Bankrecht

Streit um Freigabe aus hinterlegten Erträgen aus unterschiedlichen Grundstücken

Aktenzeichen  13 O 1409/17

Datum:
30.8.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 53496
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Kempten
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 117 Abs. 1, § 158 Abs. 2, § 328 Abs. 2, § 1059 S. 1
ZPO § 59, § 60, § 286 Abs. 1, § 313 Abs. 3

 

Leitsatz

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
1.Die Klägerin wird verurteilt, die Freigabe des beim Amtsgericht Schopfheim, Az.: HL 3/16, hinterlegten Betrages von EUR 7.086,32 an den Beklagten zu bewilligen.  
2.Die Klägerin wird verurteilt, die Freigabe des beim Amtsgericht Schopfheim, Az.: HL 4/16, hinterlegten Betrages von EUR 26.000 an den Beklagten zu bewilligen.  
3.Die Klägerin wird verurteilt, die Freigabe des beim Amtsgericht Schopfheim, Az.: HL 1/17, hinterlegten Betrages von EUR 7.767,30 an den Beklagten zu bewilligen.
4.Es wird festgestellt, der Drittwiderbeklagte hat keinen Anspruch auf den beim Amtsgericht Schopfheim, Az.: HL 3/16, hinterlegten Betrag von EUR 7.086,32.
5.Es wird festgestellt, der Drittwiderbeklagte hat keinen Anspruch auf den beim Amtsgericht Schopfheim, Az.: HL 4/16, hinterlegten Betrag von EUR 26.000,00.
6.Es wird festgestellt, der Drittwiderbeklagte hat keinen Anspruch auf den beim Amtsgericht Schopfheim, Az.: HL 1/17, hinterlegten Betrag von EUR 7.767,30.
7.Die Klägerin wird verurteilt, an den Beklagten Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus EUR 40.853,62 seit dem 09.02.2018 zu bezahlen.
8.Im Übrigen werden die Widerklage und die Drittwiderklage abgewiesen.
III.
Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Beklagten trägt die Klägerin 70 % und der Drittwiderbeklagte 30 %, im Übrigen tragen die Klägerin und der Drittwiderbeklagte ihre jeweiligen außergerichtlichen Kosten selbst.
IV.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar. 
 Beschluss
Der Streitwert wird für den Zeitraum vom 13.09.2017 bis zum 24.01.2019 auf 40.853,62 €, vom 25.01.2018 bis zum 26.03.2018 auf 47.353,62 €, und ab dem 27.03.2018 auf 53.853,62 € festgesetzt. 

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Wider- und Drittwiderklage ist zulässig und überwiegend begründet.
Das Gericht sieht sich im Hinblick auf den umfangreichen Sachvortrag der Parteien zunächst zu dem ausdrücklichen Hinweis veranlasst, dass es nicht Aufgabe des schriftlichen Urteils ist, sämtliche Erwägungen des Gerichts darzustellen. Nach § 313 Abs. 3 ZPO sollen die Entscheidungsgründe nur eine „kurze Zusammenfassung“ der Erwägungen enthalten, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht. Ein Gericht braucht deshalb nicht jedes Parteivorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu behandeln (BVerfG RdL 2004, 68 [unter II 1 a]; BGHZ 3, 162 [175]; NJW 2003, 1943 [1947]; NJOZ 2005, 3387 [3388]; BAG MDR 2005, 1008).
Das Gericht hat gleichwohl vor seiner Entscheidung alle vorgetragenen Sachverhalte und Behauptungen der Parteien, soweit es sich um keinen unzulässigen neuen Vortrag insbesondere nach Schluss der mündlichen Verhandlung handelt, auf ihre Relevanz für das vorliegende Verfahren geprüft. Die schriftlichen Urteilsgründe beschränken sich auf die Darstellung der wichtigsten Überlegungen des Gerichts, die Grundlage der Entscheidung waren.
I.
Die Klage ist ebenso wie Wider- und Drittwiderklage zulässig, insbesondere ist das Landgericht Kempten sachlich und örtlich zuständig.
1. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Landgericht Kempten gem. §§ 23 Abs. 1, 71 Abs. 1 GVG sachlich und gem. §§ 12, 13 ZPO örtlich zuständig.
Eine ausschließliche örtliche Zuständigkeit nach § 24 ZPO besteht vorliegend nicht, da durch die Klage nicht die dingliche Belastung des Nießbrauchs geltend gemacht wird. Die erhobene Klage ist vielmehr auf Abgabe einer Willenserklärung betreffend die Freigabe von hinterlegten Geldern gerichtet ist.
2. Die Widerklage ist zulässig, insbesondere ist das Landgericht Kempten gem. §§ 23 Abs. 1, 71 Abs. 1 GVG sachlich und gem. § 33 ZPO örtlich zuständig. Die besonderen Voraussetzungen der Widerklage liegen vor, ein sachlicher Zusammenhang zwischen Klageanspruch und Widerklage besteht.
3. Die Drittwiderklage ist zulässig.
3.1. Die Zuständigkeit des Landgerichts Kempten ergibt sich sachlich aus §§ 23 Abs. 1, 71 Abs. 1 GVG. Die örtliche Zuständigkeit folgt jedenfalls aus § 39 ZPO, sodass dahinstehen kann, ob § 33 ZPO im Rahmen der Drittwiderklage analog anwendbar ist (vgl. Thomas/Putzo/Hüßtege, 40. Aufl. 2019, § 33 Rn. 13).
3.2. Die besonderen Voraussetzungen der Drittwiderklage liegen vor, Widerbeklagter und Drittwiderbeklagten sind als Streitgenossen gem. §§ 59, 60 ZPO anzusehen. Für die erforderliche Gleichartigkeit der Gründe genügt, dass die Ansprüche in einem inneren sachlichen Zusammenhang stehen, der dem Wesen nach gleich ist (vgl. Thomas/Putzo/Hüßtege, 40. Aufl. 2019, § 60 Rn. 4). Dies ist vorliegend aufgrund der hinterlegten Gelder der Fall.
3.3. Auch das gem. § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor. Der Drittwiderbeklagte hat sich gegenüber den hinterlegenden Parteien eines Anspruchs auf die Gelder berühmt. Eine Eintragung bei der Hinterlegungsstelle ist nicht erforderlich.
II.
Die Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB auf Einwilligung in die Auszahlung der hinterlegten Geldbeträge.
Die Klägerin ist nicht mehr berechtigt, die Geldbeträge zu fordern.
Sie hat ihre Berechtigung zunächst an ihren Sohn, den Zeugen W. S., übertragen (1).
Eine Rücküberlassung an die Klägerin erfolgte nicht (2).
Schließlich hat der Zeuge die Berechtigung entsprechend der Vereinbarung in Ziffer 2 der Vereinbarung vom 31.05.1997 (Anlage K4) weiter an den Beklagten übertragen (3).
1. Die Klägerin war ursprünglich als Nießbrauchsinhaberin berechtigt, die Einziehung der Gelder zu verlangen. Mit Vereinbarung vom 19.12.1996 (Anlage K2) überließ die Klägerin ihrem Sohn, dem Zeugen W S, jedenfalls die Ausübung des Nießbrauchs gem. § 1059 S. 2 BGB. Dies ergibt sich nach Auslegung der Vereinbarung nach §§ 133, 157 BGB.
1.1. Die Vereinbarung stellt entgegen der Auffassung des Beklagten keine bloße Absichtserklärung dar. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vereinbarung, welcher auf eine sofortige Umsetzung hindeutet, sowie aus der Überschrift „Vertrag“.
1.2. Wörtlich vereinbarten die Parteien eine Abtretung der Nießbräuche. Dies ist aufgrund der Unübertragbarkeit des Nießbrauchs nach § 1059 S.1 BGB nicht möglich, allerdings ist die Vereinbarung in eine schuldrechtliche Ausübungsübertragung nach § 1059 S. 2 BGB umzudeuten (vgl. Palandt/Herrler, 78. Aufl. 2019, § 1059 Rn. 2). Zwar können grundsätzlich in ergänzender Vereinbarung darüber hinaus mit dinglicher Wirkung aus dem Nießbrauch fließende Einzelrechte übertragen werden (vgl. BGH, Urteil vom 18. 12. 1970 – V ZR 31/68), Anhaltspunkte hierfür ergeben sich aus der Vereinbarung von 1996 nicht.
1.3. Dass in der Vereinbarung von 31.05.1997 (Anlage K4) über die bereits erfolgte schuldrechtliche Ausübungsüberlassung hinaus eine zusätzliche dingliche Übertragung der Forderungen erfolgt ist, und nicht nur eine Konkretisierung dieser Überlassung in anderer Formulierung, kann letztlich im hiesigen Verfahren dahinstehen. Ob nun „nur“ das Recht zur Nießbrauchsausübung oder auch die Forderungen aus den Verträgen abgetreten und weiter übertragen wurden spielt letztlich keine Rolle. Sämtliche Beteiligte unterschieden hierin nicht. Ihnen kam es letztlich auf die aus den Grundstücken erwirtschafteten Einnahmen in Form regelmäßiger Zahlungen durch die Nutzer an, sodass davon auszugehen ist, dass es ihnen stets und auch einheitlich auf die wirtschaftliche Berechtigung an diesen ankam, sodass jeweils einheitlich von einer Übertragung des Rechts, die jeweiligen Leistungen von den Nutzern der Grundstücke an sich fordern zu können auszugehen ist.
2. Eine Rücküberlassung der Ausübungsrechte an die Klägerin erfolgte nicht.
Die Vereinbarungen von 19.12.1996 (K 2) sowie vom 31.05.1997 (K4) sind weder auflösend bedingt gem. § 158 Abs. 2 BGB noch erfolgte durch die Vereinbarungen vom 06.04.1998 (K5) oder vom 10.11.2003 (K6, B 10) eine wirksame vertragliche Rückübertragung der Ausübungsrechte.
2.1. Die Vereinbarungen vom 19.12.1996 (K2) und vom 31.05.1997 (K4) sind nicht gem. § 158 Abs. 2 BGB auflösend bedingt oder nach § 163 i.V.m. § 158 BGB befristet. Ein automatischer Rückfall der Ausübungsberechtigung an die Klägerin lag nicht vor.
2.1.1. Vereinbart wurde die zweckgebundene Verwendung der aus dem Nießbrauch fließenden Erträgen zur Tilgung ausdrücklich vereinbarter Darlehensforderungen. Hieraus lässt sich keine Bedingung oder Befristung der Ausübungsüberlassung selbst entnehmen, sondern lediglich die zweckgebundene Verwendung der aus der Ausübung des Nießbrauchs fließenden Gelder. Anhaltspunkte für einen automatischen Rückfall der Überlassung nach Tilgung der Darlehen sind im Vertrag nicht bestimmt.
Dies ergibt sich insbesondere angesichts der Formulierungen in Anlage K4 auch daraus, dass eine Übertragung an den Beklagten nach vollständiger Tilgung der Darlehen durch W S und nicht durch die Klägerin selbst erfolgen sollte. Hätten die Parteien eine Bedingung, d.h. einen automatischen Rückfall an die Klägerin gewollt, so hätte eine Übertragung durch die Klägerin an den Beklagten vereinbart werden müssen.
2.1.2. Nichts anderes ergibt sich aus den Anhörungen des Drittwiderbeklagten, des Beklagten und des Zeugen W S . Auf eine Anhörung der Klägerin wurde allseits einvernehmlich verzichtet.
2.2. Auch eine vertragliche Aufhebung der Ausübungsüberlassung erfolgte nicht. Die Rücküberlassungen an die Klägerin sind als Scheingeschäfte nach § 117 BGB nichtig. Dies gilt zur Überzeugung des Gerichts sowohl für den vereinbarten „Widerruf“ vom 06.04.1998 (Anlage K5) als auch für den vereinbarten „Widerruf“ vom 10.11.2003 (Anlagen K6, B 10).
2.2.1. Dies steht zur genügenden Überzeugung des Gerichts gemäß § 286 Abs. 1 ZPO aufgrund der widerspruchsfreien und in sich schlüssigen Aussage des Zeugen W  S fest, die auch von den Angaben des Drittwiderbeklagten in seiner informatorischen Anhörung nicht erschüttert werden konnte. Vielmehr erläuterte der Zeuge in glaubhafter Aussage, dass Hintergrund der Vereinbarung allein die steuerliche Geltendmachung beim Finanzamt war, eine Rückübertragung auf die Klägerin tatsächlich nicht gewollt war oder aber praktiziert wurde. Vielmehr erfolgte trotz der Vereinbarung unverändert eine Bedienung der Kredite durch den Zeugen.
2.2.1.1. Das Gericht ist insoweit unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses der Beweisaufnahme zu der sicheren Überzeugung des § 286 I 1 ZPO von der Richtigkeit der vorgenannten Tatsachenfeststellungen gelangt. Das Gericht war sich hierbei bewusst, dass die von der Prozessordnung geforderte Überzeugung des Richters keine – ohnehin nicht erreichbare (vgl. RGZ 15, 339; OLG München NZV 2006, 261; OLG München Urt. v. 28.07.2006 – 10 U 1684/06 [Juris], NJW-Spezial 2010, der 489 f. m. zust. Anm. Heß/Burmann) – absolute oder unumstößliche, gleichsam mathematische Gewissheit und auch keine „an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit“ erfordert, sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet (grdl. BGH NJW 1970, 946, st. Rspr., insbesondere NJW 1992, 39 [40] und VersR 2007, 1429).
2.2.1.2. Diese Überzeugung gewann das Gericht durch die Aussage des Zeugen W S, die insgesamt von dem ernsthaften Bemühen dem Gericht die Aufklärung eines komplexen Sachverhaltes zu ermöglichen geprägt war, ohne dabei eigenes Verhalten zu beschönigen oder für sich selbst einen Vorteil gleich welche Art zu erlangen.
Der Zeuge W S vermittelte tatsächlich als einziger der Angehörten den Eindruck, den dem hiesigen Rechtsstreit keinen Vorteil gleich für wen erlangen zu wollen.
Ihm war in dem gesamten Komplex wichtig, keinen Nachteil durch die sein Grundstück belastenden Darlehen der Klägerin oder der steuerlichen Belastung durch die gewählte Nießbrauchsgestaltung zu erleiden, konnte jedoch nach dem Eindruck des Gerichts im hiesigen Verfahren, nachdem insbesondere die Darlehen getilgt sind, frei und unbefangen zur Sache aussagen. Auf verschiedene Vorhalte etwa des Klägervertreters zu eigenem möglichen Fehlverhalten in der Vergangenheit reagierte der Zeuge angegriffen und versuchte diese zu rechtfertigen, blieb jedoch im Kern bei seinen Schilderungen. Insbesondere auf Vorhalt des Zusatzes der internen Vereinbarung auf der Anlage B 10 gab der Zeuge unumwunden zu, dass insgesamt eine Rückabtretung der Nießbräuchen weder gewollt noch praktiziert war.
Gestützt wird dieser Eindruck und die Überzeugung des Gerichts von dem vorstehenden Sachverhalt noch durch das Schriftstück Anlage B 10, welches die Darstellungen des Zeugen W S stützt.
2.2.1.3. Die Angaben des Drittwiderbeklagten in seiner informatorischen Anhörung vermochten diese Überzeugung des Gerichts insgesamt nicht zu erschüttern oder vernünftige Zweifel an den Darstellungen des Zeugen W S zu begründen, zumal der Drittwiderbeklagten in tatsächlicher Hinsicht auch ausführte, dass der Geldfluss sich nach Niederlegung dieser Schriftstücke nicht änderte, auch wenn der Drittwiderbeklagte eine andere Ansicht hinsichtlich der rechtlichen Folgen vertritt.
Auf eine auch nur informatorische Anhörung der Klägerin wurde von sämtlichen Parteivertreter verzichtet.
2.2.1.4. Vor diesem Hintergrund ist das Gericht, auch trotz der weiteren Ausführung des Klägervertreters, der Überzeugung, dass es auch jedenfalls bis einschließlich zum 10.11.2013 weiterhin der übereinstimmende Wille der Klägerin und des Zeugen W S war, dass die Einnahmen aus der Nutzung der beiden Grundstücke zur Tilgung der Darlehen der Klägerin, die durch Grundschulden am Eigentum des Zeugen gesichert waren, durch diesen verwendet werden.
2.2.1.5. Die Frage der letztlichen steuerlichen Geltendmachung dieser Einnahmen ist hierfür nicht von Erheblichkeit. Grundsätzlich erfolgt die Versteuerung von Einnahmen auch im Rahmen von Nießbräuchen oder Treuhandverhältnissen bei demjenigen, dem sie letztlich tatsächlich und wirtschaftlich zufließen. Dies ist im vorliegenden Fall gleich in welcher Gestaltung, ob nun nach Übertragung der Nießbräuchen nach den Anlagen K2 und K4 oder nach den Widerrufen nach den Anlagen K5 und K6 in jedem Fall die Klägerin, deren Verbindlichkeiten durch die Einnahmen erfüllt wurden. Auch im Übrigen stellt die Abtretung der Forderungen aus dem Nießbrauch steuerlich lediglich eine Verwendung von erzielten Einnahmen dar und hatte daher auf die Versteuerung dieser Einnahmen keinen Einfluss.
Nichts anderes ergibt sich letztlich auch aus den zuletzt, nach Schluss der mündlichen Verhandlung, vorgelegten Entscheidungen des BFH. Diese konnten vorliegend nicht als weiterer Tatsachenvortrag, sondern als rechtlicher Vortrag im hiesigen Urteil berücksichtigt werden.
Auch ändert der Umstand, dass die Klägerin und der Zeuge W S bei Widerlegung der Schriftstücke Anlagen K5, K6 und B 10 gegebenenfalls eine andere steuerrechtliche Bewertung vorgenommen hatten am Ergebnis nichts.
2.2.2. Die in diesen Schriftstücken liegenden Erklärungen waren im Einverständnis der Parteien nur zum Schein und ohne Rechtswirkung niedergelegt worden und damit gem. § 117 Abs. 1 BGB nichtig.
2.2.3. Eine anderweitige Aufhebung der Ausübungsüberlassung konnte durch die Klägerin nicht hinreichend dargelegt und bewiesen werden. Insbesondere beinhaltet die treuhänderische Verwaltung durch externe Treuhänder keine inzidente Rückübertragung an die Klägerin.
3. Das Ausübungsrecht oder die Forderungen wurden auch sonst nicht an die Klägerin zurückübertragen, sondern wirksam von W auf den Beklagten mit Erklärungen vom 09.08.2016 (Anlage K 12) sowie vom 11.08.2016 (Anlage K 13) übertragen.
Die Weiterübertragung der Ausübungsrechte war nicht ausgeschlossen. Auch aus den Grundsätzen von Treu und Glauben gem. § 242 BGB ergibt sich vorliegend nichts anderes.
3.1. Auch in diesem Rahmen kommt es im hiesigen Verfahren letztlich nicht darauf an, ob dem Beklagten von dem Zeugen nun die Forderungen aus den Verträgen mit der AG oder der WEG oder die Ausübung des Nießbrauchsrechts abgetreten bzw. übertragen wurden, denn letztlich ist dieser derjenige, der von den Nutzern der Grundstücke die gegenständlichen und hinterlegten Gelder fordern kann.
3.2. Das Ausübungsrecht des Ausübungsberechtigten ist gem. §§ 413, 399 BGB grundsätzlich übertragbar, es sei denn die Parteien haben die Übertragung ausdrücklich ausgeschlossen (vgl. MüKo/Pohlmann, 7. Aufl. 2017, § 1059 Rn. 18). Ein solcher Ausschluss liegt gerade hier nicht vor, im Gegenteil, es wurde sogar die ausdrückliche Weiterübertragung an die Beklagten in Ziffer 2 der Erklärungen vom 31.05.1997 (Anlage K4) vertraglich vereinbart.
3.3. Diese Weitergabeverpflichtung an den Beklagten wurde auch nicht inzident aufgehoben. Unabhängig davon, dass die Aufhebungsverträge vom 06.04.1998 sowie vom 10.11.2003 bereits nach § 117 BGB nichtig sind, konnte eine Aufhebung der Weitergabeverpflichtung nicht ohne Zustimmung des Beklagten erfolgen, da es sich bei der Vereinbarung vom 31.05.1997 (Anlage K4) nach Auffassung des Gerichts um einen echten Vertrag zugunsten Dritter nach § 328 BGB handelt.
Ob ein echter Vertrag zugunsten Dritter vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln, § 328 Abs. 2 BGB. Besondere Bedeutung kann hierbei der verfolgte Zweck haben (Palandt/Grüneberg, 78. Aufl. 2019, § 328 Rn. 3). Ausweislich des Wortlauts in Ziffer 2 der Vereinbarung vom 31.05.1997 sollte die Weiterübertragung an den Beklagten zum Zwecke des Ausgleichs für einen nicht erhaltenen Erbteil erfolgen. Die Vereinbarung der Weiterübertragung an den Beklagten nach Tilgung der Darlehen erfolgte damit ausschließlich im Interesse des Beklagten. Aus den Umständen ergibt sich, dass der Beklagte mit Tilgung der Darlehen das Recht erwerben soll, vom Zeugen W. S. die Übertragung der Ausübungsüberlassung fordern zu können. Bestätigt wird das durch die Tatsache, dass dem Beklagten ebenso wie dem Drittwiderbeklagten die Vereinbarung zwischen den Vertragsschließen zur Kenntnis gegeben wurde.
Damit liegt ein echter Vertrag zugunsten Dritter nach § 328 BGB vor, der ohne Beteiligung dieses Dritten nicht ohne weiteres rückgängig gemacht werden konnte.
3.4. Eine Aufhebungsbefugnis für die Klägerin und den Zeugen W S bestand nicht. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin und der Zeuge W als Vertragsschließende ohne Zustimmung des Beklagten die Übertragungsverpflichtung aufheben konnten, bestehen nicht. Durch die veranlasste Kenntnisnahme an den Beklagten wird zum Ausdruck gebracht, dass eine Abänderung nicht ohne Beteiligung des Beklagten gewollt war.
3.5. Ob der Anspruch des Beklagten auf Übertragung nach § 242 BGB ausgeschlossen war, da der Beklagten einen anderweitigen Ausgleich für den zu nicht erhaltenen Erbteil erhalten hat, kann dahinstehen. Denn durch die Übertragung von W S an den Beklagten ist der Anspruch erfüllt und erloschen.
3.5.1. Im Übrigen konnten die Klägerin und der Drittwiderbeklagte nicht hinreichend darlegen, dass der Zweck der Weiterübertragung des Ausübungsrechts an den Beklagten durch einen anderen Ausgleich weggefallen war, sodass auch die Erfüllung diesen Anspruches nicht gegen Treu und Glauben verstieß.
3.5.2. Der anderweitige Ausgleich für den Beklagten sollte laut Klägerin durch notarielle Verträge UR 1583/96 vom 20.12.1996 sowie UR 0195/97 vom 20.02.1997 erfolgt sein. Hierbei können die Klägerin und der Drittwiderbeklagte bereits nicht schlüssig darlegen, dass diese Grundstücksübertragungen trotz chronologisch vorheriger Erfüllung denselben Ausgleich wie den der Vereinbarung vom 31.05.1997 verfolgten. Weder ausdrücklich noch aus den Umständen ergibt sich, dass der Ausgleich in Ziffer 2 des Vertrags vom 31.05.1997 nur für den Fall des Scheiterns der zuvor erfolgten Grundstücksübertragungen erfolgen sollte.
III.
Die Widerklage ist überwiegend begründet.
1. Der Beklagte hat gegen die Klägerin einen Anspruch auf Einwilligung in die Freigabe der hinterlegten Gelder nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB. Dem Beklagten steht als Rechtsinhaber gegen die Klägerin ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Einwilligung in die Auszahlung zu, da dieser auf Kosten des wahren Gläubigers rechtsgrundlos die Stellung des Hinterlegungsbeteiligten erlangt hat (vgl. BGH NJW-RR 2011, 371, 372).
Der Beklagte ist Berechtigter der in die Ausübung des Nießbrauchs fallenden Rechte, jedenfalls wurde ihm das Recht wirksam übertragen, die Zahlungen der jeweiligen Grundstücksnutzer an sich verlangen zu können, wie bereits unter II. 3. dargelegt.
2. Der Beklagte hat gegen die Klägerin einen Anspruch auf Rechtshängigkeitszinsen entsprechend § 291 BGB. Zwar handelt es sich nicht um eine Geldschuld nach § 245 BGB, sondern um die Abgabe einer Freigabeerklärung, sodass § 291 nicht unmittelbar anwendbar ist. Allerdings ist § 291 BGB entsprechend anzuwenden (vgl. BGH NJW 2018, 1006; Palandt/Grüneberg, 78. Aufl. 2019, § 291 Rn. 3 und § 288 Rn. 6).
3. Der Beklagte hat keinen Anspruch auf Zahlung der Herausgabekosten. Es fehlt insoweit eine Anspruchsgrundlage.
3.1. Ein Schadensersatzanspruch aus dem Vertrag zugunsten Dritter gem. §§ 280, 241 Abs. 2, 328 BGB besteht nicht, da dieser erfüllt wurde.
3.2. Auch lässt sich der Anspruch des Klägers nicht aus einer direkten oder entsprechenden Anwendung des § 381 BGB herleiten. Diese Norm regelt allein die Verteilung der Kosten zwischen Hinterlegungsgläubiger und Hinterlegungsschuldner.
3.3. Des Weiteren ergibt sich auch ein Anspruch des Beklagten und Widerklägers nicht aus § 75 ZPO. Dort wird zwar ein Erstattungsanspruch der Hinterlegungskosten geregelt jedoch betrifft das von dieser Norm geregelte Prozessverhältnis ein anderes, in dem die Hinterlegung erst im Laufe des Prozesses erfolgte und nicht wie hier bereits zuvor.
3.4. Anderweitige Anspruchsgrundlagen, die zu einem anderen Ergebnis führen würden, sind nicht vorgetragen und nicht erkennen.
IV.
Ebenso ist die Drittwiderklage überwiegend begründet.
Der Drittwiderbeklagte konnte von der Klägerin nicht durch Vertrag vom 01.10.2016 wirksam die Ausübung der Nießbrauchsrechte bzw. die Forderungen gegenüber den jeweiligen Grundstücksnutzer überlassen bekommen, da diese selbst nicht berechtigt war, wie bereits oben unter II. 2., 3. ausgeführt.
V.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 92 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1., 100 ZPO sowie der Baumbach’schen Kostenformel.
VI.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
VII.
Die Wider- und Drittwiderklage war insgesamt nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen, nachdem jeweils die Auszahlung bzw. Berechtigung derselben hinterlegten Gelder begehrt wird, wie bereits mit der Klage verfolgt. Im Übrigen handelt es sich um Nebenforderungen. –


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