Bankrecht

Unwirksamer Widerruf eines Darlehensvertrages zur Finanzierung eines Kraftfahrzeuges

Aktenzeichen  19 U 5997/19

Datum:
7.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 21681
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
EGBGB Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1

 

Leitsatz

Die Widerrufsinformation ist nicht wegen der Information, der zu zahlende Zinsbetrag betrage “0,00 €”, unrichtig (ebenso BGH BeckRS 2019, 30577). Durch diese Formulierung liegt auch keine Abweichung vom gesetzlichen Muster vor. (Rn. 13 – 14) (red. LS Andy Schmidt)

Verfahrensgang

27 O 3402/18 2019-09-19 Urt LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 19.09.2019, Aktenzeichen 27 O 3402/18, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 30.000,00 € festgesetzt.
6. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Der Kläger verfolgt mit der Berufung seine erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche wegen des Widerrufs eines Darlehensvertrages zur Finanzierung eines Kraftfahrzeuges und dessen Rückabwicklung gegenüber der Beklagten weiter.
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts München I vom 19.09.2019 Bezug genommen (§ 522 Abs. 2 S. 4 ZPO).
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, welche beantragt, das Urteil des Landgerichts München I vom 19.09.2019 – Az. 27 O 3402/19 wie folgt abzuändern:
1. Es wird festgestellt, dass sich der Antrag 1 erledigt hat
2. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 31.183,43 nebst Zinsen in Höhe von 5% – Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Herausgabe des KFZ der Marke … nebst Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugpapieren;
3. es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des PKW … nebst Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugpapieren in Verzug befindet;
4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 860,97 zu zahlen.
5. Die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Mit Verfügung des Vorsitzenden vom 02.01.2020 (Bl.203/216 d.A.), auf die Bezug genommen wird, wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass und warum der Senat beabsichtigt, seine Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
Dazu nahm der Kläger mit Schriftsatz vom 03.02.2020 Stellung. Die Beklagte sei durch die Angabe des Zinsbetrages von 0,00 € sowie durch das Einsetzen mehrerer verbundener Verträge vom gesetzlichen Muster abgewichen, so dass der Musterschutz nicht greife. Die erteilte Widerrufsinformation sei fehlerhaft. Sie enthalte widersprüchliche und unzutreffende Rechtsfolgen bezogen auf die Versicherung AU.
Die sonstigen Kosten seien mit dem Verweis auf das Preis- und Leistungsverzeichnis nicht hinreichend angegeben. Der Darlehensvermittler sei mit der Niederlassung nicht zutreffend angegeben. Die Auszahlungsbedingungen seien unklar angegeben. Die Anzahlung sei von beiden Darlehensnehmern geschuldet. Eine Pflicht des Mitdarlehensnehmers zur Leistung einer Anzahlung bestehe hingegen nicht. Das Darlehen hätte als Annuitätendarlehen mit entsprechender Erläuterung bezeichnet werden müssen.
Im Übrigen und ergänzend wird auf die im Berufungsverfahren eingegangenen Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.
II.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I, Aktenzeichen 27 O 3402/19, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Der Senat hält das angefochtene Urteil des Landgerichts München I für offensichtlich zutreffend und nimmt auf dieses Bezug. Bezug genommen wird ferner auf den Hinweis des Senats vom 02.01.2020, wonach er die Berufung im Sinne von § 522 Abs. 2 ZPO für unbegründet hält. Diesem Hinweis vermag der Kläger in seiner ungegliederten Stellungnahme vom 03.02.2020 nichts Substantielles entgegensetzen, so dass es dabei sein Bewenden hat.
Ergänzend wird noch ausgeführt:
1. Widerrufsinformation
1.1. Die Widerrufsinformation ist nicht wegen der Information, der zu zahlende Zinsbetrag betrage 0,00 €, unrichtig (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2019 – XI ZR 650/18). Auf die Ausführungen des Senats im Hinweis vom 02.01.2020 Ziffer 1 wird Bezug genommen.
1.2. Ebensowenig liegt darin eine Abweichung vom gesetzlichen Muster. Der Senat teilt die Ansicht des OLG Saarbrücken, Hinweisbeschluss vom 31.01.2020 – 1 O 125/19 (vgl. Stellungnahme vom 02.01.2020 Seite 2/3) nicht.
1.3. Soweit der Kläger ein Abweichen vom gesetzlichen Muster durch das Einsetzen mehrerer verbundener Verträge sehen möchte (Stellungnahme vom 02.01.2020, Seite 3 f), lässt er außer Acht, dass diese Konstellation vorliegend nicht gegeben. Demzufolge hat die Beklagte in der streitgegenständlichen Widerrufsinformation als verbundenen Vertrag nur den Kaufvertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug angegeben hat. Weitere Verträge, insbesondere Versicherungsverträge bzw. eine „Versicherung AU“ hat der Kläger nicht mit dem Darlehen finanziert, wie dem Darlehensvertrag zu entnehmen ist (vgl. Anlage K 1, Seite 5 von 11), so dass der Kläger auch über die Rechtsfolgen insoweit nicht zu informieren war.
Im Übrigen lässt der Kläger außer Acht, dass die Beklagte bei den von ihm als fehlerhaft gerügten Passagen der Widerrufsinformation wörtlich die im Muster Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB vorgesehenen Gestaltungshinweise Ziffer 2a und 5a übernommen hat. Anlage 7 hat als Anhang zum Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch den Rang eines formellen Gesetzes (vgl. BT-Drs. 17/1394, Seite 1). Die Wiedergabe des Gesetzestextes kann weder unklar noch unverständlich noch fehlerhaft sein. Deutlicher als der Gesetzgeber brauchte die Beklagte nicht sein.
2. Weitere Pflichtangaben
2.1. Sonstige Kosten
Insoweit verbleibt es bei den Ausführungen im Hinweis vom 02.01.2020, dort Ziffer 4.
2.2. Auszahlungsbedingungen
Soweit der Kläger meint, er sei über die Auszahlungsbedingungen nicht zutreffend informiert worden, da keine Pflicht zur Leistung einer Anzahlung durch den Mitdarlehensnehmer, sondern die Anzahlung von beiden Darlehensnehmern geschuldet sei (KlSS vom 03.02.2020, Seite 7), geht er sichtlich von einem unzutreffenden Sachverhalt aus. Der Kläger war allein Darlehensnehmer, wie dem Darlehensvertrag zu entnehmen ist (vgl. Anlage K 1 Seite 5 von 11). Weitere Ausführungen des Senats sind daher insoweit nicht veranlasst.
2.3. Darlehensvermittler
Die Ausführungen des Klägers zu Niederlassungen und deren Rechtspersönlichkeit (KlSS vom 03.02.2020, Seite 6) gehen schon deshalb fehl, da die … als Darlehensvermittler angegeben ist.
2.4. Art des Darlehens
Soweit der Kläger weiter meint, das Darlehen hätte als Annuitätendarlehen mit entsprechender Erläuterung bezeichnet werden müssen (KlSS vom 03.02.2020, Seite 7), geht er fehl. Der Kläger wurde entsprechend Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 2 EGBGB hinreichend über die Art des Darlehens informiert. Auf den Hinweis vom 02.01.2020, Ziffer 6 wird Bezug genommen.
3. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht gegeben. Es liegt weder eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache vor noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
3.1. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 12).
Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage im Übrigen nur dann, wenn sie zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen. Derartige Unklarheiten bestehen u.a. dann, wenn die Rechtsfrage vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird, oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden (BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 12; Beschluss vom 22. September 2015 – II ZR 310/14, ZIP 2016, 266 Rn. 3 mwN). Jedenfalls letzteres ist bisher ersichtlich nicht der Fall.
Der Umstand, dass – wie vorliegend – eine einheitliche Entscheidung des Revisionsgerichts in mehreren denselben Sachverhalt betreffenden Parallelverfahren angestrebt wird, gibt der Sache keine allgemeine, mithin grundsätzliche Bedeutung (BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 14; Beschluss vom 22. September 2015 – II ZR 310/14, ZIP 2016, 266 Rn. 5).
3.2. Die Revision ist nicht zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung wegen Divergenz zuzulassen. Das wäre dann der Fall, wenn in der Entscheidung des Berufungsgerichts ein abstrakter Rechtssatz aufgestellt würde, der von einem in anderen Entscheidungen eines höheren oder eines gleichgeordneten Gerichts aufgestellten abstrakten Rechtssatz abweicht (BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 10; Beschluss vom 29. Mai 2002 – V ZB 11/02, BGHZ 151, 42, 45; Beschluss vom 1. Oktober 2002 – XI ZR 71/02, BGHZ 152, 182, 186; Beschluss vom 27. März 2003 – V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 293 mwN; Beschluss vom 9. Juli 2007 – II ZR 95/06, ZIP 2007, 2074 Rn. 2).
Eine solche Abweichung ist nicht ersichtlich und wird von der Berufung auch nicht vorgetragen. Der Senat weicht in seiner Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ab. Divergenzen zu oberlandesgerichtlichen Endentscheidungen sind nicht bekannt und werden auch von der Berufung nicht dargelegt.
3.3. Die Fortbildung des Rechts erfordert ebenfalls keine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen. Hierzu besteht nur dann Anlass, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungsweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt (vgl. BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 15; Beschluss vom 4. Juli 2002 – V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, 225). Dies ist nach Ansicht des Senats und – soweit bekannt – erkennbar auch der überwiegenden Mehrheit der Oberlandesgerichte nicht der Fall.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgt gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
III.
Der Streitwert bis zu 30.000,00 € (Nettodarlehensbetrag in Höhe von 20.004,00 € zzgl. Anzahlung in Höhe von 7.900,00 €) für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 40, 47, 48 GKG, § 3, 4 ZPO bestimmt.


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