtangaben in allen Teilen des Vertragsdokuments verorten.
b) Sämtliche von der Klägerseite ohne nähere Begründung monierten Pflichtangaben wurden vollständig und fehlerfrei erteilt:
– Name und Anschrift des Darlehensgebers finden sich auf Seite 1 von 11 oben.
– Die erforderlichen Angaben zum effektiven Jahreszins wurden umfassend auf Seite 2 von 11 unter „3. Kreditkosten“ erteilt.
– Der Nettodarlehensbetrag findet sich insbesondere auf Seite 1 von 11 unter „2. Beschreibung der wesentlichen Merkmale des Kredits“.
– Die erforderlichen Angaben zum Sollzinssatz wurden auf Seite 2 von 11 unter „3. Kreditkosten“ dargestellt.
– Die Vertragslaufzeit ist auf S. 1 von 11 unter „2. Beschreibung der wesentlichen Merkmale des Kredits“ genannt.
– Betrag, Zahl und Fälligkeit der einzelnen Teilzahlungen ergeben sich aus der Darstellung unter „2. Beschreibung der wesentlichen Merkmale des Kredits“ auf S. 1 von 11 und aus dem „Zahlungsplan“ auf S. 5 von 11.
– Der Gesamtbetrag findet sich ebenfalls auf Seite 1 von 11 unter „2. Beschreibung der wesentlichen Merkmale des Kredits“ sowie auf Seite 5 von 11 unter „Darlehensdaten“
– Auf Seite 1 von 11 unter „2. Beschreibung der wesentlichen Merkmale des Kredits“ sind auch die Auszahlungsbedingungen erklärt.
– Die Angaben zu sonstigen Kosten sind auf Seite 2 von 11 unter „3. Kreditkosten“ zu finden. Im Übrigen sei klarstellungshalber erwähnt, dass der Verweis auf das geltende Preis- und Leistungsverzeichnis der Bank (etwa unter dem Punkt 6. in den ADB) genügt, um den Verbraucher ausreichend über die Kosten zu informieren (vgl. OLG München Hinweis v. 21.09.2018 – 19 U 2544/18). Es würde den Vertragstext überfrachten, wenn zu fordern wäre, dass die Bank alles, was in das Preis- und Leistungsverzeichnis aufgenommen ist, direkt im Darlehensvertrag einzufügen. Damit würde der Verbraucher mit Sicherheit nicht besser informiert. Im Gegenteil hat der Verbraucher durch den deutlichen Verweis die uneingeschränkte Möglichkeit, einfach an die gewünschte Information zu gelangen.
– Der (inhaltlich nicht zu beanstandende) Warnhinweis zu den Folgen ausbleibender Zahlungen ist unter „3. Kreditkosten“ auf S. 2 von 11 zu finden sowie unter dem Punkt 5. auf Seite 4 von 11.
– Der Hinweis zum Bestehen eines Widerrufsrechts wurde u.a. auf S. 3 von 11 unter „4. Andere wichtige rechtliche Aspekte“ in der ersten Zeile erteilt.
– Der Hinweis auf das Recht des Darlehensnehmers, das Darlehen vorzeitig zurückzuzahlen, befindet sich auf selbiger Seite direkt in der Zeile darunter. Außerdem befindet er sich unter dem Punkt 6. auf Seite 4 von 11.
– Der Rüge der in Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 14 und Abs. 4 EGBGB genannten Angaben kommt keine selbstständige Bedeutung zu, da die dortige Aufzählung deckungsgleich mit den im einzelnen (ohne nähere Begründung) gerügten Angaben ist.
– Name und Anschrift des Darlehensnehmers sind auf Seite 5 von 11 oben zu finden.
– Die für den Darlehensgeber zuständige Aufsichtsbehörde ist auf Seite 5 von 11 ganz unten rechts genannt.
– Der Hinweis auf den Anspruch des Darlehensnehmers auf einen Tilgungsplan nach § 492 Abs. 3 Satz 2 BGB befindet sich ebenfalls auf Seite 5 von 11 unter dem Punkt „Tilgungsplan“.
– Dass Angaben zur Art des Darlehens, zum Verzugszinssatz, zur Vorfälligkeitsentschädigung und zum Kündigungsverfahren von der Klägerseite nicht länger gerügt werden sollen, ergibt sich aus dem klägerischen Schriftsatz vom 03.04.2020 (Bl. 121 d.A.). Im Übrigen wurden diese Angaben auch fehlerfrei erteilt.
III. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung außergerichtlicher anwaltlicher Rechtsverfolgungskosten und Zinsen; die Nebenforderungen folgen dem Schicksal der Hauptforderung.
IV. Mangels wirksamen Widerrufs befindet sich die Beklagte nicht im Annahmeverzug, sodass auch kein Anspruch auf entsprechende Feststellung besteht.
V. Die teilweise Erledigterklärung des Klägers verhilft der Klage ebenfalls nicht zum Erfolg. Sie ist einseitig geblieben, da die Beklagte ihr nicht zugestimmt hat. Die einseitige Teilerledigterklärung des Klägers ist eine nach § 264 Nr. 2 ZPO stets zulässige Beschränkung des Klageantrags. Das Gericht hat nunmehr darüber zu entscheiden, ob die ursprüngliche Klage insoweit tatsächlich erledigt ist. Die durch Urteil festzustellende Erledigung der Hauptsache setzt voraus, dass die Klage nach Eintritt der Rechtshängigkeit unzulässig oder unbegründet geworden ist (BGH, Urteil vom 18.04.2013, III ZR 156/12, BGHZ 197, 147 ff., Rn. 19). Die ursprünglichen Klageanträge waren aber mangels wirksamen Widerrufs auch nicht begründet gewesen.
VI. Die Bedingung der Hilfsaufrechnung der Beklagtenseite ist nicht eingetreten, sodass dahingehend keine Entscheidung ergehen muss.
C.
Über die hilfsweise erhobene Widerklage war ebenfalls nicht zu entscheiden, da ihre Bedingung nicht eingetreten ist.
D.
Die Entscheidung über die Kostentragung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
E.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 709 S. 1 und 2 ZPO.
F.
Der Streitwert bemisst sich nach dem Nettodarlehensbetrag zuzüglich Anzahlung.
G.
Die Entscheidung erging durch den Einzelrichter (§ 348a ZPO).