Baurecht

Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten, Nutzungsuntersagung, formelle Legalität, keine Ermessensreduzierung auf Null

Aktenzeichen  W 5 K 20.1665

Datum:
6.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 25834
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 113 Abs. 5, § 75
BayBO Art. 76 S. 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Aufwendungen der Beigeladenen zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.  

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet.
Der Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens umfasst bei sachgerechter Auslegung des klägerischen Begehrens (vgl. § 88 VwGO) die Pflicht der Bauaufsichtsbehörde, über den Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Wohnnutzung der Beigeladenen auf dem Baugrundstück zu entscheiden. Die Klägerbevollmächtigten brachten in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck, dass sie mit der erhobenen Klage nicht etwa den Erlass eines Verpflichtungsurteils (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), sondern lediglich eines Bescheidungsurteils (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO) begehren. Entsprechend haben sie ihren Klageantrag zum bauaufsichtlichen Einschreiten dahingehend präzisiert, dass die Behörde nicht zum Erlass einer Nutzungsuntersagung betreffend die Wohnnutzung der Beigeladenen auf dem Baugrundstück zu verpflichten sei, sondern dass sie lediglich über den von Klägerseite gestellten Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten zu entscheiden habe. Zudem haben die Klägerbevollmächtigten davon abgesehen, den im schriftlichen Verfahren erwogenen Hilfsantrag auf Aufhebung der Baugenehmigung vom 16. Oktober 1995 in der mündlichen Verhandlung zu stellen, weshalb diese Frage vom Streitgegenstand des Verfahrens nicht erfasst wird.
1. Die Klage ist als Verpflichtungsklage in Form der Untätigkeitsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 2, § 75 Satz 1 VwGO statthaft.
Nach § 75 Satz 1 VwGO ist eine Klage abweichend von § 68 VwGO dann zulässig, wenn über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Über den Antrag der Klägerseite vom 21. November 2019 auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Wohnnutzung der Beigeladenen hat das Landratsamt Main-Spessart sachlich nicht entschieden. Die in § 75 Satz 2 VwGO geregelte Frist von drei Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts, vor deren Ablauf die Untätigkeitsklage regelmäßig nicht erhoben werden kann, ist erfolglos verstrichen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 75 Rn. 11). Ein zureichender Grund für die Nichtentscheidung liegt nicht vor. Insbesondere reichen hierfür organisatorisch vermeidbare Bearbeitungsengpässe, auf die sich das Landratsamt gegenüber der Regierung von Unterfranken berufen hat, nicht aus (Peters in BeckOK VwGO, 56. Edition 2021, § 75 Rn. 12 f.; Kopp/Schenke, a.a.O., § 75 Rn. 13). Auch besondere Schwierigkeiten im Rahmen der Sachverhaltsaufklärung sind nicht ersichtlich.
Der Kläger ist gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt, denn es ist nicht von vorneherein ausgeschlossen, dass er gegen den Beklagten einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gemäß Art. 76 Satz 2 BayBO hat. Der Kläger ist mit dem in seinem Eigentum stehenden Grundstück Fl.Nr. …5/1 der Gemarkung O. … (. … Str. .6, … E. ….) unmittelbar westlich angrenzender Nachbar des zu Wohnzwecken genutzten Grundstücks der Beigeladenen und wird hierdurch möglicherweise in seinem Anspruch auf Wahrung der Gebietsart (Gewerbegebiet) verletzt. Infolgedessen erscheint es möglich, dass ihm ein Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten – bzw. hier allein auf Erlass einer behördlichen Entscheidung – zusteht.
2. Die Klage ist unbegründet, denn dem Kläger steht der auf Grundlage von Art. 76 Satz 2 BayBO geltend gemachte Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung nicht zu.
Der Anspruch scheidet aus, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO nicht vorliegen. Die beanstandete Wohnnutzung der Beigeladenen steht nicht – wie von Art. 76 Satz 2 BayBO verlangt – im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Erweist sich die beanstandete Nutzung als formell legal, besteht für sie also eine Baugenehmigung, kann der Nachbar ihre Untersagung von vornherein nicht verlangen. Ein Anspruch scheidet auch dann aus, wenn für die Wohnnutzung zwar keine Baugenehmigung existiert, die Wohnnutzung aber offensichtlich genehmigungsfähig oder zumindest materiell rechtmäßig ist (vgl. BayVGH, U.v. 5.12.2005 – 1 B 03.2608 – BayVBl 2006, 702 und B.v. 16.5.2008 – 9 ZB 07.3224 – juris). Vorliegend kann offenbleiben, ob die beanstandete Wohnnutzung in ihrer derzeitigen Form – was zwischen den Beteiligten streitig ist – materiell rechtmäßig ist. Es bedarf auch keiner Klärung, ob § 75 VwGO überhaupt eine Klage auf “Bescheidung schlechthin” zulässt, sofern nur der materiell-rechtliche Anspruch möglicherweise besteht (Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 75 Rn. 3; vgl. auch VG Augsburg, U.v. 21.3.2013 – Au 5 K 12.655 – BeckRS 2013, 50126; a.A. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 75 Rn. 4 m.w.N.). Die Kammer ist nämlich anhand des Regelungsgehalts der Baugenehmigung vom 16. Oktober 1995 zu der Überzeugung gelangt, dass die Wohnnutzung als formell legal einzustufen ist (2.1.). Im Übrigen ist der Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung aufgrund der Einlassungen des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung jedenfalls als erfüllt anzusehen (2.2.).
2.1. Nach dem Regelungsgehalt der Baugenehmigung vom 16. Oktober 1995 ist die Wohnnutzung der Beigeladenen als formell legal einzustufen.
Der Regelungsgehalt einer Baugenehmigung ist nach den üblichen Auslegungsmethoden aus ihrem Erklärungsinhalt abzuleiten, hilfsweise – im Sinne einer gesetzeskonformen Auslegung – aus den bei Erteilung der Baugenehmigung geltenden Vorschriften (BayVGH, B.v. 14.7.2005 – 20 CS 05.1732 – BeckRS 2010, 45337).
Die formelle Legalität der Wohnnutzung ergibt sich hier aus den Baugenehmigungsunterlagen zum mit Baugenehmigung vom 16. Oktober 1995 genehmigten Vorhaben (vgl. Bauplanmappe Nr. 95/1077). Die Bezeichnung des Bauvorhabens im Bauantrag (“Neubau eines Einfamilienwohnhauses mit Werkhalle, Garage und Carport”), die Bauantragsunterlagen im Ganzen (Bl. 1 ff. der Behördenakte) und auch die Baugenehmigung selbst (Bl. 27 ff. der Behördenakte) sprechen dafür, dass mit dem bezeichneten Vorhaben eine private Wohnnutzung geplant und genehmigt wurde und nicht etwa eine Betriebsleiterwohnung. Dem steht nicht entgegen, dass nach der Baubeschreibung und den genehmigten Planunterlagen eine Werkhalle an das Wohngebäude angegliedert sein sollte. Es ist im gesamten Baugenehmigungsverfahren nämlich keine Rede von einer Betriebsleiterwohnung oder davon, dass die Zulässigkeit der Wohnnutzung vom Steinmetzbetrieb in der Werkhalle abhängen soll. Es erscheint auch sehr fraglich, ob die Behörde die Anforderungen des § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO in der Fassung von 1990, welche zur Anwendung gelangt, weil der Bebauungsplan “Untere M.” keinen statischen Verweis auf die BauNVO 1977 enthält, und welche der heutigen Fassung des § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO entspricht, angesichts der detailarmen Angaben im Bauantragsverfahren abschließend hat prüfen können. Zwar mag von den damaligen Bauherren in der Werkhalle ein Steinmetzbetrieb als 1-Mann-Betrieb (vgl. Bl. 6 der Behördenakte) beabsichtigt gewesen sein, was auch in den Nebenbestimmungen zur Baugenehmigung angedeutet wird (z.B. “47. Das Bearbeiten von Steinen ist nur in der Werkhalle zulässig.”). Doch ist nichts Näheres zu diesem Betrieb – insbesondere nichts zu seinen Abläufen – aktenkundig, so dass eine einzelfallbezogene Bewertung zur Zulässigkeit einer Betriebsleiterwohnung behördlicherseits nicht vorgenommen werden konnte. Es drängt sich ohne näheren Angaben zum Betriebskonzept auch nicht auf, dass für den Steinmetzbetrieb in der Werkhalle die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Betriebsleiterwohnung vorgelegen haben könnten; vielmehr ist die erforderliche funktionale Zuordnung der in Rede stehenden Wohnung zum Steinmetzbetrieb (vgl. hierzu Schmidt-Bleker in BeckOK, BauNVO, Spannowsky/Hornmann/Kämper, 25. Ed., Stand: 15.3.2021, § 8 Rn. 183 ff.) – soweit beurteilbar – mit erheblichen Zweifeln behaftet. Entsprechend kann die Baugenehmigung allein in Anbetracht der Ausweisung als Gewerbegebiet auch nicht im Wege einer rechtskonformen Auslegung so ausgelegt werden, dass nur eine Genehmigung als Betriebsleiterwohnung zulässigerweise in Betracht kam und dementsprechend von einer solchen nach dem Genehmigungsinhalt auszugehen wäre. Denn die zweifelhaften materiell-rechtlichen Voraussetzungen einer Betriebsleiterwohnung sind nach dem Verfahrensablauf antragstellerseits nicht vorgetragen und behördlicherseits überhaupt nicht näher ermittelt und überprüft worden; vielmehr ist das Wohngebäude ohne jede weitere Auseinandersetzung und Begründung des Ausnahmecharakters als in einem Gewerbegebiet zulässig angesehen worden. In Anbetracht dessen sprechen aus Sicht der Kammer die überwiegenden Gesichtspunkte dafür, dass dem Inhalt nach eine von einem konkreten Betrieb unabhängige Wohnnutzung und keine Betriebsleiterwohnung genehmigt worden ist.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von Klägerseite zitierten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, B.v. 23.4.2013 – 22 ZB 12.1745 – juris). In jener Fallgestaltung ging es um eine Wohnnutzung in einem Industriegebiet, wobei schon aus den Genehmigungsnebenbestimmungen für das Wohnhaus (“Nachdem das Wohngebäude im Industriegebiet errichtet wird, ist es in Verbindung mit der gleichzeitigen Errichtung des Betriebsgebäudes zu erstellen”) eine Betriebsabhängigkeit in ungleich deutlicherer Weise hervorging, als in der vorliegenden Fallkonstellation. Die Kammer teilt zwar die Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, dass es keine gesetzliche Regelung, keinen Rechtsgrundsatz und keinen allgemeinen Sprachgebrauch dahingehend gibt, dass eine Baugenehmigung für die Errichtung und Nutzung eines Wohnhauses im Allgemeinen ein Wohnen ohne jegliche Zweckbindung erlauben würde und dass etwaige einschränkende Ausnahmen von diesem Normalfall im Baugenehmigungsbescheid selbst formuliert sein müssen. Dessen Regelungsgehalt ergibt sich vielmehr aus Bauunterlagen und den den Beteiligten bekannten Umständen (so auch VG Würzburg, U.v. 29.7.2013 – W 4 K 13.90 – juris). Auch unter Berücksichtigung dessen ist für die Kammer im vorliegenden Einzelfall aber nicht hinreichend erkennbar, dass nur eine vom damaligen Steinmetzbetrieb abhängige Wohnnutzung gestattet worden sein sollte, deren formelle Legalität durch eine spätere Aufgabe des Steinmetzbetriebs erloschen sein könnte. Denn nach den vorstehenden Ausführungen gibt es – mit Ausnahme der Ausweisung des Baugebiets als Gewerbegebiet – weder ausreichend handgreifliche Anhaltspunkte im Baugenehmigungsverfahren, noch ist aktenkundig oder anderweitig ersichtlich, welche Umstände den Beteiligten im Einzelnen bekannt waren, die auf einen entsprechenden Genehmigungsinhalt schließen lassen könnten.
Hinsichtlich der gerügten Bestimmtheit der Baugenehmigung bestehen seitens der Kammer keine Bedenken. Der Genehmigungsinhalt ist – insbesondere in Bezug auf die hier in Rede stehende Wohnnutzung – hinreichend klar umrissen. Es ist auch nicht dargelegt oder anderweitig ersichtlich, dass die aktuelle, von Klägerseite aus beanstandete Wohnnutzung diesem Genehmigungsinhalt nicht entsprechen würde.
Da die vom Kläger beanstandete Wohnnutzung der Beigeladenen mithin formell genehmigt ist, scheidet der geltend gemachte Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über den Antrag des Klägers auf Erlass einer Nutzungsuntersagungsverfügung gegenüber den Beigeladenen aus. Das gilt unbeschadet des Umstands, dass die Anlage dann von Anfang an dem materiellen Recht widersprochen hat (materielle Rechtswidrigkeit) und gar nicht hätte genehmigt werden dürfen, denn auch die rechtswidrige Baugenehmigung ist wirksam (vgl. Art. 43 Abs. 1, Abs. 3 BayVwVfG) und vermittelt der Anlage Bestandsschutz (vgl. Decker in Busse/Kraus, BayBO, 140. EL Februar 2021, Art. 76 Rn. 87 m.w.N.).
2.2. Im Übrigen erweist sich die Klage auch deshalb als unbegründet, weil das Landratsamt Main-Spessart seine ablehnende Haltung gegenüber einem bauaufsichtlichen Einschreiten im Klageverfahren kundgetan hat und dabei die gesetzlichen Grenzen des der Behörde zustehenden Ermessens nicht überschritten hat (§ 114 Satz 1 VwGO). Der klägerische Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung ist damit jedenfalls als erfüllt anzusehen.
Das Landratsamt Main-Spessart hat in der mündlichen Verhandlung klar zum Ausdruck gebracht, dass es ein bauaufsichtliches Einschreiten in der vorliegenden Fallkonstellation nicht für geboten erachte, da keine Ermessensreduzierung auf Null vorliege. Diese Einschätzung, auf die das behördliche Nichteinschreiten gegenüber der Wohnnutzung der Beigeladenen auf dem Baugrundstück (zumindest auch) gründet, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Macht ein Dritter – wie hier der Kläger – gegenüber der Bauaufsichtsbehörde geltend, durch eine Anlage im Sinne des Art. 76 BayBO in seinen Rechten verletzt zu sein, so hat er einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein bauaufsichtliches Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde sowie auf Art und Weise des Einschreitens. Dabei gelten für die Ermessensausübung der Bauaufsichtsbehörde die allgemeinen Grundsätze. Die Frage einer Ermessensreduktion zugunsten eines bauaufsichtlichen Einschreitens ist hierbei auch bei einer Verletzung nachbarschützender Normen von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängig. Sie ist regelmäßig nur dann anzunehmen, wenn die von der rechtswidrigen baulichen Anlage ausgehende Beeinträchtigung des Nachbarn einen erheblichen Grad erreicht und die Abwägung mit dem Schaden des Bauherrn ein deutliches Übergewicht der nachbarlichen Interessen ergibt. Davon ist insbesondere auszugehen, wenn eine unmittelbare, auf andere Weise nicht zu beseitigende Gefahr für hochrangige Rechtsgüter wie Leben oder Gesundheit droht oder sonstige unzumutbare Belästigungen abzuwehren sind (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 14.10.2019 – 9 ZB 17.227 – juris m.w.N.).
Dem Kläger droht hier zur Überzeugung der Kammer keine unzumutbare, auf andere Weise nicht zu beseitigende Gefahr für hochrangige Rechtsgüter wie etwa Leben oder Gesundheit. Es liegen auch keine sonstigen unzumutbaren Belästigungen für den Kläger durch die Wohnnutzung der Beigeladenen vor. Gegen einen unzumutbaren Eingriff in den eingerichteten oder ausgeübten Gewerbebetrieb (Art. 14 Abs. 1 GG) spricht schon, dass die Beigeladenen das Grundstück seit ca. zwei Jahrzehnten unbeanstandet nur zur privaten Wohnnutzung genutzt haben. Ein bloßer Verstoß allein gegen nachbarschützende Vorschriften – hier der Gebietserhaltungsanspruch – ist gerade nicht ausreichend (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2008 – 9 ZB 07.497 – BeckRS 2008, 28071). Eine unzumutbare Belästigung könnte allenfalls daraus resultieren, dass der Kläger seinen Betrieb nicht mehr in der zulässigen Weise ausüben könnte. Dies ist ihm jedoch uneingeschränkt möglich. Die Beigeladenen sind – was ihre Schutzwürdigkeit hinsichtlich des Lärms angeht – jedenfalls auf das in einem Gewerbegebiet zulässige Maß beschränkt (so auch VG München, B.v. 16.8.2012 – M 9 SN 12.2390 – juris; VG Würzburg, U.v. 29.7.2013 – W 4 K 13.90 – juris). Im Fall einer ungenehmigten Wohnnutzung könnten die Beigeladenen aber hinsichtlich des Lärms keinen Schutzanspruch gegenüber dem Kläger geltend machen, der über das in einem Gewerbegebiet geltende Maß hinausgeht. Der Kläger darf dann also seinen Betrieb ausüben, wie es in einem Gewerbegebiet zulässig ist. Nur gegen einen darüberhinausgehenden Lärm dürften sich die Kläger zur Wehr setzen, was sie nach eigener Einlassung auch tun. Hält sich der Kläger mit seinen Geräuschimmissionen im Rahmen des in einem Gewerbegebiet Zulässigen, so hat er keine repressiven Maßnahmen durch die Ordnungsbehörden zu befürchten.
Dies zugrunde gelegt kann von keiner Ermessensreduzierung auf Null ausgegangen werden. Gründet aber die ablehnende Haltung des Landratsamts Main-Spessart gegen ein bauaufsichtliches Einschreiten – wie in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck kam – auch auf diesen Gesichtspunkten, so besteht auch kein Anspruch des Klägers mehr auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung.
4. Somit konnte die Klage keinen Erfolg haben und war mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Es entsprach der Billigkeit, dass der Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen hat, da diese einen Antrag gestellt und sich somit am Kostenrisiko beteiligt haben (vgl. § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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