Bankrecht

Schadensersatzansprüche gegen die lediglich finanzierende Bank

Aktenzeichen  14 U 915/14

Datum:
13.6.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 134838
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 767 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Verliert der Titelgläubiger mit Abtretung der titulierten Ansprüche seine materiell-rechtliche Stellung, benötigt er zur Durchsetzung der Ansprüche im Wege der im eigenen Namen betriebenen Zwangsvollstreckung – von der Möglichkeit einer (treuhänderischen) Rückabtretung abgesehen – eine materiell-rechtlich wirksame Einziehungsermächtigung des Zessionars. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein zur Aufklärung verpflichtender Wissensvorsprung liegt vor, wenn die Bank positive Kenntnis davon hat, dass der Kreditnehmer von seinem Geschäftspartner oder durch den Prospekt über das finanzierte Geschäft arglistig getäuscht wird. Die Kenntnis der Bank von einer arglistigen Täuschung eines mit ihr institutionalisiert zusammenwirkenden Verkäufers oder Vermittlers wird widerleglich vermutet, wenn die Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers oder Vermittlers nach den Umständen des Falles evident ist, so dass sich aufdrängt, die beklagte Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
3 Kreditinstitute prüfen den Wert der ihnen gestellten Sicherheiten im eigenen Interesse sowie im Interesse der Sicherheit des Bankensystems, nicht im Interesse des Kunden.  (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

10 O 1170/11 2014-03-14 Endurteil LGNUERNBERGFUERTH LG Nürnberg-Fürth

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 14.03.2014 abgeändert.
2. Die Zwangsvollstreckung aus der Grundschuldbestellungsurkunde des Notars,, URNr. vom 22.07.2005 wird insoweit für unzulässig erklärt, als sie sich gegen den Kläger persönlich richtet.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
5. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 83% und die Beklagte 17%.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung hinsichtlich der Ziffer 2 abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 195.000,00 €, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Jede Partei kann die Vollstreckung von Kosten des Rechtsstreits abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des gegen sie nach Ziffer 5 vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit leistet in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
7. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 98.300,29 € festgesetzt.

Gründe

II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache nur insoweit Erfolg, als sich der Kläger gegen die gegen ihn persönlich gerichtete Zwangsvollstreckung wendet (1.). Soweit die Vollstreckungsabwehrklage die gegen die Ehefrau des Klägers gerichtete Vollstreckung zum Gegenstand hat, ist sie unzulässig (2.). Die weiteren zulässigen (3.) Klageanträge hat das Erstgericht zu Recht in der Sache abgewiesen (4.).
1. Die gegen den Kläger gerichtete Zwangsvollstreckung aus der mit notarieller Urkunde vom 22.07.2005 (Anlage K 29) übernommenen persönlichen Haftung ist für unzulässig zu erklären. Dem Kläger steht eine Einwendung im Sinne des § 767 I ZPO gegen den titulierten Anspruch zu, weil die Beklagte zwar formell als Titelinhaberin ausgewiesen (a.), nicht aber materiell-rechtlich zur Vollstreckung berechtigt ist (b.)
a. Weder die auf Seiten der Beklagten erfolgten Namensänderungen noch der zwischenzeitliche Verlust der Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften lassen die Stellung der Beklagten als Titelgläubigerin entfallen. Der Senat macht sich insoweit die Ausführungen des Erstgerichts (vgl. Abschnitt III. auf den Seiten 35 und 36 des Ersturteils) zu Eigen.
b. Die Beklagte ist nach Abtretung der titulierten Ansprüche (aa.) materiell-rechtlich nicht (mehr) zur Geltendmachung bzw. Vollstreckung des titulierten Anspruchs befugt (bb.)
aa. Durch Vorlage der Verträge vom 19. und 20.06.2006 (Anlagen FPS 1, FPS 2, FPS 3 und FPS 5) hat die Beklagte Abtretungen der titulierten Ansprüche an die und sodann an die belegt. Die Abtretungen bilden die Grundlage des nach § 767 I ZPO relevanten Einwands des Gläubigerwechsels bzw. des Wegfalls der Aktivlegitimation (vgl. hierzu Zöller/Herget, ZPO, 31. Auflage 2016, § 767 Rn. 12 „Wegfall der Aktivlegitimation“ mwN) und werden vom Kläger nicht mehr bestritten (vgl. Seite 2 der Sitzungsniederschrift des OLG Nürnberg vom 23.05.2016, Bl. 626 d. A.).
bb. Verliert der Titelgläubiger mit Abtretung der titulierten Ansprüche seine materiell-rechtlichen Stellung, benötigt er zur Durchsetzung der Ansprüche im Wege der im eigenen Namen betriebenen Zwangsvollstreckung – von der Möglichkeit einer (treuhänderischen) Rückabtretung abgesehen – eine materiell-rechtlich wirksame Einziehungsermächtigung des Zessionars (vgl. BGH, Urteil vom 14.06.2013 – V ZR 148/12, juris Rn. 13; BGH, Urteil vom 11.05.2012 – V ZR 237/11, juris Rn. 5; OLG Brandenburg, Urteil vom 04.07.2012 – 4 U 182/11, juris Rn. 34; OLG Celle, Urteil vom 28.08.2013 – 3 U 43/13, vom Kläger als Anlage zum Protokoll vom 09.11.2015 vorgelegt). Hieran fehlt es vorliegend.
(1) Eine erfolgte Rückabtretung der titulierten Ansprüche durch die hat die Beklagte nicht geltend gemacht.
(2) Eine materiell-rechtlich wirksame Einziehungsermächtigung seitens der ergibt sich nicht aus dem Vorbringen der Beklagten und den von ihr vorgelegten Unterlagen. Denn die wirksame Erteilung einer Einziehungsermächtigung durch den Zessionar setzt voraus, dass im Zuge der Abtretung die Bindungen der zwischen den Parteien des Darlehensvertrags getroffenen Sicherungszweckvereinbarung an den Zessionar weitergegeben worden ist. Die vorgelegten Verträge vom 19. und 20.06.2006 (Anlagen FPS 1, FPS 2, FPS 3 und FPS 5) enthalten keinen Hinweis darauf, dass die nicht nur Rechtsnachfolgerin der Beklagten als persönliche Gläubigerin und Grundschuldgläubigerin geworden, sondern auch in die Sicherungsvereinbarung für die Grundschuld zwischen den Parteien „eingetreten“ ist und damit die Verwertungsbefugnis aus der notariellen Urkunde erlangt hat (vgl. zu einem gleichgelagerten Fall OLG Celle, Urteil vom 28.08.2013 – 3 U 43/13, vom Kläger als Anlage zur Niederschrift des OLG Nürnberg vom 09.11.2015 vorgelegt). Erwirbt ein Zessionar aber die Verwertungsbefugnis nicht, kann er also selbst die Zwangsvollstreckung nicht betreiben, so ist er auch nicht in der Lage, den Zedenten zur Vollstreckung und Geltendmachung der titulierten Ansprüche im eigenen Namen zu ermächtigen. Ohne eine wirksame Ermächtigung durch den Zessionar fallen formelle Berechtigung des im Vollstreckungstitel ausgewiesenen Titelgläubigers und materiell-rechtliche Inhaberschaft der titulierten Ansprüche auseinander.
2. Soweit der Kläger die Einstellung der gegen seine Ehefrau gerichteten Zwangsvollstreckung begehrt, ist seine Klage mangels Prozessführungsbefugnis unzulässig. Eine Vollstreckungsabwehrklage, mit der wie hier ausschließlich die Vollstreckung wegen eines Anspruchs aus § 780 BGB bekämpft wird, kann nur vom Vollstreckungsschuldner selbst erhoben werden. Eine gewillkürte Prozessstandschaft findet nicht statt. Sie wird auch durch die mit Vereinbarung vom 17.06.2010 (Anlage K3) erfolgte Abtretung von Ansprüchen, die Grundlage der Klage sind, nicht statthaft, weil Streitgegenstand der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO die gänzliche oder teilweise, endgültige oder zeitweilige Vernichtung der Vollstreckbarkeit, nicht dagegen die Aufhebung des Titels oder die Feststellung ist, dass der Anspruch nicht oder nicht mehr besteht (vgl. BGH, Urteil vom 10.12.2013 – XI ZR 508/12, juris Rn. 12 mwN).
3. Der auf die negative Feststellung, dass ein darlehensvertraglicher Anspruch der Beklagten nicht besteht, gerichteten Klage fehlt auch im Hinblick auf die vom Kläger nicht mehr bestrittene Abtretung darlehensvertraglicher Ansprüche zunächst an die und sodann an die nicht das erforderliche Feststellungsinteresse (§ 256 I ZPO). Denn der Senat legt den Sachantrag des Klägers dahingehend aus, dass festgestellt werden solle, ein darlehensvertraglicher Anspruch, den die Beklagte in der Person der Zessionarin als gegeben erachtet und zu dessen Geltendmachung sie sich befugt sieht, bestehe schlechthin nicht.
4. Den weiteren Anträgen des Klägers hat das Erstgericht den Erfolg in der Sache zu Recht versagt.
a. Dem Kläger steht weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht gegen die Beklagte ein Schadenersatzanspruch zu, mit dem die gestellten Zahlungs- und Feststellungsanträge begründet werden könnten.
aa. Die Beklagte hat nicht gegen eine – aus dem Gesichtspunkt eines Wissensvorsprungs resultierende – Aufklärungspflicht verstoßen. Ein zur Aufklärung verpflichtender Wissensvorsprung liegt vor, wenn die Bank positive Kenntnis davon hat, dass der Kreditnehmer von seinem Geschäftspartner oder durch den Prospekt über das finanzierte Geschäft arglistig getäuscht wird (BGH, Urteil vom 10.07.2007 – XI ZR 243/05, juris Rn. 14; BGH, Urteil vom 29.06.2010 – XI ZR 104/08, juris Rn. 20). Die Kenntnis der Bank von einer arglistigen Täuschung eines mit ihr institutionalisiert zusammenwirkenden Verkäufers oder Vermittlers wird widerleglich vermutet, wenn die Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers oder Vermittlers nach den Umständen des Falles evident ist, so dass sich aufdrängt, die beklagte Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen (BGH, Urteil vom 16.05.2006 – XI ZR 6/04, juris Rn. 51 ff.). Hierzu ist erforderlich, dass sich die behauptete Täuschung durch Vorspiegeln oder Entstellen von Umständen auf objektiv nachprüfbare Angaben bezieht und nicht lediglich subjektive Werturteile oder marktschreierische Anpreisungen vermittelt wurden (BGH, Urteil vom 19.09.2006 – XI ZR 204/04, juris Rn. 24).
(1) Soweit der Kläger behauptet, ihm gegenüber seien durch den Vermittler Torsten Bauhus – auch unter Bezugnahme auf den Prospekt und auf Berechnungsbeispiele – wahrheitswidrige Angaben gemacht worden, beinhaltet sein Vortrag zu einem Großteil keine Darstellung konkreter Tatsachen, die ihm verschwiegen oder der Wahrheit zuwider mitgeteilt worden sein sollen.
(a) Die vom Erstgericht für nicht erwiesen erachtete und vom Kläger selbst im Rahmen seiner erstinstanzlich erfolgten Anhörung nicht bestätigte und mit seiner Berufung nicht weiter thematisierte Äußerung des Vermittlers, die Wohnung könnte problemlos nach fünf oder zehn Jahren bzw. nach Ablauf der steuerlichen Haltefrist mit Gewinn (2,5% über dem Ankaufspreis bzw. zu einem 1,5 – 2,0% höheren Preis bzw. über dem Ertrag von Immobilienfonds) verkauft werden, ist derart allgemein, dass nur von einer werbenden, marktschreierischen Äußerung oder einer Prognose gesprochen werden kann. Zudem ist der im Prospekt (Anlage K10) enthaltene Hinweis zur „zukünftigen Weiterentwicklung“ zu beachten, wonach die Wertentwicklung bei Immobilien erfahrungsgemäß langfristig zu sehen sei und spekulativen Charakter habe.
(b) Mit der behaupteten Äußerung des Vermittlers, der Kaufpreis sei „günstig“, liegen ein subjektives Werturteil und eine unverbindliche Anpreisung mit ersichtlich werbendem Charakter vor. Der Kläger hat erstinstanzlich gerade nicht vorgetragen, dass ihm versichert worden sei, der Kaufpreis entspreche dem tatsächlichen Verkehrswert der Wohnung. Die erstinstanzlich durchgeführte Beweisaufnahme hat auch keine Anhaltspunkte für eine solche Erklärung des Vermittlers zu Tage gefördert. Die erstmals mit der Berufung aufgestellte Behauptung, der Vermittler habe Derartiges zugesagt, kann nach § 531 II 1 ZPO keine Berücksichtigung finden.
(c) Die behaupteten Mitteilungen zur Lage und Ausstattung der Wohnung hat das Erstgericht zu Recht als allgemeine, werbende und anpreisende Äußerungen ohne tatsächliche Substanz qualifiziert. Dies gilt insbesondere für die behauptete Beschreibung einer „sehr guten Objektlage“ und einer „guten“ Ausstattung der Wohnung. Soweit der Kläger erstmals mit der Berufung behauptet, der Vermittler habe erklärt, die Wohnung sei „von Grund auf renoviert“, ist dieses Vorbringen, das auch keine Bestätigung in der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme findet, nach § 531 II 1 ZPO nicht zuzulassen.
(d) Die angeblichen Angaben des Vermittlers, die Kapitalanlage würde sich unter Berücksichtigung der Steuerersparnis und der Mieteinnahmen (nahezu) von selbst tragen, hat das Erstgericht zu Recht als bloße Musterrechnungen und Erklärungen, die ohne Anspruch auf Belastbarkeit und Richtigkeit gemacht werden, eingeordnet, was auch der Kläger mit seiner Berufung nicht in Frage stellt. Letztlich steht auch der in den vorgelegten Berechnungen (Anlage K9) enthaltene Passus, dass der – auf den Angaben des Klägers beruhende – Vorschlag freibleibend und ohne Gewähr erfolge und jede Haftung ausgeschlossen sei, der Annahme einer vom Vermittler (durch Unterlassen) begangenen arglistigen Täuschung entgegen.
(2) Die Behauptungen des Klägers, der Vermittler habe ihm eine ständige Vermietbarkeit zu 4,00 €/qm zugesichert und es sei ihm ein Leerstands- bzw. Mietausfallrisiko verschwiegen worden, haben in der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme und auch in der Anhörung des Klägers keine Bestätigung gefunden. Dem für die Dauer von drei Jahren geltenden Mietgarantievertrag (Anlage K11) kann eine derartige Erklärung auch nicht entnommen werden, ebenso wenig den dem Kläger vorgelegten Berechnungen (Anlage K9), die außerdem ohne Gewähr erfolgt sind. Soweit der Vermittler in seinen Äußerungen die Mietgarantie erwähnt hat, ist dies nicht gleichzusetzen mit der Zusicherung eines bestimmten – unabhängig von den tatsächlichen Einnahmen – von einem Sachverständigen als nachhaltig erzielbar bezeichneten Mietzinses. Dass er die ihm aus der vereinbarten Mietgarantie zustehenden Zahlungen bereits von Anfang an nicht erhalten habe, hat der Kläger schließlich nicht behauptet.
bb. Eine Haftung der Beklagten ergibt sich nicht aus der vom Kläger behaupteten sittenwidrigen Überteuerung des ihm im Jahr 2005 für die Immobilie abverlangten Kaufpreises. Eine Aufklärungspflicht der Beklagten würde eine entsprechende positive Kenntnis oder ausnahmsweise voraussetzen, dass sich dem zuständigen Bankmitarbeiter nach den Umständen des Einzelfalles diese Kenntnis aufdrängen musste (BGH, Urteil vom 29.04.2008 – XI ZR 221/07; BGH, Beschluss vom 15.06.2010 – XI ZR 318/09, juris Rn. 7 ff.; BGH, Urteil vom 10.12.2013 – XI ZR 508/12, juris Rn. 21 f.).
Den ihm obliegenden Nachweis dieser subjektiven Haftungsvoraussetzungen hat der Kläger nicht geführt. Ob eine sittenwidrige Kaufpreisüberteuerung objektiv vorliegt, kann daher dahinstehen, da von einer objektiv sittenwidrigen Überteuerung des Kaufpreises nicht auf das Vorliegen der subjektiven Haftungsvoraussetzungen geschlossen werden könnte.
Der Kläger hat eine Kenntnis der Beklagten von einem behaupteten tatsächlichen Verkehrswert der Immobilie im Erwerbszeitpunkt in Höhe von 29.200,00 € in das Wissen der von ihm benannten Zeugen gestellt. In deren Aussagen findet sich jedoch keine ausreichende Bestätigung der klägerischen Behauptung.
(1) Der Senat macht sich zunächst die nachvollziehbaren, sorgfältigen und überzeugenden Ausführungen des Erstgerichts zu der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme zu Eigen und nimmt auf sie zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Bezug. Danach sind insbesondere folgende wesentlichen Feststellungen zu treffen:
(a) Die Beklagte konnte bzw. musste nicht aus einer Kenntnis des Preises, zu dem die Verkäuferin das Gesamtobjekt selbst zuvor erworben hat, auf einen Verkauf der Wohnung an den Kläger zu sittenwidrig überteuerten Konditionen schließen. Zum einen hat die Beweisaufnahme nicht ergeben, dass der Beklagten entsprechende Informationen vorgelegen hätten. Zum anderen könnte aus dem für das Gesamtobjekt aufgewandten Kaufpreis nicht – wie es der Kläger unternimmt – rein rechnerisch dem nach Aufteilung in Wohnungseigentumseinheiten entstehenden Miteigentumsanteil von 58/1.000teln folgend eine Bezugsgröße ermittelt werden, aus der sich für die finanzierende Bank ohne Weiteres die Kenntnis von einer sittenwidrigen Überhöhung des von ihrem Kreditnehmer entrichteten Kaufpreises ergäbe.
(b) Auch wenn davon ausgegangen werden müsste, dass die Beklagte eine Prüfung vorgenommen hat, ob eine Finanzierung der Wohnungen im Gesamtobjekt zu den im Exposé genannten Preisen grundsätzlich möglich sei, gibt es zu der Frage, auf welcher konkreten Erkenntnisbasis diese Prüfung anhand welcher Methode(n) und mit welchem Ergebnis erfolgt sei, weder ein konkretes Vorbringen des Klägers noch belastbare Befunde im Rahmen der erfolgten Beweisaufnahme.
(c) Dass auf die Darlehensanfrage des Klägers hin eine konkrete Prüfung des Beleihungswerts durch die Beklagte das Ergebnis erbracht habe, der Kaufpreis sei sittenwidrig überhöht, hat die erstinstanzlich durchgeführte Beweisaufnahme nicht ergeben. Das Erstgericht hat die vorgelegten Unterlagen, das Parteivorbringen und die Aussagen der vernommenen Zeugen widerspruchsfrei und nachvollziehbar einer sorgfältigen, umfassenden und durchaus kritischen Analyse unterzogen, der sich der Senat anschließt und auf deren Basis eine ausreichend sichere Überzeugung (§ 286 ZPO) von der subjektiven Kenntnis der Beklagten von einer sittenwidrigen Überteuerung des Kaufpreises nicht gewonnen werden kann.
(2) Auch die vom Senat durchgeführte ergänzende Beweisaufnahme war hinsichtlich der Kenntnis der Beklagten von einer sittenwidrigen Überteuerung des Kaufpreises unergiebig. So vermochte der Zeuge als früherer Geschäftsführer der keine Angaben zum konkreten Einzelfall zu machen. Generell sei die Werthaltigkeit von Objekten unterschiedlich, mithin auch durch Besichtigungen (durch Spezialfirmen) und Wertgutachten oder Verwendung der HVB-Expertise, geprüft worden. Der Ablauf der Kreditvergabe sei durch Ratingagenturen überprüft worden. Nach welchen Kreditvergaberichtlinien der streitgegenständliche Kredit im Jahr 2005 vergeben worden sei, könne er nicht sagen. In ähnlicher Weise äußerte sich mit dem Zeugen ein weiterer früherer Geschäftsführer der . Schließlich hat der Zeuge, der seit dem Jahr 2010 Geschäftsführer der Hausverwalterin des streitgegenständlichen Objekts in ist, bekundet, zum damaligen Verkehrswert überhaupt nichts sagen zu können. Auch habe er seinerzeit mit den finanzierenden Banken nichts zu tun gehabt und auch nicht gewusst, welche Bank die Wohnung des Klägers finanziere.
cc. Die Verletzung einer Aufklärungspflicht wegen Überschreitung der Kreditgeberrolle kann nicht angenommen werden. Denn sie setzt voraus, dass die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Objekts gleichsam als Partei des zu finanzierenden Geschäfts in nach außen erkennbarer Weise Funktionen oder Aufgaben des Veräußerers oder Vertreibers übernommen und damit einen zusätzlichen, auf die übernommenen Funktionen bezogenen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (BGH, Urteil vom 18.03.2013 – XI ZR 188/02, juris Rn. 31). Der Sachvortrag des Klägers enthält hierfür keine ausreichenden Anhaltspunkte.
dd. Eine Aufklärungspflicht ergibt sich auch nicht wegen eines schwerwiegenden Interessenkonflikts. Ein solcher ist nicht schon allein deshalb zu bejahen, weil eine finanzierende Bank zugleich Kreditgeberin des Bauträgers oder Verkäufers und des Erwerbers ist. Vielmehr müssen zu dieser „Doppelfinanzierung“ besondere Umstände hinzutreten (BGH, Urteil vom 18.03.2003 – XI ZR 188/02, juris Rn. 29). Solche sind hier nicht ersichtlich.
ee. Schließlich ist nach dem Vorbringen des Klägers auch nicht von einem zur Aufklärung verpflichtenden besonderen Gefährdungstatbestand auszugehen. Denn ein solcher liegt nur vor, wenn die finanzierende Bank das eigene wirtschaftliche Wagnis auf den Kunden verlagert und diesen bewusst mit einem Risiko belastet, das über die mit dem zu finanzierenden Vorhaben normalerweise verbundenen Gefahren hinausgeht (BGH, Urteil vom 18.11.2003 – XI ZR 322/01, juris Rn. 23), wofür vorliegend nichts ersichtlich ist.
Soweit der Kläger mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 18.05.2016 eine zum Nachteil der Beklagten ergangene Entscheidung des LG Wiesbaden (Urteil vom 17.03.2016 – 3 O 239/11) vorgelegt hat, überzeugt den Senat die Argumentation, mit der darin der besondere Gefährdungstatbestand im Wesentlichen begründet worden ist, nicht. Das LG Wiesbaden führt vor dem Hintergrund eines skizzierten „Systems der Beklagten“ aus, Letztere habe besondere Gefahrumstände geschaffen, „die eine kreditgebende Bank, die das Ausfallrisiko selbst trägt, so nicht geschaffen hätte“. Die Beklagte habe „auf das konkrete Risiko für den Kunden, dass nämlich nur eine reine formale Bewertung stattfindet, weil sie selbst überhaupt kein Risiko hat“, nicht hingewiesen. Die Beklagte seit mithin „dafür verantwortlich, dass der Erwerber […] die falsche Vorstellung hat, die Beklagte habe wenigstens im eigenen Interesse die Werthaltigkeit der Immobilie im Auge gehabt“.
Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung prüfen Kreditinstitute den Wert der ihnen gestellten Sicherheiten im eigenen Interesse sowie im Interesse der Sicherheit des Bankensystems, nicht im Interesse des Kunden (BGH, Urteil vom 10.12.2013 – XI ZR 508/12, juris Rn. 18 mwN).
Auch im Falle einer Verbriefung des Kredits ist dies nicht anders. Mit dieser werden keine weiteren wirtschaftlichen Risiken auf den Kreditnehmer verlagert. Je nach konkreter Ausgestaltung der Kreditverbriefung verlagert sich das Risiko des Kreditausfalls entweder vollständig auf die Investoren bzw. im Falle der Tranchierung der emittierten Wertpapiere auf diejenigen Investoren, die untere Tranchen erworben haben, oder es verbleibt teilweise bei der kreditgebenden Bank, wenn nämlich diese als Organisator der Verbriefung das Erstverlustrisiko, also die unterste Tranche (first loss piece), übernimmt. Die Annahme, die Bank habe im Falle der Kreditverbriefung überhaupt kein Risiko, wird der zuletzt genannten Ausgestaltungsmöglichkeit nicht gerecht. Aber auch im erstgenannten Fall einer vollständigen Risikoauslagerung kann nicht davon ausgegangen werden, dass die kreditgebende Bank kein eigenes Interesse an der Prüfung der Werthaltigkeit der gestellten Sicherheit besitzt. Denn im Zuge der Durchführung der von der kreditgebenden Bank initiierten Kreditverbriefung werden zur Beurteilung der Bonität der Wertpapiere, von der deren Platzierung auf dem Markt abhängig ist, regelmäßig zumeist mehrere Ratingagenturen eingeschaltet (vgl. Stephan Ricken, Verbriefung von Krediten und Forderungen in Deutschland, 2008, Seite 24, unter http://www.boeckler.de/pdf/mbf_finanzinvestoren_ricken_verbriefung.pdf zuletzt abgerufen am 27.05.2016).
b. Soweit die Berufung geltend macht, es habe sich bei dem Darlehensvertrag und der Grundschuldbestellung um nichtige Scheingeschäfte gehandelt, liegen die Voraussetzungen des § 117 I BGB nicht vor. Von einem von beiden Vertragsparteien einverständlich hervorgerufenen äußeren Schein eines Rechtsgeschäfts, dessen Rechtsfolgen sie nicht eintreten lassen wollen, kann vorliegend nicht die Rede sein. Die Darlehensnehmer kannten die Art und Weise der Refinanzierung der Beklagten nicht und benötigten das Darlehen.
c. Aus dem mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 18.02.2009 erklärten Widerruf des Darlehensvertrags vermag der Kläger keine Rechte herzuleiten, die Grundlage seiner Zahlungs- und Feststellungsanträge sein könnten. Denn ein Recht zum Widerruf besteht aus keinem rechtlichen Grund.
aa. Soweit der Kläger den Widerruf auf § 1 HWiG stützt, kommt es nicht darauf an, ob eine vom Erstgericht verneinte Haustür- und Überrumpelungssituation vorgelegen hat. Denn das für Haustürgeschäfte nach § 312 BGB geltende Widerrufsrecht ist nach § 312a BGB in der Fassung vom 15.12.2003 ausgeschlossen, wenn dem Verbraucher ein Widerrufs- oder Rückgaberecht nach §§ 355, 356 BGB zusteht. Dem Kläger stand vorliegend ein solches Widerrufsrecht nach § 495 I BGB zu. Da die im Darlehensvertrag (Anlage K13) enthaltene Belehrung hierüber nach den Feststellungen des Erstgerichts dem damaligen Muster nach der BGB-InfoV entspricht und die Beklagte daher Vertrauensschutz genießt (§ 14 I BGB-InfoV), war die Frist zum Widerruf im Februar 2009 bereits abgelaufen.
bb. Soweit der Kläger geltend macht, nach § 358 II 1 BGB infolge des Widerrufs auch an den Kaufvertrag nicht mehr gebunden zu sein, kann es dahingestellt bleiben, ob vorliegend überhaupt verbundene Geschäfte im Sinne des § 358 III 3 BGB gegeben sind, was zweifelhaft erscheint (vgl. KG Berlin, Urteil vom 16.05.2012 – 24 U 103/10, juris Rn. 94 ff.). Denn der Kläger könnte anstelle der (vorliegend weder der Verkäuferin noch der Beklagten gegenüber erklärten) Anfechtung nach § 123 BGB einen Schadenersatzanspruch aus einem in einer arglistigen Täuschung liegenden vorsätzlichen Verschulden bei Vertragsschluss nur dann gegen die beklagte Bank geltend machen (vgl. BGH, Urteil vom 25.04.2006 – XI ZR 106/05, juris Rn. 30; BGH, Urteil vom 19.10.2010 – XI ZR 376/09, juris Rn. 13 ff.), wenn eine arglistige Täuschung durch die Verkäuferin bzw. den Vermittler unbestritten oder nachgewiesen wäre, was nicht der Fall ist.
d. Soweit der Kläger beanstandet, das Erstgericht habe seinen Sachvortrag zur Unwirksamkeit der darlehensvertraglichen Mitverpflichtung seiner Ehefrau wegen finanzieller Überforderung unberücksichtigt gelassen, verhilft dies dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg. Denn eine nach den maßgeblichen Grundsätzen (vgl. BGH, Urteil vom 16.06.2009 – XI ZR 539/07, juris Rn. 13 ff.) sittenwidrige Inanspruchnahme der Ehefrau des Klägers als Mitdarlehensnehmerin kann nicht festgestellt werden. Der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs lag die Fallgestaltung zugrunde, dass die Bank wusste, die Immobilie werde von einem der Ehegatten allein erworben. Zwar trifft Letzteres auch im vorliegenden Fall zu. Jedoch hat das Erstgericht plausibel dargelegt, dass die Beklagte davon erst nach Abschluss des Darlehensvertrags Kenntnis erlangt hat und zuvor davon ausgegangen ist, die Eheleute würden die Immobilie gemeinsam erwerben. Einen Beweis dafür, dass die Beklagte gewusst habe, dass nur er das Objekt erwerbe, hat der Kläger nicht angeboten. Da die Beurteilung einer sittenwidrigen Inanspruchnahme als Mitdarlehensnehmer ausschließlich nach den für die finanzierende Bank erkennbaren Verhältnissen erfolgt (vgl. BGH, Urteil vom 28.05.2002 – XI ZR 205/01, juris Rn. 12), bleibt für die Annahme einer sittenwidrigen Inanspruchnahme kein Raum, wenn die Beklagte nach ihrem Kenntnisstand davon ausgehen durfte, dass die Immobilie von beiden Ehegatten erworben werde.
III.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 I 1 Alt. 2 ZPO. Am Gebührenstreitwert in Höhe von 98.300,29 € orientiert und unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Identität (§ 45 I 3 GKG) von negativer Feststellungsklage, die vollumfänglich – d. h. bezogen auf den Kläger selbst und auf seine Ehefrau – erfolglos bleibt, und Vollstreckungsabwehrklage, die teilweise Erfolg hat, kann das Unterliegen des Klägers mit 81.525,29 € und das der Beklagten mit 16.775,00 € bewertet werden. Hieraus ergibt sich die in der Entscheidungsformel ausgewiesene quotale Kostenverteilung. Da der Kläger erst aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 03.04.2014 (Anlage BK1), mithin nach dem Zeitpunkt, bis zu dem in erster Instanz Schriftsätze eingereicht werden konnten, davon erfahren hat, dass die Beklagte nicht mehr Inhaberin der titulierten Ansprüche ist, besteht kein Raum für eine Anwendung des § 97 II ZPO.
2. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 709 S. 2, § 711 ZPO. Die im Hinblick auf die erfolgreiche Vollstreckungsabwehrklage festzusetzende Sicherheitsleistung orientiert sich an der mit der notariellen Urkunde vom 22.07.2005 (Anlage K29) titulierten Verpflichtung (Grundschuldkapital in Höhe von 67.100,00 € zuzüglich einer einmaligen Nebenleistung von 10% sowie jährlicher Zinsen in Höhe von 15%).
3. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 543 II 1 ZPO).


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