Baurecht

Abbruch eines unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes

Aktenzeichen  M 8 K 15.1186

Datum:
16.10.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BayVBl – 2018, 562
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 30 Abs. 3, § 34
BayBO Art. 59 S. 1 Nr. 3, Art. 68 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1. Eine Mehrheit von baulichen Anlagen ist nach Art. 1 Abs. 3 BayDSchG grundsätzlich nur dann als Ensemble geschützt, wenn sie prägende Einzelbaudenkmälern enthält. (Rn. 122 – 125)
2. Je geringer die Prägung des Ensembles durch Einzelbaudenkmäler ist, desto größer muss die prägende Wirkung der im Übrigen noch vorhandenen historischen Bausubstanz sein. (Rn. 126 – 128)
3. Beinhaltet die Mehrheit von baulichen Anlagen dagegen weder prägende Einzelbaudenkmäler noch historische Bausubstanz, kann ein Ensemble im Sinne des BayDSchG nur dann vorliegen, wenn die Orts-, Platz- oder Straßenbild der Mehrheit der baulichen Anlagen aus den in Art. 1 Absatz 1 BayDSchG genannten Gründen im Interesse der Allgemeinheit erhaltenswürdig ist. (Rn. 129 – 130)

Tenor

I. Soweit das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, wird das Verfahren eingestellt.
II. Der Bescheid der Beklagten vom 25.2.2015 (Plan-Nr. …) wird in Frage 17 aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet, die Frage 17 positiv zu beantworten.
III. Die Beklagte hat 1/3, der Kläger 2/3 der Kosten des Verfahrens zu tragen.
IV. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vorläufig vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1. Soweit der Kläger die Vorbescheidsfragen 1 – 16 und 18 – 36 in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen hat und die Beteiligten die Hauptsache diesbezüglich übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen und über die Kosten nach billigem Ermessen (§ 161 Abs. 2 VwGO) zu entscheiden.
Da sich die Hauptsache nur teilweise erledigt hat, war kein gesonderter Beschluss zu erlassen, sondern die – auch in diesem Fall nicht der Anfechtung unterliegende – Entscheidung über die Verfahrenseinstellung und die Kostentragung zusammen mit der Sachentscheidung über den nicht erledigten Teil im Urteil zu treffen (vgl. BVerwG, B.v. 7.8.1998 – 4 B 75.98 – juris Rn. 2).
2. Die Klage hat mit dem verbliebenen Antrag Erfolg, da sie zulässig und begründet ist. Die negative Beantwortung der Frage 17 im Bescheid der Beklagten vom 25. Februar 2015 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), da ihm ein Anspruch auf positive Beantwortung aus Art. 71 Satz 1, Satz 4, 68 Abs. 1 Satz 1, 59 Satz 1 Nr. 3 Bayerische Bauordnung (BayBO) i.V.m. Art. 6 Abs. 2 Bayerisches Denkmalschutzgesetz in der in der Bayerischen Rechtssammlung (BayRS 2242-1-K) veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Gesetz vom 4. April 2017 (GVBl. S. 70) geändert worden ist (BayDSchG), zusteht.
2.1 Die Frage nach der denkmalschutzrechtlichen Zulässigkeit des Abbruchs des Bestandsgebäudes ist im Vorbescheidsverfahren zulässig.
2.1.1 Nach Art. 71 Satz 1 BayBO kann vor Einreichung eines Bauantrags auf schriftlichen Antrag des Bauherrn zu einzelnen in der Baugenehmigung zu entscheidenden Fragen vorweg ein schriftlicher Bescheid (Vorbescheid) erlassen werden. Als feststellender Verwaltungsakt stellt der Vorbescheid im Rahmen der vom Bauherren gestellten Fragen die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die Gegenstand der Prüfung sind, fest und entfaltet während seiner regelmäßigen Geltungsdauer von 3 Jahren (Art. 71 Satz 2 BayBO) Bindungswirkung für ein nachfolgendes Baugenehmigungsverfahren.
Gemäß Art. 71 Satz 4, 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO ist ein positiver Vorbescheid im Sinne der positiven Beantwortung der gestellten Vorbescheidsfragen zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben hinsichtlich der gestellten Frage keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind.
Voraussetzung ist dabei, dass es sich bei dem geplanten Vorhaben, um ein nach Art. 55 Abs. 1 BayBO baugenehmigungspflichtiges Vorhaben handelt. Ist das Vorhaben verfahrensfrei, kann über Einzelfragen nicht in der Form eines Vorbescheides nach Art. 71 BayBO entschieden werden, sondern nur als Rechtsauskunft, als Zusage oder Zusicherung (vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, 125. EL Mai 2017, Art. 71 Rn. 64 m.w.N.; BayVGH, B.v. 15.5.2017 – 15 ZB 16.1673 – juris Rn. 7 m.w.N.; BVerwG, B.v. 6.7.1977 – IV B 118.77 – juris).
Aus der Formulierung „zu einzelnen Fragen des Bauvorhabens“ folgt außerdem, dass der Vorbescheid hinreichend bestimmt sein muss. Die ganz herrschende Meinung fordert für die Vorbescheidsfrage einen konkreten Vorhabensbezug (vgl. BayVGH, U.v. 14.2.2008 – 15 B 06.3463 – juris Rn. 16 m.w.N.). Ein Vorbescheidsantrag wäre nicht verbescheidungsfähig, wenn die zur Entscheidung gestellte Frage nicht ohne Kenntnis und Prüfung des Gesamtvorhabens beurteilt werden kann, die Bauvorlagen eine Beurteilung des Vorhabens nicht zulassen oder wesentliche Fragen ausgeklammert bleiben (BayVGH, U.v. 2.8.2017 – 2 B 17.544 – juris Rn. 12).
2.1.2 Im Hinblick auf den Abbruch des Bestandsgebäudes handelt es sich um ein baugenehmigungspflichtiges Vorhaben nach Art. 55 Abs. 1 BayBO, da der Abbruch insbesondere nicht nach Art. 57 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 BayBO verfahrensfrei ist.
Denn das Bestandsgebäude und das östlich benachbarte Gebäude C.straße … teilen eine Kommunwand, weshalb das Bestandsgebäude nicht freistehend im Sinne des Art. 57 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 BayBO ist.
Das Bayerische Denkmalschutzrecht kann gemäß Art. 71 Satz 4, 68 Abs. 1 Satz 1, 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO i.V.m. Art. 6 Abs. 3 Satz 1 BayDSchG auch Gegenstand einer Vorbescheidsfrage sein.
Gemäß Art. 6 Abs. 3 Satz 1 BayDSchG entfällt die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 BayDSchG, wenn ein baugenehmigungsbedürftiges Vorhaben − wie hier – vorliegt. Das Denkmalschutzrecht gehört also gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO zum Prüfprogramm im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren und kann somit auch Gegenstand einer Vorbescheidsfrage sein, Art. 71 Satz 4, 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO; ein Sonderbau nach Art. 2 Abs. 4 BayBO liegt nicht vor.
Schließlich ist die Vorbescheidsfrage 17 auch hinreichend bestimmt. Der konkrete Vorhabensbezug ist gegeben, da die Frage anhand der vorgelegten Behördenakten – inklusive der Bauvorlagen – sowie anhand des gerichtlichen Augenscheins und der mündlichen Verhandlung beantwortet werden kann.
Dass die übrigen von dem Kläger gestellten und von der Beklagten im Bescheid vom 25. Februar 2015 behandelten Fragen (Fragen 1 – 16 und 18 – 36, also insbesondere die Fragen zu einem Neubau auf dem streitgegenständlichen Grundstück), durch Zurückziehung in der mündlichen Verhandlung nicht mehr streitgegenständlich sind, ändert an dieser Beurteilung nichts. Die Frage nach der (denkmalschutzrechtlichen) Zulässigkeit des Abbruchs eines Bestandsgebäudes im Rahmen eines Vorbescheidsverfahrens kann unabhängig von einem Neubauvorhaben gestellt werden. Es handelt sich sogar um eine denklogische und sinnvolle Vorfrage, deren Beantwortung ein Bauherr begehrt, um feststellen zu können, ob er überhaupt eine detaillierte Planung eines Neubauvorhabens beginnen sollte. Denn ist bereits der Abbruch eines Bestandsgebäudes denkmalschutzrechtlich oder auch im Übrigen unzulässig, kann kein Neubauvorhaben, welches das Bestandsgebäude ersetzt, durchgeführt werden. Somit stellt die Frage 17 eine typische Vorbescheidsfrage dar, die dem Hauptzweck eines Vorbescheids – Planungsbzw. Rechtssicherheit für den Bauherrn unkompliziert und schnell zu erreichen (vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, 127. EL November 2017, Art. 71 Rn.17f.) – Rechnung trägt. Die Frage nach der denkmalrechtlichen Zulässigkeit eines Neubaus ist dagegen nicht (mehr) Gegenstand dieses Verfahrens.
2.2 Dem Kläger steht ein Anspruch auf positive Beantwortung der Frage 17 aus Art. 71 Satz 1, Satz 4, 68 Abs. 1 Satz 1, 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO i.V.m. Art. 6 Abs. 2 BayDSchG zu. Zum einen steht das Bestandsgebäude weder als Einzelbaudenkmal noch – selbst bei verfassungskonformer Auslegung des Art. 1 Abs. 3 BayDSchG – als Ensemblebestandteil unter Denkmalschutz, weshalb es keiner denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 BayDSchG bedarf (2.2.1). Zum anderen ist die erforderliche denkmalschutzrechtliche Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG für den Abbruch des Bestandsgebäudes zu erteilen, da keine Versagungsgründe nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG vorliegen und somit das Ermessen der Beklagten auf Null reduziert ist (2.2.2).
Die Beurteilung der denkmalrechtlichen Zulässigkeit eines Vorhabens, insbesondere der Denkmaleigenschaft, unterliegt der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle (vgl. grundlegend BayVGH, U.v. 12.6.1978 – 71 XV 76 – BayVBl 1979, 118). Die Eintragung eines Denkmals in die Denkmalliste erfolgt lediglich nachrichtlich, Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayDSchG. Der Auffassung der Landesamts für Denkmalpflege als der denkmalrechtlichen Fachbehörde (Art. 12 BayDSchG) kommt zwar tatsächliches Gewicht, jedoch keine rechtliche Bindungswirkung zu (vgl. BayVGH, B.v. 21.9.2015 – 22 ZB 15.1095 – juris Rn. 25 m.w.N.). Die Gerichte haben dessen Aussage- und Überzeugungskraft nachvollziehend zu überprüfen und sich aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens eine eigene Überzeugung zu bilden (vgl. BayVGH, U.v. 18.7.2013 – 22 B 12.1741 – juris Rn. 27).
2.2.1 Das Bestandsgebäude bedarf keiner denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 BayDSchG.
2.2.1.1 Das Bestandsgebäude ist kein Einzelbaudenkmal nach Art. 1 Abs. 1, Abs. 2 BayDSchG, weshalb keine Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 BayDSchG erforderlich ist.
Das Bestandsgebäude ist nicht als Einzelbaudenkmal in der Denkmalliste (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayDSchG) eingetragen. Sowohl die Beteiligten als auch das Landesamt für Denkmalpflege als staatliche Fachbehörde für alle Fragen des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege (Art. 12 Abs. 1 Satz 1 BayDSchG) sind sich auch einig, dass das Bestandsgebäude aufgrund seiner zahlreichen baulichen und gestalterischen Veränderungen seit Errichtung den Denkmalbegriff des Art. 1 Abs. 1, Abs. 2 BayDSchG nicht mehr erfüllt. Das Gericht schließt sich dieser Ansicht an.
2.2.1.2 Im für die denkmalrechtliche Beurteilung der Zulässigkeit des Abrisses des Bestandsgebäudes maßgeblichen Nahbereich des Ensembles liegen die Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 3 DSchG nicht vor, weshalb keine Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayDSchG erforderlich ist.
2.2.1.2.1 Nach Art. 1 Abs. 3 BayDSchG kann zu den Baudenkmälern auch eine Mehrheit von baulichen Anlagen (Ensemble) gehören, und zwar auch dann, wenn keine oder nur einzelne dazugehörige bauliche Anlagen die Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 1 BayDSchG erfüllen, das Orts-, Platz- oder Straßenbild aber insgesamt erhaltenswürdig ist.
Der durch § 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Änderung des Denkmalschutzgesetzes vom 4. April 2017 (GVBl. S. 70) geänderte Halbsatz „und zwar auch dann, wenn keine oder nur einzelne dazugehörige bauliche Anlagen die Voraussetzungen des [Art. 1] Abs. 1 [BayDSchG] erfüllen“ ersetzte die bisherige gültige Fassung des Art. 1 Abs. 3 des Denkmalschutzgesetzes in der in der Bayerischen Rechtssammlung (BayRS 2242-1-K) veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch § 2 Nr. 44 des Gesetzes vom 12. Mai 2015 (GVBl. S. 82) geändert worden ist (DSchG aF). Der Halbsatz lautete hiernach „und zwar auch dann, wenn nicht jede dazugehörige bauliche Anlagen die Voraussetzungen des [Art. 1] Abs. 1 [DSchG aF] erfüllen“.
Art. 1 Abs. 3 BayDSchG trat gemäß § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Änderung des Denkmalschutzgesetzes vom 4. April 2017 (GVBl. S. 70) am 1. Mai 2017 in Kraft, galt daher im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in diesem Verfahren und ist folglich dieser Entscheidung zu Grunde zu legen.
2.2.1.2.2 Gegen die Neufassung des Art. 1 Abs. 3 BayDSchG bestehen verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die grundgesetzliche Kompetenzordnung (Art. 30, 70 ff. Grundgesetz – GG) (2.2.1.2.2.1.1) und bezüglich der Eigentumsfreiheit gemäß Art. 14 GG, Art. 103 Abs. 1 Bayerische Verfassung (BV) (2.2.1.2.2.1.1), die letztlich jedoch durch eine verfassungskonforme Auslegung ausgeräumt werden können.
2.2.1.2.2.1 In kompetenzrechtlicher Hinsicht erscheint zweifelhaft, ob der bayerische Landesgesetzgeber, der das Gesetz zur Änderung des Denkmalschutzgesetzes vom 4. April 2017 erlassen hat, für den Erlass des Art. 1 Abs. 3 BayDSchG in seiner geltenden Fassung gemäß Art. 30, 70 ff. GG zuständig war.
Nach Art. 30 GG ist die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben Sache der Länder, soweit dieses Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt. Art. 70 GG regelt, dass die Länder das Recht der Gesetzgebung haben, soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht. Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern bemisst sich nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes über die ausschließliche und die konkurrierende Gesetzgebung.
Das Recht der Denkmalpflege und des Denkmalschutzes ist Ländersache, da eine diesbezügliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes in den Art. 71 ff. GG fehlt, Art. 70 Abs. 1 GG (vgl. Krautzberger in Martin/Krautzberger, Denkmalschutz und Denkmalpflege, 4. Aufl. 2017, Teil H. Rn. 16).
Ziel des Denkmalrechts ist es Denkmäler „als Quellen und Zeugnisse menschlicher Geschichte und Entwicklung […] zu schützen und zu erhalten“ (§ 1 DSchG Hessen). Die Denkmalpflege umfasst dabei alle Handlungen nicht hoheitlicher Art, welche die Erforschung, Erhaltung und Präsentation von (Kultur-) Denkmälern bezwecken; hierzu zählen die unmittelbar verbessernden und erhaltenden, aber auch die vorsorgenden und beratenden Tätigkeiten, die nicht nur vom Staat und seinen Institutionen, sondern auch von Privaten (Eigentümer, Architekten, Forschungseinrichtungen usw.) ausgeübt werden können. Zum Denkmalschutz gehören dagegen alle auf die Erhaltung von Denkmälern ausgerichteten hoheitlichen Maßnahmen der öffentlichen Hand, also die gesetzlichen Gebote und Verbote, und die diese aktualisierenden Genehmigungen, Erlaubnisse, Anordnungen und Sanktionen staatlicher und kommunaler Behörden (vgl. Davydov in Martin/Krautzberger, Denkmalschutz und Denkmalpflege, 4. Aufl. 2017, Teil A. Rn. 3).
Jedoch stellt sich gerade bei einer Regelung, die eine Mehrheit von Anlagen dem Denkmalschutz unterstellt, die keine oder nur einzelne Denkmäler beinhaltet, unweigerlich die Frage, wo die Grenze zum städtebaulichen Denkmalschutzrecht verläuft, welches der konkurrierenden Bundesgesetzgebungskompetenz des Bodenrechts nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG – unmittelbar oder Kompetenz kraft Sachzusammenhangs – zuzuordnen ist.
Zur Materie „Bodenrecht“ gehören Vorschriften, die den Grund und Boden unmittelbar zum Gegenstand rechtlicher Ordnung haben, also die rechtlichen Beziehungen des Menschen zum Grund und Boden regeln (vgl. BVerfG, Gutachten vom 16.6.1954 – 1 PBvV 2/52 – BVerfGE 3, 407/423 – juris Rn. 75; B.v. 8.11.1972 – 1 BvL 15/68 u. 26/69 – BVerfGE 34, 139/144 – juris Rn. 15; B.v. 7.3.2017 – 1 BvR 1314/12 – juris Rn.115). Zum Bodenrecht gehört daher insbesondere das Bauplanungs- und Städtebaurecht (vgl. Maunz in Maunz/Dürig, GG, 81. EL September 2017, Art. 74 Rn. 200; Degenhart in Sachs, GG, 8. Aufl. 2018, Art. 74 Rn. 73). Auch zum Erlass von Normen des sog. städtebaulichen Denkmalschutzes ist der Bundesgesetzgeber im Rahmen seiner Kompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG befugt (vgl. BVerfG, B.v. 26.1.1987 – 1 BvR 969/83 – NVwZ 1987, 879/879 m.w.N.).
Der städtebauliche Denkmalschutz, wie er z.B. in § 1 Abs. 5 Nr. 6, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5, § 136 Abs. 4 Nr. 4, § 172 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Baugesetzbuch (BauGB) (vgl. auch § 39h Abs. 3 Nrn. 1 und 2 Bundesbaugesetz 1976 – BBauG) zum Ausdruck kommt, ist dabei aber auf städtebauliche Aspekte, d. h. in seiner Ausstrahlungswirkung in das Bauplanungsrecht, beschränkt (vgl. BVerwG, U.v. 3.7.1987 – 4 C 26/85 – juris Rn. 15; U.v. 4.12.2014 – 4 CN 7/13 – juris Rn. 18; Degenhart in Sachs, GG, 8. Aufl. 2018, Art. 74 Rn. 76). Betroffen sind im Hinblick auf die Abgrenzung zum Denkmalschutz aus städtebaulichen Gründen (vgl. Art. 1 Abs. 1 BayDSchG) insbesondere die Vorschriften zur Erhaltung des Ortsbildes und der Stadtgestalt (§ 172 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Unter Ortsbild im Sinne des § 172 Abs. 3 BauGB versteht man dabei die bauliche Ansicht eines Orts oder Ortsteils bei einer Betrachtung sowohl von innen wie von außen einschließlich der Ortssilhouette, wohingegen die Stadtgestalt über diesen Begriff des Ortsbildes hinausgeht und die Baustruktur einer Stadt mit einschließt, also auch den Grundriss und damit die Gebäudestruktur und die Freiräume (vgl. Mitschang in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 172 Rn. 18 m.w.N.).
Die Unterscheidung der Länderkompetenz für die Denkmalpflege und den Denkmalschutz und die Bundeskompetenz für das Bodenrecht stellt sich gerade im Rahmen des Schutzes einer Mehrheit von Anlagen als schwierig dar, da sich der denkmalrechtliche Ensembleschutz (aus städtebaulichen Gründen, Art. 1 Abs. 1 BayDSchG) und die städtebauliche Erhaltung baulicher Anlagen und der Eigenart von Gebieten nach §§ 172 ff. BauGB in der Praxis häufig überschneiden dürften. Dies zeigt sich bereits an den vergleichbaren Formulierungen in § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB und Art. 1 Abs. 3 BayDSchG – Erhalten der Gestalt des Orts-, Platz- und Straßenbildes – bzw. § 172 Abs. 3 Satz 1 BauGB und Art. 1 Abs. 1 BayDSchG – Maßgeblichkeit der städtebaulichen, geschichtlichen und künstlerischen Bedeutung der Anlagen.
Zur Abgrenzung muss es daher entscheidend auf die Zielrichtung der konkreten staatlichen Maßnahmen ankommen. Ist die Bewahrung oder Weiterentwicklung der sozialen und wirtschaftlichen Struktur eines Baugebiets das zentrale Anliegen und die Erhaltung eines überkommenen Baubestandes lediglich Mittel zur Erreichung dieses Zwecks, ist ein Regelungsgegenstand des Bodenrechts betroffen. Maßgeblich sind die zu erhaltenden baulichen Anlagen in ihrer Beziehung zur aktuellen Stadtstruktur und in ihrer stadträumlichen Funktion für das gegenwärtige Zusammenleben der Menschen in der Gemeinde. Bezweckt der Staat dagegen den Schutz der Substanz oder des Erscheinungsbildes eines Bauwerks oder einer Gesamtanlage wegen ihres historischen Zeugnischarakters, ist die Maßnahme auf die Denkmalschutzgesetze zu stützen, auch wenn sie u.U. erhebliche Auswirkungen auf die soziale und wirtschaftliche Struktur eines Baugebietes zeitigt (vgl. BVerwG, U.v. 3.7.1987 – 4 C 26/85 – juris Rn. 16; Martin in Martin/Krautzberger, Denkmalschutz und Denkmalpflege, 4. Aufl. 2017, Teil B. Rn. 22 und Teil H. Rn. 64).
Wendet man diese Abgrenzungskriterien auf die Neuregelung des Art. 1 Abs. 3 BayDSchG an, bleibt anhand des Wortlautes unklar, ob die Norm – i.V.m. den Ge- und Verboten des Teils 2 des BayDSchG – als Rechtsgrundlage für den bundesrechtlichen städtebaulichen Denkmalschutz oder für den landesrechtlichen Denkmalschutz dienen soll. Gerade für die hiernach mögliche Legaldefinition eines Ensembles als Mehrheit von baulichen Anlagen, auch wenn keine dazugehörige bauliche Anlage die Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 1 BayDSchG erfüllt, das Orts-, Platz- und Straßenbild aber insgesamt erhaltenswürdig ist, stellt sich die Frage, wie sich eine solche Definition von den zu schützenden baulichen Anlagen nach § 172 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 BauGB unterscheiden soll. Denn ein „städtebauliches Ensemble“ ließe sich anhand des Wortlauts von § 172 Abs. 3 Satz 1 BauGB ebenfalls als Mehrheit von baulichen Anlagen, von denen keine ein Denkmal im Sinne der Denkmalschutzgesetze ist, das Orts-, Platz- und Straßenbild aber erhaltenswürdig – z.B. aus städtebaulichen Gründen – ist, definieren.
Angesichts des nunmehr – im Gegensatz zu Art. 1 Abs. 3 DSchG aF – durchaus vergleichbaren Wortlauts liegt eine Auslegung des Art. 1 Abs. 3 BayDSchG als Vorschrift des städtebaulichen Denkmalschutzes, für welche dem bayerischen Landesgesetzgeber die Kompetenz fehlen würde, nahe. Die Regelung des Art. 1 Abs. 3 BayDSchG gibt – abgesehen von der systematischen Stellung in einem Denkmalschutzgesetz – keine eindeutigen Anhaltspunkte dafür, dass nicht die Bewahrung oder Weiterentwicklung der sozialen und wirtschaftlichen Struktur eines Gebietes, sondern der Schutz der Substanz oder des Erscheinungsbildes von baulichen Anlagen wegen ihres historischen Zeugnischarakters Ziel der Norm sein soll.
Auch im Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Denkmalschutzgesetzes vom 10. Januar 2017 (LT-Drs. 17/15014) fehlen hierzu substantiierte Ausführungen. Dieser verweist nur darauf, dass als Reaktion auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 22. April 2016 (1 B 12.2353 – juris) klargestellt werden solle, dass auch Gebäudemehrheiten ohne Einzelbaudenkmäler eine schützenswerte Ensembleeigenschaft zukommen kann; dies entspreche auch der deutschlandweiten fachlichen Praxis. Eine weitergehende Begründung oder Definition, unter welchen Voraussetzungen und warum solche Mehrheiten aus denkmalschutzrechtlicher Sicht schützenswert sind, fehlt sowohl dem Entwurf als auch den weiteren Materialien des Gesetzgebungsverfahrens (vgl. Vorgangsmappe für die LT-Drs. 17/15014).
2.2.1.2.2.2 Auch im Hinblick auf die Eigentumsfreiheit nach Art. 14 GG, Art. 103 Abs. 1 BV bestehen Bedenken gegen die Neuregelung des Art. 1 Abs. 3 BayDSchG.
Das Eigentum ist ein elementares Grundrecht und sein Schutz von besonderer Bedeutung für den sozialen Rechtsstaat. Dem Eigentumsgrundrecht kommt insbesondere die Aufgabe zu, dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich zu sichern und ihm dadurch eine eigenverantwortliche Gestaltung seines Lebens zu ermöglichen. Das verfassungsrechtlich gewährleistete Eigentum ist durch Privatnützigkeit und grundsätzliche Verfügungsbefugnis des Eigentümers über den Eigentumsgegenstand gekennzeichnet. Zugleich soll der Gebrauch des Eigentums dem Wohl der Allgemeinheit dienen (Art. 14 Abs. 2 GG) (vgl. BVerfG, U.v. 6.12.2016 – 1 BvR 2821/11 – juris Rn. 216 m.w.N.).
Die konkrete Reichweite des Schutzes durch die Eigentumsgarantie ergibt sich erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist.
Während eine Enteignung nach Art. 14 Abs. 3 GG auf die vollständige oder teilweise Entziehung konkreter subjektiver, durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteter Rechtspositionen zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben gerichtet ist (vgl. BVerfG, U.v. 6.12.2016 – 1 BvR 2821/11 – juris Rn. 245), legen die das Eigentum ausformenden Vorschriften des bürgerlichen und des öffentlichen Rechts generell und abstrakt Rechte und Pflichten hinsichtlich solcher Rechtsgüter fest, die als Eigentum im Sinne der Verfassung zu verstehen sind (vgl. BVerfG, B.v. 14.1.2004 – 2 BvR 564/95 – Rn. 89 m.w.N.).
Beim Erlass dieser Inhalts- und Schrankenbestimmungen ist der Gesetzgeber nicht gänzlich frei: Er muss die Freiheitssphäre der Einzelnen mit dem Wohl der Allgemeinheit in ein ausgewogenes Verhältnis bringen, das nicht nur Orientierungspunkt, sondern auch Grenze für die Beschränkung des Eigentums ist. Zugleich muss das zulässige Ausmaß einer Sozialbindung auch vom Eigentum selbst her bestimmt werden. Die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, der Regelungsauftrag des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG und die Sozialpflichtigkeit des Eigentums nach Art. 14 Abs. 2 GG stehen in einem unlösbaren Zusammenhang. Dagegen ist die Befugnis des Gesetzgebers zur Inhalts- und Schrankenbestimmung umso weiter, je stärker der soziale Bezug des Eigentumsobjekts ist; hierfür sind dessen Eigenart und Funktion von entscheidender Bedeutung (vgl. BVerfG, U.v. 6.12.2016 – 1 BvR 2821/11 – juris Rn. 218 m.w.N.).
Für den Bereich des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege stellen die Landesdenkmalschutzgesetze derartige Inhalts- und Schrankenbestimmungen dar. Sie lassen die Eigentumszuordnung unangetastet und begrenzen nur die Möglichkeiten der Betroffenen zur Nutzung ihres Eigentumsgegenstands in generell-abstrakter Form (vgl. Guckelberger, NVwZ 2016, 17/20 m.w.N.). Sowohl Denkmalschutz als auch Denkmalpflege rechtfertigen diese Bestimmungen als legitime gesetzgeberische Anliegen und Gemeinwohlaufgaben von hohem Rang (vgl. BVerfG, B.v. 2.3.1999 – 1 BvL 7/91 – juris Rn. 81).
Art. 141 Abs. 2 BV erklärt in diesem Zusammenhang den Schutz und die Pflege von Denkmäler der Kunst, der Geschichte und der Natur sowie die Landschaft ausdrücklich zur Staatsaufgabe. Hierbei handelt es sich um keinen bloßen Programmsatz, sondern bindendes objektives Verfassungsrecht in Gestalt von Staatszielbestimmungen, an denen die Handlungen und Unterlassungen der öffentlichen Gewalt zu messen sind (vgl. Möstl in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2. Aufl. 2017, Art. 141 Rn. 8).
Vorliegend erscheint zweifelhaft, ob eine denkmalrechtliche Inhalts- und Schrankenbestimmung, wie sie Art. 1 Abs. 3 BayDSchG i.V.m. den Regelungen des Teils 2 des BayDSchG unzweifelhaft darstellt (vgl. nur BayVGH, U.v. 25.6.2013 – 22 B 11.701 – juris Rn. 21), mit der Eigentumsfreiheit vereinbaren sein kann, wenn insbesondere keine bauliche Anlage nach Art. 1 Abs. 1 BayDSchG im Ensemblebereich vorhanden sein muss.
Eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Erhaltungs-, Nutzungs- und Erlaubnispflichten (vgl. Teil 2 des BayDSchG) durch den Denkmalschutz als hohes Allgemeinwohlgut von Verfassungsrang erscheint zumindest bei einer Mehrheit von baulichen Anlagen ohne jeglichen denkmalrechtlichen Bezug äußerst fraglich, da gerade auch in Art. 141 Abs. 2 BV explizit auf die künstlerische, geschichtliche, natürliche oder landschaftliche Bedeutung eines Denkmals abgestellt wird.
Dieser verfassungsrechtliche Allgemeinwohlbelang kann im Übrigen auch nicht als Rechtfertigung für Maßnahmen nach dem Bauordnungsrecht, insbesondere das Ortsbildgestaltungsrecht (vgl. Art. 81 Abs. 1 Nr. 1 BayBO) herangezogen werden.
2.2.1.2.3 Diese Bedenken führen jedoch nicht dazu, dass Art. 1 Abs. 3 BayDSchG verfassungswidrig ist, da eine verfassungskonforme Auslegung der Norm möglich ist.
Folglich war ein konkreter Normenkontrollantrag nach Art. 100 GG, Art. 92 BV nicht angezeigt.
2.2.1.2.3.1 Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gilt der allgemeine Grundsatz, dass ein Gesetz nicht für nichtig zu erklären ist, wenn es im Einklang mit der Verfassung ausgelegt werden kann; denn es spricht nicht nur eine Vermutung dafür, dass ein Gesetz mit dem Grundgesetz vereinbar ist, sondern das in dieser Vermutung zum Ausdruck kommende Prinzip verlangt auch im Zweifel eine verfassungskonforme Auslegung des Gesetzes unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks (vgl. statt vieler BVerfG, B.v. 7.5.1953 – 1 BvL 104/52 – juris Rn. 40). Nur wenn eine Norm wegen ihres eindeutigen Wortlauts und des klar erkennbaren entgegenstehenden Willens des Gesetzgebers einer verfassungskonformen Auslegung nicht zugänglich ist, hat das Bundesverfassungsgericht bei einem Verstoß gegen das Grundgesetz die Norm für nichtig zu erklären oder ihre Unvereinbarkeit mit dem GG festzustellen (vgl. BVerfG, B.v. 29.3.2017 – 2 BvL 6/11 – juris Rn. 152).
Durch seine Bindung an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) ist auch das erkennende Gericht zur verfassungskonformen Auslegung berechtigt und verpflichtet (vgl. Stelkens/Panzer in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 33. EL Juni 2017, § 1 Rn. 47 m.w.N.).
2.2.1.2.3.2 Wie schon oben dargelegt, deutet der Wortlaut des Art. 1 Abs. 3 BayDSchG aufgrund seiner Ähnlichkeit zum Wortlaut des § 172 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 BauGB auf eine städtebauliche, mithin eine in kompetenz- und grundrechtlicher Hinsicht bedenkliche, Regelung hin.
Auch wenn die Gesetzgebungshistorie mangels ausführlicher Begründung für die Auslegung nicht ergiebig ist, lässt doch der Verweis auf eine „deutschlandweite Praxis“ (LT-Drs. 17/15014 S. 1) den Schluss zu, dass der bayerische Gesetzgeber sich bei der Neuregelung an den vergleichbaren Denkmalschutzgesetzen der übrigen Bundesländer orientieren wollte; Sinn und Zweck der Neuregelung des BayDSchG war somit eine „klarstellende Änderung“ (LT-Drs. 17/15014 S. 1) und Anpassung an die denkmalschutzrechtlichen Regelungen in den anderen Bundesländern.
Die Unterschutzstellung einer Mehrheit von baulichen Anlagen ist in allen Länderdenkmalschutzgesetzen enthalten, wobei die Begrifflichkeiten und konkreten Voraussetzungen differenzieren. Schützenswerte Gesamtheiten werden als (Denkmal-) Ensemble (§ 4 Abs. 3 DSchG Hamburg; § 2 Abs. 1 Nr. 2 DSchG Bremen; § 2 Abs. 2 DSchG Thüringen; § 2 Abs. 2 Nr. 2 DSchG Saarland), Denkmalbereiche (§ 2 Abs. 3 DSchG Berlin; § 2 Abs. 2 Nr. 2 DSchG Brandenburg; § 2 Abs. 3 Nr. 3 DSchG Schleswig-Holstein, § 2 Abs. 3 DSchG Mecklenburg-Vorpommern; § 2 Abs. 3 DSchG Nordrhein-Westfalen, § 2 Abs. 2 Nr. 2 DSchG Sachsen-Anhalt), Denkmalzonen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2, § 5 DSchG Rheinland-Pfalz), Denkmalschutzgebiete (§ 2 Abs. 3 Nr. 2, § 21 DSchG Sachsen), Gesamtanlagen (§ 2 Abs. 3 DSchG Hessen; § 2 Abs. 3 Nr. 2, § 19 DSchG Baden-Württemberg) oder als Gruppe baulicher Anlage (§ 3 Abs. 3 DSchG Niedersachsen) bezeichnet.
Teilweise fordern die Ländergesetze – wie Art. 1 Abs. 3 DSchG aF –, dass nicht jede einzelne bauliche Anlage der Gesamtheit ein (Einzel-)Baudenkmal sein muss (§ 2 Abs. 3 DSchG Berlin; § 2 Abs. 3 DSchG Nordrhein-Westfalen; § 2 Abs. 3 DSchG Hessen; § 2 Abs. 2 DSchG Thüringen; wohl auch § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2, § 5 DSchG Rheinland-Pfalz), teilweise sind die Formulierungen mit Art. 1 Abs. 3 BayDSchG vergleichbar und halten das Vorhandensein von (Einzel-)Baudenkmälern ausdrücklich für nicht erforderlich (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 DSchG Brandenburg; § 2 Abs. 3 Nr. 3 DSchG Schleswig-Holstein; § 2 Abs. 3 DSchG Mecklenburg-Vorpommern; § 4 Abs. 3 DSchG Hamburg; § 2 Abs. 2 Nr. 2 DSchG Saarland; § 3 Abs. 3 DSchG Niedersachsen; ohne explizite Aussage zum Erfordernis von Einzelbaudenkmälern: § 2 Abs. 1 Nr. 3 DSchG Bremen, § 2 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, § 21 DSchG Sachsen; § 2 Abs. 2 Nr. 2 DSchG Sachsen-Anhalt; § 2 Abs. 3 Nr. 2, § 19 DSchG Baden-Württemberg). Eine mit dem Wortlaut des Art. 1 Abs. 3 BayDSchG identische Formulierung findet sich jedoch in keinem Landesdenkmalschutzgesetz.
Allen (anderen) Denkmalschutzgesetzen ist jedoch gemein, dass denkmalschutzrechtliche Gründe für eine Erhaltung der Mehrheit der baulichen Anlagen sprechen müssen. Als Kategorien werden dabei insbesondere die geschichtliche, künstlerische, wissenschaftliche oder städtebauliche Bedeutung eines Denkmals benannt (vgl. nur § 2 Abs. 2 DSchG Berlin). Diese „Bedeutungskategorien“ (Moench, NJW 1983, 1998/1999) bzw. „Denkmalwertkategorien“ (Davydov in Martin/Krautzberger, Denkmalschutz und Denkmalpflege, 4. Aufl. 2017, Teil C. Rn. 27), sind in allen Landesdenkmalschutzgesetzen enthalten und werden in einigen dieser Gesetze ausdrücklich in der entsprechenden Vorschrift zur schützenswerten Gesamtheit baulicher Anlagen genannt oder über eine Verweisung mit in die Begriffsbestimmung einbezogen. So verweist § 2 Abs. 3 DSchG Berlin darauf, dass eine Mehrheit baulicher Anlagen nur dann ein Denkmalbereich ist, wenn deren Erhaltung aus den in Absatz 2 genannten Gründen – den „Bedeutungskategorien“ – im Interesse der Allgemeinheit liegt.
Auch wenn Vorschriften auf das Vorhandensein von (Einzel-)Baudenkmälern verzichten (s.o.), stellen die Normen doch stets auf die Erhaltenswürdigkeit aufgrund historischer Gründe ab. So findet sich auch in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Brandenburg mit dem Hinweis, dass Denkmalbereiche insbesondere Zeugnisse der Siedlungs- und Produktionsgeschichte sind, ein geschichtlicher Bezug.
Folglich ist auch davon auszugehen, dass der Gesetzgeber auch für die Neuregelung des Art. 1 Abs. 3 BayDSchG beabsichtigt hat, den für den Denkmalschutz erforderlichen historischen Bezug von baulichen Gesamtheiten herzustellen bzw. unverändert zu lassen, wie es der (rechtlichen) Praxis in allen anderen Bundesländern entspricht.
Schließlich spricht die systematische Stellung des Art. 1 Abs. 3 BayDSchG ebenfalls für eine derartige Auslegung unter Einbeziehung der „Bedeutungskategorien“.
Denn auch Art. 1 Abs. 3 BayDSchG ist – wie die Erwähnung der Baudenkmäler des Art. 1 Abs. 2 BayDSchG zeigt – im Zusammenhang mit Art. 1 Abs. 1 BayDSchG zu lesen (vgl. BayVGH, U.v. 22.4.2016 – 1 B 12.2353 – juris Rn. 21), der die Erhaltungswürdigkeit eines Denkmals an die geschichtliche, künstlerische, städtebauliche, wissenschaftliche oder volkskundliche Bedeutung verknüpft. Zumindest aus geschichtlichen Gründen – der Auffangtatbestand der „Bedeutungskategorien“ (vgl. Moench, NJW 1983, 1998/1999) – muss die Erhaltung des Orts-, Platz oder Straßenbildes daher im öffentlichen Interesse sein (vgl. auch Davydov in Martin/Krautzberger, Denkmalschutz und Denkmalpflege, 4. Aufl. 2017, Teil C. Rn. 27 m.w.N.; Eberl in Eberl/Martin/Greipl, BayDSchG, 6. Aufl. 2007, Art. 1 Rn. 60).
Diese Mindestvoraussetzung bildet auch den einfachgesetzlichen Anknüpfungspunkt für die kompetenzrechtliche Abgrenzung des Bodenrechts und des Denkmalschutzrechts (s.o.).
2.2.1.2.3.3 Aus alledem folgt daher, dass Art. 1 Abs. 3 BayDSchG nur in kompetenz- und grundrechtlicher Hinsicht verfassungskonform ist, wenn das Orts-, Platz- oder Straßenbild einer Mehrheit von baulichen Anlagen aus den in Art. 1 Absatz 1 BayDSchG genannten Gründen im Interesse der Allgemeinheit erhaltenswürdig ist.
Zunächst ist festzustellen, dass nach wie vor eine Mehrheit von baulichen Anlagen nach Art. 1 Abs. 3 BayDSchG grundsätzlich nur dann als Ensemble geschützt ist, wenn sie prägende Einzelbaudenkmäler enthält (vgl. BayVGH, U.v. 22.4.2016 – 1 B 12.2353 – juris Rn. 20 zu Art. 1 Abs. 3 DSchG aF). Dies entspricht der bisherigen Rechtslage zu Art. 1 Abs. 3 DSchG aF und der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs.
Ensemble umfassen nach Ansicht des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs räumliche Gesamtheiten aus denkmalgeschützten Anlagen und baulichen Anlagen, die für sich genommen nicht als Denkmäler einzustufen sind, aber zusammen insgesamt ein erhaltungswürdiges Orts-, Platz- oder Straßenbild als Erscheinungsform tiefer liegender baulicher Qualitäten ergeben (vgl. BayVGH, U.v. 22.4.2016 – 1 B 12.2353 – juris Rn. 21; o B.v. 13.5.2016 – 9 ZB 13.1991 – juris Rn. 22). Der Wortlaut des Art. 1 Abs. 3 BayDSchG – wie auch der des Art. 1 Abs. 3 DSchG aF – beschreibt eine städtebauliche Situation, in der durch mehrere einzelne Gebäude, die nicht alle für sich Baudenkmäler sein müssen, eine Gesamtheit entstanden ist, die als Ganzes von geschichtlicher, künstlerischer, städtebaulicher, wissenschaftlicher oder volkskundlicher Bedeutung ist (vgl. BayObLG, B.v. 25.3.1993 – 3 ObOWi 17/93 – juris Rn. 15).
Obwohl dafür der optische Eindruck der Gesamtheit, also das ganzheitliche Erscheinungsbild, entscheidend ist, kann nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift grundsätzlich nicht auf das Vorliegen von das Ensemble prägenden Einzelbaudenkmälern verzichtet werden, da sich der Gesamteindruck auf die Mehrheit von Anlagen in einem Ensemble und das öffentliche Erhaltungsinteresse bezieht. Zudem formuliert Art. 1 Abs. 3 BayDSchG – wie Art. 1 Abs. 3 DSchG aF – im Gegensatz zu Art. 1 Abs. 1, Abs. 2 BayDSchG und der Fiktion in Art. 1 Abs. 2 Satz 3 BayDSchG, dass Ensembles zu den Baudenkmälern gehören können. Auch diese Bezugnahme auf Art. 1 Abs. 2 BayDSchG spricht für die Annahme, dass in einem Ensemble grundsätzlich eine nennenswerte Anzahl von Baudenkmälern nach Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BayDSchG vorhanden sein müssen (vgl. BayVGH, U.v. 22.4.2016 – 1 B 12.2353 – juris Rn. 21).
Zudem setzt ein Ensemble – abgesehen von den prägenden Einzelbaudenkmälern – auch das Vorliegen von (prägender) historischer Bausubstanz voraus, da auch bei den Ensembles nicht nur die Erhaltung des optischen Eindrucks anzustreben ist. Denn Ausgangspunkt des Ensembleschutzes bleibt auch immer der Gedanke, dass das Denkmalschutzgesetz vor allem die historische Bausubstanz schützen will (vgl. BayVGH, U.v. 3. August 2000 – 2 B 97.1119 – juris Rn. 22; U.v. 22.4.2016 – 1 B 12.2353 – juris Rn. 31).
Dabei ist zu berücksichtigen, dass je geringer die Prägung des Ensembles durch Einzelbaudenkmäler ist, desto größer die prägende Wirkung der im Übrigen noch vorhandenen historischen Bausubstanz sein muss.
Dies folgt aus dem Umstand, dass die einzelnen baulichen Anlagen in Folge einer einheitlichen Konzeption oder Planung oder durch sonstige übergeordnete Komponenten in einem festzustellenden Funktionszusammenhang stehen müssen, also mit einer übergreifenden Komponente zu einer als Gruppe schutzfähigen und schutzwürdigen Einheit zusammen geführt werden müssen, um ein Ensemble zu bilden (vgl. Martin in Martin/Krautzberger, Denkmalschutz und Denkmalpflege, 4. Aufl. 2017, Teil C. Rn. 156; BayVGH, U.v. 22.4.2016 – 1 B 12.2353 – juris Rn. 18). Charakteristische Merkmale sind dabei städtebauliche Struktur, Nutzungsstruktur, Ensemblegrundriss, Straßenraum, Anordnung und Stellung von Gebäuden und Gebäudeteilen, Bewuchs und Wasser, gestaltwirksame konstruktive Merkmale der Gebäudeart, Bauart, Fassaden, Dächer, Dachlandschaft, Alter, Nutzung oder Außenanlagen (vgl. Martin in Eberl/Martin/Greipl, BayDSchG, 6. Aufl. 2007, Art. 6 Rn. 88; BayVGH, U.v. 18.11.2010 – 2 B 09.1497 – juris Rn. 32). Um Gebäude mit den gleichen Stilmerkmalen muss es sich dabei aber nicht zwingend handeln, da auch verschiedene, einander ausschließende, nicht abgeschlossene Planungen bzw. „willkürliche Zusammenhänge“ als Zeugnis früherer Entwicklungen zu einem erhaltenswerten Orts-, Platz- oder Straßenbild und damit zu einem Ensemble führen können (vgl. Eberl in Eberl/Martin/Greipl, BayDSchG, 6. Aufl. 2007, Art. 1 Rn. 54). Der Einheitlichkeit der baulichen Anlagen kommt aber gerade bei Bereichen mit wenigen Einzelbaudenkmälern eine wichtige Bedeutung für die Beurteilung der Ensembleeigenschaft zu (vgl. BayVGH, U.v. 3.8.2000 – 2 B 97.1119 – juris Rn. 18; U.v. 9.6.2004 – 26 B 01.1959 – juris Rn. 16).
Somit ist nicht die Quantität der prägenden Einzelbaudenkmäler, sondern die prägende Wirkung aller baulichen Anlagen für das jeweilige Ensemble, also der Gesamteindruck (vgl. BayVGH, B.v. 12.12.2012 – 15 ZB 11.736 – juris Rn. 4) maßgeblich. Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass bereits ein einziges, die übrigen baulichen Anlagen stark prägendes Einzelbaudenkmal zur Einordnung einer Mehrheit von baulichen Anlagen als Ensemble führen kann, auch wenn im Übrigen kaum historisch schützenswerte Bausubstanz vorliegt. Umgekehrt kann eine fehlende gewichtige Prägung des Ensembles durch die vorhandenen Einzelbaudenkmäler durch stark prägende bauliche Anlagen mit historischer Bausubstanz die Ensembleeigenschaft begründen, auch wenn diese sonstigen Anlagen keine Einzelbaudenkmäler sind (vgl. für diesen Fall beispielhaft VG München, U.v. 25.7.2016 – M 8 K 15.2524).
Beinhaltet die Mehrheit von baulichen Anlagen dagegen weder prägende Einzelbaudenkmäler noch historische Bausubstanz, kann ein Ensemble im Sinne des BayDSchG nur dann vorliegen, wenn das Orts-, Platz- oder Straßenbild der Mehrheit der baulichen Anlagen aus den in Art. 1 Absatz 1 BayDSchG genannten Gründen im Interesse der Allgemeinheit erhaltenswürdig ist.
Die Unterschutzstellung von Mehrheiten baulicher Anlagen auch ohne das Vorhandensein von Einzelbaudenkmälern entspricht dem ausdrücklichen gesetzgeberischen Willen, wie er in Art. 1 Abs. 3 BayDSchG zum Ausdruck gebracht wurde (vgl. LT-Drs. 17/15014 S. 1). Auch die verfassungskonforme Auslegung entspricht, wie aufgezeigt, dem gesetzgeberischen Willen. Sie ist ebenfalls mit dem Wortlaut des Art. 1 Abs. 3 BayDSchG vereinbar, da der unbestimmte Rechtsbegriff „erhaltenswürdig“ im oben genannten Sinne ausgelegt werden kann.
Im Einzelfall ist entsprechend der vorstehenden Ausführungen aber zu prüfen, aus welchen Gründen die Unterschutzstellung einer solchen Gesamtheit erfolgt. Abzugrenzen vom Denkmalrecht sind hierbei insbesondere das Städtebaurecht (dazu bereits oben) und das Erhaltungs- und Gestaltungsrecht nach der BayBO, insbesondere durch örtliche Bauvorschriften zur Erhaltung und Gestaltung von Ortsbildern nach Art. 81 Abs. 1 Nr. 1 BayBO. Auch im Hinblick auf diese Ortsbildsatzungen muss die Zielrichtung der staatlichen Maßnahme das ausschlaggebende Unterscheidungsmerkmal bilden; auf das gewählte Mittel kommt es nicht an (vgl. Grünewald in BeckOK Bauordnungsrecht Bayern, 5. Edition Stand: 01.09.2017, Art. 81 Rn. 13; Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, 127. EL November 2017, Art. 81 Rn. 7 ff. m.w.N.). Einer solchen Satzung muss die Absicht der Gemeinde zu Grunde liegen, anknüpfend an die äußere Gestaltung einzelner baulicher Anlagen auf das örtliche Gesamterscheinungsbild Einfluss zu nehmen (vgl. BayVGH, U.v. 30.5.2003 – 2 BV 02.689 – juris Rn. 45; BVerwG, B.v. 10.7.1997 – 4 NB 15/97 – juris Rn. 3). Gerade im Bereich des Ensembleschutzes können sich aber häufig Überschneidungen ergeben; im Konfliktfall dürften aber insbesondere die Gestaltungssatzungen gegenüber dem Denkmalschutzrecht nachrangig sein (vgl. Viebrock in Martin/Krautzberger, Denkmalschutz und Denkmalpflege, 4. Aufl. 2017, Teil H. Rn. 165 f.).
Bei den nach dem Willen des Gesetzgebers nunmehr unter Schutz gestellten Mehrheiten baulicher Anlagen ohne Vorhandensein von Einzelbaudenkmälern kommt es daher entscheidend darauf an, ob diese aus historischen Gründen erhaltenswürdig sind und ihr Schutz gerade deshalb beabsichtigt ist. Dabei kommt einem „ganzheitliche[n] Erscheinungsbild“ (BayObLG, B.v. 25.3.1993 – 3 ObOWi 17/93 – juris Rn. 15), welches einen gesteigerten Zeugniswert für eine geschichtliche, künstlerische, städtebauliche, wissenschaftliche oder volkskundliche Entwicklung oder ein solches Ereignis vermittelt (vgl. BayVGH, U.v. 22.4.2016 – 1 B 12.2353 – juris Rn. 16), noch stärkere Bedeutung zu als bei „klassischen“ Ensemble mit prägenden Einzelbaudenkmälern.
2.2.1.2.4 Unter Anwendung dieser verfassungskonformen Auslegung auf den konkreten Fall liegt nach Überzeugung des Gerichts im maßgeblichen Nahbereich des Bestandsgebäudes kein Ensemble im Sinne des Art. 1 Abs. 3 BayDSchG vor.
Angesichts des flächenmäßig sehr großen Ensembles Nord. – allein die Ost-West-Ausdehnung entlang der H.straße beträgt über 1 km – ist für die Beurteilung der denkmalrechtlichen Aspekte allein auf den Nahbereich um das klägerische Anwesen abzustellen (vgl. BayVGH, B.v. 20.12.2016 – 2 ZB 15.1869 – juris Rn. 4 m.w.N.).
Zum Nahbereich gehört vorliegend das Geviert C.straße / B.straße / H.straße / W.straße, die dem Geviert gegenüberliegende Bebauung unmittelbar nördlich entlang der C.straße sowie die Bebauung unmittelbar an der Straßenkreuzung C.straße / B.straße.
Nach dem Gesamteindruck des Gerichts ist in diesem Nahbereich zwischen den baulichen Anlagen kein einheitlicher historischer Funktionszusammenhang mehr erkennbar, an welchem sich die städtebauliche Entwicklung in Nord. um die Jahrhundertwende, wie sie in der Denkmalliste beschrieben ist, ablesen ließe.
Der Nahbereich ist nach den Feststellungen im Augenschein fast ausschließlich von nicht denkmalgeschützten, fünfgeschossigen Gebäuden in geschlossener Blockrandbebauung mit schmucklosen Fassaden geprägt, die im Obergeschoss überwiegend zu Wohnzwecken genutzt werden und im Erdgeschoss häufig gewerbliche Nutzung vorhalten. Diese Gebäude wurden erkennbar nicht um die Jahrhundertwende, sondern deutlich später im 20. Jahrhundert errichtet. Anhand der in der Regel ähnlichen Traufhöhen entlang der jeweiligen Straße des Quartiers wird in Verbindung mit der Geschossigkeit eine Einheitlichkeit der Bebauung im Hinblick auf die Kubatur vermittelt, was durch die fast durchgängige geschlossene Bauweise (Blockrandbebauung) noch weiter verstärkt wird. Wie die Beklagte schriftsätzlich mehrfach vorgetragen hat, ist eine hohe Geschossigkeit, wie die soeben geschilderte, nicht beispielhaft für die „Wendezeit“.
Es kann daher nicht mehr von einigen neueren Bauten oder Störungen gesprochen werden, die die Ensembleeigenschaft grundsätzlich unberührt lassen würden (vgl. BayVGH, B.v. 20.12.2016 – 2 ZB 15.1869 – Rn. 4; U.v. 3.8.2000 – 2 B 97.1119 – juris Rn. 18). Die neueren Bauten prägen vielmehr den optischen Gesamteindruck des Nahbereichs.
Vor diesem Hintergrund wirken die wenigen, vorhandenen Einzelbaudenkmäler mehr als Fremdkörper, als dass sie das Gesamterscheinungsbild des Nahbereichs maßgeblich prägen würden.
Im Geviert mit über dreißig (Haupt-)Gebäuden befinden sich lediglich zwei Einzelbaudenkmäler – B.straße … und H.straße … –, die in der Denkmalliste eingetragen sind.
Das Einzelbaudenkmal B.straße … ist als „Mietshaus, dreigeschossiger Mansardwalmdachbau in Neurenaissanceformen mit Eckgiebel und Putzgliederung, von H. M., 1892, Fassaden später vereinfacht.“ in der Denkmalliste eingetragen. An der Richtigkeit dessen Eintragung als Einzelbaudenkmal (Art. 1 Abs. 1, Abs. 2 BayDSchG) in der Denkmalliste bestehen weder von Seiten der Beteiligten noch von Seiten des Gerichts nach dem Augenschein Zweifel. Es steht außer Frage, dass das Gebäude ein gut erhaltenes Beispiel für den zeitgenössischen Baustil um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert darstellt, da es in der im Denkmaleintrag beschriebenen „Wendezeit“ errichtet worden ist, mit seiner gut erhaltenen Fassade der Neurenaissance sowie aufgrund der bauzeittypischen geringen Geschossigkeit und offenen Bauweise der Beschreibung des Ensembles im südlichen Quartiers entspricht. Aufgrund seiner solitären Stellung und geringen Größe in Verbindung mit der Einheitlichkeit der übrigen (neuen) Bebauung hat es jedoch nach Ansicht des Gerichts kaum Bedeutung für das Ortsbild im Nahbereich.
Auch dem Einzelbaudenkmal H.straße …, bestehend aus zwei Gebäudeteilen, kommt keine maßgebliche Bedeutung für den Nahbereich zu. Es ist als „Mietshausblock, barockisierender Mansardwalmdachbau mit Putzdekor, von F. D., 1921-22.“ in die Denkmalliste eingetragen. Hierbei ist bereits allgemein die prägende Bedeutung für das Ensemble Nord. fraglich, da er nach der Ensemblebeschreibung dem südlichen Quartiersbereich (südlich der C.straße) zuzurechnen ist, aber entgegen der Eintragung nicht zwischen 1880 und dem Ersten Weltkrieg (1914-1918), sondern erst drei bis vier Jahre später errichtet worden ist.
Auch die wenigen weiteren in der Nähe des Bestandsgebäudes befindlichen Einzelbaudenkmäler prägen das Erscheinungsbild des Nahbereichs nicht wesentlich. Die Fassade des Einzelbaudenkmals B.straße … ist für ein Denkmal nicht sehr aufwendig gestaltet, sodass es sich in die fünfgeschossige Blockrandbebauung anpasst, nicht jedoch selbst die Umgebung prägt. Gleiches gilt für das viergeschossige Einzelbaudenkmal C.straße …, welches nur in den 3 Obergeschossen durch eine etwas aufwendigere Fenstergestaltung auffällt, im Übrigen aber aus der Bebauung nördlich entlang der C.straße nicht hervorsticht.
Ein für ein Ensemble erforderlicher einheitlicher Funktionszusammenhang kommt zudem auch deshalb nicht in Betracht, da zwischen den einzelnen Einzelbaudenkmälern erhebliche räumliche Distanzen bestehen. Zwischen den Einzelbaudenkmälern befinden sich sodann fast ausschließlich oben geschilderte Neubauten. Ein gemeinsames historisches Orts- und Straßenbild der Einzelbaudenkmäler kann so im Nahbereich nicht entstehen.
Für die „Wendezeit“ sonstige prägende historische Bausubstanz, die den Mangel an (relevanter) Prägung durch Einzelbaudenkmäler ausgleichen könnte, findet sich im Nahbereich kaum. Im Bestandsgebäude ist unstrittig historische Bausubstanz noch vorhanden. Im Übrigen ergibt sich jedoch bereits aus dem Vorstehenden, dass ansonsten – gerade im Geviert – abgesehen von den Einzelbaudenkmälern keine das Ensemble Nord. prägende historische Bausubstanz vorhanden ist, jedenfalls keine die nach außen hin das Erscheinungsbild des Nahbereichs prägen würde.
Allein das Bestandsgebäude kann jedoch nicht den Mangel an prägenden Einzelbaudenkmälern ausgleichen. Trotz seiner exponierten Stellung am Kreuzungsbereich C.straße/B.straße wirkt es aufgrund seiner Kubatur und Gestaltung mehr als Fremdkörper als ein das Ortsbild des Nahbereichs prägendes Gebäude.
Ebenso wenig liegt eine besondere Einheitlichkeit der Bebauung durch diese geringe verbliebene Bebauung aus der Vergangenheit vor. Vielmehr besteht nur im Hinblick auf die fünfgeschossigen Neubauten ein einheitliches Orts- und Straßenbild, welches jedoch nicht der historischen Bebauung in der „Wendezeit“ entspricht und somit nicht aus historischen Gründen erhaltenswert ist.
Schließlich lässt sich die Ensembleeigenschaft des Nahbereichs ohne hinreichend prägende Einzelbaudenkmäler bzw. historische Bausubstanz auch nicht auf die dargestellte verfassungskonforme Auslegung des Art. 1 Abs. 3 BayDSchG stützten, da das Orts- und Straßenbild nicht aus den denkmalrechtlichen Gründen des Art. 1 Abs. 1 BayDSchG im Interesse der Allgemeinheit erhaltenswürdig ist.
Der Übergang vom geometrischen zum malerischen Städtebau ist im Nahbereich nicht mehr ablesebar, sodass dessen Erhaltung weder aus geschichtlichen noch aus städtebaulichen oder künstlerischen Gründen im Interesse der Allgemeinheit liegt.
Städtebauliche Bedeutung im Sinne des Art. 1 Abs. 1 BayDSchG hat ein Gebäude (oder eine Mehrheit hiervon), wenn es die Erscheinung oder Konfiguration eines Orts Platz- oder Straßenbildes bestimmt. Geschichtliche Gründe sprechen für die Erhaltung eines Gebäudes, wenn das Bauwerk historische Ereignisse oder das Leben in vergangenen Epochen veranschaulicht. Symbol-Charakter und exemplarische Bedeutung sind insoweit kennzeichnend (vgl. Moench, NJW 1983, 1998/1999).
Zwar stellt die städtebaulichen Struktur bzw. der Anordnung und Stellung von Gebäuden einen zu berücksichtigenden charakteristische Aspekt, der ein Ensemble prägen kann, dar (vgl. BayVGH, U.v. 18.11.2010 – 2 B 09.1497 – juris Rn. 32). Aus dem Eintrag in der Denkmalliste geht hervor, dass der geometrische Städtebau auf einem technokratisch entwickelten und zweidimensional gedachten Platz- und Straßenschema basiert; die Rasterbebauung der M.stadt sei hierfür beispielhaft. Den malerischen Städtebau kennzeichne demgegenüber ein moderneres Bebauungsplandenken. Das Platzbild und das städtischen Quartier stünden hiernach im Vordergrund. Auch die Schaffung neuer städtebaulicher Elemente, wie Hauptverkehrs- und Wohnnebenstraßen, beides unter Wahrung überschaubarer Straßenabschnitte für die Perspektive des Fußgängers mit entsprechenden architektonischen Pointierungen zu dessen Orientierung im städtischen Raum, sei ein zentrales Anliegen dieser städtebaulichen Konzeption. Nach der Eintragung in der Denkmalliste und dem Vortrag des Vertreters des Landesamts für Denkmalpflege in der mündlichen Verhandlung sei dabei der Bereich südlich der C.straße (überwiegend) dem geometrischen Städtebau zuzuordnen.
Die fünfgeschossigen Neubauten, die den Nahbereich dominieren, stehen aber weder exemplarisch für das Konzept des geometrischen Städtebaus noch für den Übergang zum malerischen Städtebau. Denn allein der Umstand, dass das Geviert in seinem Grundriss nahezu rechteckig ist, kann noch nicht dazu führen, ein anschauliches Beispiel für eine Rasterbebauung anzunehmen, wenn es an der hierfür beispielhaften Bebauung mittlerweile (fast) völlig fehlt (s.o.). Die Straßenführung bzw. die Anordnung der Bebauungsquartiere zueinander kann nicht losgelöst von der Bebauung in den Quartieren betrachtet werden. Ein Straßenschema aus der Zeit, bevor T. F. seine planerischen Vorstellungen in München umsetzte, ist im Nahbereich nicht erkennbar.
Soweit die Beklagte und das Landesamt für Denkmalpflege auf die besondere Bedeutung des Bestandsgebäudes für die Ablesbarkeit der Entwicklung vom geometrischen zum malerischen Städtebau verweisen, kann das Gericht dem nicht folgen.
Das zwischen 1885 und 1890 errichtete Gebäude – die dem Gericht vorliegenden historischen Pläne, insbesondere der Tekturplan vom 8. Mai 1890, deutet hierauf hin – tritt vor die übrige Bebauung entlang der C.straße im Nahbereich. Es handelt sich wohl auch – so die unbestrittene Angabe der Beklagten – um eines der wenigen Gebäude, die unmittelbar an der Baulinie worden sind, die vor der Eingemeindung … im Jahre 1890 galt (es dürfte sich um die Baulinie in Gestalt der Änderung von 1884 handeln).
Die Situierung unmittelbar an dieser historischen Baulinie beruht jedoch nicht auf einer städtebaulichen Konzeption, der das Bestandsgebäude beispielhaft folgt. Allein dies könnte überhaupt zu einer historischen Bedeutung des Gebäudes führen (vgl. BayVGH, U.v. 25.6.2013 – 22 B 11.701 – Rn. 41; BayVGH, B.v. 20.5.2015 – 22 ZB 14.2827 – juris Rn. 21). Aus den dem Gericht vorliegenden historischen Pläne geht eindeutig hervor, dass fast alle kurz vor oder nach dem Bestandsgebäude errichteten Gebäude im nördlichen Teil des Gevierts gerade nicht unmittelbar an der C.straße errichtet worden sind.
Mangels anderer Anhaltspunkte muss das Gericht daher davon ausgehen, dass es der eigenen Entscheidung des Bauherrn des Bestandsgebäudes in ursprünglicher Gestalt entsprach, sein Gebäude – im Gegensatz zu seinen Nachbarn – unmittelbar an der C.straße und an der ursprünglichen Baulinie zu errichten und nicht wegen einer etwaigen städtebaulichen Konzeption bzw. eines zwingenden städtebaulich festgesetzten Erfordernisses erfolgte. Dass der Bauherr sich später weigerte, sein Gebäude entsprechend der geänderten Baulinie zu situieren – so der Vortrag der Beklagten –, begründet keine städtebauliche Bedeutung. Eine innere Verbundenheit (vgl. BayVGH, U.v. 3.8.2000 – 2 B 97.1119 – juris Rn. 19) mit dem Ensemble Nord. ist daher nicht gegeben.
Ebenso wenig stellt die kleine Kubatur des Bestandsgebäudes für sich einen Erhaltensgrund dar, da sie wegen der überwiegenden fünfgeschossigen Bebauung heute das Erscheinungsbild des Nahbereichs nicht mehr prägt; die allein vergleichbare Kubatur der B.straße … ändert an dieser Einschätzung nichts. Hinzu kommt, dass für den Nahbereich nicht gesichert erscheint, dass Gebäude mit lediglich zwei Obergeschossen exemplarisch für die Bebauung um die Jahrhundertwende in … sind. Denn in der Denkmalliste finden sich sowohl südlich als auch nördlich der C.straße zahlreiche Beispiele für viergeschossige (Miets-)Häuser (z.B. H.straße …, Errichtung um 1890/1900; C.straße …, Errichtung um 1890/1900), jedoch kaum Beispiele für zwei- oder dreigeschossige Bauten.
Auch für die von Seiten der Beklagten angeführte bauzeitlich typische offene Bauweise stellt das Bestandsgebäude kein anschauliches Exemplar dar. Denn zum einen wurde das Gebäude auf den seitlichen Grundstücksgrenzen, insbesondere der östlichen errichtet; nur mangels zunächst fehlender Bebauung auf dem östlichen Nachbargrundstück lag also eine Bebauung mit seitlichem Abstand zur nächsten Bebauung (nicht jedoch zur Grundstücksgrenze) vor. Zum anderen ist eine solche Bauweise heute nicht mehr erkennbar, da das Bestandsgebäude mit seinem östlichen Grundstücksnachbar eine Kommunwand teilt, weshalb kein seitlicher Grenzabstand nach Osten hin besteht.
Schließlich sind auch die zahlreichen, vor allem äußerlich erkennbaren baulichen Veränderungen am Bestandsgebäude zu berücksichtigen – genannt sei nur die Einfügung von großen Schaufenster im Erdgeschoss –, die historische Bausubstanz vernichtet haben und die historische Bedeutung des Gebäudes an sich unstreitig unter das Niveau des Art. 1 Abs. 1, Abs. 2 BayDSchG gesenkt haben.
Auch aus künstlerischen Gründen ist der Nahbereich nicht erhaltenswürdig. Denn wiederum prägen die schmucklosen fünfgeschossigen Neubauten die Umgebung. Die wenigen aufwendiger gestalteten Fassen, wie z.B. die der Gebäude H.straße … und C.straße …, prägen demgegenüber das Straßenbild nicht. Dies gilt auch bei Berücksichtigung des Bestandsgebäudes, selbst wenn man davon absieht, dass nach Ansicht der Beklagten bzw. des Landesamtes für Denkmalpflege der derzeitige Farbanstrich „unpassend“ (Seite 4 des streitgegenständlichen Bescheids) sei. Das Bestandsgebäude ist daher auch kein besonders ansprechender Teil des Ensembles (vgl. BayVGH, U.v. 3.8.2000 – 2 B 97.1119 – juris Rn. 19).
Aufgrund der vorstehenden Ausführungen ist das Gericht der Überzeugung, dass der beschriebene Nahbereich, vor allem das Geviert C.straße / B.straße / H.straße / W.straße, in welchem sich das Bestandsgebäude befindet, nicht die Voraussetzungen eines Ensembles nach Art. 1 Abs. 3 BayDSchG erfüllt, weshalb keine Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 BayDSchG für den Abriss erforderlich ist.
2.2.2 Die nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG erforderliche denkmalschutzrechtliche Erlaubnis für den Abbruch des Bestandsgebäudes ist zu erteilen, da keine Versagungsgründe nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG vorliegen und somit das Ermessen der Beklagten auf Null reduziert ist.
Der Abbruch des Bestandsgebäudes bedarf einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG. Hiernach bedarf der Erlaubnis, wer in der Nähe von Baudenkmälern Anlagen errichten, verändern oder beseitigen will, wenn sich dies auf Bestand oder Erscheinungsbild eines der Baudenkmäler auswirken kann.
Das mit dem Bestandsgebäude bebaute Grundstück befindet sich als unmittelbarer Grundstücksnachbar jedenfalls in der Nähe des unumstrittenen Einzelbaudenkmals B.straße … Denn um sicherzustellen, dass alle Vorhaben, die in der Umgebung eines Denkmals verwirklicht werden sollen, einer präventiven behördlichen Überprüfung daraufhin unterzogen werden, ob es hierdurch zu einer Beeinträchtigung denkmalschutzrechtlicher Belange kommt, verbietet es sich, die Erfüllung des in Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG enthaltenen Tatbestandsmerkmals „in der Nähe von Baudenkmälern“ von der Unterschreitung bestimmter Abstände abhängig zu mache. Entscheidend kommt es nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift vielmehr darauf an, ob das Baudenkmal und die zu beurteilende Anlage in einem räumlichen Verhältnis zueinander stehen, bei dem die in Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG genannten denkmalrechtlichen Schutzgüter berührt sein können (vgl. BayVGH, U.v. 25.6.2013 – 22 B 11.701 – juris Rn. 27; Martin in Eberl/Martin/Greipl, BayDSchG, 6. Aufl. 2007, Art. 6 Rn. 38).
Aufgrund dieses räumlich weiten Anwendungsbereichs kommt neben der Nachbarbebauung grundsätzlich auch ein Näheverhältnis zum Ensemble Nord. außerhalb des o.g. Nahbereichs in Betracht.
Die Beseitigung eines ganzen Gebäudes – wie der vorliegend begehrte Abbruch – kann sich stets auf das Erscheinungsbild eines in der Nähe befindlichen Baudenkmals oder Ensembles auswirken (vgl. BayVGH, U.v. 3.1.2008 – 2 BV 07.760 Rn. 15; B.v. 20.12.2016 – 2 ZB 15.1869 – Rn. 3). Die Möglichkeit der Auswirkung genügt hierbei, da die Genehmigungspflicht auslösenden Tatbestände des Art. 6 Abs. 1 BayDSchG angesichts der Funktion des Genehmigungserfordernisses als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt weit auszulegen sind (vgl. BayVGH, U.v. 25.6.2013 – 22 B 11.701 – juris Rn. 27; U.v. 22.4.2016 – 1 B 12.2353 – juris Rn. 16 m.w.N.).
Diese Erlaubnis ist jedoch nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG zu erteilen. Hiernach kann die Erlaubnis versagt werden, soweit das Vorhaben zu einer Beeinträchtigung des Wesens, des überlieferten Erscheinungsbilds oder der künstlerischen Wirkung eines Baudenkmals führen würde und gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen.
Derartige Versagungsgründe sind im Hinblick auf das Bestandsgebäude nicht gegeben, sodass der Kläger einen Anspruch auf die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis hat.
Als Gemeinwohlaufgabe von hohem Rang erfordert der Denkmalschutz, dass ein Denkmal vor Beeinträchtigungen seiner Substanz und seiner Ausstrahlungswirkung in die Umgebung hinein bewahrt wird, wie sie von einem Vorhaben in der Umgebung des Denkmals ausgehen können. Vorhaben, welche die Denkmalwürdigkeit erheblich beeinträchtigen, dürfen nur zugelassen werden, wenn das Vorhaben durch überwiegende Gründe des Gemeinwohls oder durch überwiegende private Interessen gerechtfertigt ist (vgl. BVerwG, U.v. 21.4.2009 – 4 C 3.08 – juris Rn. 14; BayVGH, U.v. 18.7.2013 – 22 B 12.1741 – juris Rn. 25).
Als (erhebliche) Beeinträchtigung eines Denkmals ist nicht nur eine Situation anzusehen, in der ein hässlicher, das ästhetische Empfinden des Betrachters verletzender Zustand, also ein Unlust erregender Kontrast zwischen der benachbarten Anlage und dem Baudenkmal hervorgerufen wird, sondern auch die Tatsache, dass die Wirkung des Denkmals als Kunstwerk, als Zeuge der Geschichte oder als bestimmendes städtebauliches Element geschmälert wird. Neue Vorhaben müssen sich zwar weder völlig an vorhandene Baudenkmäler anpassen, noch haben sie zu unterbleiben, wenn eine Anpassung nicht möglich ist. Aber sie müssen sich an dem Denkmal messen lassen, dürfen es nicht gleichsam erdrücken, verdrängen oder die gebotene Achtung gegenüber den im Denkmal verkörperten Werten vermissen lassen (BayVGH, U.v. 25.6.2013 – 22 B 11.701 – juris Rn. 32 m.w.N.). Hierzu zählen Bauvorhaben, die aufgrund ihrer Gestaltung auffällig oder aufdringlich wirken oder durch historisierende Scheinarchitektur die Aussagekraft des Denkmals verfälschen (vgl. Viebrock in Martin/Krautzberger, Denkmalschutz und Denkmalpflege, 4. Aufl. 2017, Teil I. Rn. 80 m.w.N.).
Die gewichtigen Gründe des Denkmalschutzes, die für eine unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen, müssen so viel Gewicht haben, dass sie die für das Vorhaben streitenden öffentlichen und privaten Belange überwiegen. Die Auslegung der „gewichtigen Gründe“ im Sinne von überwiegenden Gründen ist aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten (vgl. BayVGH, U.v. 27.9.2007 – 1 B 00.2474 – juris Rn. 88). Dabei ist die historische Bedeutung der baulichen Anlage zu berücksichtigen (vgl. BayVGH, B.v. 20.12.2016 – 2 ZB 15.1869 – Rn. 5; U.v. 27.9.2007 – 1 B 00.2474 – juris Rn. 89 m.w.N.). Gewichtige Gründe des Denkmalschutzes sprechen aber nur beim beabsichtigten Abbruch eines denkmalgeschützten Gebäudes (Einzelbaudenkmal oder ensembleprägenden Gebäudes) in der Regel für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands (vgl. BayVGH B.v. 20.12.2016 – 2 ZB 15.1869 – juris Rn. 5 m.w.N.), nicht jedoch bei einem Abbruch eines nicht denkmalgeschützten Gebäudes in der Nähe eines Denkmals oder Ensembles.
Unter Zugrundelegung dessen liegen weder eine Beeinträchtigung noch gewichtige Gründe im Sinne des Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG vor.
Hinsichtlich des Gebäudes B.straße … folgt dies bereits daraus, dass weder das Wesen noch das Erscheinungsbild oder die künstlerische Wirkung dieses Einzelbaudenkmals durch den Abriss des Bestandsgebäudes negativ beeinträchtigt werden. Die Beseitigung dieser baulichen Anlage führt vielmehr dazu, dass das Einzelbaudenkmal besser wahrnehmbar ist; der Denkmalwert wird somit nicht geschmälert, sondern vergrößert (vgl. BayVGH, U.v. 28.5.2009 – 2 B 08.1971 – juris Rn. 34; Martin in Eberl/Martin/Greipl, BayDSchG, 6. Aufl. 2007, Art. 6 Rn. 50). Selbst wenn – entgegen der ursprünglichen (und der im Sinne des Vereinszwecks wohl nach wie vor verfolgten) Absicht des Klägers – kein Neubau an die Stelle des Bestandsgebäudes treten würde und eine Baulücke neben dem Einzelbaudenkmal verbleiben würde, ist der Denkmalwert nicht geschmälert. Die Wahrnehmbarkeit des Gebäudes bliebe dadurch gewährleistet.
Im Übrigen sprechen auch keine gewichtigen Gründe (von Seiten des Einzelbaudenkmals B.straße …) für den Erhalt des bisherigen Zustands. Es ist nicht ersichtlich aus welchen denkmalrechtlichen Gründen des Art. 1 Abs. 1 BayDSchG das nicht denkmalgeschützte Bestandsgebäude für den Denkmalwert der B.straße … von Bedeutung sein sollte. Eine besondere Verbindung der beiden Gebäude zueinander ist weder hinsichtlich Errichtungszeitpunkt noch Kubatur oder äußerer Gestaltung erkennbar (vgl. auch obige Ausführungen zum Bestandsgebäude).
Hinsichtlich des Näheverhältnisses des Bestandsgebäudes zum Ensemble Nord. gilt das soeben Dargestellte entsprechend. Der Abbruch eines nicht zum Ensemble gehörenden Gebäudes wirkt sich nicht negativ auf dieses aus. Gewichtige Gründe sind mangels Ablesbarkeit der städtebaulichen Geschichte des Ensembles Nord. nicht ersichtlich. Dies gilt im Übrigen erst recht im Hinblick auf den bereits nicht denkmalgeschützten Quartiersbereich südlich der C.straße (s.o.).
Angesichts all dessen ist das der Beklagten nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG zustehende Ermessen auf Null reduziert, weil keine Versagungsgründe im Ansatz erkennbar sind, sodass jede andere Entscheidung als die Erteilung der Abbrucherlaubnis bzw. die positive Beantwortung der Vorbescheidsfrage 17 ermessensfehlerhaft wäre.
2.2.3 Nach alledem kommt es nicht mehr darauf an, ob das Gebäude des Klägers erhaltungsfähig ist und ob nach Sanierung eine sinnvolle und wirtschaftlich vertretbare Nutzung möglich ist.
3. Der Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Soweit die Beteiligten die Streitsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, entsprach es billigem Ermessen (§ 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO), die Kosten insoweit dem Kläger aufzuerlegen, da das Neubauvorhabens voraussichtlich bauplanungsrechtlich, bauordnungsrechtlich und denkmalschutzrechtlich unzulässig gewesen sein dürfte. Hinsichtlich des Planungsrechts dürfte sich das Vorhaben nicht in die nähere Umgebung gemäß § 34 BauGB einfügen, da das Vorhaben aufgrund seiner Traufhöhe, Geschossigkeit und steilen Dachneigung wie ein siebengeschossiges Gebäude wirkt, für welches kein Vorbild in der näheren Umgebung vorhanden sein dürfte. Hinsichtlich der bauordnungsrechtlichen Fragen dürften diese bereits nicht im Prüfprogramm des vereinfachten Genehmigungsverfahren sein – so z.B. die Frage nach den Solaranlagen oder nach der Stellplatzablöse –, jedenfalls aber aufgrund der planungsrechtlichen Unzulässigkeit nicht positiv zu beantworten sein (Fragen nach Abweichungen von den Abstandsflächen). Unter denkmalschutzrechtlichen Gründen würde dem Vorhaben entgegen stehen, dass es einer Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG jedenfalls in Bezug auf das Gebäude B.str. … bedarf, deren Erteilung angesichts der aufgezeigten Größe des Vorhabens wohl nicht in Betracht kommt. Das Vorhaben würde das Einzelbaudenkmal erdrücken und erschlagen.
Angesichts der Tatsache, dass der Kläger hinsichtlich der umfangreichen Frage 17 obsiegt, hinsichtlich der übrigen, einfacher zu beantwortenden 35 Fragen des Vorbescheidskatalogs jedoch verloren hätte, erscheint eine Kostenverteilung nach § 155 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwGO im Verhältnis von 2/3 (Kläger) zu 1/3 (Beklagte) angemessen.
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).


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