Baurecht

Anordnung eines Untersuchungsprogramms für Detailuntersuchung einer Altablagerung – ehem. Kiesgrube

Aktenzeichen  Au 9 K 21.314

Datum:
7.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 15257
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1
BBodSchG § 4 Abs. 3 S. 1, § 9 Abs. 2
BBodSchV § 3 Abs. 4
BayVwVfG Art. 37
LStVG Art. 9
VwZVG Art. 31

 

Leitsatz

1. Konkrete Anhaltspunkte, die den hinreichenden Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast im Sinne des BBodSchG begründen, liegen in der Regel schon dann vor, wenn Untersuchungen eine Überschreitung von Prüfwerten ergeben oder wenn aufgrund einer Bewertung nach § 4 Abs. 3 BBodSchV – Sickerwasserprognose – eine Überschreitung von Prüfwerten zu erwarten ist (§ 3 Abs. 4 BBodSchV). (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Verwaltungsakt ist nicht schon unbestimmt, wenn seine Regelung für eine mit dem betreffenden Fachrecht nicht vertraute Person nicht ohne weiteres verständlich ist. Entscheidend ist, ob der Adressat und die mit dem Vollzug befasste Behörde den Entscheidungsinhalt aufgrund der Gesamtumstände des Einzelfalls zutreffend erfassen und ihr künftiges Verhalten danach ausrichten können. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
3. § 4 Abs. 3 S. 1 BBodSchG gibt bei der Inanspruchnahme zwischen Handlungsstörer und Zustandsstörer kein Rangverhältnis vor, sodass die Auswahlentscheidung dem behördlichen Ermessen unterliegt. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Belastung des Eigentümers mit den Kosten einer Sanierungsmaßnahme muss diesem zumutbar sein. Wird der Verkehrswert von den Kosten überschritten, entfällt in der Regel das Interesse des Eigentümers an einem künftigen privatnützigen Gebrauch des Grundstücks, und er kann noch nicht einmal damit rechnen, die entstehenden Kosten durch Veräußerung des Grundstücks gedeckt zu halten. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.   

Gründe

Die Klage bleibt ohne Erfolg. Sie ist, soweit sie sich auf Aufhebung der unter Nr. 2 des Bescheids vom 13. Januar 2021 angeordneten sofortigen Vollziehung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO) richtet, bereits unzulässig, im Übrigen unbegründet.
1. Soweit die Klage auf Aufhebung der sofortigen Vollziehung in Nr. 2 des mit der Klage angegriffenen Bescheids des Landratsamts … vom 13. Januar 2021 gerichtet ist, ist die Klage bereits unzulässig. Gerichtlicher Rechtsschutz gegen die in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids getroffene Anordnung der sofortigen Vollziehung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) ist ausschließlich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthaft. Das diesbezügliche Rechtsschutzverfahren (Az. Au 9 S 21.329) wurde mit Gerichtsbeschluss vom 26. März 2021 rechtskräftig abgeschlossen.
2. Soweit die Klage im Übrigen als Anfechtungsklage im Sinne des § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO zulässig und insbesondere statthaft ist, ist die Klage unbegründet. Der mit der Klage angegriffene Bescheid des Landratsamts … vom 13. Januar 2021 ist in Bezug auf die Untersuchungsanordnung (Nr. 1 des Bescheids) sowie die Androhung von Zwangsgeldern in Nr. 3 des Bescheids rechtmäßig und nicht geeignet, den Kläger in seinen Rechten zu verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die streitgegenständliche Verpflichtung des Klägers zur Vorlage eines Untersuchungsprogramms für eine Detailuntersuchung einer Altablagerung im südlichen Bereich des in seinem Eigentum stehenden Grundstücks Fl.Nr. … der Gemarkung … (Nr. 1.1 des Bescheids) und zur Vorlage einer entsprechenden Auftragsbestätigung (Nr. 1.2 des Bescheids) ist rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für die in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids getroffenen Anordnungen ist § 9 Abs. 2 BBodSchG. Danach kann die zuständige Behörde anordnen, dass die in §§ 4 Abs. 3, 5 und 6 BBodSchG genannten Personen die notwendigen Untersuchungen zur Gefährdungsabschätzung durchzuführen haben, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte der hinreichende Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung oder eine Altlast besteht. Weiterhin kann verlangt werden, dass die Untersuchungen von Sachverständigen nach § 18 BBodSchG durchgeführt werden. Hierauf wurde in Nr. 1.2 des streitgegenständlichen Bescheids auch hingewiesen, wenngleich in der Anordnung vom Kläger lediglich verlangt wurde, eine Auftragsbestätigung eines Fachbüros vorzulegen. Die in § 4 BBodSchG normierten Untersuchungs- und Sanierungspflichten zur Gefahrenabwehr und Störungsbeseitigung erstrecken sich dabei auch auf schädliche Bodenveränderungen und Altlasten, die – wie hier – vor Inkrafttreten des Gesetzes verursacht wurden (vgl. BVerwG, U.v. 16.3.2006 – 7 C 3.05 – juris Rn. 14 ff.).
Hinsichtlich der ehemaligen Kiesgrube (Betrieb und Ausbeute in den Jahren 1956 bis 1962) hat das zuständige Landratsamt zurecht den hinreichenden Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung angenommen. Das Gericht ist weiter der Auffassung, dass der Kläger als Zustandsverantwortlicher in Anspruch genommen werden konnte. Auch im Hinblick auf die inhaltliche Bestimmtheit der Anordnungen im Sinne des Art. 37 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) bestehen keine Bedenken.
(a) Der Beklagte geht zurecht davon aus, dass aufgrund konkreter Anhaltspunkte der hinreichende Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung im Sinne von § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG besteht. Schädliche Bodenveränderungen sind Beeinträchtigungen der Bodenfunktionen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den Einzelnen und die Allgemeinheit herbeizuführen (§ 2 Abs. 3 BBodSchG). Konkrete Anhaltspunkte, die den hinreichenden Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast im Sinne des BBodSchG begründen, liegen in der Regel schon dann vor, wenn Untersuchungen eine Überschreitung von Prüfwerten ergeben oder wenn aufgrund einer Bewertung nach § 4 Abs. 3 BBodSchV – Sickerwasserprognose – eine Überschreitung von Prüfwerten zu erwarten ist (§ 3 Abs. 4 BBodSchV). Bei Anwendung dieser Grundsätze liegt im vorliegenden Fall ein hinreichender Verdacht im Sinne des § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG vor. Im Auftrag der Stadt … wurden durch die Fachfirma Geobüro … auf dem streitgegenständlichen Grundstück am 6. November 2019 eine Boden- und Grundwasseruntersuchung vorgenommen, deren Ergebnisse im Gutachten vom 21. Februar 2020 dokumentiert wurden. In den entnommenen Bodenproben wurden deutliche Belastungen durch PAK, Arsen und MKW festgestellt. Die ermittelten Maximalwerte überstiegen dabei die im LfW-Merkblatt 3.8/1 „Untersuchung und Bewertung von Altlasten, schädlichen Bodenveränderungen und Gewässerverunreinigungen – Wirkungspfad Boden-Gewässer“, Anhang 3, Tabelle 1 genannten Hilfswerte 1 für Arsen, PAK und MKW. Auch die Untersuchung des aufgeschlossenen Grundwassers erbrachte deutliche Überschreitungen des in der BBodSchV genannten Prüfwertes für PAK. Ausgehend von diesen Ergebnissen wurde das Grundstück zwischenzeitlich auch im Altlastenkataster des Freistaats Bayern erfasst. Bereits aufgrund der festgestellten Überschreitung des Prüfwerts für PAK (0,20 µg/l – festgestellt wurde ein Messwert in der Summe der Einzelparameter von 3,74 µg) ist nach der Konzeption des BBodSchG eine weitere Gefahrerforschung und -abschätzung durch Anordnung einer Detailuntersuchung vorzunehmen (§ 3 Abs. 4 Satz 2 BBodSchV). Hinzutritt auch eine wesentliche Überschreitung der Hilfswerte 1 für Arsen, PAK und MKW. Auch wenn das Merkblatt des LfW Nr. 3.8/1 „Untersuchung und Bewertung von Altlasten, schädlichen Bodenveränderungen und Gewässerverunreinigungen – Wirkungspfad Boden-Gewässer“ keinen Rechtsnormcharakter hat, stellt es nach höchstrichterlicher Rechtsprechung eine verlässliche Orientierungshilfe dar (vgl. BayVGH, B.v. 22.5.2009 – 22 ZB 08.1820 – juris Rn. 16). Diese Hilfswerte können als Entscheidungshilfe für die Gefährdungsabschätzung herangezogen werden (vgl. LfW-Merkblatt 3.8/1. Ziffer 1.2 – Begriffsbestimmungen). Auch das fachkundige Wasserwirtschaftsamt … hat unter dem 8. Oktober 2020 (Behördenakt Bl. 73) ausgeführt, dass vorliegend Schadstoffe sowohl im Feststoff wie auch im Grundwasser in nicht unbedeutenden Größenordnungen nachgewiesen worden seien und damit real existent seien. In wasserwirtschaftlicher Hinsicht sei die von diesen Schadstoffen ausgehende Gefährdung für das Grundwasser von Interesse. Zur Abschätzung der Gefährdungslage sei im Rahmen einer Detailuntersuchung die Möglichkeit der Grundwasserverunreinigung zu prüfen. Der Untersuchungsbericht der Firma Geobüro … sowie die fachliche Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts … zur Erforderlichkeit einer Detailuntersuchung sind für das Gericht schlüssig und plausibel. Die im Untersuchungsbericht vom 21. Februar 2020 festgestellten Werte und das Vorliegen einer Altlastenfläche werden vom Kläger im Übrigen auch nicht in Frage gestellt.
(b) Die Anordnung begegnet auch keinen Bedenken im Hinblick auf ihre inhaltliche Bestimmtheit.
Nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das Erfordernis der inhaltlich hinreichenden Bestimmtheit dient dabei vor allem der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts bedeutet, dass aus der getroffenen Regelung, d.h. aus dem Entscheidungssatz und dem Zusammenhang mit den Gründen, für den Adressaten die Regelung, die den Zweck, Sinn und Inhalt des Verwaltungsakts ausmacht, so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, dass er sein Verhalten danach ausrichten kann. Der Entscheidungsinhalt muss dabei für den Adressaten nach Art und Umfang aus sich heraus verständlich sein und den Adressaten in die Lage versetzen, zu erkennen, was genau von ihm gefordert wird bzw. was in der ihn betreffenden Sache geregelt oder verbindlich durch Verwaltungsakt festgestellt wird. Insbesondere muss der Regelungsgehalt des Verwaltungsakts erkennbar sein, ohne dass es dazu erst besonderer Überlegungen, Rückfragen etc. bedarf. Der Wille der Behörde muss so vollständig zum Ausdruck kommen und unzweideutig, wenn auch durch Auslegung gewonnen, für den Beteiligten erkennbar sein. Dabei ist nicht auf die Vorstellungen oder den subjektiven wirklichen oder gegebenenfalls hypothetischen Willen der Behörde abzustellen, sondern auf den objektiven Erklärungswert und Erklärungsinhalt des dem betroffenen Adressaten mitgeteilten Inhalt des Verwaltungsakts, so wie sich dieser dem Betroffenen darstellt und nach Treu und Glauben verstanden werden darf und muss. Unklarheiten gehen dabei zu Lasten der Behörde (vgl. zum Ganzen Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2020, § 37 Rn. 14 ff.; SächsOVG, B.v. 8.2.2011 – 4 A 637/10 – juris Rn. 24; BayVGH, B.v. 1.8.2016 – 10 CS 16.893 – juris Rn. 25).
Dem Bestimmtheitsgebot wird nicht genügt, wenn und soweit nur die Wiederholung des Inhalts einer Gesetzesvorschrift mit gleichen oder anderen Worten erfolgt, ohne dass eine Konkretisierung auf den Einzelfall vorgenommen wird und so die Wertung dem Adressaten selbst überlassen bleibt (Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9 Aufl. 2018, § 37 Rn. 27). Die Verwendung generalisierender Begriffe ist möglich, wenn sie eine Bestimmbarkeit im konkreten Fall gestatten, etwa durch die Beifügung von Beispielen. Zudem ist maßgeblich, welches Maß an Bestimmtheit der Behörde zur Regelung des fraglichen Sachverhalts überhaupt möglich ist. Die Anforderung an die Bestimmtheit dürfen nur so hoch gesteckt werden, dass sie bei normalem, dem Sachverhalt angemessenen Verwaltungsaufwand noch erfüllbar bleiben. Keinesfalls dürfen sie den Erlass eines Verwaltungsakts auf der Grundlage bestimmter Ermächtigungen praktisch ausschließen (Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 37 Rn. 5). Zudem ist nicht notwendig, dass der Inhalt der Regelung im Entscheidungssatz so zusammengefasst ist, dass er alle Punkte aus sich heraus verständlich darstellt; es genügt vielmehr, dass sich der Regelungsgehalt aus dem Bescheid insgesamt einschließlich seiner von der Behörde gegebenen Begründung ergibt (Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, a.a.O., § 37 Rn. 3).
In ganz besonderem Maße gelten diese Anforderungen an die Bestimmtheit eines Verwaltungsakts dann, wenn durch diesen dem Adressaten ein bestimmtes Verhalten auferlegt wird und die Nichtbefolgung behördliche Zwangsmittel nach sich zieht. In solchen Fällen muss der Verwaltungsakt einen vollstreckungsfähigen Inhalt aufweisen, was dann nicht der Fall ist, wenn die Verfügung unklar oder unvollständig ist oder Raum für unterschiedliche Interpretationen lässt (vgl. HessVGH, B.v. 19.12.2014 – 2 A 761/14.Z – juris Rn. 20).
Ein Verwaltungsakt ist allerdings nicht schon dann unbestimmt, wenn seine Regelung für eine mit dem betreffenden Fachrecht nicht vertraute Person nicht ohne weiteres verständlich ist. Entscheidend ist vielmehr, ob der Adressat und die mit dem Vollzug befasste Behörde den Entscheidungsinhalt aufgrund der Gesamtumstände des Einzelfalls zutreffend erfassen und ihr künftiges Verhalten danach ausrichten können (vgl. BVerwG, U.v. 20.4.2005 – 4 C 18.03 – BVerwGE 123, 261).
Schließlich können auch Verwaltungsakte hinreichend bestimmt sein, die zunächst nur das Ziel festlegen, das der Adressat durch eigene Maßnahmen erreichen muss, die ihm aber hinsichtlich der einzusetzenden Mittel, nämlich die der Verwirklichung dieses Zieles zu treffenden Maßnahmen, Wahlfreiheit lassen und häufig auch schon im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit lassen müssen. Dass eine Verfügung nicht im Einzelnen vorschreibt, welche Maßnahmen dies zu sein haben, macht sie nicht schon aus diesem Grunde unbestimmt (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, a.a.O., § 37 Rn. 16).
Dies zugrunde gelegt begegnet die mit der Klage angegriffene Anordnung in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids vom 13. Januar 2021 keinen Bedenken hinsichtlich ihrer Bestimmtheit. Dies gilt sowohl hinsichtlich der sachlichen Reichweite der Anordnung als auch dem gewählten räumlichen Umgriff („im südlichen Bereich des Grundstücks Fl.Nr. … der Gemarkung …“). Bereits im Tenor des Bescheids ist detailliert aufgeführt, welchen Inhalt das vorzulegende Konzept für die weitere Detailuntersuchung der inmitten stehenden Altlastenfläche haben soll. Insbesondere wurde auf die jeweiligen zu untersuchenden Wirkungspfade Boden-Gewässer, Boden-Mensch, Boden-Nutzpflanze hingewiesen. Mit den in Nr. 1.1 des Bescheids festgelegten Rahmenbedingungen der geforderten Detailuntersuchung ist das vom Kläger vorzulegenden Konzept somit auf eine Detailuntersuchung gerichtet, die geeignet ist, zu einem abschließenden Ergebnis hinsichtlich der Gefährdungsabschätzung zu gelangen.
Damit genügt der Bescheid in Nr. 1.1 aber auch den gesetzlichen Anforderungen in § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG. Danach sind „notwendig“ all jene Untersuchungen, die zu einem abschließenden Ergebnis hinsichtlich der Gefährdungsabschätzung kommen. Um dem Übermaßverbot als Bestandteil des mit Verfassungsrang ausgestatteten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu entsprechen, hat die Behörde die Kriterien dafür, was im Sinne der Befugnisnorm „notwendig“ ist, festzulegen. Sie hat dabei insbesondere eine Aussage zu treffen, mit welchen Mitteln (hier: Rasterbeprobung; Sickerwasserprognose; Erstellung von Zu- und Abstrompegeln) die Untersuchungen durchzuführen sind, auf welche Parameter (Wirkungspfade) hin zu untersuchen ist, und das geforderte Untersuchungsprogramm jedenfalls in seinen Grundzügen zu bestimmen.
Der Bescheid genügt in seiner Nr. 1.1. auch in Bezug auf den geforderten räumlichen Umgriff der Untersuchung den Bestimmtheitsanforderungen des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Zumindest den am Verfahren Beteiligten ist ausweislich der teilweise vom Kläger selbst vorgelegten Luftbilder (vgl. Behördenakte Bl. 21, 24) und aufgrund der durchgeführten historischen Recherche bekannt, auf welchen Grundstücksteil sich der ehemalige Kiesabbau und dessen spätere Wiederverfüllung erstreckt hat. Eine nähere räumliche Eingrenzung ist der Behörde nicht möglich, aber nach den dargestellten Grundsätzen auch nicht erforderlich. Für den Kläger ist ausweislich des Bescheides hinreichend erkennbar, was von ihm in der Sache auf welchem Grundstücksteil verlangt wird. Insoweit ist den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes aus Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG hinreichend Genüge getan. Es kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass für den Kläger Unklarheit über den von ihm zu erkundenden Bereich besteht. Über dies fordert die dem Kläger aufgegebene Detailuntersuchung gerade auch erst das horizontale und vertikale Abgrenzen der Auffüllung in gesättigter und ungesättigter Zone (Rasterbeprobung).
(c) Die Entscheidung des Beklagten, den Kläger zur Erstellung der geforderten Detailuntersuchung heranzuziehen bleibt gerichtlich ebenfalls unbeanstandet. Als derzeitiger Grundstückseigentümer und Inhaber der tatsächlichen Gewalt über das betroffene, altlastenbehaftete Grundstück gehört dieser zu dem in § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG genannten Personenkreis. Die Ermessensentscheidung des Beklagten, ausschließlich den Kläger zur Erstellung der behördlicherseits geforderten Unterlagen heranzuziehen, ist nicht ermessensfehlerhaft (§ 114 Satz 1 VwGO). Die Ermessenserwägungen des Beklagten sind in der Sache nicht zu beanstanden. Hierbei sind auch die ergänzenden Ausführungen des Beklagten im Schriftsatz vom 11. März 2021 in die rechtliche Prüfung mit einzubeziehen. Nach § 114 Satz 2 VwGO kann die Verwaltungsbehörde ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des angefochtenen Verwaltungsakts auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen. Vorliegend hat sich der Beklagte bei der von ihm getroffenen Störerauswahl primär von dem Gesichtspunkt der Effektivität der Gefahrenabwehr leiten lassen. In der vorliegenden Konstellation durfte die Behörde bei der Abwägung deshalb maßgeblich darauf abstellen, dass der Adressat der Verfügung als Eigentümer und Inhaber der tatsächlichen Gewalt einen direkten Zugriff auf das Grundstück hat und an seiner finanziellen Leistungsfähigkeit keine grundlegenden Zweifel bestehen. Sachgerecht hat der Beklagte insbesondere im Schriftsatz vom 11. März 2021 weiter darauf verwiesen, dass die Tatsache, dass der Betrieb der Kiesgrube in den Jahren 1956 bis 1962 betrieben wurde, eine Rekonstruktion der jeweiligen Verhaltensverantwortlichkeiten erschwere. Mögliche Handlungsstörer seien nicht mehr existent bzw. verstorben. Auch eine Inanspruchnahme des Vaters des Klägers nach § 4 Abs. 6 BBodSchG (die Übertragung des Grundstücks an den Kläger erfolgte erst am 19. September 2001) scheide aufgrund dessen finanzieller Situation aus. Vor diesem vom Beklagten schlüssig dargelegten Hintergrund bestehen für das Gericht keine Zweifel, dass der Kläger als derzeitiger alleiniger Zustandsverantwortlicher im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG zu den geforderten Untersuchungsmaßnahmen herangezogen werden konnte. Aufgrund des Gebots effektiver Gefahrenabwehr soll überdies die Erforschung der Gefährdung so wenig wie möglich unter tatsächlichen Schwierigkeiten bei der Feststellung des Verpflichteten leiden; diese Fragen müssen nach der Konzeption des Gesetzgebers vielmehr nachträglich im Verfahren über die Kostenverteilung nach § 24 BBodSchG geklärt werden (vgl. BayVGH, B.v. 18.4.2007 – 22 ZB 07.222 – juris Rn. 17).
Ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass selbst für den Fall, dass für den betreffenden Grundstücksteil noch Handlungsverantwortliche vorhanden wären, dies einer alleinigen Inanspruchnahme des Klägers aus Effektivitätsgesichtspunkten nicht entgegenstehen würde. § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG gibt nämlich bei der Inanspruchnahme zwischen Handlungsstörer und Zustandsstörer kein Rangverhältnis vor, sodass die Auswahlentscheidung dem behördlichen Ermessen unterliegt. Gerade auch infolge des Umstandes, dass der Betrieb der Kiesgrube und deren Verfüllung Jahrzehnte zurückliegt und § 9 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 3 BBodSchG insbesondere den Zweck verfolgt, eine schnelle und effektive Gefährdungsabschätzung zu ermöglichen und gleichzeitig die öffentliche Hand von finanziellen Lasten freizuhalten (vgl. OVG NW, U.v. 20.5.2015 – 16 A 1686/09 – juris Rn. 185) ist vorliegend die (alleinige) Inanspruchnahme des Klägers nicht zu beanstanden. Sie erscheint insbesondere unter Berücksichtigung der Historie der Altlast nachvollziehbar und sachgerecht.
(d) Die Anordnung ist schließlich auch verhältnismäßig. Es ist nicht ersichtlich, dass die angeordneten Untersuchungsmaßnahmen (Detailuntersuchung und Auftrag an eine Fachfirma) nicht geeignet, erforderlich und angemessen sind, um das mit ihnen verfolgte Ziel – Gefahrabschätzung und Sammlung von Daten als Grundlage für zukünftiges behördliches Handeln – zu erreichen. Ebenfalls sind keine milderen Mittel ersichtlich, mit denen das verfolgte Ziel herbeizuführen wäre.
Die Rechtmäßigkeit der in Nr. 1 getroffenen Anordnungen gegenüber dem Kläger wird in Bezug auf die Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Kläger darauf hingewiesen hat, dass das streitgegenständliche Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung … ursprünglich Teil eines wesentlich größeren Kiesabbaugebiets gewesen sei, so dass sich aus Gründen der Kostenersparnis die Erstreckung der Untersuchungsanordnungen auf das gesamte damalige Kiesabbaugebiet und damit mehrere Verpflichtete hätte aufdrängen müssen. Vorliegend stand für die Behörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung über den Erlass der Untersuchungsanordnung und dem gebotenen räumlichen Umgriff bereits gar nicht fest, ob es sich bei dem übrigen Kiesabbaugebiet, auf welches der Kläger verweist, überhaupt ebenfalls um Altlastenverdachtsflächen handelt. Dies hängt nämlich maßgeblich davon ab, mit welchen Materialien die entsprechenden Abgrabungsflächen nach Einstellung des Kiesabbaus verfüllt worden sind. Dass die Verfüllung bei allen vom Kläger bezeichneten Flächen der näheren Umgebung identisch ist, so dass von der Schadstoffbelastung seines Grundstücks auf das Vorliegen von Altlasten auf den übrigen Kiesabbauflächen geschlossen werden könnte, ist nicht ersichtlich. Insoweit fehlt es, worauf auch der Beklagte zutreffend hingewiesen hat, bereits an zunächst von Amts wegen zu veranlassenden orientierenden Untersuchungen auf den übrigen Flächen. Beim klägerischen Grundstück hingegen liegt eine derartige orientierende Abschätzung zur vorhandenen Altlast durch das von der Stadt … in Auftrag gegebene Gutachten der Firma Geobüro … bereits vor. Dieser Umstand rechtfertigt es, die Untersuchungsanordnung derzeit auf das Grundstück des Klägers zu beschränken. Der Beklagte hat ebenfalls darauf hingewiesen, dass sofern sich aus der vom Kläger geforderten Untersuchung Anhaltspunkte für weitere Altlastenverdachtsflächen auf anderen Grundstücken ergeben würden, auch entsprechende Anordnungen gegenüber anderen Grundstückseigentümern erlassen würden.
Auch die dem Kläger ursprünglich gesetzten Fristen begegnen keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Insbesondere liegt gerade keine rechtliche Verkürzung der Klagefrist aus § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO vor, wie vom Kläger beanstandet wurde. Insoweit übersieht er, dass in Bezug auf die Verpflichtungen des Klägers aus Nr. 1.1 und 1.2 des Bescheids in Nr. 2 der Sofortvollzug (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) angeordnet wurde.
Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass die mit der Erfüllung der vom Landratsamt … geforderten Untersuchungsmaßnahmen verbundenen Kosten außer Verhältnis zum aktuellen Wert des streitgegenständlichen Grundstücks stehen würden. Die Belastung des Eigentümers mit den Kosten einer Sanierungsmaßnahme muss diesem zumutbar sein, wobei als Anhaltspunkt das Verhältnis des finanziellen Aufwands zu dem Verkehrswert nach Durchführung der Sanierung dient. Wird der Verkehrswert von den Kosten überschritten, entfällt in Regel das Interesse des Eigentümers an einem künftigen privatnützigen Gebrauch des Grundstücks, und er kann noch nicht einmal damit rechnen, die entstehenden Kosten durch Veräußerung des Grundstücks gedeckt zu halten (BVerfG, B.v. 16.2.2000 – 1 BvR 242/91 – juris Rn. 54 ff.). Hiervon ist in Bezug auf die lediglich geforderte Detailuntersuchung zur Gefährdungsabschätzung nicht auszugehen. Entsprechende Unterlagen zu den mit der geforderten Untersuchungsanordnung verbundenen Kosten wurden vom Kläger auch im Klageverfahren nicht vorgelegt.
3. Die in Nr. 3 ausgesprochenen Zwangsgeldandrohungen begegnen ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Die Zwangsgeldandrohungen finden ihre Rechtsgrundlage in Art. 29 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 30, 31 und 36 VwZVG. Die Höhe der Zwangsgelder hält sich im gesetzlich eröffneten Rahmen von Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG, wonach das Zwangsgeld mindestens 15 und höchstens 50.000 EUR beträgt. Mit den für sofort vollziehbar erklärten Nrn. 1.1 und 1.2 des streitgegenständlichen Bescheids liegen auch nach Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG vollstreckbare Verwaltungsakte vor. Die Bestimmtheit der Zwangsgeldandrohung ist ebenfalls gewahrt, da hinsichtlich der jeweiligen Pflichten des Klägers Zwangsgelder in unterschiedlicher Höhe angedroht wurden. Die Höhe der angedrohten Zwangsgelder ist unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung und der Dringlichkeit der zu erfüllenden Pflichten als angemessen zu betrachten. Auch die dem Kläger gesetzten Fristen erweisen sich als ausreichend.
4. Nach allem war die Klage des Klägers daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Als im Verfahren unterlegen hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).


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