Bankrecht

Schadensersatz, Abtretung, Schadensersatzanspruch, Aufsichtsrat, Gesellschaft, Hauptversammlung, Gesellschafterversammlung, Aktien, Genehmigung, Haftung, Streitwert, Anspruch, Auslegung, Vollstreckung, Schutzwirkung zugunsten Dritter, juristische Person, gesetzliches Verbot

Aktenzeichen  5 HK O 14986/18

Datum:
27.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 52753
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Beklagten zu 1) und zu 2) werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von € 306.837,90 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 22.11.2018 zu zahlen.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Von den Gerichtskosten tragen die Klägerin 1/6, die Beklagten zu 1) und zu 2) gesamtschuldnerisch 5/6. Die Klägerin trägt 1/6 der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1). Die Beklagten zu 1) und zu 2) tragen gesamtschuldnerisch 5/6 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Im Übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
IV. Das Urteil ist für die Klägerin vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 105 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Das Urteil ist für den Beklagten zu 1) vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 105 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages, wenn nicht der Beklagte zu 1) vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
V. Der Streitwert wird bis zur Zustellung der teilweisen Klagerücknahme mit Schriftsatz vom 30.9.2019 auf € 375.560,40, ab diesem Zeitpunkt auf € 306.837,90 festgesetzt. 

Gründe

I. Soweit über die Klage nach der teilweisen Rücknahme noch zu entscheiden ist, ist sie zulässig und überwiegend begründet, weil der Klägerin gegen die Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von € 306.837,90 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zusteht.
1. a. Der Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten zu 1) ergibt sich in der Hauptsache aus §§ 283 Nr. 3, 93 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 AktG, 43 GmbHG, 398 BGB aus abgetretenem Recht.
(1) Die Klägerin wurde aufgrund einer wirksamen Abtretung durch den Vertrag vom 31.1.2019 Gläubigerin der Ansprüche der vormaligen A… KGaA. An der wirksamen Vertretung der beiden Vertragspartner wurden keine Einwände vorgebracht; sie sind auch nicht ersichtlich, nachdem Herr H1. L… ausweislich der als Anlage K 26 vorgelegten Satzung der Klägerin einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer ist und somit keinesfalls von einem gegen § 181 BGB verstoßenden Insichgeschäft durch das Auftreten von Herrn H1. R… auf beiden Seiten der Vertragspartner ausgegangen werden kann. Der abgetretene Anspruch ist durch die Bezeichnung der Rechnungen und des Gegenstandes samt Rechnung hinreichend bestimmt.
(2) Da die Gesellschafterversammlung der A… GmbH – der vormaligen A… KGaA – einen Beschluss über die Geltendmachung von Ansprüchen gegen den nunmehrigen Beklagten zu 1) gefasst hat, sind die Voraussetzungen des § 46 Nr. 8 AktG in jedem Fall erfüllt. Daher muss die Kammer nicht entscheiden, ob diese Vorschrift mit ihrem Beschlusserfordernis tatsächlich Außenwirkung (vgl. hierzu Karsten Schmidt in: Scholz, GmbH-Gesetz, 12. Aufl., § 46 Rdn. 142 und 159 m.w.N.) entfaltet und inwieweit diese Vorschrift auf die Kommanditgesellschaft auf Aktien überhaupt Anwendung finden kann.
(3) Der Schadensersatzanspruch resultiert aus der über §§ 278 Abs. 3, 283 Nr. 3 AktG anwendbaren Vorschrift des 93 Abs. 2 Satz 1 AktG.
Aufgrund von §§ 278 Abs. 3, 283 Nr. 3 AktG haben die persönlich haftenden Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien – hier also die A… GmbH – bei ihrer Geschäftsführung im Sinne des § 93 Abs. 1 AktG die Vorschrift eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers anzuwenden. Die Zedentin war im Zeitpunkt der Verletzungshandlung – also des Abschlusses des Vertrages über die Provision und vor allem deren Auszahlung am 22.10.2018 – eine Kommanditgesellschaft auf Aktien, der Beklagte zu 1) Geschäftsführer der Komplementärin, die ihrerseits wiederum eine juristische Person ist und durch ihre Organe handelt. Die nach § 278 Abs. 2 AktG auf das Verhältnis zueinander vorrangig anzuwendenden Vorschriften des HGB über die KG regeln nicht die Haftung der Komplementäre gegenüber der Gesellschaft. Hierauf sind vielmehr aufgrund der ergänzenden Verweisung in § 278 Abs. 3 nach § 283 Nr. 3 AktG sinngemäß die für den Vorstand einer Aktiengesellschaft geltenden Vorschriften über die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit anzuwenden. Folglich gilt dies vor allem auch für § 93 Abs. 2 Satz 1 AktG, wonach Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet sind (vgl. OLG München NZG 2000, 741, 742 = AG 2000, 426 f.; Perlitt in: Münchener Kommentar zum AktG, 5. Aufl., § 283 Rdn. 18; Bachmann in: Spindler/Stilz, AktG, 4. Aufl., § 283 Rdn. 9; Wichert in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 5. Aufl., § 283 Rdn. 2).
Einer Haftung des Beklagten lässt sich nicht entgegenhalten, als Geschäftsführer der Komplementärin könne ihn keine Haftung treffen. Zwar wird in der Literatur zum Teil die Ansicht vertreten, ein Direktanspruch der KGaA gegen den Geschäftsleiter der Komplementärgesellschaft könne nur dann angenommen werden, wenn die alleinige oder wesentliche Aufgabe der Komplementärgesellschaft in der Führung der Geschäfte der Kapitalgesellschaft und Co. KGaA bestehe (so Fett/Stütz NZG 2017, 1121, 1126). Ob dies vorliegend bei der A… KGaA der Fall war oder nicht, muss nicht entschieden werden; dieser einschränkenden Auslegung kann nämlich nicht gefolgt werden. Vielmehr muss mit der h. M. in jedem Fall ein Direktanspruch der Kommanditgesellschaft auf Aktien gegen den Geschäftsführer ihrer Komplementärgesellschaft angenommen werden. Zum Teil wird dies mit durchaus beachtlichen Gründen unmittelbar aus § 93 Abs. 2 AktG abgeleitet (so v.a. Bachmann in: Spindler /Stilz, AktG, a.a.O., § 283 Rdn. 11; ders. NZG 2013, 1101, 1127). Die noch besseren Gründe sprechen indes für die überwiegend vertretene Auffassung, wonach die Haftung des Geschäftsführers der GmbH aus § 43 Abs. 2 GmbHG gegenüber der Komplementär-GmbH auf die Kommanditgesellschaft auf Aktien aus dem Gedanken des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter abgeleitet wird. Die Rechtsverbindung zwischen dem Geschäftsführer als Organ der Komplementärin und der Komplementärin entfaltet Schutzwirkung zugunsten der Kommanditgesellschaft auf Aktien, weshalb der Anspruch auch gegen den Beklagten zu 1) als Geschäftsführer der vormaligen Komplementär-GmbH gerichtet werden kann. dies rechtfertigt den Durchgriff auf den Geschäftsführer, der der Komplementärin aus § 43 Abs. 2 GmbHG haftet (vgl. Perlitt in: Münchener Kommentar zum AktG, 5. Aufl., § 283 Rdn. 318; Karsten Schmidt in: Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl., § 283 Rdn. 7; Assmann/Sethe in: Großkommentar zum AktG, 4. Auf., § 283 Rdn. 24; Arnold in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 283 AktG Rdn. 2; Servatius in: Grigoleit, AktG, 1. Aufl., § 283 Rdn. 12).
Dem lässt sich nicht die Entlastung des Beklagten zu 1) als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH entgegenhalten. Zwar trifft es zu, dass die Entlastung des Geschäftsführers einer GmbH die Wirkung hat, dass erkennbare Schadensersatzansprüche angesichts der Verzichtswirkung der Entlastung nicht mehr geltend gemacht werden können (vgl. BGH NJW 1959, 192, 193; Karsten Schmidt in: Scholz, GmbHG, a.a.O., § 46 Rdn. 89). Vorliegend geht es aber um die Geltendmachung von Ansprüchen der Kommanditgesellschaft auf Aktien aus §§ 278 Abs. 3, 283 Nr. 3, 93 Abs. 2 AktG, die sich auch gegen den Geschäftsführer richten. Diesbezüglich kann der Entlastung aufgrund der Regelung in § 120 Abs. 2 AktG – ebenso wie der Entlastung der A… GmbH – keine Verzichtswirkung zukommen. Insoweit muss es bezüglich des Geschäftsführers zu einer teleologischen Reduktion der Entlastungswirkung kommen.
(a) Durch die Auszahlung eines Betrages von € 306.837,90 an die Beklagte zu 2) verletzte der Beklagte objektiv seine Pflichten, ohne dass es entscheidungserheblich darauf ankäme, ob ein mündlicher Vertrag über den Provisionsanspruch zwischen der A… KGaA und der A… GmbH zustande kam oder nicht.
(aa) Wurde ein Vertrag überhaupt nicht geschlossen, hätte dieser Betrag mangels Rechtsgrundlage für eine Vermögensverschiebung nicht ausbezahlt werden dürfen.
(bb) Wenn es dagegen – wie vom Beklagten zu 1) vorgetragen – zu einem mündlichen Vertragsabschluss kam, konnte dieser nicht zu einem wirksamen Vertrag führen, weil die A… KGaA bei dem Vertragsabschluss nicht wirksam vom Beklagten zu 1) vertreten werden konnte. Die Auszahlung eines Betrages ohne rechtsgültigen Vertrag muss als pflichtwidrig angesehen werden, weil es zu den Pflichten des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH gehört, die Kompetenzordnung innerhalb der Kommanditgesellschaft auf Aktien einzuhalten und zu beachten. Vertretungsorgan wäre aufgrund von §§ 278 Abs. 3, 112 AktG im Falle eines Vertrages zwischen der Gesellschaft und ihrer Komplementärin der Aufsichtsrat der Gesellschaft gewesen. Die für Vorstände geltende Vorschrift des § 112 AktG, wonach die Gesellschaft den Vorstandsmitgliedern gegenüber durch den Aufsichtsrat vertreten wird, muss für Rechtsgeschäfte zwischen der Kommanditgesellschaft auf Aktien und ihrer Komplementärin Anwendung finden. Zwar sind aufgrund der Regelung in § 278 Abs. 2 AktG die Vorschriften über die Kommanditgesellschaft grundsätzlich anwendbar, wonach die Komplementäre Vertreter der Gesellschaft sind. Dieser Grundsatz kann aber dann keine Gültigkeit beanspruchen, wenn die Gesellschaft gegenüber der Komplementärin vertreten werden muss. Dies resultiert aus §§ 278 Abs. 3, 112 AktG. Die für eine Aktiengesellschaft geltende Vorschrift des § 112 AktG verfolgt den Zweck, eine unbefangene, von möglichen Interessenkonflikten und darauf beruhenden sachfremden Erwägungen freibleibende Vertretung der Gesellschaft sicherzustellen. Dabei ist unerheblich, ob die Gesellschaft im Einzelfall nicht auch vom Vorstand vertreten werden könnte, weil im Interesse der Rechtssicherheit auf eine typisierende Betrachtungsweise abzustellen ist. Der dieser Regelung zugrunde liegende Rechtsgedanke mit der Gefahr einer Interessenkollision ist ebenso gegeben, wenn die Kommanditgesellschaft auf Aktien bei einem Geschäft mit ihrer Komplementärin vertreten werden soll. Auch dann kann es aufgrund einer falschen Rücksichtnahme zu einer Vernachlässigung der Gesellschaftsinteressen kommen, wenn die übrigen Komplementäre für die Gesellschaft tätig werden. Daher muss § 112 AktG hier Anwendung finden, ohne dass darin ein Verstoß gegen § 278 Abs. 2 AktG gesehen werden kann, auch wenn die danach geltenden Vorschriften des Handelsgesetzbuches keine Mitwirkung des Aufsichtsrats kennen. Diese werden nämlich gemäß § 278 Abs. 3 AktG durch die Regeln des ersten Buches des Aktiengesetzes ergänzt, weshalb auch nach der Gesetzessystematik § 112 AktG anwendbar ist (vgl. BGH NZG 2005, 276 = AG 2005, 239 = ZIP 2005, 348 f. = WM 2005, 330, 331 = DB 2005, 490 = BB 2005, 514 f. = MDR 2005, 583 f.; Karsten Schmidt in: Schmidt/Lutter, AktG, a.a.O., § 278 Rdn. 45; Perlitt in: Münchener Kommentar zum AktG, 5. Aufl., § 283 Rdn. 60; Mertens/Cahn in: Kölner Kommentar zum AktG, a.a.O., § 287 Rdn. 20; Hüffer/Koch, AktG, 13. Aufl., § 278 Rdn. 16; Meißner in: Mehrbrey, Handbuch Gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten – Corporate Litigation, 3. Aufl., § 12 Rdn. 7; Fett/Stütz NZG 2017, 1121, 1126). Diese Erwägungen müssen erst recht gelten, wenn die Komplementärin eine juristische Person ist, deren einziger Gesellschafter ihr Geschäftsführer ist, und diese mit der Kommanditgesellschaft auf Aktien einen Vertrag abschließt. In dieser Situation kann nicht erwartet werden, dass die an dem Vertragsabschluss beteiligte Komplementär-GmbH ausschließlich den Interessen der Kommanditgesellschaft auf Aktien verpflichtet ist, wenn, wie hier der Beklagte zu 1) als Vertreter auf beiden Seiten des Rechtsgeschäfts beteiligt ist.
Daher hat der Beklagte zu 1) seine Pflichten gegenüber der A… KGaA verletzt, nur Verträge abzuschließen, für die ihm auch eine entsprechende Vertretungsmacht zukommt.
Aufgrund des Verstoßes gegen §§ 278 Abs. 3, 112 AktG war der Vertrag zunächst schwebend unwirksam, weil in dieser Konstellation §§ 177 ff. BGB zur Anwendung gelangen. Soweit teilweise die Auffassung vertreten wird, es müsse wegen des Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB von Vertragsnichtigkeit ausgegangen werden (vgl. OLG Brandenburg AG 2015, 428, 429 f. = DStR 2015, 1877, 1879; OLG Stuttgart AG 1993, 85, 86; Mertens/Cahn in: Kölner Kommentar zum AktG, a.a.O., § 112 Rdn. 11; Hopt/Roth in: Großkommentar zum AktG, 5. Aufl., § 112 Rdn. 119; Drygala in: Schmidt/Lutter, AktG, a.a.O., § 112 Rdn. 21), vermag dem die Kammer nicht zu folgen. Die Vorschriften über die Vertretung ohne Vertretungsmacht müssen auch in der hier gegebenen Konstellation des Verstoßes gegen kompetenzrechtliche Vorgaben Anwendung finden. § 112 AktG will nicht den rechtsgeschäftlichen Erfolg des Handelns des Vorstandes bzw. bei der Kommanditgesellschaft auf Aktien des Komplementärs ächten; anderenfalls könnte auch der Aufsichtsrat das konkrete Rechtsgeschäft für die Gesellschaft nicht abschließen. Vielmehr soll § 112 AktG lediglich die Unverbindlichkeit kompetenzüberschreitenden Handelns des Komplementärs für die Kommanditgesellschaft auf Aktien im Falle vermuteter Interessenkonflikte gewährleisten. Dem können die allgemeinen Vorschriften der §§ 177 ff. BGB hinreichend Rechnung tragen, die es dem Aufsichtsrat freistellen, nachträglich über die Erteilung der Genehmigung zu entscheiden. Ein Gegenschluss aus §§ 89 Abs. 5, 114 Abs. 1 und 115 Abs. 4 AktG kann dem nicht entgegengehalten werden, weil diese Vorschriften die Einhaltung spezieller Loyalitätspflichten sicherstellen sollen, für die es im bürgerlichen Recht keine Vorschriften gibt, die §§ 177 ff. BGB vergleichbar wären. Ebenso wenig steht dem der Grundsatz der eigenmächtigen Amtsführung entgegen, weil diese nicht betroffen ist, wenn dem eigenmächtigen Handeln des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH zunächst die Anerkennung versagt bleibt und sich der Aufsichtsrat dann gegebenenfalls zur Genehmigung des Vorstandshandels entschließt (vgl. OLG München AG 2008, 423, 425 = ZIP 2008, 220, 222 = WM 2008, 73, 75 = Der Konzern 2008, 121, 123; OLG Celle AG 2003, 433 = BB 2002, 1438; Habersack in: Münchener Kommentar zum AktG, 5. Aufl., § 112 Rdn. 34; Hüffer/Koch, AktG, a.a.O., § 112 Rdn. 12; Henssler in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, a.a.O., § 112 AktG Rdn. 10; Breuer/Fraune in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, a.a.O., § 112 AktG Rdn. 15; Nägele/Böhm BB 2005, 2197, 2199, van Kann/Keiluweit AG 2010, 805, 810). Zudem ist kein Grund ersichtlich, warum diese materiell-rechtliche Problematik anders zu behandeln sein sollte als die Erteilung einer Prozessvollmacht, bei der der II. Zivilsenat des BGH von der Anwendung der §§ 177 ff. BGB ausgeht (vgl. BGH NZG 2013, 792, 794 = AG 2013, 562, 564 f. = ZIP 2013, 1274, 1276 f. = WM 2013, 1220, 1222 = DB 2013, 1403, 1404 = Der Konzern 2013, 405, 407).
(b) Die Pflichtverletzung erfolgte auch schuldhaft. Der Beklagte zu 1) hat als Geschäftsführer der Komplementärin bei der Auszahlung der Rechnungsbeträge die erforderliche Sorgfalt nicht beachtet und damit schuldhaft seine Pflichten gegenüber der A… KGaA verletzt. Bei der Geschäftsführung hat er die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns anzuwenden, weshalb die Haftungsbeschränkung aus §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB, 708 BGB ausgeschlossen ist (vgl. BGHZ 134, 392, 394 = NJW 1997, 1923, 1924 = AG 1997, 370 = ZIP 1997, 1027 = WM 1997, 1098, 1099 = DB 1997, 1219, 1220 = BB 1997, 1220, 1221 = GmbHR 1997, 595, 596 = MDR 1997, 758 = DNotZ 1997, 979, 980; OLG München NZG 2000, 741, 743, = AG 2000, 426, 427; Perlitt in: Münchener Kommentar zum AktG, 5. Aufl., § 283 Rdn. 18; Wichert in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, a.a.O., § 283 Rdn. 2; Blaurock in: Wachter, AktG, 3. Aufl., § 283 Rdn. 4). Im Falle der Auszahlung ohne jegliche vertragliche Grundlage, wusste der Beklagte zu 1), dass er hierzu nicht berechtigt sein kann. Bei einem Vertragsabschluss unter Missachtung der Vorgabe aus § 112 AktG hätte er erkennen können, dass das Aktiengesetz seine Vertretung nicht zulässt. Wenn ihm selbst die erforderlichen Kenntnisse gefehlt haben, hätte er hierzu den Rechtsrat eines fachkundigen, sachlich unabhängigen Beraters unter Darstellung des entsprechenden Sachverhalts einholen und diesen dann noch entsprechend plausibilisieren müssen (vgl. BGH NZG 2011, 1271, 1273 = AG 2011, 876, 877 = ZIP 2011, 2097, 2099 = WM 2011, 2092, 2094 = DB 2011, 2484, 2486 = BB 2011, 2960, 2962 = Der Konzern 2011, 554, 557 = DZWIR 2011, 118, 120 = NJW-RR 2011, 1670, 1672; NZG 2015, 792, 794 = AG 2015, 535, 536 = ZIP 2015, 1220, 1222 = WM 2015, 1197, 1200 = DB 2015, 1459, 1461 = BB 2015, 1743, 1745 = Der Konzern 2015, 326, 329 = MDR 2015, 780, 781 = NJW-RR 2015, 988, 991; Spindler in: Münchener Kommentar zum AktG, 5. Aufl., § 93 Rdn. 91 ff.; U. Schmidt in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, a.a.O., § 93 AktG, Rdn. 105). Der für das fehlende Verschulden aufgrund der Regelung in § 93 Abs. 2 Satz 2 AktG darlegungs- und gegebenenfalls beweispflichtige Beklagte zu 1) hat keinerlei Sachvortrag geleistet, Derartiges getan zu haben.
(c) Durch diese Pflichtverletzung ist der A… KGaA ein Schaden in Höhe von € 306.837,90 entstanden.
(aa) Der Umfang des Schadens ergibt sich aus dem Schadensbegriff des § 249 Abs. 1 BGB, der auch im Anwendungsbereich des § 93 Abs. 2 AktG maßgeblich ist. Nach der Differenzhypothese wird das vorhandene Vermögen der Gesellschaft mit dem verglichen, dass ohne das schädigende Ereignis – also beim Hinwegdenken der Auszahlung ohne wirksame vertragliche Grundlage – eingetreten wäre (vgl. BGH NJW 2011, 1962, 1963 = ZIP 2011, 529; NJW 2013, 1958, 1960 = NZG 2013, 293, 295 = AG 2013, 259, 260 = ZIP 2013, 455, 457 = DB 2013, 507, 509 = MDR 2013, 472; LG München I AG 2014, 332, 335 = ZIP 2014, 570, 576 = DB 2014, 766, 771 = ZWH 2014, 195, 198; Spindler in: Münchener Kommentar zum AktG, 5. Aufl., § 83 Rdn. 192). Ohne den Abfluss des Betrages wäre die Summe von € 306.837,90 im Unternehmen verblieben, weshalb der Schaden zu bejahen ist.
(bb) Eine nachträgliche Genehmigung durch den Aufsichtsrat wurde vorliegend nicht erteilt. Dabei ist unstreitig, dass der Aufsichtsrat keinen entsprechenden ausdrücklichen Beschluss über die Genehmigung des Vertrages und der darin vereinbarten Provisionszahlung gefasst hat. Auch dem Beschluss des Aufsichtsrats über den Jahresabschluss lässt sich keine Genehmigung entnehmen. Zwar muss bei Vorliegen eines ausdrücklichen Beschlusses ein etwaiger konkludenter Erklärungsinhalt, der über den ausdrücklichen Wortlaut des Beschlusses hinausgeht, berücksichtigt werden (vgl. BGH NJW 1989, 1928, 1929; Hopt/Roth in: Großkommentar zum AktG, 5. Aufl., § 108 Rdn. 29; Baums ZGR 1983, 300, 337). Hiervon kann indes nicht ausgegangen werden.
Im Rahmen einer nachträglichen Beschlussfassung kann eine Genehmigung nur dann angenommen werden, wenn sich der Aufsichtsrat dabei – hier also bei der Beschlussfassung über den Jahresabschluss – konkret mit dem Rechtsgeschäft und dessen wesentlichen Bedingungen beschäftigt, die ihm dabei auch bekannt sein müssen. Nur dann wäre nämlich gewährleistet, dass sich die von § 112 AktG vorausgesetzte Gefahrenlage beim Abschluss des Geschäfts nicht verwirklicht hat und der Schutzfunktion der gesetzlichen Regelung nachträglich Genüge getan wird (vgl. BAG AG 2017, 196, 201 = NZA 2017, 644, 653 = AP § 1 BetrAVG Treuebruch Nr. 17; Henssler in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, a.a.O., § 112 AktG Rdn. 10). Dieser lässt sich nach dem Vortrag des Beklagten nicht bejahen und ergibt sich insbesondere nicht aus seinem Vortrag zur Feststellung des Jahresabschlusses. Allein aus einer Information über sämtliche Geschäftsvorfälle des Jahres 2015 lässt sich nicht entnehmen, dass der Aufsichtsrat alle Details der mündlichen Absprache kannte und wie die Vertretung der Kommanditgesellschaft auf Aktien bei diesem Geschäft erfolgte. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem nicht nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 19.2.2020. Dort wird in diesem Zusammenhang im Wesentlichen referiert, welche Rechte und Pflichten der Aufsichtsrat bei der Prüfung des Jahresabschlusses und der Überwachung der Vorstandstätigkeit hat. Es wird indes nicht konkret vorgetragen, dass der Aufsichtsrat tatsächlich die erforderlichen Kenntnisse über den konkreten Vertrag mit der Vereinbarung von Provisionszahlungen erlangt hat. Auch ersetzen Schlussfolgerungen über die berufliche Tätigkeit von Mitgliedern des Aufsichtsrats nicht den konkreten Vortrag in diesem konkreten Fall.
Die dann immer noch denkbare Genehmigung wurde nach Umwandlung der A… KGaA in eine GmbH von dieser verweigert, wie der Abtretungsvereinbarung und dem Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 31.1.2019 zu entnehmen ist.
(cc) Der Beklagte zu 1) kann sich vorliegend auch nicht auf die Grundsätze des rechtmäßigen Alternativverhaltens berufen, auch wenn dessen Heranziehung im Anwendungsbereich der §§ 283 Nr. 3, 93 Abs. 2 AktG möglich sein muss. Der Einwand, der Schaden wäre auch bei einer ebenfalls möglichen, rechtmäßigen Verhaltensweise – mithin sofortige Einschaltung des Aufsichtsrats zur Vertretung der A… KGaA – entstanden, ist für die Zurechnung eines Schadenserfolgs beachtlich, wenn derselbe Erfolg effektiv herbeigeführt worden wäre; die bloße Möglichkeit, ihn rechtzeitig herbeizuführen, genügt dabei nicht. Soweit in der Literatur dieser Einwand zum Teil für unbeachtlich gehalten wird, weil andernfalls Verstöße gegen Kompetenzregelungen nicht hinreichend sanktioniert würden (vgl. Spindler in: Münchener Kommentar zum AktG, 5. Aufl., § 93 Rdn. 196; Hopt/Roth in: Großkommentar zum AktG, 5. Aufl., § 93 Rdn. 416; Mertens/Cahn in: Kölner Kommentar zum AktG, 3. Aufl., § 93 Rdn. 55; Paefgen AG 2014, 554, 565), vermag sich die Kammer dem mit der mittlerweile überwiegend vertretenen Auffassung (vgl. BGHZ 219, 193, 208 f. = NJW 2018, 3574, 3578 f. = NZG 2018, 1189, 1193 = AG 2018, 841, 845 = ZIP 2018, 1923, 1927 f. = WM 2018, 1889, 1894 = DB 2018, 2423, 2428 = BB 2018, 2509, 2512 f. = Der Konzern 2018, 457, 461 = DZWIR 2018, 586, 590 f.; Hüffer/Koch, AktG, a.a.O., § 93 Rdn. 50; Fleischer in: Spindler/Stilz, AktG, a.a.O., § 93 Rdn. 216; Bürgers in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Aufl., § 93 Rdn. 23; Breuer/Fraune in: Heidel, Aktienrecht- und Kapitalmarktrecht, a.a.O., § 93 Rdn. 30; Altmeppen in: Festschrift für Karsten Schmidt, 2009, S. 23, 36 ff.; Haarmann in: Festschrift für Marsch-Barner 2018, S. 183, 197 ff.; Fleischer DB 2018, 2619, 2623; Haarmann/Weiß BB 2014, 2115, 2117; Freund NZG 2015, 1419, 1423 f.) nicht anzuschließen. §§ 283 Nr. 3, 93 Abs. 2 AktG stellen kein Sanktionsinstrument für die Verletzung innergesellschaftlicher Kompetenzvorschriften dar, sondern begründen vielmehr einen Ersatzanspruch, der sich in allgemeine schadensrechtliche Grundsätze einfügen muss. Diese Vorschriften verfolgen den Zweck, die Schäden der Gesellschaft auszugleichen, die ihr durch pflichtwidriges Verhalten des Vorstandes bzw. des Komplementärs bei der Kommanditgesellschaft auf Aktien entstanden sind, und bereits der Entstehung solcher Schäden durch eine Steuerung des Verhaltens der Organe der Gesellschaft vorzubeugen. Dieser Schutzzweck betrifft alle Arten von Pflichtverletzungen gleichermaßen und wird bei Verstößen gegen Kompetenz-, Organisations- und Verfahrensregeln nicht um einen besonderen Sanktionszweck erweitert – andernfalls käme es zu einem in §§ 283 Nr. 3, 93 Abs. 2 AktG nicht angelegten Strafschadensersatz, wollte man die Berufung auf diesen sonst allgemein anerkannten Einwand nicht zulassen. Die Sanktionierung eines derartigen Fehlverhaltens obliegt vielmehr der Personalkompetenz des Aufsichtsrates.
Allerdings hat der hierfür darlegungs- und gegebenenfalls beweispflichtige Beklagte zu 1) (vgl. nur BGHZ 219, 193, 209 f. = NJW 2018, 3574, 3578 f. = NZG 2018, 1189, 1193 = AG 2018, 841, 846 = ZIP 2018, 1923, 1928 = WM 2018, 1889, 1894 = DB 2018, 2423, 2428 = BB 2018, 2509, 2513 = Der Konzern 2018, 457, 461 = DZWIR 2018, 586, 591) keinen hinreichenden Tatsachenvortrag geleistet, warum hier der Abschluss des Vertrages bzw. die nachträgliche Genehmigung die einzig mögliche Entscheidung des Aufsichtsrats gewesen sein könnte. Bei dem Abschluss des Vertrages über eine Provision handelt es sich um eine unternehmerische Entscheidung, weshalb nicht davon ausgegangen werden kann, der Aufsichtsrat hätte dem Vertrag zwingend zustimmen müssen. Beim Handeln als Vertretungsorgan der Gesellschaft muss sich der Aufsichtsrat am Interesse der Gesellschaft und nicht der Komplementär-GmbH orientieren. Es ist dabei nicht hinreichend vorgetragen, warum eine zusätzliche Provisionszahlung zusätzlich zur aus § 8 Abs. 2 der Satzung geschuldeten Vergütung an die Komplementärin, deren Aufgabe aufgrund von §§ 278 Abs. 2 AktG, 161 Abs. 2, 114 HGB in der Führung der Geschäfte der Kommanditgesellschaft auf Aktien liegt, im Interesse der A… KGaA gewesen sein soll. Die Geschäftsführung umfasst sämtliche tatsächlichen und rechtsgeschäftlichen Handlungen des Gesellschafters, die auf die Verwirklichung des Gesellschaftszwecks gerichtet sind und damit auch das Handeln für die Gesellschaft gegenüber Dritten, soweit dies nicht die Grundlagen der Gesellschaft betrifft (vgl. Roth in: Baumbach/Hopt, HGB, 38. Aufl., § 114 Rdn. 2; Rawert in: Münchener Kommentar zum HGB, 4. Aufl., § 114 Rdn. 6 und 8; Psaroudakis in: Heidel/Schall, HGB, 3. Aufl., § 114 Rdn. 1; Drescher in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl., § 114 Rdn. 4; Fink in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, a.a.O., § 114 HGB Rdn. 4). Dann aber muss vorliegend davon ausgegangen werden, dass die Veräußerung der Beteiligung unmittelbar von den Aufgaben der Komplementärin A… GmbH umfasst ist, weshalb der Abschluss eines gesonderten Vertrages, aufgrund dessen eine Provision geschuldet wird, nicht zwingend als pflichtgemäßes Handeln angesehen werden kann. Dies gilt umso mehr, als die Provisionszahlungen etwas mehr als das 3-Fache des Jahresüberschusses von € 101.484,70 ausmachten, den die A… KGaA im Geschäftsjahr 2015 erwirtschaftete. Zudem betrug ausweislich des als Anlage B 8 von der Beklagten vorgelegten Berichts des Aufsichtsrats der Bilanzverlust im Geschäftsjahr 2015 € 1.015.840,08. Daher vermag die Kammer in dem Vertragsabschluss auch keine im Interesse der A… KGaA liegende Vorgehensweise zu sehen, die zwingend einen Beschluss des Aufsichtsrats zum Vertragsabschluss oder zu dessen Genehmigung nach sich ziehen würde.
(4) Die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs ist auch nicht rechtsmissbräuchlich, selbst wenn man den Vortrag der Beklagten in dem ohnehin nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 19.2.2020 zugrunde legt, der Mehrheitskommanditaktionär verhalte sich rechtsmissbräuchlich, weil Herr H1. R… 99,38 & der Kommanditaktien halte und einziger weiterer Kommanditaktionär der Beklagte zu 1 gewesen sei und Herr R… positive Kenntnis von den streitgegenständlichen Provisionszahlungen gehabt habe, wie sich aus dem nunmehr als Anlage B 14 vorgelegten Überweisungsträger ergebe.
(a) Die Inanspruchnahme des Vorstandsmitglieds auf Schadensersatz durch eine Aktiengesellschaft wegen Pflichtverletzung ist regelmäßig nicht deshalb rechtsmissbräuchlich, weil der Alleinaktionär zuvor in das haftungsbegründende Geschäft eingewilligt hat. Die Zulassung dieses Einwands würde zu einer Umgehung des § 93 Abs. 4 Satz 1 AktG führen. Die Norm ist die Konsequenz der in § 83 Abs. 2 AktG verankerten Verpflichtung des Vorstands, gesetzmäßige Beschlüsse der Hauptversammlung umzusetzen. Zweck der Vorschrift ist es, die Vorstandsmitglieder in den Fällen von einer Haftung freizustellen, in denen sie zur Ausführung eines Hauptversammlungsbeschlusses verpflichtet sind, weil die Pflichterfüllung nicht zugleich eine Ersatzpflicht auslösen kann. Eine formlose Willensäußerung von Aktionären genügen zu lassen, entspricht nicht der ratio legis, weil der Vorstand an eine formlose Willenskundgabe durch Aktionäre nicht gebunden ist. Wo eine entsprechende Verpflichtung nicht besteht, besteht auch keine Veranlassung für eine Haftungsfreistellung. Ließe man den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung bei formloser Zustimmung des Alleinaktionärs zu, gelangte man auf diesem Weg zu demselben Ergebnis wie bei einer unmittelbaren Geltung von § 93 Abs. 4 Satz 1 AktG, was zu einer Umgehung der zwingenden Verfahrensvorschriften über die Beschlussfassung der Hauptversammlung führen würde. Sieht man in § 93 Abs. 4 Satz 1 AktG darüber hinaus eine Ausprägung des Grundsatzes venire contra factum proprium, so ist es überdies auch methodisch nicht einsichtig, weshalb bei Nichtvorliegen der normierten Voraussetzungen dieser Regelung ein Rückgriff auf den ungeschriebenen Grundsatz zulässig sein soll, deren Konkretisierung die Vorschrift darstellt (vgl. BGHZ 219, 193, 203 f. = NJW 2018, 3574, 3577 = NZG 2018, 1189, 1191 f. = AG 2018, 841, 843 f. = ZIP 2018, 1923, 1926 f. = WM 2018, 1889, 1892 f. = DB 2018, 2423, 2426 = BB 2018, 2509, 2511 f. = Der Konzern 2018, 457, 459 f. = DZWIR 2018, 586, 589; Tz. 28 ff. Hüffer/Koch, AktG, 13. Aufl., § 93 Rn. 72; Spindler/Stilz/Fleischer, AktG, 3. Aufl., § 93 Rn. 265; Krieger/Sailer-Coceani in: Schmidt/Lutter, AktG, a.a.O., § 93 Rdn. 59 Spindler in: Münchener Kommentar zum AktG, 4. Aufl., § 93 Rn. 236; Hopt/Roth in: Großkommentar zum AktG, 5. Aufl., § 93 Rn. 479; Wolff/Jansen NZG 2013, 1165, 1166 ff.). Diese Erwägungen müssen in gleicher Weise für die Hauptversammlung der Kommanditaktionäre aufgrund der Regelung in §§ 27 Abs. 3 AktG gelten, wenn der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH in Anspruch genommen wird.
(b) Inwieweit eine Ausnahme hiervon im vorliegenden Fall anzunehmen wäre, was der II. Zivilsenat in der soeben zitierten Entscheidung für eng begrenzte Ausnahmefälle für den Alleinaktionär zulässt, muss die Kammer nicht entscheiden.
(aa) Die Beklagten haben sich in der Klageerwiderung vom 28.1.2019 darauf berufen, die Kenntnis von Herr Hellip R… und darauf aufbauend die Rechtsmissbräuchlichkeit des Verlangens nach Schadensersatz ergebe sich aus der Teilnahme an der Hauptversammlung und der dortigen Feststellung des Jahresabschlusses. Es wird allerdings dort nicht vorgetragen, dass die entsprechenden Details der Provisionsabrede überhaupt erörtert wurden. Soweit es um die Bestätigung des Jahresabschlusses 2016 mit den „Kosten der Warenabgabe“ in der Gesellschafterversammlung der A… GmbH geht, gelten dieselben Erwägungen wie zur konkludenten Genehmigung durch den Aufsichtsrat.
(bb) Soweit die Beklagten nunmehr zur Begründung des Rechtsmissbrauchs erstmals mit Schriftsatz vom 19.2.2020 die positive Kenntnis des Geschäftsführers der Klägerin und Kommanditaktionärs der vormaligen ATUTIA KGaA substantiiert unter Hinweis auf Anlage B 14 und das Erfordernis der Freigabe von Zahlungen in einer Größe von über € 150.000,- vortragen, war dieser Vortrag aufgrund von § 296 a ZPO nicht zu berücksichtigen. Danach können Angriffs- und wie hier Verteidigungsmittel nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, nicht mehr vorgebracht werden. Dieser Sachvortrag, mit dem die Beklagten den Rechtsmissbrauch der Geltendmachung des Anspruchs herleiten wollen, ist ein entsprechendes Verteidigungsmittel, weil er gegebenenfalls geeignet sein könnte, den Anspruch zu Fall zu bringen; es wurde erstmals nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung vom 28.11.2019 erhoben. Anlage B 14, mit dem der Sachvortrag zur Kenntnis untermauert werden soll, war bis zum Schriftsatz vom 19.2.2020 nicht in den Prozess eingeführt gewesen. Die Voraussetzungen des § 296 a Satz 2, wonach § 139 Abs. 5, 156 und 283 ZO unberührt bleiben, sind vorliegend nicht erfüllt. Die Kammer hatte keinen Anlass, einen rechtlichen Hinweis zu dieser bis zum Termin vom 28.11.2019 noch nicht vorgetragenen Problematik zu geben, so dass die Voraussetzungen des § 139 Abs. 5 ZPO nicht erfüllt sind. Auf die engen Voraussetzungen einer rechtsmissbräuchlichen Geltendmachung hatte die Kammer bereits im Termin vom 25.7.2019 hingewiesen, so dass ein weiterer Hinweis im Termin vom 28.11.2019 entbehrlich war, zumal schon für den Aufsichtsrat auf die Erfordernisse hingewiesen wurde, die eine Billigung des Handelns des Vertreters ohne Vertretungsmacht denkbar erscheinen lassen. Der Schriftsatz vom 19.2.2020 war auch nicht nachgelassen im Sinne des § 283 ZPO, was sich schon daraus ergibt, dass die Beklagten im Termin vom 28.11.2019 keinen entsprechenden Antrag stellten und auch nicht stellen konnten, nachdem der letzte Schriftsatz der Klägerin vor dem Termin vom 28.11.2019 vom 30.9.2019 datierte. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 156 ZPO, das eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung rechtfertigen könnte, ist gleichfalls nicht erkennbar.
(cc) Zudem war Herr H1. R… nicht einmal alleiniger Kommanditaktionär, sondern nur zusammen mit dem handelnden Beklagten zu 1). Auch deshalb erscheint fraglich, inwieweit die vom BGH als denkbar erachtete Ausnahme des möglichen Rechtsmissbrauchs hier überhaupt zur Anwendung gelangen kann.
b. Die Entscheidung über die Zinsen beruht auf §§ 288 Abs. 1, 291 BGB. Da die Klage am 21.11.2018 zugestellt wurde, musste der Beginn der Verzinsung in analoger Anwendung von § 187 BGB auf den 22.11.2018 als den nächsten Tag festgesetzt werden. Die Höhe des Zinssatzes resultiert unmittelbar aus § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
c. Einen weitergehenden Zinsanspruch vom 22.10.2015 bis zum 31.10.2018 kann die Klägerin dagegen nicht geltend machen. Er ergibt sich namentlich nicht aus § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB, wonach auch ohne Mahnung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift lassen sich vorliegend nach dem Vortrag der Klägerin nicht bejahen. Zwar ist im Ausgangspunkt davon auszugehen, dass in einem Fall, in dem das Geld durch eine unerlaubte Handlung entzogen wurde, die Vorschrift des § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB zur Anwendung gelangt (vgl. BGH ZIP 2008, 455, 456 = WM 2008, 449 f. = DB 2008, 520 = GmbHR 2008, 322, 323 = NJW-RR 918, 919 = NZI 2008, 238 = DZWIR 2008, 172; Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Aufl., § 286 Rdn. 25; Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl., § 286 Rdn. 73). Allerdings hat die Klägerin keinen hinreichenden Vortrag und keine Beweisangebote insbesondere zum Vorsatz des Beklagten zu 1) geleistet, der für einen auf § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB zwingende Voraussetzung wäre. Dabei muss auch hier nicht entschieden werden, ob es einen mündlichen Vertragsabschluss zwischen der A… KGaA und ihrer Komplementärin gab.
(1) Allein aus dem Umstand der Zahlung des Betrages von € 306.837,90 kann noch nicht auf den Vorsatz im Sinne des Untreuetatbestandes des § 266 StGB geschlossen werden. Dies wäre allenfalls dann zu bejahen, wenn es keine vertragliche Vereinbarung gegeben hätte. Der Beklagte zu 1) hat indes einen mündlichen Vertrag zwischen der A… GmbH und der A… KGaA geltend gemacht, aufgrund dessen der Zahlungsanspruch an die Beklagte zu 2) abgetretenen worden sei. Diesbezüglich genügt im Zivilprozess für die die Voraussetzungen des Verzugs des Beklagten zu 1) darlegungs- und gegebenenfalls beweispflichtige Klägerin nicht das Bestreiten des mündlichen Vertragsabschlusses mit Nichtwissen. Die Klägerin hat namentlich kein Beweisangebot dazu unterbreitet, dass kein Vertrag abgeschlossen wurde.
(2) Soweit der Vortrag der Beklagten zu 1) über einen mündlichen Vertragsabschluss zugrunde gelegt wird, lässt sich ein wenigstens bedingter Vorsatz für den hier verwirklichten Treuebruchtatbestand des § 266 2. Alt. StGB nicht bejahen. Der Vorsatz müsste sich auf die objektiv begangene Pflichtverletzung beziehen. Dabei muss der Handelnde nicht nur die zugrundeliegenden Tatsachen kennen, sondern auch in seiner Laiensphäre das Element nachvollzogen haben (vgl. BGHSt 62, 144, 153 = NJW 2018, 177, 179 = NZG 2018, 73, 76 = WM 2018, 72, 77 = wistra 2018, 311, 315). Soweit es um die Vertretungsbefugnis des Aufsichtsrates beim Vertragsabschluss geht, den der Beklagte zu 1) vorgetragen hat, kann aus dem Verkennen der Bedeutung von § 112 AktG nicht geschlossen werden, der Beklagte zu 1) habe die Anwendbarkeit von § 112 AktG und damit die Pflichtwidrigkeit seines Handelns für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen.
2. Der Klägerin steht gegen die Beklagte zu 1) ein Anspruch auf Zahlung von € 306.237,90 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 22.11.2018 zu.
a. Der Anspruch der Klägerin ergibt sich in der Hauptsache aus §§ 812 Abs. 1 Satz 1. Alt., 398 BGB.
(1) Die Klägerin ist Gläubigerin des Anspruchs aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB. Die A… KGaA hat nach dem insoweit nicht bestrittenen und damit gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden geltenden Vortrag aus der Klageschrift, in der auf die Abtretung ihrer Ansprüche hingewiesen wurde, einen Anspruch gegen die Beklagte zu 2) an die Klägerin abgetreten. Das Bestreiten der Beklagten bezog sich nur auf die Wirksamkeit der Abtretung von Ansprüchen gegen den Beklagten zu 1) unter Hinweis auf die aus Rechtsgründen unwirksamen Abtretungserklärungen. Folglich kann der Vortrag der Klägerin über die Abtretung zugrunde gelegt werden. Die Klägerin hat hierzu auch entsprechend substantiiert vorgetragen. Ein Sachvortrag kann nämlich zum einen in der Verwendung eines Rechtsbegriffs wie „Abtretung“ gesehen werden. Zum anderen wäre dies erst dann näher zu substantiieren gewesen, wenn die Beklagte zu 2) den entsprechenden Vortrag zur Abtretung bestritten hätte. Ein Vortrag ist schlüssig und substantiiert, wenn die vorgetragenen Tatsachen in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht zu begründen. Die Angabe von Einzelheiten zum Zeitpunkt und zum Ablauf bestimmter Ereignisse ist nicht erforderlich, wenn diese für die Rechtsfolgen ohne Bedeutung sind (vgl. nur BGH NJW 2019, 1954, 1955 = ZIP 2018, 1355, 1356 = WM 2018, 1758, 1759 = VersR 2019, 233, 234 = JZ 2018, 1058, 1059). Der Rechtsbegriff der Abtretung genügt dabei, um den Gläubigerwechsel von der A… KGaA auf die Klägerin zu beschreiben; da dies vor dem Abfassen der Klageschrift erfolgt sein muss, waren nähere Angabe dazu auch nicht erforderlich, um die Rechtfolgen des § 398 BGB anzunehmen.
(2) Der A… KGaA stand gegen die Beklagte zu 2) ein Anspruch aus dem Tatbestand der Leistungskondition des § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB zu. Wer durch die Leistung eines anderen etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Die Voraussetzungen dieser Anspruchsgrundlage sind vorliegend erfüllt.
(a) Die am 21.10.2015 erfolgte Zahlung an die Beklagte zu 2) muss als Leistung der A… KGaA, also als bewusste und gewollte Vermögensvermehrung der Beklagten zu 2) gesehen werden.
(b) Ein rechtlicher Grund für diese Zahlung bestand nicht. Dieser ergibt sich insbesondere nicht aus einem Vertrag über diese Zahlungen, weil dieser aus den oben genannten Gründen nicht wirksam zustande gekommen ist.
b. Die Entscheidung über die Zinsen beruht auf §§ 288 Abs. 1, 291 BGB. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf die obigen Ausführungen zur Zinsentscheidung Bezug genommen werden. Dabei gelten insbesondere auch die Überlegungen unter I. 1. c. entsprechend, die dazu führen, dass eine verschärfte Haftung der Beklagten zu 2) über §§ 818 Abs. 4, 819 Abs. 1 BGB nicht in Betracht kommt. Dies würde nämlich Kenntnis vom Fehlen des rechtlichen Grundes voraussetzen. Insoweit gelten dieselben Erwägungen wie zum Vorsatz.
3. Die Beklagten haften der Klägerin als Gesamtschuldner im Sinne der §§ 421 ff. BGB. Schulden mehrere eine Leistung in der Weise, dass jeder die ganze Leistung zu bewirken verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt ist, so liegt nach der Legaldefinition in § 421 Satz 1 BGB eine Gesamtschuld vor. Die Voraussetzungen einer Gesamtschuld müssen hier bejaht werden. Der Leistungsgegenstand braucht nicht identisch zu sein. Das Leistungsinteresse der Klägerin ist bei dem Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB und einem Schadensersatzanspruch aus §§ 278 Abs. 3, 283 Nr. 3, 93 Abs. 2 AktG im Hinblick auf sein Begehren, die Provisionszahlungen zurückzuerhalten, identisch. Eines einheitlichen Schuldgrundes bedarf es nicht (vgl. nur BGHZ 52, 39, 44 f. = NJW 1969, 1165, 1167; BGHZ 211, 189, 200 f. = NJW 2017, 61, 64 = NZG 2016, 1420, 1423 = ZIP 2016, 1825, 1829 = WM 2016, 1831, 1835 = DB 2016, 2229, 2233 = BB 2016, 2382, 2385; Löwisch in: Staudinger, BGH, Neubearb. 2017, § 421 Rdn. 17). Die etwaigen Verpflichtungen der Beklagten gegenüber der Klägerin sind auch gleichstufig, weil sie keinen der beiden Beklagten vorrangig in Anspruch nehmen muss.
Angesichts dessen musste die Klage überwiegend Erfolg haben und nur hinsichtlich eines Teils des Zinsanspruchs im Übrigen abgewiesen werden.
II. 1. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 Abs. 1, 100 Abs. 1 und Abs. 4, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO und orientiert sich unter Anwendung der Baumbach’schen Formel am Maß des jeweiligen Obsiegens und Unterliegens in Relation zum Gesamtstreitwert.
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 Satz 1 und Satz 2 für die Klägerin sowie aus §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 und Satz 2, 709 Satz 2 ZPO für den Beklagten zu 1.
3. Der Streitwert entspricht der jeweils rechtshängigen bezifferten Forderung; durch die teilweise Klagerücknahme war er gestaffelt festzusetzen.


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