Baurecht

Anordnung der aufschiebenden Wirkung bei offener Erfolgsaussichten, Drittanfechtung (Eilrechtsschutz) durch emittierenden Betrieb (Reiterhof, Hotel, Gaststätte, Ferienwohnungen, Pferdezucht u.a.), heranrückende Wohnbebauung, Gebietserhaltungsanspruch, Verschlechterung der Erschließungssituation, Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme in Bezug auf Lärm und/oder Geruch (offen) unzureichend geklärter Sachverhalt durch die Behörde

Aktenzeichen  AN 17 S 22.00985

Datum:
30.6.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 15849
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80a Abs. 3 Satz 2, § 80 Abs. 5
BauGB § 34 Abs. 2
BauNVO § 5

 

Leitsatz

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Landratsamtes … vom 28. Dezember 2021 wird angeordnet.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wenden sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin der Grundstücke FlNrn. … ( … … und …, …) und … ( … …, …), Gemarkung … Der Beigeladene ist Eigentümer des Grundstückes FlNr. …, Gemarkung …, … …, … (Vorhabengrundstück) sowie des unbebauten, östlich der FlNr. … gelegenen Grundstückes FlNr. … Das Vorhabengrundstück liegt westlich und südwestlich des Grundstücks FlNr. … und südlich der Grundstücke FlNrn. … und …, wobei zwischen den FlNrn. …, … und dem Vorhabengrundstück ein von Ost nach West, zur FlNr. … gehörender Weg verläuft, der auf die hier östlich des Vorhabengrundstückes in Nord-Süd-Richtung verlaufende Straße … führt. Das Vorhabengrundstück ist in seinem südlichen Bereich bereits mit einem Wohnhaus ( … ) samt nördöstlich hiervon gelegener Garage bebaut.
Die Antragstellerin betreibt auf ihren Grundstücken einen Reiterhof mit Hotel, Innen- und Außengastronomie, Ferienwohnungen, Partyservice, züchtet Pferde und bietet Reitunterricht an. Außerdem umfasst der Betrieb, laut Antragstellerseite, auch die landwirtschaftliche Tätigkeit der Antragstellerin. Zum Betrieb gehört weiter ein Reiterladen und ein Streichelzoo mit Schafzucht (ca. 15 Tiere). Nach Angaben der Antragstellerin hat der Beherbergungsbetrieb insgesamt 92 Übernachtungsplätze, zudem würden insgesamt 13,5 Mitarbeiter in der Gastronomie und dem Beherbergungsbetrieb beschäftigt, daneben zwei Reitlehrer sowie zwei Stallhelfer. Nach der vorgelegten Gaststättenerlaubnis von Herrn … … vom 25. Juli 2012 gilt die Erlaubnis für insgesamt 172 Gastplätze in Innenräumen und 20 Gastplätze auf der Freischankfläche, wobei hinsichtlich der Freischankfläche eine Bewirtschaftungsdauer bis 22 Uhr genehmigt ist. Die Antragstellerin trägt weiter vor, dass Sperrstunde um 5 Uhr sei. Ab 7 Uhr, auf Anfrage auch ab 6 Uhr, werde Frühstück serviert. Die Antragstellerin gab zur Anzahl der Gastplätze auf der Freischankfläche an, dass sich aktuell auf der Freischankfläche 80 Gastplätze befinden würden; direkt beim Hoteleingang würde sich der Biergarten befinden. Aus der beigefügten Gewerbeummeldung von Herrn … … vom 1. August 2012 geht weiterhin hervor, dass auch eine Immobilienverwaltung betrieben wird.
Nach den Angaben der Antragstellerin sowie dem vorgelegten, auch auf der Homepage des Reiterhofes abrufbaren Hofplan befindet sich östlich des Bauvorhabens, direkt an der Grundstücksgrenze, ein nicht näher bestimmtes Nebengebäude der Antragstellerin – wobei es sich hier nach dem auf der Homepage des Reiterhofes abrufbaren „Kamera-Rund-um-Blick“ um einen Pferdestall handeln könnte – südlich hieran ein Fahrradunterstand. Weiter in Richtung Osten kommt der Pferdestall zum Liegen. Die Antragstellerin unterhält derzeit 40 Pferde. Südöstlich des Vorhabengrundstückes befinden sich Ferienwohnungen („…“, … …). Nördlich des geplanten Bauvorhabens, auf der FlNr. …, betreiben die Antragsteller einen Streichelzoo mit Schafzucht (ca. 15 Tiere). Dort befindet sich auch, nördlich des Streichelzoos, ein Teil der Ferienwohnungen („…“, … ). Nordöstlich des Vorhabengrundstückes, östlich der FlNr. …, liegt der gastronomische Betrieb der Antragstellerin samt Hotel ( … ) und nördlich hiervon die angebaute Reithalle. Südlich des Hotels/Gasthofs befindet sich der Biergarten östlich und westlich der Rampe zum Hoteleingang. Östlich der Reithalle gibt es einen Reitplatz, südlich des Reitplatzes einen Grillplatz und einen Spielplatz. Östlich des Reitplatzes befindet sich ein größeres Nebengebäude (FlNr. …), östlich der Stallungen der dem Reiterhof zugeordnete, auf der FlNr. … liegende Parkplatz. Laut vorgelegtem Hofplan der Antragstellerin erfolgt die Zufahrt zum Reiterhof auf dem bereits erwähnten oberhalb des Vorhabengrundstückes verlaufenden Weg, während die Abfahrt auf einem vom Parkplatz abgehenden und unterhalb der FlNr. … und dem Vorhabengrundstück verlaufenden Weg erfolgt, der wiederum auf die hier östlich des Vorhabengrundstückes in Nord-Süd-Richtung verlaufende Straße … führt. Ausweislich der Eintragungen in G.Maps findet sich südlich dieses Weges und östlich des Parkplatzes unbebaute Fläche, im Anschluss hieran wieder Bebauung. Nördlich und nordöstlich des Areals des Reiterhofs befinden sich neben Wohngebäuden (ehemals) landwirtschaftliche Anwesen und die Fa. … Westlich des Vorhabengrundstückes, auf der anderen Straßenseite, findet sich zunächst keine Bebauung, direkt gegenüber der Einfahrt zum Reiterhof Wohnbebauung (FlNr. …, … ) und weiter in nördlicher Richtung zwei weitere Anwesen mit Wohnbebauung (FlNr. …, … … und FlNr. …, … ). Auf der Straßenseite des Vorhabengrundstückes, nördlich der FlNr. …, auf der FlNr. …, gibt es im südlichen Bereich mehrere kleinere Gebäude und im nördlichen Bereich ein Wohngebäude (… ). Nördlich des unbebauten, im Eigentum des Beigeladenen stehenden Grundstücks, FlNr. …, findet sich auf der FlNr. … Wohnbebauung und eine Ferienwohnung  … ). Ob in den Gebäuden … …, … und … auch Wohnnutzung stattfindet, ist nicht ersichtlich. Laut vorgelegtem Grundbuchauszug wurde am 18. Juli 1975 betreffend die FlNr. … ein Geh- und Fahrtrecht für den Eigentümer des Flurstücks … eingetragen.
Der Beigeladene beantragte mit Bauantrag vom 2. November 2021, bei dem Landratsamt … eingegangen am 2. Dezember 2021, unter Erteilung von Abweichungen die Errichtung von fünf Wohneinheiten und einer Lagerhalle mit Technikanbau sowie von Garagen und Carports. Die Wohnfläche wurde mit 420,20 m2 angegeben, die gewerbliche Nutzfläche mit 216,61 m2. Den eingereichten Plänen ist zu entnehmen, dass sich eine der fünf Wohneinheiten im Erdgeschoss, westlich der sich ebenfalls im Erdgeschoss befindlichen Lagerhalle befindet. Die weiteren vier Wohneinheiten sind im 1. Obergeschoss, darüber befindet sich das Dachgeschoss, dass als Galerie ausgebildet ist. Der Zugang zu den Wohnungen im Obergeschoss führt über eine außerhalb des Gebäudes auf der Nordseite befindliche Treppe samt Laubengang, von dem aus die einzelnen Wohnungen zu betreten sind. Die im Erdgeschoss befindliche Wohnung hat eine Terrasse im Süden und Westen des Gebäudes. Im Obergeschoss besitzt die im Westen befindliche Wohnung einen Balkon auf der Westseite, die im Osten befindliche Wohnung einen auf der Ostseite und die beiden mittleren Wohnungen jeweils einen Balkon nach Süden. Vier der fünf Wohneinheiten haben das Schlafzimmer auf der Nordseite des Gebäudes. Alle fünf Wohneinheiten haben ein Fenster nach Norden. Die Zufahrt zur Lagerhalle und zu zweien der zu errichtenden Stellplätze soll über den nördlich des Vorhabengrundstückes verlaufenden Weg auf der FlNr. … erfolgen. Im ebenfalls am 2. Dezember 2021 eingegangenen Abweichungsantrag vom 30. Juli 2021 wurde eine Abweichung von Art. 6 Abs. 3 Satz 1 BayBO beantragt, da sich die Abstandsflächen des Bestandsgebäudes mit den Abstandsflächen der nördlich davon geplanten Garagen überschneiden würden.
Die Stadt … erteilte mit Formblatt vom 26. November 2021 das gemeindliche Einvernehmen zum Vorhaben. Das Vorhaben liege innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile (§ 34 BauGB) in einem Gebiet ohne Bebauungsplan. Die Eigenart der näheren Umgebung entspreche einem Mischgebiet. Der Zweckverband … erteilte mit Schreiben vom 30. November 2021 ebenso das gemeindliche Einvernehmen.
Mit Bescheid vom 28. Dezember 2021 erteilte das Landratsamt … im vereinfachten Verfahren nach Art. 59 BayBO die bauaufsichtliche Genehmigung für die beantragte Errichtung von fünf Wohneinheiten und einer Lagerhalle mit Technikanbau sowie von Garagen und Carports. Ebenso wurde eine Abweichung von Art. 6 BayBO nach Maßgabe des Antrages vom 30. Juli 2021 erteilt. Das Vorhaben sei zu genehmigen, weil es öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht widerspreche, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen seien, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 BayBO. Auch lägen die Voraussetzungen für die Zulassung der Abweichung von bauordnungsrechtlichen Vorschriften gemäß Art. 63 Abs. 1 BayBO vor.
Die Antragstellerin erhob mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 13. Januar 2021, hier eingegangen am 14. Januar 2021, Klage gegen den Bescheid vom 28. Dezember 2021 und stellten mit Schriftsatz vom 28. März 2021, hier eingegangen am selben Tag, einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der erhobenen Klage. Zu den tatsächlichen Verhältnissen wurde u.a. ausgeführt, dass der Betrieb des Reiterhofs der Antragstellerin zu erheblichen Lärm- und Geruchsimmissionen führe. In unmittelbarer Nähe des geplanten Vorhabens finde der An- und Abfahrtsverkehr von Gästen und Mitarbeitern des Reitstalles, der Gastronomie und des Beherbergungsbetriebes statt, zudem Lieferverkehr. Eine Vielzahl der Fahrzeuge fahre mit Pferdeanhängern auf das Betriebsgelände. Zudem würden landwirtschaftliche Geräte vor Ort eingesetzt. Unterhaltungen von Besuchern, insbesondere auf der vorhandenen Terrasse, würden ebenfalls zu erheblichen Lärmimmissionen führen. Weiter würden die Geräusche und Gerüche der Tiere hinzutreten. Der Reiterhof würde neben dem Tagesgeschäft jährlich ca. 20-25 Sonderveranstaltungen durchführen. So würden während der Jagdreiterwochen bis zu 300 Pferde und 800 Besucher, Jagdhornbläser und 25 Jagdhunde anreisen. Auch würden Blaskapellen auftreten. Zudem fänden andere musikalische Darbietungen, Betriebsfeiern, Familienfeiern, Kirchweih und vieles mehr statt. Allein im Jahr 2022 seien jeden Monat ein oder mehrere Veranstaltungen geplant wie etwa im Juni die Internationale Johanni Jagdreiterwoche und im September das Reitturnier des RuFV … und die Internationale Jagdreiterwoche. Auf den umliegenden Grundstücken finde Wohnnutzung nicht in unmittelbarer Nähe zu den emittierenden Anlagen statt. Die Ausrichtung der geplanten Wohnungen, insbesondere die lärmempfindlichen Schlafräume sowie Balkone, sei im nördlichen und östlichen Bereich des geplanten Baukörpers geplant und damit ausgerichtet auf die Zufahrt zum Betrieb der Antragstellerin und zu der Außengastronomie. Lärmabschirmende Gebäude seien nicht vorhanden und wären auch nicht umsetzbar, da der „freie“ Platz zwischen den Gebäuden des Reiterhofs und dem Bauvorhaben als Park- und Wendeplatz sowie zum Satteln und Führen der Pferde genutzt werden müsse.
Die aufschiebende Wirkung der Klage sei anzuordnen. Das Suspensivinteresse der Antragstellerin überwiege. Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig und verletze die Rechte der Antragstellerin. Das Bauvorhaben des Beigeladenen sei nicht genehmigungsfähig und verstoße gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts. Das streitgegenständliche Wohnvorhaben sei seiner Art nach auf dem Baugrundstück nicht zulässig. Fehlerhaft sei das Baugrundstück dem Innenbereich zugewiesen worden. Es liege im Außenbereich. Der Außenbereich westlich des Baugrundstückes erstrecke sich auch auf den bislang unbebauten Bereich des Vorhabengrundstückes. Der Bebauungszusammenhang ende in der Regel mit dem letzten Gebäude. Aber auch wenn sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach § 34 BauGB richte, füge sich das Vorhaben nicht in die nähere Umgebung ein. Die nähere Umgebung sei maßgeblich und ausschließlich durch den Reiterhof der Antragstellerin geprägt, mithin durch einen erheblich emittierenden Betrieb. Daher füge sich die beantragte Wohnnutzung nicht in die nähere Umgebung ein. Zudem verletze das Vorhaben das Gebot der Rücksichtnahme. Eine heranrückende Wohnbebauung verletze gegenüber einem bestehenden emittierenden Betrieb das Gebot der Rücksichtnahme, wenn ihr Hinzutreten die rechtlichen immissionsbezogenen Rahmenbedingungen, unter denen der Betrieb arbeiten muss, gegenüber der vorher gegebenen Lage verschlechtert. Dies sei dann der Fall, wenn der Betrieb durch die hinzutretende Bebauung mit nachträglichen immissionsschutzrechtlichen Auflagen rechnen müsse. Die Geruchs- und insbesondere die Geräuschimmissionen, die vom Betrieb der Antragstellerin ausgehen, insbesondere durch die Außengastronomie sowie die Nutzung der Außenflächen bei Veranstaltungen, seien im Hinblick auf Stärke, Häufigkeit und das Störpotential als erheblich belästigend einzustufen. Es sei zu erwarten, dass die Bewohner des geplanten Vorhabens, die insbesondere ihre lärmempfindlichen Schlafräume und Balkone zum Betriebsgelände der Antragstellerin ausgerichtet haben, durch den Betrieb massiv gestört würden und rechtliche Schritte einleiten würden. Dies könne dazu führen, dass der Betrieb der Antragstellerin nicht mehr in dem derzeitigen Umfang bestehen bleiben könne. Derzeit gebe es in unmittelbarer Nähe zu den emittierenden Anlagen der Antragstellerin keine Wohnnutzung. Aufgrund der Entfernungen und abschirmenden Wirkungen der vorhandenen Bebauung sei bislang keine störempfindliche Nutzung vorhanden. Allein die geplante Wohnnutzung des Beigeladenen werde aufgrund der dann maßgeblichen Immissionsrichtwerte zu Einschränkungen führen. Gutachterliche Feststellungen zu den Lärmemissionen des Gaststättenbetriebes lägen nicht vor. Der Verzicht der Antragsgegnerin, lärmtechnische Untersuchungen, insbesondere in Bezug auf die genehmigte Außengastronomie einzuholen, sei rechtswidrig.
Weiter sei die geplante Erschließung des Vorhabens rechtswidrig und verletze die Rechte der Antragstellerin. Geplant sei die Zufahrt (auch) über das Grundstück der Antragstellerin. Dies sei die einzige Zufahrt zum Betrieb der Antragstellerin. Zugunsten der FlNr. … sei aufgrund eines Grundstückstausches ein Notwegerecht eingetragen. Der Beigeladene habe das Geh- und Fahrtrecht zum Betreten oder Befahren des Grundstückes FlNr. … zu keinem Zeitpunkt ausgeübt. Es sei auch nicht erforderlich gewesen, da die FlNr. … unmittelbar an die öffentliche Wegefläche angrenze. Ein Verfahren zur Löschung der Dienstbarkeit sei eingeleitet. Das bestehende Notwegerecht habe nur die Zufahrt zum ebenfalls im Eigentum des Beigeladenen stehenden Grundstücks FlNr. … gestatten sollen. Auch sei die Inanspruchnahme nicht erforderlich, da das Grundstück unmittelbar an eine öffentliche Straße angrenze. Zwar werde eine Baugenehmigung unbeschadet der Rechte Dritter erteilt. Allerdings fehle es hier am Sachbescheidungsinteresse, denn die beantragte Genehmigung sei nicht umzusetzen, da die geplante Erschließung nicht umsetzbar sei. Die Antragstellerin gestatte die Zufahrt über ihr Grundstück nicht. Der Überfahrt werde ausdrücklich widersprochen. Das Sachbescheidungsinteresse sei Voraussetzung dafür, dass die angegangene Behörde über einen bei ihr gestellten Antrag in der Sache entscheide. Die Baugenehmigung sei rechtswidrig.
Die geplante Nutzung des Grundstücks der Antragstellerin sei ausschließlich wirtschaftlichen Interessen des Beigeladenen geschuldet, der eine möglichst optimierte Grundstücksausnutzung erreichen wolle. Dagegen sei der Betrieb der Antragstellerin auf die Zufahrt angewiesen. Mögliche Beschränkungen würden unmittelbar zu Einschränkungen des Betriebes führen. Dies verletze ebenfalls das Gebot der Rücksichtnahme.
Die beantragte Zwischenregelung sei zum Schutz der Rechte der Antragstellerin dringend geboten. Andernfalls würden vollendete Tatsachen geschaffen, die kaum mehr rückgängig gemacht werden könnten.
Nachdem zu befürchten sei, dass der Beigeladene die begonnenen Baumaßnahmen fortsetzen werde, werde gebeten, dem Beigeladenen schnellstmöglich aufzugeben, die Bauarbeiten bis zur Entscheidung über den Eilantrag einzustellen.
Die Antragstellerin beantragt,
I. Die aufschiebende Wirkung der vor dem Verwaltungsgericht Ansbach anhängigen Klage, Az. AN 17 K 22.00086, gegen die Baugenehmigung des Landratsamtes … vom 28. Dezember 2021 wird angeordnet.
II. Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Beigeladenen aufzugeben, die Bauarbeiten sofort einzustellen und alle Maßnahmen zum Ausführen des Bauvorhabens zu unterlassen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO abzulehnen.
Zur Begründung führte der Antragsgegner in seiner Antragserwiderung vom 30. Mai 2022 im Wesentlichen aus, dass das Baugrundstück im Innenbereich liege. Das Wohngebäude auf der FlNr. … sowie das bestehende Wohngebäude auf der FlNr. … würden die Abrundung des Siedlungskörpers bilden. Zusätzlich müsse durch die bestehende Wohnbebauung der FlNrn. … und … der Standort des neuen Gebäudes als Baulücke angesehen werden. Das Vorhaben füge sich in die nähere Umgebung ein. Als nähere Umgebung werde ein Bereich von ca. 150 m bis 200 m betrachtet. Dieser werde durch die St … und die westlich gelegene … straße (Hausnrn. … bis ) abgegrenzt. In diesem Bereich seien mehrere Wohngebäude vorhanden. Auch würde sich in unmittelbarer Nähe zu den emittierenden Anlagen genehmigte Wohnnutzung befinden, nämlich auf den FlNrn. …, …, … und … Weiter sei das Gebot der Rücksichtnahme nicht verletzt. Bei dem baurechtlichen Genehmigungsverfahren des Reiterhofes … sei der Reiterhof mit Gastronomie, die Gästehäuser, Stallungen, Reithalle sowie die Freischankflächen gesamtheitlich immissionsrechtlich beurteilt worden. In der damaligen Beurteilung sei die unbebaute FlNr. …, die sich wesentlich näher an dem Betrieb der Antragstellerin befinde als das jetzt betroffene Baugrundstück, ebenfalls gewürdigt worden. Unter Einhaltung der immissionsschutzrechtlichen Auflagen des Genehmigungsbescheides vom 3. August 2004 sei sichergestellt, dass selbst bei einer Bebauung der FlNr. … keine schädlichen Umwelteinwirkungen zu erwarten seien. Der beigefügten Stellungnahme der Unteren Immissionsschutzbehörde vom 27. Oktober 2003 zum Bauvorhaben „Erweiterung Reiterhof, Anbau im Kellergeschoss Nordwestecke und Südostecke, Tektur zu …“, bei der ausweislich der Begründung Lärmeinwirkungen aus dem Betrieb einer Freischankfläche (mit fünf Tischen zu je sechs Stühlen) und Lichteinwirkungen von Laternen/einer Lampe zu berücksichtigen waren, ist zu entnehmen, dass bei Einhaltung der verfügten Auflagen schädliche Umwelteinwirkungen der Wohnnachbarschaft vermieden würden. Danach seien hinsichtlich des Lärmschutzes die Bestimmungen der TA-Lärm anzuwenden. Der Beurteilungspegel aus dem Betrieb der Freischankfläche dürfe in Verbindung mit dem Betrieb des Vorhabens an der nächstgelegenen Wohnnachbarschaft FlNr. …, … und … (gemischte Baufläche, Dorfgebiet) die aufgrund der Summenwirkung reduzierten Immissionsrichtwerte von tagsüber (7 bis 22 Uhr) 54 dB(A) nicht überschreiten, wobei diese Auflage bis zu einer Bebauung der FlNr. … mit Wohngebäuden ausgesetzt werde. Der Betrieb der Freischankfläche zur Nachtzeit sei unzulässig. Die Benutzung von Tonübertragungsgeräten und Tonwiedergabegeräten sei bei dem Betrieb der Freischankfläche unzulässig. Musikveranstaltungen bedürften einer gesonderten Anzeige bei der Gemeinde. Überdies seien mehrere Wohngebäude in der Nähe der emittierenden Anlage vorhanden. Wie sich aus der eingeholten Stellungnahme der Unteren Immissionschutzbehörde vom 12. April 2022 ersehen lasse, seien die Nutzungen, sowohl bezüglich des Vorhabens (Wohnen und Gewerbe) als auch des Reiterhofes in einem Dorfgebiet, gerade im touristisch geprägten …, ortsüblich. Dadurch hervorgerufene Immissionen; aber auch auf das Vorhaben einwirkende Immissionen seien (auch ohne Nachweis) nicht als unzulässig zu bewerten.
Eine Rechtsverletzung der Antragstellerin aus einer Beeinträchtigung des Geh- und Fahrtrechts und einem fehlenden Sachbescheidungsinteresse sei nicht gegeben. Das Geh- und Fahrtrecht sei nicht Gegenstand der bauaufsichtlichen Prüfung. Ob und wie der Bauherr ggf. sein Geh- und Fahrtrecht durchsetzen könne, sei vor dem Zivilgericht zu klären. Der Umstand, dass sich das Landratsamt möglicherweise dafür hätte entscheiden können, die Baugenehmigung wegen fehlendem Sachbescheidungsinteresse abzulehnen, begründe keine Rechtsverletzung der Antragstellerin.
Auf Bitten des Gerichts, eine aussagekräftige immissionsschutzfachliche Stellungnahme (Lärm und Geruch) auf Basis des aktuell genehmigten Bestandes des Betriebes der Antragstellerin vorzulegen, teilte der Antragsgegner mit Schreiben vom 15. Juni 2022 unter Verweis auf eine erneute Stellungnahme der Unteren Immissionsschutzbehörde mit, Maßstab für die immissionsschutzfachliche Bewertung sei bei der vorliegenden Fallgestaltung der Errichtung eines störempfindlichen Vorhabens neben einem Störer, dass das Wohnen ohne Gesundheitsgefahren möglich sei. Auch wenn am störempfindlichen Vorhaben Immissionen auftreten würden (hier: Gerüche oder Lärm), die den öffentlich-rechtlichen Maßstab (Immissionsrichtwerte der TA Lärm, Immissionswerte der TA Luft Anhang 7), der an den Störer angelegt werde, überschreiten, bedeute dies nicht gleichzeitig, dass das Vorhaben aus immissionsschutzfachlicher (und baurechtlicher) Sicht unzulässig sei. Dies sei erst dann der Fall, wenn am störempfindlichen Vorhaben gesunde Arbeits- und Wohnverhältnisse nicht mehr gewahrt würden. Für das störempfindliche Vorhaben sei der Maßstab im Hinblick auf den Immissionsschutz also weniger streng als für den Störer. Vorliegend seien erhebliche Belästigungen durch Gerüche bei dem Beigeladenen nicht zu erwarten. Der Betrieb der Antragstellerin und das Vorhaben des Beigeladenen lägen in einer dorftypischen Umgebung. Die Gerüche aus der Tierhaltung der Antragstellerin seien, auch aufgrund der langjährigen Existenz des Betriebes, als ortsüblich zu bewerten. Zudem habe sich die hinzukommende Nutzung auf die vor Ort vorhandenen Verhältnisse einzustellen. Selbiges gelte in Bezug auf Geräusche. Zudem bestünden die Geräusche aus dem Betrieb der Antragstellerin (Gastronomie, Tierhaltung, Veranstaltungen, zuzuzählender Fahrverkehr) anscheinend seit Jahren und seien für die touristisch überprägten Ortslagen … nicht ungewöhnlich. Weiter habe der Bauherr in Bezug auf Lärm eigenverantwortlich für ausreichenden baulichen und architektonischen Lärmschutz zu sorgen. Die Untere Immissionsschutzbehörde prüfe dies regelmäßig nicht. Auch mögliche Beschwerden über den Betrieb der Antragstellerin würden, nach Prüfung im Einzelfall, sehr wahrscheinlich auf den P.weg verwiesen, da für ein amtliches Tätigwerden das öffentliche Interesse fehlen dürfte. Sollten für eine gerichtliche Entscheidung zahlenmäßig detaillierte, gemäß TA Luft Anhang 7 bzw. TA Lärm ermittelte Untersuchungsergebnisse erforderlich sein, wären diese im Rahmen gutachterlicher Betrachtungen zu erbringen. Aus fachlicher Sicht werde hier ein derartiger Aufwand nicht für erforderlich gehalten.
Im Baugenehmigungsverfahren sei zu prüfen, ob einem Bewohner des Bauvorhabens des Beigeladenen, das in einem Dorfgebiet liege, nach objektiven Durchschnittskriterien ein Mindestmaß an Wohnruhe, Erholungsbedürftigkeit und ungestörtem Schlaf möglich sei, was vorliege und durch die erneute Stellungnahme des Immissionsschutzes bestätigt worden sei. Gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse seien gewahrt.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte zum Verfahren, die Gerichtsakte zum Klageverfahren (AN 17 K 22.00086) sowie die beigezogenen Behördenakten verwiesen.
II.
Der unter Ziffer I. des Schriftsatzes vom 28. März 2022 gestellte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die kraft Gesetzes sofort vollziehbare Baugenehmigung des Beigeladenen hat Erfolg (1.). Im Übrigen bleibt der Antrag (Ziffer II.) erfolglos (2.).
1. Der zulässige Antrag nach § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO ist auch begründet.
Im Rahmen eines Verfahrens nach § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht aufgrund der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage eine eigene Ermessensentscheidung darüber, ob die Interessen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts sprechen, oder diejenigen, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streiten, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Diese sind ein wesentliches, aber nicht das alleinige Indiz für und gegen den gestellten Antrag. Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein (weil er zulässig und begründet ist), so wird regelmäßig nur die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Wird dagegen der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg haben (weil er unzulässig oder unbegründet ist), so ist dies ein starkes Indiz für die Ablehnung des Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Sind schließlich die Erfolgsaussichten offen, findet eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten unabhängige Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt (vgl. BayVGH, B.v. 5.5.2022 – 9 CS 22.3 – juris Rn. 15, B.v. 27.2.2017 – 15 CS 16.2253 – juris Rn. 13). Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann nicht sicher beurteilt werden, ob die Baugenehmigung des Beigeladenen die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt. Die Erfolgsaussichten der hier vorliegenden Drittanfechtungsklage der Antragstellerin, bei der keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle stattfindet, sondern die Prüfung darauf beschränkt ist, ob durch die angefochtene Baugenehmigung drittschützende Vorschriften (Schutznormtheorie, vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris), die dem Nachbarn einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben vermitteln (vgl. BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris) und zum Prüfungsumfang im vereinfachten Verfahren gehören, verletzt sind, stellen sich am Maßstab des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO als offen dar. Die demnach unabhängig von den Erfolgsaussichten vorzunehmende Abwägung der gegenseitigen Interessen fällt zugunsten der Antragstellerin aus.
Zwar ist das Vorhaben, dass sich im unbeplanten Innenbereich befindet, dort seiner Art nach zulässig und der Eilantrag der Antragstellerin hat nicht bereits deshalb Erfolg (a.) Auch die antragstellerseits vorgetragenen Bedenken hinsichtlich der Erschließung des Vorhabens führen ebensowenig zum Obsiegen der Antragstellerin (b.) wie die Ausführungen zum fehlenden Sachbescheidungsinteresse (c.). Jedoch lässt sich derzeit nicht verlässlich beurteilen, ob das Gebot der Rücksichtnahme im Hinblick auf Lärm und Geruch verletzt ist (d.), so dass sich die Erfolgsaussichten der Klage letztlich als offen darstellen.
a) Das streitgegenständliche Vorhaben, das im unbeplanten Innenbereich, § 34 BauGB, liegt, ist dort seiner Art nach zulässig.
Abgesehen davon, dass das Grundstück im unbeplanten Innenbereich und nicht im Außenbereich liegt, kommt einem Nachbarn ohnehin kein allgemeiner Schutzanspruch auf Nichtausführung objektiv nicht genehmigungsfähiger Vorhaben im Außenbereich zu (vgl. Söfker in EZBK, BauGB, 143. EL August 2021, § 35, Rn. 185 f.).
Die Beantwortung der Frage, ob ein Grundstück dem Innen- oder Außenbereich angehört, hängt davon ab, ob sich dieses in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil befindet, § 34 Abs. 1 BauGB. Von einem Bebauungszusammenhang ist auszugehen, wenn eine aufeinander folgende Bebauung – trotz etwaig vorhandener Baulücken und freier Flächen, die wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit oder wegen ihrer besonderen Zweckbestimmung einer Bebauung entzogen sind – nach der Verkehrsanschauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt (vgl. BayVGH, B.v. 14.4.2020 – 9 ZB 18.2090 – juris Rn. 7; BVerwG, U.v. 6.11.1968 – IV C 2.66 – juris), wobei das geplante Vorhaben, dessen Zulässigkeit zu bestimmen ist, außer Betracht bleibt (schon BVerwG, U.v. 6.12.1967 – IV C 94.66 – juris Rn. 27). Das betreffende Grundstück selbst muss einen Bestandteil des Zusammenhangs bilden, also selbst am Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit teilnehmen (vgl. BayVGH, 9 ZB 18.2090 – juris Rn. 7). Der Bebauungszusammenhang endet am Ortsrand in der Regel hinter der letzten Bebauung (vgl. BayVGH, U.v. 16.6.2015 – 1 B 14.2772 – juris Rn. 17 mit Verweis auf BVerwG U.v. 12.10.1973 – IV C 3.72 – juris Rn. 11). Ein Grundstück ist regelmäßig nur dann dem Innenbereich zuzuordnen, wenn es an mindestens drei Seiten von Bebauung umgeben ist (vgl. BayVGH, B.v. 3.2.2014 – 1 ZB 12.468 – juris Rn. 3). Ausgehend hiervon handelt es sich bei dem nördlichen Bereich des Vorhabengrundstückes, in dem das Bauvorhaben des Beigeladenen errichtet werden soll, um eine bloße Baulücke. Die betreffende Fläche ist von drei Seiten, nämlich von Norden, Osten und Süden von Bebauung umgeben. Sie nimmt damit am Bebauungszusammenhang teil, dies umso mehr, als sich in der Umgebung eine relativ lockere Bebauung mit größeren Grundstücken und Gärten findet. Der Umstand, dass sich westlich, auf der anderen Straßenseite, auf Höhe des fraglichen unbebauten nördlichen Bereichs des Vorhabengrundstückes und auch südlich hiervon keine Bebauung befindet, macht den fraglichen Vorhabenbereich nicht zum Außenbereich. Dass sich die südlich des Vorhabens gelegene Bebauung auf derselben Flurnummer (FlNr. …) befindet wie das streitgegenständliche Vorhaben ist im Übrigen unerheblich. Von der Betrachtung ausgenommen ist lediglich das geplante Vorhaben. Dieses steht mit der schon bestehenden Bebauung auf der FlNr. … in keinem Zusammenhang.
Der Gebietserhaltungsanspruch, auf den sich die Antragstellerin im Rahmen einer Drittanfechtungsklage berufen kann, ist nicht verletzt. In dem unbeplanten Innenbereich ist das Vorhaben seiner Art nach zulässig, § 34 Abs. 2 BauGB. § 34 Abs. 2 BauGB kommt nachbarschützende Funktion zu. Auf die tatsächliche Betroffenheit des Nachbarn kommt es nicht an. Vielmehr gilt hinsichtlich des Nachbarschutzes dasselbe wie bei einer Festsetzung eines Baugebietes durch einen Bebauungsplan. Auch in einem faktischen Baugebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB besteht ein Gebietserhaltungsanspruch, so dass sich ein Eigentümer auch dann gegen die Zulassung einer gebietsfremden Nutzung wenden kann, wenn er durch sie selbst nicht unzumutbar beeinträchtigt wird (vgl. BVerwG, B.v. 22.12.2011 – 4 B 32.11 – juris, B.v. 13.12.1995 – 4 B 245/95 – juris Rn. 5). Das Bauvorhaben des Beigeladenen, eine Wohnnutzung samt Lagerhalle, ist seiner Art nach in der näheren Umgebung zulässig, § 34 Abs. 2 BauGB. Nach Auswertung des Vortrages der Parteien, der Behördenakte und der Eintragung in G.Maps entspricht die nähere Umgebung des Vorhabens nach Einschätzung der Kammer einem Dorfgebiet, § 5 BauNVO. Dieses dient der Unterbringung der Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen und der Unterbringung von nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben sowie der Versorgung der Bewohner des Gebietes dienenden Handwerkbetriebe, § 5 Abs. 1 Satz 1 BauNVO. Zur näheren Umgebung gehört ab dem Anwesen … … die Bebauung südlich der St … bis einschließlich der FlNr. …, auf dem Abschnitt der Straße … Hausnrn. … – … die Bebauung zu beiden Seiten der Straße, auf dem Abschnitt der Straße … Hausnrn. … – … die Bebauung östlich der Straße und die Bebauung nördlich der „Ausfahrt“ laut Hofplan der Antragstellerin. Nach Osten wird die nähere Umgebung durch die noch zur näheren Umgebung zählende Bebauung auf den FlNrn. … und … begrenzt. In der so definierten näheren Umgebung des Vorhabens findet sich jedenfalls mit dem Betrieb der Antragstellerin landwirtschaftliche Nutzung, so dass offen bleiben kann, ob sich insbesondere in dem Bereich südlich der St … noch landwirtschaftliche Nutzung befindet. Zur Landwirtschaft gehören der Ackerbau, die Wiesen- und Weidewirtschaft einschließlich Tierhaltung, auch die Pferdehaltung und -zucht, soweit das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann (vgl. Söfker in EZBK, BauNVO, 143. EL August 2021, § 5 Rn. 26). Die Antragstellerin betreibt u.a. einen Reiterhof samt Pferdezucht. Nach einer dem Eilantrag beigefügten Betriebsflächenübersicht besitzt die Antragstellerin rund 35 ha Feldstücksflächen, so dass die unmittelbare Bodenertragsnutzung jedenfalls für das vorliegende Eilverfahren anzunehmen ist, § 201 BauGB. Daneben gibt es in der näheren Umgebung des Vorhabens nichtstörendes Gewerbe (Fa. …, …, die Immobilienverwaltung und der Partyservice der Antragstellerin), die Gaststätte und das Hotel samt Ferienwohnungen der Antragstellerin, eine weitere Ferienwohnung ( … ), den Reiterladen der Antragstellerin und im Übrigen Wohnnutzung. Die Wohnnutzung des Beigeladenen ist in einem faktischen Dorfgebiet ihrer Art nach zulässig. Dass die geplante Lagerhalle des Beigeladenen zu einem wesentlich störenden Gewerbebetrieb gehört ist weder vorgetragen noch ersichtlich, so dass auch die Lagerhalle ihrer Art nach wohl zulässig ist.
b) Die Antragstellerin kann dem Vorhaben auch nicht entgegenhalten, dass die Erschließung des Bauvorhabens rechtswidrig sei. Das Erfordernis der gesicherten Erschließung im Sinne der §§ 30 ff. BauGB ist nicht drittschützend. Es dient allein dem öffentlichen Interesse an einer geordneten städtebaulichen Entwicklung und begründet deshalb keinen Abwehranspruch der Antragsteller gegen das Vorhaben der Beigeladenen (vgl. VGH BW, U.v. 18.10.1993 – 8 S 1739/93 – juris, BayVGH, B.v. 22.2.2017 – 15 CS 16.1883 – juris Rn. 19). Im Einzelfall kann sich Drittschutz unter dem Gesichtspunkt des Rücksichtsnahmegebotes ergeben. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot aufgrund einer erheblichen Verschlechterung der Erschließungssituation ist nicht per se ausgeschlossen, liegt hier aber nicht vor. Ein solcher Verstoß ist aber allenfalls dann anzunehmen, wenn durch die unzureichende Erschließung Nachbargrundstücke unmittelbar betroffen sind (vgl. BayVGH, B.v. 22.2.2017 – 15 CS 16.1883 – juris Rn. 19), was bejaht wird, wenn mangels einer ausreichenden Erschließung des Baugrundstücks im öffentlich-rechtlichen Sinne, auf Grund des Notwegerechts nach § 917 BGB das Nachbargrundstück für die Zufahrt und evtl. Leitungen beansprucht wird (vgl. BayVGH, B.v. 27.7.2018 – 1 CS 18.1265 – juris Rn. 11, B.v. 15 CS 16.244 – juris Rn. 25; BVerwG, B.v. 11.5.1998 – 4 B 45.98 – juris, U.v. 26.3.1976 – IV C 7/74 – juris). Richtig ist, dass die Zufahrt zum Bauvorhaben des Beigeladenen auch über das Grundstück der Antragstellerin erfolgt, da sowohl die Zufahrt zur Lagerhalle als auch zu den zwei Stellplätzen nördlich des Bauvorhabens nach den eingereichten Bauunterlagen ausschließlich von dem Weg auf der FlNr. …, der im Eigentum der Antragstellerin steht, zu erreichen ist. Dem Beigeladenen als Eigentümer der FlNr. … steht jedoch laut den vorgelegten Grundbuchauszügen (Kopien) ein Geh- und Fahrtrecht an dem Weg zu. Zwar wird vorgetragen, dass dieses Geh- und Fahrtrecht nur die Zufahrt zur ebenfalls im Eigentum des Beigeladenen stehenden Grundstücks FlNr. … ermöglichen sollte, bislang nie benutzt worden und für das Vorhaben des Beigeladenen auch nicht erforderlich sei. Ein Verfahren zur Löschung der Dienstbarkeit sei eingeleitet. Der Überfahrt werde seitens der Antragstellerin ausdrücklich widersprochen. Ob das Geh- und Fahrtrecht zivilrechtlich zu Recht in das Grundbuch eingetragen wurde, ist für das Gericht aufgrund des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs (§ 891 BGB) unbeachtlich. Dies gilt umso mehr, als die Antragstellerin trotz ihrer Ankündigung, zivilrechtlich gegen das eingetragene Geh- und Fahrtrecht vorzugehen, bisher die Löschung der Dienstbarkeit, die Eintragung eines Widerspruchs (§ 899 BGB) in das Grundbuch o.ä. nicht erreicht hat. Dementsprechend ist die bauplanungsrechtliche Erschließung des verfahrensgegenständlichen Grundstücks in der geplanten Bauausführung, wonach eine der Zufahrten über den Privatweg der Antragstellerin erfolgt, durch das Geh- und Fahrt gesichert, so dass es nicht zu einem Notwegerecht nach § 917 BGB kommen kann (vgl. etwa VG München, B.v. 25.9.2001 – M 1 SN 01.3902 – juris Rn. 32 f.). Die Antragstellerin hat daher nicht zu befürchten, dass ihr Grundstück durch die unzureichende Erschließung unmittelbar betroffen ist (vgl. BayVGH, B.v. 22.2.2017 – 15 CS 16.1883 – juris Rn. 19).
Wenn die Antragstellerin weiter ausführt, dass der Betrieb der Antragstellerin auf die Zufahrt angewiesen sei und mögliche Beschränkungen unmittelbar zu Einschränkungen des Betriebes führen würden, so kann auch dies die Verletzung des Gebotes der Rücksichtnahme nicht begründen. Zwar wird vertreten, dass auch eine Überlastung der Erschließungsstraße in Ausnahmefällen zur Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme führen kann (vgl. VGH BW, B.v. 15.11.2017 – 8 S 2101/17 – juris, B.v. 10.1.2018 – 3 S 2773/07 – juris). Diesbezüglich ist jedoch weder substantiiert vorgetragen noch liegen Anhaltspunkte in dieser Richtung vor. Es ist schon nicht klar, wie durch die Mitbenutzung des Weges Einschränkungen für die Antragstellerin entstehen sollen, noch warum eventuell entstehende Einschränkungen unzumutbar sein sollen, zumal die Antragstellerin in ihrem Hofplan selbst angibt, dass nur die Zufahrt über diesen Weg erfolgt, während die Abfahrt über den vom Parkplatz abgehenden, südlich des Vorhabengrundstückes verlaufenden Weg abgewickelt wird.
c) Soweit argumentiert wird, dass die Baugenehmigung nutzlos sei, da der Beigeladene die Baugenehmigung nicht umsetzen könne, da die Antragstellerin die Zufahrt über ihr Grundstück nicht gestatte und das Geh- und Fahrtrecht an dem Grundstück FlNr. … aufzuheben sei, kann auch dies eine Rechtsverletzung der Antragstellerin nicht begründen. Der Antragsgegner führt hierzu richtigerweise aus, dass es hierauf nicht ankomme, da gemäß Art. 68 Abs. 4 BayBO die Baugenehmigung unbeschadet privater Rechte Dritter erteilt werde. Der Umstand, dass sich möglicherweise das Landratsamt dafür hätte entscheiden können, die Baugenehmigung wegen fehlenden Sachbescheidungsinteresses abzulehnen, wenn und soweit von der Baugenehmigung wegen entgegenstehender (privater) Rechte Dritter bzw. dem Fehlen eines angenommenen Geh- und Fahrtrechts nicht Gebrauch gemacht werden kann, begründet ebenfalls keinen subjektiv-öffentlichen Nachbarschutz, da die Antragstellerin keinen Rechtsanspruch darauf hat, dass die Bauaufsichtsbehörde von der Befugnis zur Ablehnung wegen fehlenden Sachbescheidungsinteresses Gebrauch macht (vgl. VG München, B.v. 1.8.2016 – M 11 SN 16.2976 – juris Rn. 24). Im Übrigen ist, wie bereits ausgeführt, die Erschließung des Vorhabengrundstücks auch über den Weg auf der FlNr. … gesichert, das Sachbescheidungsinteresse damit ohnehin nicht fraglich.
d) Es lässt sich im Rahmen der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht verlässlich beurteilen, ob das Vorhaben in Bezug auf Lärm und Geruch gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstößt. Die (lediglich) summarische Prüfung im gerichtlichen Eilverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO bedeutet, dass, auch wenn hier gleichfalls der Amtsermittlungsgrundsatz des § 86 Abs. 1 VwGO gilt und keine grundsätzliche Beschränkung auf präsente Beweismittel besteht, in der Regel keine umfassende Klärung des Sachverhalts, insbesondere mittels einer förmlichen Beweisaufnahme, erfolgt. Es ist auch nicht Aufgabe des Gerichts, einen von der Behörde unzureichend geklärten oder jedenfalls nicht nachvollziehbar aktenkundig gemachten Sachverhalt umfassend aufzuklären. Andernfalls würde das Eilverfahren zum Hauptsacheverfahren, was nicht dessen Sinn sein kann (vgl. OVG NW, B.v. 18.3.2020 – 12 B 1731/19 – juris Rn. 7).
Richtet sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit – wie hier – nach § 34 Abs. 2 BauGB, weil die Eigenart der näheren Umgebung einem der in der BauNVO genannten Baugebiete, hier einem Dorfgebiet, entspricht, ergibt sich die Verpflichtung zur Rücksichtnahme aus § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO (vgl. BVerwG, U.v. 12.12.1991 – 4 C 5/88 – juris). Dem Rücksichtnahmegebot kommt drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen stellt, hängen wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BayVGH, B.v. 5.5.2022 – 9 CS 22.3 – juris Rn. 24, B.v. 4.12.2019 – 15 CS 19.2048 – juris Rn. 23 m.w.N.; B.v. 9.6.2020 – 15 CS 20.901 – juris Rn. 27). In Bereichen, in denen Nutzungen unterschiedlicher Art mit unterschiedlicher Schutzwürdigkeit zusammentreffen, ist die Grundstücksnutzung mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet (vgl. BVerwG, U.v. 22.6.1990 – 4 C 6/87 – juris). Dies führt nicht nur zu einer Verpflichtung desjenigen, der Beeinträchtigungen verursacht, sondern auch zu einer Duldungspflicht desjenigen, der sich solchen Beeinträchtigungen aussetzt (vgl. BVerwG, U.v. 18.5.1995 – 4 C 20/94 – juris). Zur Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen ist auf die Begriffsbestimmungen (Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen in § 3 Abs. 1 BImSchG) und die materiellrechtlichen Maßstäbe des Immissionsschutzrechts (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) zurückzugreifen. Das Bundesimmissionsschutzgesetz legt diese Grenze und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereiches grundsätzlich allgemein fest (vgl. BVerwG, U.v. 23.9.1999 – 4 C 6/98 – juris). Die Zumutbarkeitsschwelle wird grundsätzlich überschritten, wenn die Störungen oder Belästigungen unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse erheblich im Sinne von § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind. „Faktische Vorbelastungen“ können sich dabei schutzmindernd auswirken. Umgekehrt folgt aus dem im Rücksichtnahmegebot angelegten Prinzip der Gegenseitigkeit aber auch, dass der Betreiber einer dem Immissionsschutzrecht unterliegenden Anlage nicht darauf vertrauen darf, vor Auflagen zum Schutz vor heranrückender Wohnbebauung vor Immissionen verschont zu bleiben (vgl. BayVGH, B.v. 18.3.2021 – 9 CS 21.119 – juris Rn 17).
Eine heranrückende Wohnbebauung verletzt gegenüber einem bestehenden emittierenden Betrieb das Gebot der Rücksichtnahme, wenn ihr Hinzutreten die rechtlichen Rahmenbedingungen, unter denen der Betrieb arbeiten muss, gegenüber der vorher gegebenen Lage verschlechtert (vgl. BayVGH, B.v. 21.1.2022 – 1 CS 21.2866 – juris Rn. 14), was insbesondere dann der Fall ist, wenn wegen der hinzutretenden Wohnbebauung mit nachträglichen immissionsschutzrechtlichen Auflagen zu rechnen ist (vgl. BayVGH, B.v. 9.6.2020 – 15 CS 20.901 – juris Rn. 27 m.w.N.) bzw. immissionsschutzrechtliche Anforderungen für den Betreiber der Anlage verschärft werden (BayVGH, U.v. 14.7.2006 – 1 BV 03.2179 – juris Rn. 42). Hierzu wird teils weiter gefordert, dass erforderlich sei, dass der Betriebsinhaber infolge der erhöhten Rücksichtnahmepflicht mit Betriebseinschränkungen oder -belastungen von nicht nur unerheblichem Gewicht rechnen müsse, da andernfalls der Betriebsinhaber durch die heranrückende Wohnbebauung noch nicht in unzumutbarem, die Schwelle der Rücksichtslosigkeit überschreitendem Umfang betroffen sei (vgl. VGH BW, U.v. 4.2.1992 – 3 S 1616/90 – juris 20). Bei einer Anlage, die die Grenzwerte nach den Vorgaben des Immissionsschutzrechtes einhält, kommt regelmäßig kein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot in Betracht (vgl. BayVGH, U.v. 14.7.2006 – 1 BV 03.2179 – juris Rn. 42).
Da von keiner der Parteien vorgetragen wurde, ob die von der Antragstellerin derzeit ausgeübte Nutzung Bestandschutz genießt, insbesondere der Antragsgegner dies, trotz Aufforderung, nicht in einer vorzulegenden immissionsschutzfachlichen Stellungnahme dargelegt und berücksichtigt hat, ist im Eilverfahren davon auszugehen, dass sämtliche Nutzungen der Antragstellerin Bestandsschutz genießen und daher im Rahmen des vom Gebot der Rücksichtnahme geforderten Interessenausgleichs in Ansatz gebracht werden dürfen und dazu führen können, dass ein Bauvorhaben zurückgestellt werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 4.8.2008 – 1 CS 07.2770 – juris Rn. 25).
Inwieweit die faktische Vorbelastung das Lärmschutzniveau verringert, bestimmt sich nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls. Die äußerste Grenze ist bei der Schwelle zur Gesundheitsgefährdung zu ziehen. Gesunde Wohnverhältnisse (vgl. § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1, § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB) müssen gewahrt, ein Wohnen ohne Gesundheitsgefahren muss möglich bleiben. Im Übrigen fällt die „Quantifizierung“ der schutzmindernden Lärmvorbelastung in den Bereich der tatrichterlichen Sachverhaltswürdigung und Bewertung (vgl. BVerwG, U.v. 23.9.1999 – 4 C 6/98 – juris Rn. 27).
Ob in diesem Sinne schutzwürdige Belange der Antragstellerin bei Verwirklichung des Bauvorhabens des Beigeladenen unzumutbar beeinträchtigt werden, kann von der Kammer angesichts der nicht vorhandenen Ermittlung der Immissionssituation seitens der Antragsgegnerin im hier vorliegenden Eilverfahren nicht abschließend beurteilt werden. Der Antragsgegner hat weder von dem Beigeladenen ein immissionsschutzfachliches Gutachten verlangt noch selbst im Genehmigungsverfahren oder im gerichtlichen Verfahren eine aussagekräftige immissionsschutzfachliche Stellungnahme abgegeben. Es kann nicht abschließend beurteilt werden, ob das Wohnvorhaben des Beigeladenen die rechtlichen immissionsbezogenen Rahmenbedingungen, unter denen der Betrieb der Antragstellerin arbeiten muss, gegenüber der vorher gegebenen Lage verschlechtert, was insbesondere dann der Fall ist, wenn der Betrieb der Antragstellerin aufgrund der hinzutretenden Bebauung mit nachträglichen immissionsschutzrechtlichen Auflagen rechnen muss. Ob hier jede Verschlechterung der rechtlichen immissionsbezogenen Rahmenbedingungen zur Verletzung des Rücksichtnahmegebotes führt, oder ob erforderlich ist, dass der Betriebsinhaber infolge der erhöhten Rücksichtnahmepflicht mit Betriebseinschränkungen oder -belastungen von nicht nur unerheblichem Gewicht rechnen muss (vgl. VGH BW, U.v. 4.2.1992 – 3 S 1616/90 – juris 20), kann offen bleiben, da schon nicht beurteilt werden kann, ob überhaupt eine Verschlechterung zu befürchten ist. Die Ausführungen des Antragsgegners, dass mögliche Beschwerden über den Betrieb der Antragstellerin, nach Prüfung des Einzelfalles, sehr wahrscheinlich auf den P.weg verwiesen würden, da für ein amtliches Tätigwerden das öffentliche Interesse fehlen dürfte, sind insbesondere keine Zusicherung, Art. 38 BayVwVfG, dahingehend, dass die Antragstellerin mit keinerlei Verschlechterung der rechtlichen immissionsschutzrechtlichen Rahmenbedingungen zu rechnen hat. Damit lässt sich die Ablehnung einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht begründen.
Ob sich die immissionsbezogenen Rahmenbedingungen des Betriebes der Antragstellerin durch das Vorhaben des Beigeladenen verschlechtern, kann deshalb nicht beurteilt werden, weil ohne aussagekräftige immissionsschutzfachliche Stellungnahme schon unklar ist, ob das Wohnbauvorhaben des Beigeladenen einer unzumutbaren, vom Betrieb der Antragstellerin ausgehenden Lärm- und/oder Geruchsbelastung ausgesetzt wird. Zwar liegt auch nach Auffassung des Gerichts sowohl das Wohnvorhaben des Beigeladenen als auch der Betrieb der Antragstellerin in einem faktischen Dorfgebiet. Auf die Belange der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten ist dort vorrangig Rücksicht zu nehmen, § 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Der Vorrang, den die landwirtschaftliche Nutzung im (faktischen) Dorfgebiet beansprucht, äußert sich darin, dass der Schutz des Wohnens gegenüber landwirtschaftstypischen Störungen stärker eingeschränkt ist als in allen anderen Baugebieten (vgl. BayVGH, B.v. 21.1.2022 – 1 CS 21.2866 – juris Rn. 16). Dies bedeutet aber nicht, wie der Antragsgegner pauschal vorträgt, dass in einem Dorfgebiet, insbesondere im touristisch geprägten …, sowohl die Nutzung der Antragstellerin als auch die des Beigeladenen ortsüblich sei und deshalb davon hervorgerufene aber auch einwirkende Immissionen – auch ohne Nachweise – nicht als unzulässig zu bewerten seien, zumal der Betrieb der Antragstellerin schon länger existiere und sich der Beigeladene durch bauliche Vorkehrungen o.ä. schützen könne. Zwar ist der Betrieb der Antragstellerin, wie bereits ausgeführt, in einem faktischen Dorfgebiet bauplanungsrechtlich grundsätzlich zulässig. Hiervon zu unterscheiden ist jedoch die Frage, ob die von der Nutzung ausgehenden Lärm und Geruchsemissionen in jedem Fall zulässig sind, § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Auch in einem Dorfgebiet können Lärm und Geruch im Einzelfall unzumutbar sein, zumal die Vorrangklausel in § 5 Abs. 1 Satz 2 BauNVO allein auf die landwirtschaftliche Nutzung abstellt, die Antragstellerin aber nicht nur lärm- und geruchsemittierende landwirtschaftliche Nutzung betreibt.
Was die Zumutbarkeit von Lärmimmissionen anbetrifft, können anerkanntermaßen die TA Lärm (Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz – Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm, vom 26.8.1998, GMBl. S. 503) bzw. die darin enthaltenen Immissionsrichtwerte herangezogen werden. Die TA Lärm gehört zu den sogenannten „normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften“, welche vorbehaltlich abweichender Erkenntnisse im Regelfall der gerichtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden. In einem faktischen Dorfgebiet (Nr. 6.6 Satz 2 TA Lärm) betragen die maßgeblichen Immissionsrichtwerte für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden nach Ziffer 6.1 lit. d der TA-Lärm 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts. Ob diese Werte aufgrund der Vorbelastung durch den Betrieb der Antragstellerin im hier zu entscheidenden Fall noch zu mindern sind, ist angesichts der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dahingehend, dass bei Einhaltung der Immissionsrichtwerte für Dorf- und Mischgebiete in § 2 Abs. 2 Nr. 2 der 18. BImSchV – wobei nach der 18. BImSchV diesbezüglich mit den Vorgaben der TA-Lärm (fast) vergleichbare Richtwerte angesetzt werden (tags 60 dB(A) außerhalb der Ruhezeiten, tags innerhalb der Ruhezeiten 55 dB(A), nachts 45 dB(A)) – gesunde Wohnverhältnisse noch gewahrt werden, fraglich, kann hier offenbleiben, denn ob und wenn ja, welche Immissionsrichtwerte an welchen Immissionsorten eingehalten werden, kann nicht beurteilt werden.
Wenn der Antragsgegner argumentiert, dass die im Verfahren vorgelegte Stellungnahme der Unteren Immissionsschutzbehörde vom 27. Oktober 2003 belege, dass für das Vorhaben des Beigeladenen keine schädlichen Umwelteinwirkungen zu erwarten sind, weil aus der Stellungnahme hervorgehe, dass auch bei einer Bebauung der viel näher liegenden FlNr. … keine solchen zu erwarten sind, so ist dies nicht überzeugend. Die Betroffenheit eines Grundstücks ergibt sich aus dem Zusammenspiel vieler Faktoren, die hier unterschiedlich sind. Eine zukünftige Bebauung auf der FlNr. … und die streitgegenständliche Bebauung sind z.B. schon deshalb nicht vergleichbar, weil Lärm und Geruch teils aus verschiedenen Richtungen (z.B. Pferdestall, Streichelzoo mit Schafen) auf die Vorhaben treffen, auch liegen die verschiedenen Emissionsquellen nicht gleich weit entfernt. Unabhängig davon wird antragsgegnerseits bereits verkannt, dass die vorgelegte Stellungnahme der Unteren Immissionsschutzbehörde des Landratsamtes vom 27. Oktober 2003 zur Beurteilung schon deshalb nicht herangezogen werden kann, weil sie ganz offensichtlich nicht den derzeitigen Betrieb der Antragstellerin betrachtet hat. Anlass der Stellungnahme war ausweislich ihres Textes eine beantragte Tektur zum bestehenden Reiterhof mit Gastronomie, Gästehäusern, Stallungen, Reithalle, Reitplätzen etc. der Antragstellerin. Beurteilt werden sollten (neben Lichteinwirkungen) Lärmeinwirkungen aus dem Betrieb einer Freischankfläche mit 30 Sitzplätzen. Bei Einhaltung der verfügten Auflagen, die laut Stellungnahme des Antragsgegners auch in einem Bescheid vom 3. August 2004 Niederschlag gefunden hätten, würden schädliche Einwirkungen der Wohnnachbarschaft sicher vermieden. Die dieser Beurteilung zugrundeliegenden Tatsachen entsprechen ersichtlich bereits deshalb nicht mehr dem aktuellen Betrieb der Antragstellerin, da die Freischankfläche nach den Angaben der Antragstellerin über 80 Sitzplätze verfügt. Dass und ob der übrige Betrieb der Antragstellerin noch in weiteren Aspekten vom Stand bei Verfassung der Stellungnahme vom 27. Oktober 2003 abweicht, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, doch bei lebensnaher Betrachtung ist davon auszugehen, dass sich der Betrieb der Antragstellerin in den letzten fast 20 Jahren verändert hat und dies wohl auch in Richtung einer Erweiterung gegangen ist. Zumindest was die Anzahl von Außensitzplätzen angeht, ist dies jedenfalls der Fall. Sollte die in der vorgelegten Stellungnahme vom 27. Oktober 2003 geforderten Auflagen im erwähnten Bescheid vom 3. August 2004 festgesetzt worden sein und immer noch gelten, bedeutet dies im Übrigen keineswegs, dass damit das Vorhaben des Beigeladenen einer unzumutbaren Lärmbelästigung nicht ausgesetzt wird. Die FlNr. … ist immer noch nicht mit Wohnbebauung bebaut, die Auflage zu den einzuhaltenden 54 dB(A) ist daher bezüglich der FlNr. … weiter suspendiert, muss diesbezüglich also nicht eingehalten werden. Auch liegt der Auflage, wie ausgeführt, ein anderer Betriebsumfang zugrunde. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der jetzige Betrieb die 54 dB(A) einhalten kann. Zudem lassen sich, wie bereits ausgeführt, auch bei Einhaltung der 54 dB(A) bei der FlNr. …, nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung keine Rückschlüsse auf die Lärmbelastung am Vorhaben ziehen.
Was die Geruchsemissionen angeht, liegt eine aussagekräftige immissionsschutzfachliche Untersuchung nicht vor. Der pauschale Hinweis des Antragsgegners, das die hinzutretende Bebauung die vorhandene Geruchsbelastung in einem Dorfgebiet im touristisch geprägten … – auch ohne Nachweise – hinnehmen und sich hierauf einstellen müsse, überzeugt nicht, denn auch hier kann eine Geruchsbelastung im Einzelfall unzumutbar sein. Nachdem in der Vergangenheit für die Beurteilung von Geruchsemissionen aus der Pferdehaltung keine Normen oder technische Regelwerke existierten, wurden von der Rechtsprechung die entsprechenden Regelwerke für die Rinderhaltung als Orientierungshilfe angewendet. Hält ein Vorhaben zur Haltung von Pferden die Mindestabstände ein, die die entsprechenden Regelwerke für die Rinderhaltung vorsehen, dann sind dem Nachbarn die durch die Pferdehaltung verursachten Immissionen zumutbar. Ist das nicht der Fall, ist eine gesonderte Einzelfallbetrachtung vorzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 2.9.2010 – 14 ZB 10.604 – juris Rn. 17). Mittlerweile wird auch in der Arbeitshilfe des Bayerischen Arbeitskreises „Immissionsschutz in der Landwirtschaft“ in Kap. 3.3.2 „Pferdehaltungen“ empfohlen, sich an den bayerischen Abstandsempfehlungen für Rinderhaltungen zu orientieren (vgl. auch: VG Würzburg, B.v. 23.11.2020 – W 5 S 20.1648 – juris Rn. 43). Abstandsdiagramme und Hinweise zur Einzelfallprüfung etc. wurden in die Regelung übernommen. Ob unzumutbare Geruchsbelästigungen beim Wohnvorhaben des Beigeladenen eintreten, kann ohne aussagekräftige immissionsschutzfachliche Stellungnahme, die den aktuell genehmigten Betrieb der Antragstellerin betrachtet und z.B. die Verteilung der Pferde auf die Ställe, Lüftung, Entmistung und Mistlagerung etc. berücksichtigt, von der Kammer nicht beurteilt werden. Es bedarf daher weiterer Sachverhaltsaufklärung im Hauptsacheverfahren. Was die Geruchsbelastung aus der Schafhaltung (ca. 15 Tiere), die nur wenige Meter nördlich von dem Wohnvorhaben des Beigeladenen gehalten werden, angeht, gilt im Ergebnis nichts anderes.
Richtig ist der Einwand des Antragsgegners, dass in die Betrachtung, ob eine heranrückende Wohnbebauung rücksichtlos ist, auch der Umstand, ob bei seiner Verwirklichung auf naheliegende, technisch mögliche und wirtschaftlich vertretbare Gestaltungsmittel oder bauliche Vorkehrungen verzichtet wird, die die Betroffenheit der Wohnnutzung spürbar mindern würden, einzustellen ist. § 15 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. BauNVO begründet somit auch die Obliegenheit des Bauherrn, durch ihm mögliche und zumutbare Maßnahmen der „architektonischen Selbsthilfe“ z.B. in Bezug auf die Stellung des Gebäudes auf dem Grundstück, den äußeren Zuschnitt des Hauses, die Anordnung der Wohnräume und der notwendigen Fenster, gegebenenfalls auch durch die Gestaltung von Außenwohnbereichen, auf die Lärmemissionen einer benachbarten emittierenden Anlage Rücksicht zu nehmen. Auch insoweit begründet die zeitliche Priorität der emittierenden Anlage eine besondere Pflichtigkeit eines später heranrückenden Wohnbauvorhabens (vgl. BVerwG, U.v. 23.9.1999 – 4 C 6/98 – juris Rn. 28). Abgesehen davon, dass der Beigeladene durchaus solche Maßnahmen, wenngleich wohl nicht alle möglichen, ergriffen hat – so wurden nach Norden weder Terrasse noch Balkone geplant und die im Erdgeschoß befindliche Wohnung wurde abgewandt von dem Betrieb der Antragstellerin im Westen des Gebäudes positioniert – ist der Kammer die Einstellung dieses Aspektes in die Betrachtung, ob das Gebot der Rücksichtnahme verletzt ist, bereits deshalb nicht möglich, weil nach oben Gesagtem schon nicht klar ist, ob und wenn ja, welche Immissionsrichtwerte eingehalten werden oder ob die für Gerüche vorgeschriebene Abstände etc. eingehalten werden.
Schließlich kann eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme auch nicht mit der Begründung verneint werden, dass das hinzutretende Bauvorhaben des Beigeladenen aufgrund ohnehin schon bestehender schutzwürdiger Wohnbebauung nicht zu weiteren Einschränkungen für die Antragstellerin führen kann. Zwar kommt es bei einer an eine emissionsträchtige Anlage „heranrückenden“ Wohnbebauung auch darauf an, ob die Anlage aufgrund einer schon vorhandenen schutzwürdigen Bebauung ohnehin schon Rücksicht nehmen muss (vgl. BayVGH, U.v. 14.7.2006 – 1 BV 03.2179 – juris Rn. 42, 48). Eine Rücksichtslosigkeit aufgrund einer heranrückenden Wohnbebauung zu Lasten eines bestehenden geruchs- oder lärmemittierenden Betriebs ist nämlich grundsätzlich ausgeschlossen, wenn das neue störempfindliche Vorhaben (hier: das streitgegenständliche Wohnbauvorhaben) in der Nachbarschaft eines „störenden Betriebs“ (hier: der Betrieb der Antragstellerin) für diesen keine weiteren Einschränkungen zur Folge haben wird, weil er schon auf eine vorhandene, in derselben Weise störempfindliche Bebauung Rücksicht nehmen muss (vgl. BVerwG, B.v. 3.12.2009 – 4 C 5.09 – ZfBR 2010, 262 = juris Rn. 14; BayVGH, B.v. 21.8.2018 – 15 ZB 17.2351 – juris Rn. 12, B.v. 24.4.2014 – 15 ZB 13.1167 – juris Rn. 13 m.w.N., B.v. 6.11.2015 – 9 ZB 15.944 – juris Rn. 9, B.v. 5.4.2016 – 15 ZB 14.2792 – juris Rn. 4). Es ist daher zu prüfen, ob eine Bestandsschutz genießende Wohnbebauung (vgl. BayVGH, B.v. 21.8.2018 – 15 ZB 17.2351 – juris Rn. 12) in derselben Emissionsrichtung (vgl. BayVGH, U.v. 14.7.2006 – 1 BV 03.2179 – juris Rn. 48) dem Betrieb der Antragstellerin bereits jetzt Grenzen setzt, die durch das hinzukommende Wohnvorhaben des Beigeladenen nicht zum Nachteil der Antragstellerin verändert werden könne.
Es spricht schon einiges dafür, dass aufgrund des streitgegenständlichen Vorhabens, trotz bereits vorhandener Wohnbebauung, weitere Immissionsschutzauflagen zu befürchten sind. Sofern im unmittelbar östlich an das geplante Bauvorhaben des Beigeladenen liegenden Nebengebäude ein Stall untergebracht ist, gibt es in dieser Emissionsrichtung keine weitere Wohnbebauung, die näher an diesem Emissionsort liegt, so dass aufgrund des streitgegenständlichen Vorhabens mit weiteren Immissionsschutzauflagen zu Lasten der Antragsgegnerin durchaus zu rechnen ist. Doch selbst wenn von diesem Gebäude ausgehend keine Geräusch- und/oder Geruchsemissionen zu erwarten sind, spricht viel dafür, dass das streitgegenständliche Vorhaben zu (weiteren) Immissionsschutzauflagen zu Lasten der Antragstellerin führen kann. Zwar gibt es in der Nachbarschaft des Reiterhofes durchaus Wohnbebauung, die ihrerseits dem Betrieb Grenzen setzt. Die etwa in Betracht kommenden Wohnanwesen … Hausnrn. …, …, …, …, … liegen von der Mehrheit der Emissionsquellen des Betriebes der Antragstellerin aber weiter weg als das Bauvorhaben des Beigeladenen, so dass davon auszugehen ist, dass das Bauvorhaben des Beigeladenen durchaus zu Immissionsschutzauflagen zu Lasten der Antragstellerin führen kann. Was die im Eigentum der Antragstellerin stehende FlNr. …, auf der sich ausweislich des Hofplanes das … (Ferienwohnungen) und nach dem Vortrag des Antragsgegners genehmigte Wohnnutzung befindet ( … ), angeht, liegt diese Bebauung hinsichtlich einiger Emissionsquellen zwar (ungefähr) in derselben Emissionsrichtung wie das Wohnvorhaben des Beigeladenen. Dennoch liegt das Wohnvorhaben des Beigeladenen etwas näher an der lärmemittierenden Freischankfläche südlich des Hotels als die Wohnnutzung/Ferienwohnungen auf der FlNr. … und auch näher an dem Zufahrtsweg nördlich des Wohnvorhabens des Beigeladenen, ist damit wohl stärkeren Lärmemissionen ausgesetzt. Was den Geruch angeht, liegt das Bauvorhaben des Beigeladenen wiederum näher an den emittierenden Pferdeställen und dies auch dann, wenn im unmittelbar östlich an das Vorhaben angrenzenden Nebengebäude kein Stall untergebracht ist. Was den Streichelzoo mit der Schafzucht angeht, dürfte die Wohnnutzung/Ferienwohnungen auf der FlNr. … näher daran liegen, jedoch handelt es sich hier schon um unterschiedliche Emissionsrichtungen. Die Wohnnutzung/Ferienwohnungen auf der FlNr. … ist wiederum weiter von der Pferdehaltung entfernt als das Vorhaben des Beigeladenen.
Letztlich kann von der Kammer ohne weitere Sachverhaltsaufklärung im Hauptsacheverfahren nicht abschließend beurteilt werden, ob das Bauvorhaben des Beigeladenen als neues störempfindliches Vorhaben in der Nachbarschaft des „störenden Betriebs“ der Antragstellerin für diesen keine weiteren Einschränkungen zur Folge haben kann, weil dieser schon auf eine vorhandene, in derselben Weise störempfindliche Bebauung Rücksicht nehmen muss, da es auf die auf eine Wohnbebauung einwirkende Gesamtbelastung an Lärm bzw. Geruch ankommt, für die eine Vielzahl von Faktoren maßgeblich ist. Es liegt hier keine Konstellation vor, bei der es schon ganz offensichtlich ausgeschlossen erscheint, dass das neue Vorhaben weitere Immissionsschutzanforderung an die Antragstellerin zur Folge haben wird, etwa weil das hinzutretende Vorhaben deutlich weiter vom Emissionsort weg liegt als die vorhandene schutzwürdige Wohnbebauung, die dem Vorhaben bereits Grenzen setzt.
e) Sind die Erfolgsaussichten der Klage offen, ist über den Antrag aufgrund einer (reinen) Interessenabwägung zu entscheiden. Diese fällt hier – auch unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens, nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 212a Abs. 1 BauGB das Interesse des Bauherrn, von einer noch nicht bestandskräftigen Baugenehmigung Gebrauch machen zu können, zu stärken – zu Lasten des Beigeladenen aus. Bei der Interessenabwägung muss zu Gunsten des Bauherrn – hier des Beigeladenen – berücksichtigt werden, dass die Anfechtungsklage der Antragstellerin nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 212a Abs. 1 BauGB keine aufschiebende Wirkung hat. Hierdurch werden in einem gewissen Ausmaß die Gewichte bei der Interessenabwägung zugunsten des Bauherrn verschoben, was aber nicht bedeutet, dass sich in den von § 212a Abs. 1 BauGB erfassten Fällen das Vollzugsinteresse gegenüber dem Aufschubinteresse automatisch durchsetzt (vgl. BayVGH, B.v. 5.5.2022 – 9 CS 22.3 – juris 31, B.v. 27.10.2017 – 15 CS 17.2061 – juris Rn. 34 m.w.N.). Die Vorschrift soll Investitionen und das Entstehen von Arbeitsplätzen fördern (vgl. BT-Drs. 13/7589, S. 30). Ein gesetzgeberischer Wille, dass dem Vollzugsinteresse gegenüber den Interessen Dritter (insbesondere von Nachbarn) regelmäßig der Vorrang einzuräumen ist, lässt sich der Regelung des § 212a BauGB hingegen nicht entnehmen. Die nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO erforderliche Abwägung wird deshalb von § 212a Abs. 1 BauGB zwar in der Weise vorstrukturiert, dass dem Vollzugsinteresse ein erhebliches Gewicht beizumessen ist; die Abwägung wird aber nicht präjudiziert (vgl. BayVGH, B.v. 5.5.2022 – 9 CS 22.3 – juris Rn. 31, B.v. 23.11.2016 – 15 CS 16.1688 – juris Rn. 77 m.w.N.).
Die Interessenabwägung fällt trotz der gesetzgeberischen Wertung aus § 212a BauGB aufgrund der besonderen Umstände zugunsten der Antragstellerin und zu Lasten des Beigeladenen bzw. des Antragsgegners aus. Hierfür spricht vor allem, dass mit Fertigstellung des schon begonnenen Bauvorhabens des Beigeladenen die Wohnnutzung alsbald ausgeübt wird, die mit unzumutbaren Lärm- und/oder Geruchsbelästigungen durch den Betrieb der Antragstellerin einhergehen könnte. Dies könnte dazu führen, dass der Antragstellerin seitens des Antragsgegners Immissionsschutzauflagen auferlegt werden. Wie bereits ausgeführt liegt in der Aussage des Antragsgegners, dass mögliche Beschwerden über den Betrieb der Antragstellerin, nach Prüfung des Einzelfalles, sehr wahrscheinlich auf den Privatrechtsweg verwiesen würden, da für ein amtliches Tätigwerden das öffentliche Interesse fehlen dürfte, insbesondere keine Zusicherung, Art. 38 BayVwVfG, dahingehend, dass die Antragstellerin mit keinerlei Verschlechterung der rechtlichen immissionschutzrechtlichen Rahmenbedingungen zu rechnen hat. Die diesbezügliche Unsicherheit hinsichtlich der Verletzung des Rücksichtnahmegebotes ist gerade auf die nicht vorhandene Ermittlung der Immissionssituation seitens des Antragsgegners zurückzuführen, der weder von dem Beigeladenen ein immissionsschutzfachliches Gutachten verlangt hat noch selbst im Genehmigungsverfahren oder im gerichtlichen Verfahren eine aussagekräftige immissionsschutzfachliche Stellungnahme abgegeben hat. Im Hinblick auf das Gebot der Gewährleistung effektiven Rechtschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) ist nach alledem das Schutzinteresse der Antragstellerin, vor (weiteren) Immissionsschutzauflagen bis zur Entscheidung in der Hauptsache verschont zu bleiben, höher zu gewichten als das Vollzugsinteresse des Beigeladenen, zumal bis zum Abschluss des Klageverfahrens aufgrund der Klärung der immissionsschutzrechtlichen Fragen noch Monate verstreichen können.
2. Bezüglich des in Ziffer II. formulierten Antrages, in welchem die Verpflichtung des Beigeladenen zur Einstellung der Bauarbeiten und zur Unterlassung von Maßnahmen zur Ausführung des Bauvorhabens begehrt wird, bleibt das Begehren ohne Erfolg. Das Gericht wertet den Antrag als einen Antrag auf Anordnung von Sicherungsmaßnahmen i.S.d. § 80a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO. Für die Anordnung derartiger Sicherungsmaßnahmen bedarf es eines hinreichenden konkreten Grundes. Der vorgetragene Baubeginn ist kein solcher Grund (vgl BayVGH, B.v. 5.5.2022 – juris Rn. 33; VG Ansbach, B.v. 11.9.2020 – AN 17 S 20.00707 – juris). Einem gerichtlichen Aussetzungsbeschluss brauchen nicht vorbeugend Sicherungsmaßnahmen beigefügt werden. Andernfalls würde man dem Beigeladenen, der aufgrund der ergangenen Baugenehmigung vom 28. Dezember 2021 mit den Bauarbeiten bereits begonnen hat, letztlich vorhalten, dass er von der durch § 212a BauGB gesetzlich legitimierten Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, mit der Verwirklichung eines baurechtlich genehmigten Bauvorhabens trotz eines anhängigen Nachbarrechtsbehelfs zu beginnen. Dies allein reicht aber für den Erlass gerichtlicher Sicherungsmaßnahmen auf der Grundlage des § 80a Abs. 3 i.V. m. § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO keinesfalls aus. Weiter gibt es keinerlei Anlass davon auszugehen, dass der Beigeladene und auch der Antragsgegner als Bauaufsichtsbehörde der in Ziffer 1 dieses Beschlusses erfolgten Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Nachbarklage nicht in der gebotenen Weise Folge leisten werden.
3. Die Ausführungen am Ende des Antragsschriftsatzes, in welchem das Gericht gebeten wird, dem Beigeladenen schnellstmöglich aufzugeben, die Bauarbeiten bis zur Entscheidung über den Eilantrag einzustellen, sind nach verständiger Würdigung des Gemeinten nicht als formaler Antrag auf einen „Hängebeschluss“ aufzufassen, wofür sowohl der Wortlaut als auch die Tatsache spricht, dass die Bitte nicht etwa unter III. als Antrag aufgeführt würde, sondern vielmehr als Fließtext erst am Ende des Schriftsatzes. Überdies käme ein Hängebeschluss nur im Ausnahmefall in Betracht, nämlich dann, wenn effektiver Rechtschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG nicht anders gewährt werden kann. Ist es dem angerufenen Verwaltungsgericht nicht möglich, die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wenigstens summarisch zu prüfen, sind zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes auch im Rahmen einer „herkömmlichen“ Entscheidung nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO allein die einander gegenüberstehenden Interessen unter Berücksichtigung der mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage einerseits und deren Ablehnung andererseits verbundenen Folgen zu gewichten (vgl. BayVGH, B.v. 17.12.2020 – 15 CS 20.3007 – juris Rn. 15), wie es das Gericht vorliegend auch getan hat. Somit ist effektiver Rechtschutz gewährleistet und eines Hängebeschlusses bedurfte es nicht.
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 155 Abs. 1 Satz 3, 161 Abs. 1 VwGO. Das Unterliegen der Antragstellerin ist so geringfügig, dass es der Kammer gerechtfertigt erscheint, dem Antragsgegner die volle Kostenlast aufzuerlegen. Da der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat, können ihm Kosten nicht auferlegt werden. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nummern 1.5, 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.


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