Bankrecht

GmbH-Treuhandvertrag und Stimmrechtsvollmacht für versicherungsrechtlichen Status ohne Belang

Aktenzeichen  S 1 BA 32/19

Datum:
17.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 18498
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
Landshut
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB IV § 7 Abs. 1, § 7a

 

Leitsatz

Schuldrechtliche Verpflichtungen aus Treuhandverträgen sowie aus Stimmrechtsvollmachten sind für den versicherungsrechtlichen Status eines GmbH-Angestellten ohne Belang.(Rn. 31 – 33) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 12.12.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.05.2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Nach den für die Statusbeurteilung geltenden Maßstäben war der Kläger seit 01.09.2018 Beschäftigter der Beigeladenen und versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Dem steht die Treuhandabrede nicht entgegen. Nachdem der Kläger nicht an der Gesellschaft beteiligt ist, spielen die zu seinen Gunsten erfolgten Änderungen im Gesellschaftsvertrag (Einstimmigkeit/Übertra-gung des den Geschäftsführern zustehenden Weisungsrecht auf die Gesellschafterversammlung) im Ergebnis keine Rolle mehr.
1. Die Kammer verweist in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des zuständigen 12. Senats des Bundessozialgerichts zur Thematik Treuhandvereinbarung (Urteil vom 10.12.2019 – B 12 KR 9/18 R). Danach entfaltet ein Treuhandvertrag, auch wenn er notariell beurkundet ist, keine gesellschaftsrechtliche, sondern lediglich eine rein schuldrechtliche Wirkung zwischen den Vertragsparteien und ist damit bei der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung nicht zu berücksichtigen. Markus A. ist als Treuhänder Inhaber aller mit dem Geschäftsanteil in Höhe von 50% verbundenen Rechte und Pflichten. Nach dem Treuhandvertrag (§ 2 Ziffer 1) ist der Treuhänder zwar u.a. verpflichtet, die ihm als Gesellschafter nach außen zustehenden Rechte, insbesondere das Stimmrecht aus der Beteiligung, im Rahmen der Pflichten aus dem Gesellschaftervertrag nur gemäß der Weisung des Treugebers auszuüben; er hat ferner bei jeder Stimmabgabe dessen Weisung einzuholen.
Auch dieses Weisungsrecht des Treugebers gegenüber dem Treuhänder hat lediglich schuldrechtliche Wirkung. Es liegt letztlich in der Hand des Treuhänders, ob er diese Weisungen befolgt. Ein weisungswidriges Abstimmungsverhalten des Treuhänders in der Gesellschafterversammlung führt grundsätzlich nicht zur Unwirksamkeit gefasster Beschlüsse.
Im Übrigen könnte der Kläger einen gegen seinen Willen gefassten Gesellschafterbeschluss nicht einmal anfechten. Bei treuhänderischer Anteilsberechtigung steht das Recht zur Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen dem Treuhänder, nicht dem Treugeber zu (vgl. BSG a.a.O. juris RdNr. 21 und 22).
Die im Treuhandvertrag (§ 4) geregelte unwiderrufliche Stimmrechtsvollmacht zu Gunsten des Klägers führt zu keinem anderen Ergebnis. Auch diese Vereinbarung wirkt nur schuldrechtlich und hindert den Vollmachtgeber als Gesellschafter nicht an einer eigenen Stimmabgabe unter Verdrängung seines bevollmächtigten Vertreters. Widersprechen sich bei der Stimmabgabe Vertreter und Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung, ist die Stimme des Gesellschafters maßgebend (vgl. BSG a.a.O., juris RdNr. 28 ff).
2. Die Kammer schließt sich der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, wie sie im Urteil vom 10.12.2019 niedergelegt ist, an. Dass im Gesellschaftsvertrag nunmehr Einstimmigkeit vorgesehen ist und das Weisungsrecht des Geschäftsführers auf die Gesellschafter übertragen wurde, spielt somit im Ergebnis für die Beurteilung keine Rolle. Selbst wenn der Kläger Geschäftsführer wäre (was er nicht ist) und nicht zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, wäre er nur Fremdgeschäftsführer. Bei einem Fremdgeschäftsführer einer GmbH scheidet nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine selbständige Tätigkeit generell aus.
3. Im Ergebnis hat die Beklagte demnach zu Recht festgestellt, dass der Kläger bei der Beigeladenen eine nichtselbständige Arbeit im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV ausübt und damit gem. § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung und gem. § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III beitragspflichtig nach dem Recht der Arbeitsförderung ist. Ob der Kläger in der hier zu beurteilenden Tätigkeit auch der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 SGB XI) unterliegt, war nicht Streitgegenstand. Im Hinblick auf das von 30.000 Euro jährlich auf 12.000 Euro jährlich reduzierte Arbeitsentgelt wäre nach Auffassung der Kammer zu prüfen, ob hier tatsächlich unter Berücksichtigung der Hauptbeschäftigung die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten wird.
4. Ergänzend sei angemerkt, dass es sich beim Anstellungsvertrag vom 28.08.2018 – abgesehen von der Regelung zur Arbeitszeit – um einen klassischen Arbeitsvertrag handelt. Im „neuen“ Vertrag vom 14.02.2019 wird zwar das Wort „Arbeitnehmer“ durch „Herr A.“ ersetzt. Auch die Regelungen zur Vergütung werden modifiziert. Im Übrigen hat sich an den tatsächlichen Verhältnissen offenbar nichts geändert. Dass die gesellschaftsrechtlichen Modifikationen dem Kläger nicht zum Status als Selbständigen verhelfen können, wurde oben bereits ausgeführt.
Die Klage musste daher in vollem Umfang abgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.


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