Bankrecht

Versicherungsschutz für die Haftung eines insolventen Wirtschaftsprüfers als Treuhandkommanditist wegen Aufklärungspflichtverletzung und Anmeldung zur Insolvenztabelle

Aktenzeichen  20 U 438/16

Datum:
19.10.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
LSK – 2016, 19446
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
InsO InsO § 45, § 177, § 181
WPO WPO § 2 Abs. 3 Nr. 3, § 54
WPO WPO aF § 51a
VVG VVG § 154 aF
BGB BGB § 280
HGB HGB § 161

 

Leitsatz

1. Wird bei der Anmeldung zur Insolvenztabelle einer Schadensersatzforderung gegen den Treuhänder wegen einer Gesellschaftsbeteiligung „Rückabtretung der Kommanditanteile Zug um Zug mit der Schadensersatzforderung“ angeboten, ist dies nicht als Einschränkung der angemeldeten Forderung zu verstehen. (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Anmeldung, die einen Forderungsbetrag angibt, der sich zwar dem Grunde nach, nicht aber in der angegebenen Höhe aus dem dargelegten Lebenssachverhalt ergibt, kann ordnungsgemäß sein. Ein Forderungsbetrag, der sich in der angemeldeten Höhe nicht aus dem – im Übrigen schlüssig – dargelegten Lebenssachverhalt ergibt, führt nur zur teilweisen Unbegründetheit der Feststellungsklage, nicht hingegen zu ihrer Unzulässigkeit. (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Pflichtberufshaftpflichtversicherung eines Wirtschaftsprüfers nach § 54 WPO umfasst nicht eine Haftung, die in erster Linie nicht auf ihrer dem Berufsbild des Wirtschaftsprüfers innewohnenden treuhänderischen Tätigkeit (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 WPO), sondern auf seiner unternehmerischen Stellung als aufnehmender Gesellschafter der Fondsgesellschaft, über die allein der Beitritt weiterer treugebender Gesellschafter möglich war, beruht. In einem solchen Fall erschöpft sich die Gesellschafterstellung des Treuhandkommanditisten nicht in dem treuhänderischen Halten von Beteiligungen der Treugeber. Er handelt mit unternehmerischem Risiko, weil sich das wirtschaftliche Ergebnis der Gesellschaft unmittelbar auf seine eigene Vermögenssituation auswirkt. (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine Aufklärungspflichtverletzung aus der Anbahnung des Gesellschaftsverhältnisses wegen  unzureichender Aufklärung über das Unternehmen im Zusammenhang mit dem Beitritt neuer Anleger wird im Zuge des Handelns im unternehmerischen Risiko begangen. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

3 O 25656/14 2015-12-18 Endurteil LGMUENCHENI LG München I

Tenor

I.
Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 18.12.2015, Az. 3 O 25656/14, abgeändert wie folgt:
Die Forderung des Klägers wird in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Co. Treuhandgesellschaft mbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bei dem Amtsgericht München – Insolvenzgericht – Az. 1513 IN 2690/10, zur Insolvenztabelle unter laufender Tabellennummer 2033 in Höhe von 52.986,46 € festgestellt.
II.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
IV.
Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts, soweit die Berufung zurückgewiesen wird, ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
V.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Gegenstand des Verfahrens sind Schadensersatzansprüche des Klägers im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an der Ci. Gesellschaft für Internationale Filmproduktion mbH & Co. Zweite Medienbeteiligungs KG (nachfolgend: Ci. II).
Der Kläger erstrebt die Feststellung seiner Forderung zur Insolvenztabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Co. Treuhandgesellschaft mbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (nachfolgend: Co.) sowie die Verurteilung der Beklagten als deren Haftpflichtversicherer zur Zahlung von Schadensersatz wegen behaupteter Aufklärungspflichtverletzungen bei Erwerb einer mittelbaren Kommanditbeteiligung an der Ci. II, hilfsweise Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, der Schuldnerin Co. wegen der geltend gemachten Ansprüche Deckungsschutz zu gewähren bzw. die Schuldnerin von solchen Schadensersatzansprüchen freizustellen.
Zur Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts München I vom 18. Dezember 2015 Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Feststellung zur Tabelle fehle es an einer wirksamen Forderungsanmeldung, denn die Klagepartei habe die Forderung Zug um Zug gegen die Rückabtretung der Kommanditanteile zur Insolvenztabelle angemeldet. Ein Anspruch auf abgesonderte Befriedigung nach §§ 157, 154 Abs. 1 Satz 1 VVG a. F. bestehe nicht. Ein Anerkenntnis des Insolvenzverwalters liege nicht vor. Der Schuldnerin stehe kein Deckungsanspruch gegen die Beklagte zu. Es handele sich bei dem Schaden nicht um ein durch die Beklagte versichertes Risiko, denn die der Schuldnerin vorgeworfenen Aufklärungspflichtverletzungen seien im Bereich einer unternehmerischen Tätigkeit als Gründungskommanditistin einer Publikums KG erfolgt. Selbst wenn die Aufklärungspflichtverletzungen im Rahmen des Treuhandverhältnisses und damit bei einer versicherten Tätigkeit erfolgt wären, wäre der Haftungsanspruch offensichtlich verjährt und die Deckungsklage deshalb unbegründet. Die Klage sei aus diesen Gründen auch hinsichtlich der Hilfsanträge nicht begründet.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe der landgerichtlichen Entscheidung Bezug genommen.
Der Kläger hat einen Musterfeststellungsantrag nach § 2 Abs. 1 KapMuG gestellt, den das Landgericht mit Beschluss vom 18. Dezember 2015 verworfen hat.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz gestellten Anträge weiter. Er ist der Meinung, das Landgericht habe den Musterfeststellungsantrag zu Unrecht als unzulässig verworfen. Die Anmeldung seiner Forderung zur Tabelle sei korrekt gewesen, daher sei dem Antrag auf Feststellung zur Tabelle stattzugeben. Die Beklagte habe für die Pflichtverletzungen der Co. Deckungsschutz zu gewähren. Die Forderungen seien mangels Anwendbarkeit von § 51 a WPO nicht verjährt. Der Versicherungsschutz sei auch nicht wegen wissentlicher Pflichtverletzung ausgeschlossen.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des am 18.12.2015 verkündeten und am 29.12.2015 zugestellten Urteils des Landgerichts München I – Az. 3 O 25656/14,
I. Die Forderung der Klagepartei in Höhe von 93.531,31 € ist zur Insolvenztabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Co. Treuhandgesellschaft mbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bei dem Amtsgericht München – Insolvenzgericht – Az. 1513 IN 2690/10 zur laufenden Tabellennummer 2033 festzustellen.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei
1. einen Betrag von 93.531,31 €
2. nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag von
– 91.762,12 € seit dem 11.12.2010 bis Rechtshängigkeit und aus einem Betrag von
– 93.531,31 € seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
hilfsweise: Zug-um-Zug gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche aus der Kommanditbeteiligung der Klagepartei an der CI. Gesellschaft für Internationale Filmproduktion mbH & Co. Zweite Medienbeteiligungs KG (Nominalbeteiligungsbetrag: DM 150.000).
hilfsweise für den Fall, dass der Leistungsantrag II. abgewiesen wird:
Hilfsantrag II a)
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Co. Treuhandgesellschaft mbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt A. W. … München in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter der Co. Treuhandgesellschaft mbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eingesetzt durch Beschluss des Amtsgerichts München – Insolvenzgericht – vom 10.12.2012, Az: 1513 IN 2690/10, aufgrund des zwischen der Beklagten und der Ha. He. Partner GbR vormals bestehenden Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungsvertrag mit der Versicherungsscheinnummer 70-0052125005-0 wegen Schadensersatzansprüchen aus vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung wegen Nichtaufklärung über die Prospektfehler der fehlerhaften Weichkostendarstellung wegen einer 20-prozentigen Provisionszahlung an die Investor- und Treuhand GmbH geworbenen Anleger und der personellen und kapitalmäßigen Verflechtungen des Herrn M. O. zwischen der Investor- und Treuhand GmbH und der Ci. GmbH, die der Klagepartei im Zusammenhang mit der von ihm am 07.09.1999 gezeichneten Beteiligung an der Ci. Gesellschaft für Internationale Filmproduktion mbH Zweite Medienbeteiligungs KG über nominal 150.000 DM gegen die Co. Treuhandgesellschaft mbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft i. L. zustehen, vollumfänglich Deckungsschutz zu gewähren.
Hilfsantrag II.b
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Co. Treuhandgesellschaft mbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt A. W. … München in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter der Co. Treuhandgesellschaft mbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, eingesetzt durch Beschluss des Amtsgerichts München – Insolvenzgericht – vom 10.12.2012, Az: 1513 IN 2690/10, aufgrund des zwischen der Beklagten und der Ha. He. Partner GbR vormals bestehenden Vermögensschaden-Haftpflichtversicherungsvertrag mit der Versicherungsscheinnummer 70-0052125005-0 wegen Schadensersatzansprüchen aus vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung wegen Nichtaufklärung über die Prospektfehler der fehlerhaften Weichkostendarstellung wegen einer 20-prozentigen Provisionszahlung an die Investor- und Treuhand GmbH geworbenen Anleger und der personellen und kapitalmäßigen Verflechtungen des Herrn M. O. zwischen der Investor- und Treuhand GmbH und der Ci. GmbH, die der Klagepartei im Zusammenhang mit der von ihm am 07.09.1999 gezeichneten Beteiligung an der Ci. Gesellschaft für Internationale Filmproduktion mbH Zweite Medienbeteiligungs KG über nominal 150.000 DM gegen die Co. Treuhandgesellschaft mbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft i. L. zustehen, freizustellen.
III. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von Gebührenansprüchen ihrer Prozessbevollmächtigten für die Vertretung der Klagepartei im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Co. Treuhand GmbH in Höhe einer 1,0 Gebühr inkl. 20 € Ausl./MwSt gem. § 13, Nr. 3317 VV RVG in der Fassung vor dem 1.8.2013 aus dem Gegenstandswert entsprechend dem Klageantrag Ziff. I freizustellen.
IV. Es wird beantragt, einen Vorlagebeschluss gem. § 6 KapMuG zu erlassen und dem KapMuG-Senat zur Entscheidung vorzulegen.
Hilfsweise wird beantragt,
die Sache unter Berücksichtigung der Auffassung des Senats zur Abfassung eines Vorlagebeschlusses gem. § 6 KapMuG an das Landgericht zurückzuverweisen.
V. weiter hilfsweise:
den Rechtsstreit unter Berücksichtigung der Auffassung des Senats an das Landgericht München I zurückzuverweisen.
VI. weiter hilfsweise:
die Revision zuzulassen.
Auf die Berufungsbegründung vom 24.03.2016 (Bl. 499 ff.) sowie den Schriftsatz vom 02.09.2016 (Bl. 608 ff.) wird verwiesen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Weder sei der Musterverfahrensantrag zu Unrecht verworfen worden, noch leide das erstinstanzliche Verfahren unter Verfahrensfehlern. Die Anmeldung der Forderungen zur Insolvenztabelle sei unwirksam gewesen. Die Deckungsklage sei schon rechtsmissbräuchlich, außerdem hätten die Verantwortlichen der Co. ihre Pflichten als Wirtschaftsprüfer wissentlich verletzt.
Auf die Berufungserwiderung vom 30.05.2016 (Bl. 544 ff.) wird Bezug genommen.
II. Hinsichtlich der Klage auf Feststellung der klägerischen Forderung zur Tabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Co. ist die Berufung teilweise begründet. Diese Schadensersatzforderung ist wirksam, in zulässiger Weise zur Tabelle angemeldet worden und besteht auch dem Grunde nach, jedoch nicht in voller eingeklagter Höhe.
Im Übrigen ist die Berufung unbegründet. Der Leistungsanspruch besteht weder in den Haupt- noch in den Hilfsanträgen.
Dem Antrag zum Kapitalanlegermusterverfahrensgesetz war ebenfalls keine Folge zu geben.
1. Die Anmeldung der Forderung des Klägers zur Insolvenztabelle ist in zulässiger Weise erfolgt und begründet einen Feststellungsanspruch in Höhe von 52.986,46 €.
a) Der Kläger hat seine Forderung nicht als Zug-um-Zug Forderung angemeldet. Der Forderungsanmeldung ist eine solche Einschränkung nicht zu entnehmen. Soweit auf dem letzten Blatt der Anmeldung die „Rückabtretung der Kommanditanteile Zug um Zug mit der Schadensersatzforderung“ angeboten wird, ist dies nicht als Einschränkung der angemeldeten Forderung zu verstehen. Dementsprechend ist in der Insolvenztabelle auch keine Zug-um-Zug-Einschränkung der angemeldeten Forderung, sondern nur der zugesprochene Schadensersatzbetrag ohne die Zug-um-Zug-Einschränkung eingetragen worden (vgl. BGH, Urteil v. 11. Februar 2016, III ZR 383/12, Rn. 21 f.).
b) Die Anmeldung der Forderung ohne die Zug-um-Zug-Einschränkung als ungekürzter Zahlungsanspruch zur Insolvenztabelle ist nicht deshalb unwirksam, weil es an einer schlüssigen Darlegung der Forderungshöhe fehlt. Zwar setzt die ordnungsgemäße Anmeldung einer Forderung im Insolvenzverfahren die schlüssige Darlegung des Lebenssachverhalts, das heißt des Grundes voraus, aus dem der Gläubiger seinen Zahlungsanspruch herleitet. Nicht jede Anmeldung, die einen Forderungsbetrag angibt, der sich zwar dem Grunde nach, nicht aber in der angegebenen Höhe aus dem dargelegten Lebenssachverhalt ergibt, ist nicht ordnungsgemäß angemeldet mit der Folge, dass die Feststellungsklage als unzulässig abzuweisen wäre. Ein Forderungsbetrag, der sich in der angemeldeten Höhe nicht aus dem – im Übrigen schlüssig – dargelegten Lebenssachverhalt ergibt, führt nur zur teilweisen Unbegründetheit der Feststellungsklage, nicht hingegen zu ihrer Unzulässigkeit (BGH, a. a. O., Rn.18).
c) Die der Anmeldung zugrunde liegende Schadensersatzforderung wurde in der mündlichen Verhandlung vom 19.10.2016 von der Beklagtenseite insoweit dem Grunde nach unstreitig gestellt, als die der Co. vorgeworfenen vorvertraglichen Aufklärungspflichtverletzungen im Zusammenhang mit dem klägerischen Beitritt und deren Ursächlichkeit für den klägerischen Beitritt nicht mehr in Abrede gestellt werden.
d) Die Anmeldung dieser Schadensersatzforderung zur Insolvenztabelle ist jedoch nur in Höhe von 52.986,46 € zu Recht erfolgt. Im Übrigen ist der Feststellungsantrag zurückzuweisen. Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen:
aa) Der Differenzschaden (Anlagesumme zuzüglich Agio abzüglich Ausschüttungen) beträgt unstreitig 55.986,46 €. Davon ist ein geschätzter Restwert der Kommanditbeteiligung in Abzug zu bringen (§ 45 Abs. 1 InsO). Der klägerische Ansatz mit Null ist nicht gerechtfertigt. Der Senat schätzt den Restwert der Beteiligung auf 3.000 €. Das entspricht rund 4% der Zeichnungssumme (§ 287 ZPO).
Maßgeblich für diese Bewertung ist der Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Co. (10.12.2010). Die Schätzung erfolgt gemäß § 287 Abs. 1 ZPO auf Grundlage des Berufungsvorbringens ohne Erholung von Sachverständigengutachten, da Letzteres zum Streitwert des Antrags völlig außer Verhältnis stehen würde (vgl. OLG München, Urteil vom 16.01.2016, Az. 25 U 5551/07; OLG München, Urteil vom 05.07.2016, AZ. 5 U 431/16). Der Senat schätzt den Wert der Beteiligung zum 10.12.2010 auf 3.000 € (rund 4% der gezeichneten Kommanditeinlage von 150.000 DM bzw. 76.693,78 €). Dass die Kommanditbeteiligung an der Ci. II Ende 2010 völlig wertlos war, wie vom Kläger behauptet, hält der Senat für wenig wahrscheinlich.
Für einen nur geringen Wert sprechen zwar die im Anlegerrundschreiben vom 11.12.2012 (Anlage BLD 46) angesprochene „alles andere als zufriedenstellende“ Fondsentwicklung u. a. der Ci. II mit steuerpflichtigen Ausschüttungen von lediglich 32,5%, das Ausbleiben weiterer Ausschüttungen, die Aberkennung der Gewinnerzielungsabsicht der Fondsgesellschaften und damit der steuerlichen Verlustzuweisung seitens der Finanzbehörden, die mangelnde Liquidität des Fonds und die sehr unsicheren Aussichten auf weitere erhebliche Lizenzerlöse in einer „dritten Stufe“ der Lizenzverwertung („Library Value“). Entgegen der Behauptung des Klägers träfe allerdings einen etwaigen Zweiterwerber bei der streitgegenständlichen Form der Anlage über eine Treuhandkommanditistin nicht das Risiko, bereits erhaltene Ausschüttungen zurückzahlen zu müssen oder zu weiteren Zahlungen herangezogen zu werden (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juli 2009, III ZR 323/07), so dass daraus nicht auf Unverkäuflichkeit der Beteiligung geschlossen werden kann. Dass die Fungibilität bei der streitgegenständlichen Anlageform eines geschlossenen Fonds von vornherein eingeschränkt ist, erschwert die Bemessung des Beteiligungswerts, macht die Beteiligung aber nicht wertlos.
Gegen die völlige Wertlosigkeit spricht insbesondere der Jahresabschluss zum 31.12.2010 (Anlage BLD 47), der ein nicht vernachlässigbares Anlagevermögen ausweist. So stehen für 2010 einem nominellen Kommanditkapital von 67.357.592,41 € bilanzierte Aktiva von 1.780.754,75 € gegenüber. Da der Kläger am Kommanditkapital nominell mit 150.000,00 DM = 76.693,78 € (rund 0,11%) beteiligt ist, ergäbe sich vom reinen Bilanzansatz als Wert ein Betrag von rund 2.000 €. Auch war die Ci. II weder insolvent noch in Zahlungsschwierigkeiten; die Finanzierung der Finanzgerichtsverfahren konnte durch die Bildung von Liquiditätsreserven durch Einzahlungen von Anlegern sichergestellt werden.
Daneben ist zu bedenken, dass – aus damaliger Sicht – zumindest gewisse Erfolgsaussichten bestanden, in den finanzgerichtlichen Prozessen die steuerliche Verlustzuweisung wieder herzustellen. Da dies offenbar bereits geltend gemachte Verluste betrifft, hätte ein etwaiger Zweiterwerber davon zwar keinen unmittelbaren Vorteil; eine mögliche Erstattung bereits verauslagter Kosten bei einem Prozesserfolg dürfte allerdings dem Gesellschaftsvermögen und damit den Anlegern zugutekommen. Schließlich ist auch die Aussicht auf zukünftige, wenn auch in der Höhe ungewisse Verwertungserlöse maßvoll in die Bewertung einzubeziehen.
Nach alledem schätzt der Senat den Wert der Kommanditbeteiligung des Klägers für den Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Co. als sehr gering, aber nicht völlig wertlos ein und hält einen Ansatz von 3.000 € (rund 4% der gezeichneten Einlage) für angemessen, die vom Differenzschaden abzuziehen sind.
bb) Vorgerichtliche Anwaltskosten, entgangener Gewinn und Nachzahlungszinsen sind nicht anzusetzen. Dem diesbezüglichen, weitgehend vereinheitlichten pauschalen Vorbringen des Klägers in der Forderungsanmeldung lässt sich nicht entnehmen, dass ihm insoweit tatsächlich ein konkreter Schaden entstanden ist.
2. Der Leistungsanspruch des Klägers besteht weder in den Haupt- noch in den Hilfsanträgen, da etwaige von der Beklagten zu regulierende Ansprüche entweder einem Leistungsausschluss unterfallen oder verjährt sind.
a) Die Beklagte kann sich mit Erfolg darauf berufen, dass der Versicherungsschutz ausgeschlossen ist, weil der Versicherungsnehmer – die Co. – im Bereich eines unternehmerischen Risikos, das sich im Rahmen der Ausübung einer versicherten Tätigkeit ergeben hat, einen haftungsauslösenden Verstoß begangen hat.
Der Kläger hat sich durch Beitrittserklärung vom 07.09.1999 in Höhe von DM 150.000,00 zuzüglich 5% Agio über die Co.an der Ci. II KG beteiligt. Die Co. war Gründungsgesellschafterin dieser Fondsgesellschaft, Treuhandkommanditistin mit einer eigenen Pflichteinlage in Höhe von DM 10.000,00 (vgl. Prospekt, Gesellschaftsvertrag § 3 Nr. 2), die ihrem Kapitalanteil entsprach, und Mittelverwendungskontrolleurin. Die Treuhandtätigkeit wurde vergütet.
Geschäftsführer der Co. waren im hier streitgegenständlichen Beitrittszeitraum der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Prof. Dr. He. und Rechtsanwältin und Wirtschaftsprüferin Busch. Beide waren auch Sozien der Sozietät Ha., He. und Partner Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater.
Die Sozietät Haarmann, He. und Partner Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Steuerberater hatte eine Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen, bei der u. a. auch die Co. mit pflichtversichert war gemäß § 54 WPO. Im hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Januar 1999 bis 30. Juni 2002 bestand eine Haftpflichtversicherung bei der G. Industrie-Service GmbH Süd München (Versicherungsscheinnummer 70-005212505-0, Anlage K 4/K 3). Nach den Feststellungen im unstreitigen Tatbestand des angefochtenen Urteils waren für die Zeit vom 1. Januar 1999 bis 31. August 2000 die Allgemeinen Versicherungsbedingungen AVB-W VH 555:01 (Anlagenkonvolut BLD 26) vereinbart. In den Versicherungsbedingungen ist unter § 4 Nr. 6a ein Ausschluss des Versicherungsschutzes geregelt, sofern der Versicherungsnehmer im Bereich eines unternehmerischen Risikos, das sich im Rahmen der Ausübung einer versicherten Tätigkeit ergibt, einen haftungsauslösenden Verstoß begeht. Dies ist hier der Fall (so auch OLG München, Urteile vom 5. Juli 2016, Az. 5 U 431/16 und 5 U 538/16; OLG München, Beschlüsse vom 7. Januar 2014 und vom 21. Februar 2014, 15 U 3391/13; OLG München, Beschlüsse vom 24. November 2014 und vom 29. Januar 2015, 15 U 2251/14; OLG Köln, Beschlüsse vom 3. Juni 2015 und vom 10. September 2015, 9 U 176/14).
Die Haftung der Co. beruht vorliegend in erster Linie nicht auf ihrer dem Berufsbild des Wirtschaftsprüfers innewohnenden treuhänderischen Tätigkeit (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 WPO), sondern auf ihrer unternehmerischen Stellung als aufnehmende Gesellschafterin der Fondsgesellschaft, über die allein der Beitritt weiterer treugebender Gesellschafter möglich war.
aa) In der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Haftung einer Treuhandkommanditistin gegenüber beitretenden Anlegern zu einer Publikums-KG wird meist nicht klar zwischen der Haftung als Treuhänderin und der Haftung als Gründungskommanditistin unterschieden. Zur Haftungsfrage wird aber – wenn auch unscharf – darauf abgestellt, dass die jeweilige Haftungsschuldnerin (Treuhand-)Kommanditistin bzw. auch Gründungsgesellschafterin ist (vgl. BGHZ 84, 141 ff.; BGH, Urteile vom 1. Juni 1994, VIII ZR 36/93, juris Rn. 11, vom 20. März 2006, II ZR 326/04, juris Rn. 7, vom 13. Juli 2006, III ZR 361/04, juris Rn. 9, vom 17. Dezember 2009, III ZR 62/08, juris Rn. 6 und vom 15. Juli 2010, III ZR 322/08, juris Rn. 9).
bb) Die für den vorliegenden Haftungsprozess behaupteten und hier zu unterstellenden Pflichtverletzungen resultieren primär aus der gesellschaftsrechtlichen Sonderbeziehung der Contor zu den Anlegern. Der Bundesgerichtshof hat in den einschlägigen Entscheidungen zur Haftung der Contor gegenüber den Anlegern festgestellt, dass die Haftung aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen gerade nicht nur im Hinblick auf den Abschluss eines Treuhandvertrages besteht, sondern auch im Hinblick auf die beabsichtigte mittelbare Beteiligung der Anleger an der Fondsgesellschaft. Denn ein Treuhandkommanditist nimmt nicht nur als Treuhänder, sondern auch in seiner Eigenschaft als Gesellschafter und künftiger Vertragspartner Vertrauen in Anspruch (BGH, Urteil vom 20. März 2006, II ZR 326/04, juris Rn. 7).
Hier vollzog sich der Beitritt durch Abschluss eines Treuhandvertrags zwischen der Co. und den Treugebern und der Annahme des Beteiligungsangebots durch die Komplementärin (Präambel des Treuhandvertrags), war also ohne Mitwirkung der Co. nicht möglich. Deshalb traf diese als Kommanditistin die Pflicht, die künftigen Treugeber über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende mittelbare Beteiligung von Bedeutung waren (vgl. BGHZ 84, 141, 144 f.; BGH, Urteile vom 13. Juli 2006, III ZR 361/04, juris Rn. 9, vom 22. März 2007, III ZR 98/06, juris Rn. 14 ff.; vom 29. Mai 2008, III ZR 59/07, juris Rn. 8; vom 12. Februar 2009, III ZR 90/08, juris Rn. 8 und vom 23. Juli 2009, III ZR 323/07, juris Rn. 6). Aus einer Verletzung dieser Pflichten, nämlich der Pflichten einer aufnehmenden Gesellschafterin, resultiert ihre Haftung.
Auch für den Anleger stellt sich der Abschluss des Treuhandvertrages im Schwerpunkt als Beitritt zur Gesellschaft dar. Die eintretenden Treugeber waren in ihren Rechten und Pflichten Direktkommanditisten weitgehend gleichgestellt. Sie wurden im Verhältnis zur Gesellschaft und den Gesellschaftern wie Kommanditisten behandelt, insbesondere im Hinblick auf die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen, am Gewinn und Verlust, an einem Auseinandersetzungsguthaben und einem Liquidationserlös sowie im Hinblick auf die Ausübung mitgliedschaftlicher Rechte. Die Treugeber waren berechtigt, an den Gesellschaftsversammlungen teilzunehmen und dort die auf ihre Beteiligung entfallenden Rechte auszuüben.
Hinzu kommt, dass die vom Kläger als klassische Wirtschaftsprüfertätigkeit angesprochene Prospektprüfung nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht der Schuldnerin, sondern der RESULTA Revisions- und Treuhandgesellschaft mbH anvertraut worden war (vgl. Prospektprüfungsgutachten Anlage K 23 a).
cc) Der Schluss, dass der Schadensersatzanspruch der Anleger wegen Aufklärungspflichtverletzungen der Co. im Zusammenhang mit der Beteiligung der Anleger an der Fondsgesellschaft nicht aus einer Verletzung der Pflichten des Treuhandvertrages, sondern wegen unzureichender Aufklärung als Gründungsgesellschafterin entsteht, findet auch Bestätigung in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach die berufsspezifische Verjährungsvorschrift für Wirtschaftsprüfer (§ 51a WPO a. F.) auf die vorliegende Fallkonstellation nicht angewendet (BGH, Urteil vom 11. April 2013, III ZR 80/12, juris Rn. 26 m. w. N.), sondern dem gesellschaftsrechtlichen Aspekt der Vorrang eingeräumt wird (vgl. auch BGH, Urteil vom 20. März 2006, II ZR 326/04, juris Rn. 7).
dd) Die Betätigung der Co. als Gründungsgesellschafterin der Fondsgesellschaft ist unternehmerisches Handeln im Sinne von § 4 Nr. 6a der hier einschlägigen AVB.
Die gesellschaftsrechtliche Stellung eines Treuhandkommanditisten ist differenziert zu betrachten, wenn dieser – wie hier (§ 3 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages) – zugleich Gründungsgesellschafter der Kommanditgesellschaft ist und auch einen eigenen Gesellschaftsanteil hält (vgl. zum Erfordernis der Einzelfallbetrachtung BGH, Beschluss vom 4. Januar 2016, IV ZR 484/14, juris). In einem solchen Fall erschöpft sich die Gesellschafterstellung des Treuhandkommanditisten nicht in dem treuhänderischen Halten von Beteiligungen der Treugeber. Er ist dann nicht nur Treuhandgesellschafter, sondern auch „normaler“ Gesellschafter. Als solcher handelt er mit unternehmerischem Risiko, weil sich das wirtschaftliche Ergebnis der Gesellschaft unmittelbar auf seine eigene Vermögenssituation auswirkt. Im Außenverhältnis zu den Gläubigern war die Schuldnerin „normale“ Kommanditistin. Ansprüche nach den §§ 171, 172 HGB richteten sich nicht gegen die Anleger, sondern gegen die Schuldnerin (BGH, Urteil vom 12. Februar 2009, III ZR 90/08, juris).
Die hier in Rede stehende Aufklärungspflichtverletzung aus der Anbahnung des Gesellschaftsverhältnisses ist von der Co. auch gerade im Zuge ihres Handelns im unternehmerischen Risiko begangen worden. Sie geschah nämlich im Zusammenhang mit dem Beitritt neuer Anleger. Sie hat Ansprüche gegen sich generiert, weil sie als Unternehmerin unter unzureichender Aufklärung über das Unternehmen Teilhaber gewonnen hat.
ee) Der Einwand des Haftungsausschlusses ist nicht verwirkt. Die Klagepartei konnte sich zu keinem Zeitpunkt darauf verlassen, dass die Beklagte den Ausschlussgrund der unternehmerischen Tätigkeit nicht heranziehen würde. Die Beklagte hat sich beim Deckungsentzug mit Schreiben vom 22. Juli 2010 (Anlage K 15) vielmehr ausdrücklich vorbehalten, weitere Gründe geltend zu machen.
b) Dessen ungeachtet wäre die Leistungsklage auch dann nicht begründet, wenn man eine unternehmerische Tätigkeit ablehnen und entweder anderweitiges berufstypisches Verhalten oder nur eine Verletzung der Pflichten der Schuldnerin aus dem Treuhandvertrag annähme, denn diesbezügliche Ansprüche wären nach § 51 a WPO a. F. verjährt. Wenn sich die genannte Informationspflicht der Schuldnerin (zumindest auch) aus dem mit dem Kläger abgeschlossenen Treuhandvertrag ergibt, ist die Verletzung dieser Pflicht zur beruflichen Tätigkeit als Wirtschaftsprüfer zu rechnen, für die § 51a WPO a. F. gilt (vgl. BGH Urteil vom 11. April 2013, III ZR 80/12 Rn. 21 ff.). Als Hemmungstatbestand ist hier bisher nur die Anmeldung der Insolvenzforderung am 31.12.2010 ersichtlich. Deshalb sind die Ansprüche gegen die Schuldnerin wegen des Verstoßes gegen Berufspflichten verjährt. Auf diese der Schuldnerin zustehende Einwendung kann sich die Beklagte als Versicherung berufen.
Die in diesem Zusammenhang vom Kläger zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29.5.2008 (III ZR 59/07, Rn. 28) bezieht sich auf Ansprüche gegen den Treuhandkommanditisten wegen dessen Verschulden bei Beitrittsverhandlungen und ausdrücklich nicht auf die besonderen Verjährungsbestimmungen für bestimmte Berufsträger. Deshalb kann dieser Entscheidung auch nicht entnommen werden, dass sich die Beklagte, die nur für Pflichtverletzungen der Insolvenzschuldnerin als Berufsträgerin einzustehen hat, sich nicht auf die Verjährung des entsprechenden Anspruchs gegen diese berufen können sollte. Soweit der Kläger hiergegen einwendet, dies widerspreche u. a. dem Haftungsgrund der Prospekthaftung im weiteren Sinne, übersieht er, dass die Haftpflicht der Beklagten auf Verstöße gegen die Berufspflichten des Wirtschaftsprüfers beschränkt ist und nicht uneingeschränkt für alle Pflichtverstöße der versicherten Person gilt. In der von dem Kläger zitierten Entscheidung des OLG Frankfurt hat dieses im Verfahren gegen die dort beklagte Mittelverwendungskontrolleurin entschieden, dass die berufsrechtliche Verjährungsfrist gem. § 51a WPO anzuwenden ist (Urteil vom 24. April 2013, 7 U 41/12, juris Rn. 37). Dort wird in der vom Kläger zitierten Rn. 40 auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14. Mai 2012 (II ZR 69/12 Rn. 17) Bezug genommen. An dieser Stelle befasst sich der zweite Senat des Bundesgerichtshofs allerdings nur mit der Frage, ob gegenüber einer beklagten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft geltend gemacht werden kann, dass sie auch unternehmerisch tätig geworden sei und insoweit dieser gegenüber die spezielle Vorschrift des § 51a WPO nicht anwendbar sei. Das hat er bejaht, was allerdings keinerlei Relevanz für die Frage hat, ob sich die hier beklagte Berufshaftpflichtversicherung auf die speziellen Verjährungsvorschriften über die Haftung von Wirtschaftsprüfern berufen kann.
c) Auch für den Fall der Annahme einer versicherten und unverjährten Forderung aus Berufshaftpflichtverletzung wäre die Beklagte leistungsfrei, weil sie sich auf eine wissentliche Pflichtverletzung der Insolvenzschuldnerin berufen könnte (§ 4 Nr. 6 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Rechtsanwälten und von Angehörigen der wirtschaftsprüfenden sowie wirtschafts- und steuerberatenden Berufe; vgl. Anl. BLD 26). Voraussetzung des Haftungsausschlusses ist, dass der Versicherer den objektiven Verstoß und das Bewusstsein des Versicherungsnehmers, mit seinem Verhalten gegen Vorschriften oder ungeschriebene Berufsregeln zu verstoßen, darlegt und beweist (OLG Hamm, NJW-RR 1995, 1431). Insoweit geht es nicht nur um das Erkennen von Prospektfehlern, wie der Kläger hat ausführen lassen, sondern darum, ob die Insolvenzschuldnerin bei Ausübung ihrer Tätigkeit als Treuhänderin wissentlich gegen ihre Berufspflichten als Treuhänderin verstoßen hat. Der unterlassene Hinweis auf die der Insolvenzschuldnerin ausweislich des Vermerks vom 12./13.1.1999 bekannte, vom Prospekt abweichende Mittelverwendung ist ein Verstoß gegen die Kardinalpflichten eines Treuhänders (damit setzt sich der von dem Kläger ins Feld geführte Beschluss des OLG München 13 U 2127/15 vom 18. Januar 2016 nicht auseinander). Das gilt auch für die unterlassene Aufklärung über die Verflechtungen des M. O. durch die juristisch versierte Geschäftsführung der Insolvenzschuldnerin (vgl. rkr. Urteil des OLG München, 18 U 316/13 vom 9. Juli 2013). Dass der Schuldnerin bzw. ihrer Geschäftsführung bekannt war, dass sie als Treuhänderin über eine abweichende Mittelverwendung und eine personelle Verflechtung dieser Art den Treugeber hätte aufklären müssen, steht außer Frage.
d) Schließlich wäre ein angenommener Leistungsanspruch noch nicht fällig. Es fehlt, soweit sich der vom Kläger geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus der Verletzung von Aufklärungspflichten aus dem Treuhandvertrag ergeben könnte (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 26. November 2015, III ZR 78/15, juris Rn. 16), an einem rechtskräftigen Urteil oder einem Anerkenntnis im Sinne des § 154 Abs. 1 VVG a. F., denn die vom Insolvenzverwalter ausgesprochene Anerkennung des Klageanspruchs zur Tabelle hat nicht die Wirkung eines Anerkenntnisses im Sinne des § 154 Abs. 1 VVG a. F..
aa) Insbesondere stellt das gerichtsbekannte Schreiben des Insolvenzverwalters vom 16. September 2015 kein Anerkenntnis i. S. des § 154 Abs. 1 VVG a. F. dar (so auch OLG München, Beschluss vom 14. April 2016, 13 U 4665/15, Ziff. II; OLG Köln, Beschluss vom 3. Juni 2015, 9 U 176/14, S. 4 f). Zwar genügt als Anerkenntnis i. S. des § 154 Abs. 1 VVG a. F. ein konstitutives oder ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis oder ein prozessuales Anerkenntnis i. S. des § 307 ZPO (Voit/Knappmann in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl, § 154 Rz. 10; Langheid in Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl, § 154 Rz. 11). Eine derartige Bedeutung kann dem oben genannten Schreiben jedoch nicht beigemessen werden. Der Insolvenzverwalter teilt darin dem Amtsgericht München unter Bezugnahme auf das Insolvenzverfahren mit, er erkenne die Forderungen „nachträglich wie folgt an“. Der Sache nach handelt es sich lediglich um die teilweise Rücknahme des Widerspruchs im Insolvenzverfahren. Das nachträgliche „Anerkenntnis“ einer zunächst bestrittenen Forderung durch den Insolvenzverwalter stellt aber gerade kein rechtsgeschäftliches Anerkenntnis dar (BGH, Urteil vom 8. Februar 1982, II ZR 235/81, juris Rn. 16).
bb) Darüber hinaus könnte, selbst wenn ein Anerkenntnis vorläge, dieses sich jedenfalls nicht auf einen – verjährten – Schadensersatzanspruch aus der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten aus dem Treuhandvertrag beziehen. In Betracht käme insoweit allenfalls ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis. Dass der Insolvenzverwalter unabhängig vom bestehenden Schuldgrund eine neue eigenständige Verpflichtung schaffen wollte, wie beim konstitutiven Schuldanerkenntnis (Sprau in Palandt, BGB, 75. Aufl., § 781 Rn. 2 m. w. N.), erscheint fernliegend (vgl. auch Voit/Knappmann in Prölss/Martin, a. a. O., § 154 Rn. 10). Der Umfang eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses ist indessen Auslegungsfrage. Es schließt nur die Einwendungen rechtlicher oder tatsächlicher Natur aus, die der Schuldner tatsächlich kannte oder mit denen er rechnete (Sprau, a. a. O., Rn. 4; BGH, Urteil vom 13. März 1974, VII ZR 65/72, juris Rn. 12 ff.).
Vorliegend wäre ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung von Aufklärungspflichten aus dem Treuhandvertrag nach § 51a WPO a. F. verjährt. Dass ein etwaiges deklaratorisches Schuldanerkenntnis des Insolvenzverwalters sich darauf beziehen und diese Einwendung ausschließen sollte, ist auch im Wege der Auslegung nicht anzunehmen. In dem Schreiben des Insolvenzverwalters selbst finden sich dafür keinerlei Anhaltspunkte. In der Forderungsanmeldung (Anlage K 1b) der Klagepartei werden ohnehin nur pauschal Schadensersatzansprüche aus der Verletzung „vorvertraglicher Aufklärungspflichten (c.i.c.) vor Zeichnung der Kommanditbeteiligung“ durch die Klagepartei geltend gemacht. Darlegungen dazu, dass sich die Aufklärungspflichten nicht nur aus der Gesellschafterstellung der Co., sondern auch aus dem Abschluss des Treuhandvertrages mit dieser ergeben sollen, finden sich weder in der Forderungsanmeldung noch in den dazu beigefügten Unterlagen. Die angemeldete Forderung wird dahingehend erläutert, dass die Schuldnerin „u. a. aus der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten dafür einzustehen“ habe, dass sie den Anleger „vor Zeichnung der Kommanditbeteiligung“ nicht ausreichend aufgeklärt habe. Auch sonst ist in keiner Weise ersichtlich, dass im Verhältnis der Klagepartei zum Insolvenzverwalter eine Schadensersatzpflicht (nur) aus Treuhandvertrag und deren mögliche Verjährung nach § 51a WPO a. F. in irgendeiner Form thematisiert worden wäre. Zudem war dies für den Insolvenzverwalter ohnehin nicht von Bedeutung, da sich der Anspruch der Klagepartei auf Schadensersatz gegen die Gemeinschuldnerin bereits daraus ergibt, dass diese ihre Aufklärungspflichten als Gründungsgesellschafterin verletzt hat und insoweit Schadensersatzansprüche auch nicht verjährt waren.
cc) Jedenfalls aber kann der geschädigte Dritte dann nicht Zahlung an sich verlangen, wenn unklar bleibt, ob die Feststellung auch oder nur Schadenspositionen betrifft, die nicht vom Versicherungsschutz umfasst sind (BGH, Urteil vom 9. Januar 1991, IV ZR 264/89, juris Rn. 15 f.; Langheid in Römer/Langheid, VVG, 4. Aufl., § 110 Rn. 4). Wie bereits ausgeführt, unterliegt ein Schadensersatzanspruch, der sich auf die Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten aus der Stellung der Co. als Gründungsgesellschafterin und Kommanditistin ergibt, nicht dem Versicherungsschutz, während dies bei einer Aufklärungspflichtverletzung aus dem Treuhandvertrag denkbar ist. Dem Schreiben des Insolvenzverwalters lässt sich indessen nicht entnehmen, auf welche Aufklärungspflichtverletzung es sich bezieht.
3. Auch die Hilfsanträge auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, der Co. Deckungsschutz zu gewähren bzw. auf Feststellung ihrer Verpflichtung, die Co. von Schadensersatzansprüchen aus vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung freizustellen, haben keinen Erfolg. Soweit sich die Haftung der Co. aus ihrer Stellung als Gesellschafterin ergibt, liegt bereits kein versichertes Risiko vor, weshalb eine Verpflichtung der beklagten Versicherung zur Gewährung von Deckungsschutz bzw. zur Freistellung der Co. offensichtlich nicht besteht. Aber auch hinsichtlich einer etwaigen Haftung der Co. wegen der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten aus dem Treuhandvertrag bleiben die [4] Hilfsanträge ohne Erfolg. Zum einen ist schon das Vorliegen eines besonderen Feststellungsinteresses für eine vorweggenommene Deckungsklage nicht ersichtlich (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2000, IV ZR 223/99, juris Rn. 9 f.). Zum anderen ist hier deswegen, weil in einem Haftpflichtprozess gegen die Co., in dem ein Anspruch wegen Verletzung der Aufklärungspflichten als aufnehmende Gesellschafterin bejaht wird, offengelassen würde, ob auch eine Schadensersatzpflicht aus Treuhandvertrag besteht, uneingeschränkt und umfassend zu klären, ob letzteres der Fall ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 1962, II ZR 40/60, VersR 1962, 557 ff., 559). Im hier zu entscheidenden Fall ist deshalb auch die für diesen Anspruch unzweifelhaft eingetretene Verjährung zu beachten, weshalb der geltend gemachte Hilfsantrag unbegründet ist.
4. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den Kläger von den für die Vertretung im Insolvenzverfahren angefallenen Gebühren freizustellen; eine Anspruchsgrundlage für dieses Begehren ist nicht ersichtlich.
5. Die Verwerfung des Musterverfahrensantrags gemäß § 3 Abs. 1 KapMuG durch das Landgericht ist mit der Berufung nicht mehr angreifbar.
Ein Verwerfungsbeschluss gemäß § 3 Abs. 1 KapMuG kann seit der Gesetzesänderung im Jahr 2012 nicht mehr angefochten werden. Nach dem Willen des Gesetzgebers dient dies der Rechtsklarheit und der Verfahrensbeschleunigung. Verfahrensverzögernde Zwischenstreitigkeiten über die Zulässigkeit eines Musterverfahrensantrags oder – bei Teilverwerfung – einzelner Feststellungsziele sollen auf diese Weise vermieden werden. Der Rechtsschutz der Antragsteller wird dadurch nicht unverhältnismäßig eingeschränkt. Ihnen bleibt wie bisher der Individualprozess, in dem ihnen Rechtsschutz gewährt wird (vgl. BT-Drs. 17/8799, Seite 17 zu „ 3“). Die Ermöglichung einer erneuten Prüfung des Musterverfahrensantrags über das Rechtsmittel der Berufung würde diesen Gesetzeszweck unterlaufen.
Die Eröffnung einer Anfechtbarkeit gegen den ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes wäre schon systematisch verfehlt. Die Lösung etwaiger Konflikte bei unanfechtbaren Entscheidungen ist umfassend in § 321a ZPO geregelt, weshalb für die Zulassung einer möglichen Berufungsrüge kein Raum mehr ist. Etwaige Fehler sind ausschließlich in derselben Instanz, nicht aber im nächsthöheren Rechtszug zu beheben (vgl. auch KG Berlin, Beschluss vom 2. Oktober 2014, 22 Kap 2/14).
Dessen ungeachtet würde ein Vorlagebeschluss durch den in der Berufung mit der Sache befassten Senat an den KapMuG-Senat auch am Wortlaut des § 6 Abs. 1 KapMuG scheitern. Danach soll durch den Vorlagebeschluss eine Entscheidung des im Rechtszug übergeordneten Oberlandesgerichts herbeigeführt werden; ein Vorlagebeschluss auf der gleichen Verfahrensebene ist mithin unzulässig.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Der Kläger hat zwar insoweit obsiegt, als seine Forderung gegen die Gemeinschuldnerin weitgehend zur Tabelle festzustellen ist. Eine Quote ist jedoch nicht zu erwarten. Der Wert dieses Antrags ist deshalb geringfügig und veranlasst keine höheren Kosten. Der Streitwert des Berufungsverfahrens entspricht der Hauptforderung des Klägers (§ 3 ZPO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Allein die Vielzahl anhängiger Verfahren verleiht der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung.


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