Bankrecht

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Aktenzeichen  22 C 3728/21

Datum:
22.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 54745
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 1.168,89 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Ein Direktanspruch der Klägerin gegen die Beklagte ist nicht ersichtlich.
Ein solcher Direktanspruch ist vom Versicherungsvertrags-Gesetz (VVG) grundsätzlich nicht vorgesehen. Ein Vertragsverhältnis mit wechselseitigen Rechten und Pflichten wird durch einen privaten Krankenversicherungsvertrag grundsätzlich ausschließlich zwischen Krankenversicherung und Versicherungsnehmer begründet. Ein gesetzlicher Direktanspruch Dritter entsprechend § 115 VVG ist im Bereich der privaten Krankenversicherung vom Gesetz nicht postuliert.
Ebenso begründet der Behandlungsvertrag zwischen Patient und Klinikum nach § 630a ff. BGB ausschließlich Rechte und Pflichten zwischen diesen Vertragsparteien.
Wie sich aus § 192 Abs. 1 VVG zwanglos ergibt, besteht eine Erstattungspflicht ausschließlich zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer. Wie sich weiter aus § 192 Abs. 3 Nr. 5 VVG ergibt, kann als zusätzliche Dienstleistung im Rahmen des privaten Versicherungsvertrages unter anderem eine unmittelbare Abrechnung mit dem Leistungserbringer vereinbart werden. § 197 Abs. 7 VVG stellt noch einmal klar, dass gesetzliche Direktansprüche lediglich im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 192 Abs. 7 VVG vorgesehen sind.
Ein Anspruchsübergang auf Grund allgemeiner vertraglicher Regelungen zwischen der Klägerin und der Beklagten ist vorliegend ebenfalls nicht ersichtlich. Die Klägerin nimmt nicht am sogenannten Klinik-Card-Vertrag teil. Teilnehmer an diesem Vertragsverfahren treten bereits vorab Forderungen des Patienten gegen seinen Krankenversicherer an den Krankenhausträger ab (vgl. insoweit OLG München, Urteil vom 18.10.2005, Az. 25 U 4903/04).
Für ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Denn grundsätzlich bestand keinerlei schuldrechtliche Beziehung zwischen Klägerin und Beklagter, welche hätte bestätigt werden können.
Im Schreiben vom 27.12.2017 kann auch kein konsitiutives Schuldanerkenntnis gesehen werden. Ein solches konstitutives Schuldanerkenntnis im Sinne von § 781 BGB wäre nur dann anzunehmen, wenn im Wege der Auslegung davon ausgegangen werden könnte, dass die Parteien eine weitere völlig selbständige Verpflichtung der Beklagten begründen wollten.
Voraussetzung des abstrakten Schuldversprechens ist ein Vertrag zwischen Gläubiger und Schuldner mit dem Inhalt, dass der Schuldner unabhängig von einem Schuldgrund eine Leistung verspricht oder eine Schuld anerkennt. Ob der Parteiwille sich auf eine derartige Verpflichtung richtet, ist durch Auslegung unter Berücksichtigung insbesondere des Anlasses und des Zwecks des Vertragsschlusses zu ermitteln. Kein selbstständiges Schuldversprechen liegt vor, wenn die Vereinbarung erkennbar lediglich bezweckt, dem Gläubiger durch ein Beweismittel die Durchsetzung seines Anspruchs zu erleichtern. Für eine selbstständige Verpflichtung spricht, wenn jede wirtschaftliche oder rechtliche Bezugnahme auf das Grundgeschäft in der Urkunde fehlt. Ist der Verpflichtungsgrund genannt, kann sich aus den weiteren Umständen ergeben, dass ein selbstständiges Schuldversprechen gewollt ist. Je bestimmter und präziser sich der Bezug auf das zugrunde liegende Geschäft darstellt, desto höher sind jedoch die Anforderungen an das Vorliegen besonderer Umstände zu stellen, um ein abstraktes Schuldversprechen anzunehmen (Staudinger in HK-BGB, 10. Aufl. 2019, BGB § 781 Rn. 2)
Für eine solche freiwillige Selbstverpflichtung der Beklagten fehlen hier jegliche Anhaltspunkte.
Die vorab pauschal erklärte Erstattungszusage betrifft ganz konkret die noch entstehenden und der Beklagten im einzelnen noch nicht bekannten Behandlungskosten. Beweisschwierigkeiten sollen offenkundig nicht beseitigt werden. Die Erstattungszusage ähnelt vielmehr der im Immobiliengeschäft üblichen Finanzierungszusage, also der Mitteilung an den Gläubiger, dass die Solvenz des Schuldners gesichert ist.
Nach dem Wortlaut des Schreibens vom 27.12.2017 handelt es sich um eine „Erstattungszusage“. Sicherlich nicht unbeabsichtigt wird hier die Begrifflichkeit aus § 192 Abs. 1 VVG übernommen. Dort wird der Begriff der Erstattung im Zusammenhang mit der innervertraglichen Abwicklung zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer in Verbindung gebracht. Eine nach außen gerichtete „Kostenübernahmeerklärung“ wurde vom Wortlaut her gerade nicht abgegeben. Naheliegend ist vielmehr, dass die Beklagte im Rahmen der zusätzlichen Dienstleistungen nach § 192 Abs. 3 Nr. 5 VVG der Klägerin signalisieren wollte, dass eine unmittelbare Abrechnung mit ihr möglich ist und dass sie gegenüber ihrem Versicherungsnehmer eine vollumfängliche Erstattungszusage abgegeben hat. Sinn dieses Vorgehens ist es in erster Linie, den Versicherungsnehmer als zusätzliche Serviceleistung von bürokratischem Aufwand aber auch von seiner Vorschusspflicht gegenüber der Klägerin zu befreien. Die Erstattungszusage kommt einer Deckungszusage im Sinne von § 53 VVG nahe.
Nach allgemeiner Meinung in Literatur und Rechtsprechung ändert die Abrede der Direktabrechnung an der Person des Vergütungsschuldners nichts. Es wird lediglich der Abrechnungsweg verkürzt und der Versicherte von der Vorfinanzierung und deren Kosten entlastet. Bei Deckungslücken bleibt der Vertragspartner, in der Regel der Versicherte, zur Zahlung der Vergütung verpflichtet. Die Direktabrechnungsabrede begründet auch keinen Leistungsanspruch des Vergütungsgläubigers gegen den Versicherer (vgl. auch Prölss/ Martin, Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, 31. Auflage 2021, § 192 Rn. 165 mwN.).
Eine Abtretung der Erstattungsforderung des Patienten gegenüber der Beklagten zu Gunsten der Klägerin wurde weder behauptet noch ergibt sich eine solche Abtretung aus den vorgelegten Unterlagen. Zudem bestünde nach § 6 Abs. 6 MB/KK ein Abtretungsverbot.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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