Baurecht

Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung oder Befreiung für den Bau eines Mehrparteienhauses in der engeren Schutzzone eines Wasserschutzgebiets (bejaht), Wegen vorhandener flächendeckender Wohnbebauung fehlende Gefährdung des Schutzzwecks des Wasserschutzgebiets durch ein weiteres Wohnbauvorhaben, Abweichung von der Einschätzung des Wasserwirtschaftsamts, Unzumutbarkeit der Beeinträchtigung der Bebaubarkeit eines Grundstücks (abgelehnt), Ermessensreduktion auf Null bei Befreiung nach § 52 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 WHG

Aktenzeichen  M 2 K 20.6760

Datum:
3.5.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 11070
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WHG § 51, § 52
Verordnung des Landratsamts … … über das Wasserschutzgebiet im Markt … … (Landkreis … …) für die öffentliche Wasserversorgung des Marktes … … (Brunnen II und III im …tal) vom 20. August 1985 (Amtsblatt für den Landkreis … … Nr. … v. 29.8.1985)

 

Leitsatz

Das langjährige, systematische und vielfache Ignorieren des Zwecks eines festgesetzten Trinkwasserschutzgebiets dadurch, dass der Beklagte die Errichtung von Wohngebäuden wasserrechtlich durch Erteilung von Befreiungen legalisiert oder zumindest hingenommen hat, hindert es, eine Befreiung für das streitgegenständliche Vorhaben deshalb abzulehnen, weil es eine Gefährdung des Schutzzwecks im Sinne des § 52 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 WHG darstellen würde, wenn mit ihm (nur) gleichartige Gefahren verbunden sind, wie sie der Beklagte mit den Bestandsgebäuden bereits hingenommen hat.

Tenor

I. Der Beklagte wird verpflichtet unter Aufhebung des Bescheids vom 18. November 2020 die Befreiung von den Verboten der Wasserschutzgebietsverordnung vom 20. August 1985 zu erteilen.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

A. Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch darauf, den Beklagten zu verpflichten, eine Befreiung nach § 52 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 WHG von den Verboten der § 3 Abs. 1 Nrn. 2.1., 4.10 und 5.2 WSG-VO zu erteilen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
I. Dem Kläger ist vorbehaltlich der Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung die beabsichtigte Errichtung des Mehrparteienhauses nach § 3 Abs. 1 Nrn. 2.1., 4.10 und 5.2 WSG-VO verboten. Das Gericht wendet die Verordnung an, weil es angesichts der durch die vorhandene Bebauung in der engeren Schutzzone verursachten gleichartigen Gefahren (vgl. Rn. 21) ausreichende Schutzwirkungen der Verordnung vor andersartigen Gefahren annimmt. Es besteht insoweit für dieses Verfahren kein Anlass, die Verordnung wegen zwischenzeitlicher vollständiger Zweckverfehlung im räumlichen Anwendungsbereich des Bebauungsplans unangewendet zu lassen (zur Normverwerfungskompetenz vgl. Remmert in Dürig/Herzog/Scholz, GG, 70. EL Dezember 2013, Art. 80 Rn. 141).
II. Auf die Erteilung einer daher notwendigen Befreiung hat der Kläger einen Anspruch aus § 52 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 WHG. Die Norm ist anwendbar (1.), das klägerische Vorhaben gefährdet nicht den Schutzzweck (2.) und das Ermessen ist auf Null reduziert (3.).
1. § 52 Abs. 1 Satz 2 WHG ist auch neben § 4 Abs. 1 WSG-VO anwendbar (vgl. Tünnesen-Harmes in Giesberts/Reinhardt, BeckOK Umweltrecht, 61. Ed., Stand: 1.10.2020, § 52 WHG Rn. 26; Czychowski/Reinhardt, WHG, 12. Aufl. 2019, § 52 Rn. 44). Die gegenteilige Ansicht (vgl. Schwind in Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, 2. Aufl. 2017, § 52 Rn. 20; Gößl in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, 44 EL September 2012, § 52 Rn. 72) ist mit der grundgesetzlichen Kompetenzordnung nicht vereinbar. Eine Verengung der dort vorgesehenen Befreiungsmöglichkeiten durch eine auf Landesrecht gestützte Verordnung würde eine Abweichung im Sinne Art. 72 Abs. 3 Nr. 5 GG darstellen. Eine solche Abweichung konnte eine vor Schaffung des Wasserhaushaltsgesetzes bereits bestehende „altrechtliche“ Verordnung nicht regeln (vgl. OVG M-V, U.v. 4.9.2013 – 3 L 185/11 – juris Rn. 30). Abweichendes Landesrecht muss neu erlassen werden, um die Rechtsfolgen des Art. 72 Abs. 3 GG auszulösen (vgl. Degenhart in Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 72 Rn. 40). Ob sich aus diesem Umstand sogar ergibt, dass vom Bundesrecht abweichende, in „altrechtlichen“ Verordnungen vorgesehene Befreiungs- bzw. Abweichungsmöglichkeiten gar nicht mehr anwendbar sind, muss hier wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 52 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 WHG nicht entschieden werden.
2. Das Vorhaben des Klägers gefährdet den Schutzzweck des Wasserschutzgebiets nicht.
a) Bei der Bestimmung des Schutzzwecks ist zunächst auf den mit der Festsetzung des Wasserschutzgebiets verfolgten Zweck im Sinne von § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 WHG abzustellen (vgl. Gößl in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, 44. EL September 2012, § 52 Rn. 77). Vorliegend dient das Wasserschutzgebiet nach § 1 WSG-VO der Sicherung der öffentlichen Wasserversorgung des Marktes … … Es soll daher im Sinne des § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG die derzeit bestehende öffentliche Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen schützen.
b) Bei der genauen Bestimmung des Schutzzwecks des jeweiligen Wasserschutzgebiets muss sodann jedoch auch die tatsächliche Entwicklung vor Ort berücksichtigt werden. Der Schutzzweck darf nicht ausschließlich abstrakt nach § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG bzw. § 2 WSG-VO bestimmt werden; er erhält vielmehr durch die tatsächliche Entwicklung über Jahre und Jahrzehnte eine spezifische, gegebenenfalls auch modifizierende Prägung. So wie bei der auf den legitimen Zweck ausgerichteten Eignungsbeurteilung im Rahmen der grundrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung (vgl. hierzu Poscher in Herdegen/Masing/Poscher/Gärditz, Handbuch des Verfassungsrechts, 2021, § 3 Rn. 62) verlangt auch eine Schutzzweckbestimmung eine Berücksichtigung der tatsächlichen Erreichbarkeit des verfolgten Zwecks. Denn die mit den Verboten und Beschränkungen nach § 3 WSG-VO ausgelösten und mit dem restriktiven Befreiungssystem verbundenen erheblichen Beschränkungen der Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG) müssen sich jeweils aktuell rechtfertigen lassen; das ist nur der Fall, wenn die verfolgten Schutzzwecke auch in der Realität wirksam sind bzw. wirksam sein können, also die mannigfaltigen Gefahren, deren jeweilige Vermeidung im Zeitpunkt des Verordnungserlasses beabsichtigt war, auch im Zeitverlauf tatsächlich vermieden wurden und weiterhin werden können.
Vorgefundene, aber insbesondere auch durch behördliche Handlungen bzw. Unterlassungen später bewirkte tatsächliche Umstände (wie etwa bauliche Anlagen) und die mit ihnen typischerweise verbundenen Gefahren sind daher bei der Bestimmung der – heute – normativ noch relevanten Zwecke zu berücksichtigen. Damit ist nicht verlangt, dass in der Realität immer ein wasserfachlicher Idealzustand (fort-)bestehen müsste, um Eingriffe durch Verbote bzw. die Vorenthaltung einer Befreiung rechtfertigen zu können; das ginge schon deshalb zu weit, weil – und insoweit besteht auch hier eine Parallele zur grundrechtlichen Eignungsprüfung, bei der nur ein Minimum, aber kein Optimum an Zweckförderung verlangt wird (vgl. Sachs in Sachs, GG, 9. Aufl. 2021, Art. 20 Rn. 150 m.w.N.) – die wasserrechtlichen Regelungen zur Grundwasserbewirtschaftung auch dem Verbesserungsgebot folgen (vgl. § 47 Abs. 1 Nr. 3 WHG). Aber ebenso wenig wie etwa mit einer Beseitigungsanordnung das Ziel einer Verbesserung eines wasserrechtlichen Zustands rechtlich ohne gleichheitsgemäße Berücksichtigung aller Störer erfolgen darf (obwohl regelmäßig auch ein gleichheitswidriges Einschreiten gegen nur einzelne rechtswidrige Verhaltensweisen tatsächlich zu einer Verbesserung der wasserfachlichen Gesamtlage führen dürfte), darf – gewissermaßen umgekehrt – auch eine Gefährdung eines der Schutzwecke nicht allein mit einer isolierten Betrachtung der tatsächlichen Folgen des beabsichtigten Vorhabens begründet werden; die Versagung der Befreiung (und damit die Annahme einer Zweckgefährdung) muss vielmehr wenigstens noch ein Minimum an Zweckförderung bewirken. Anders formuliert: Eine bereits gescheiterte Zweckerreichung darf nicht mehr verfolgt werden. Es ist daher rechtlich nicht ausreichend, wenn im konkreten Fall ein Vertreter des Wasserwirtschaftsamts in der mündlichen Verhandlung sinngemäß hervorhebt, dass jedes weitere Fahrzeug, das in dem Gebiet geparkt werde, eine Zweckgefährdung darstelle. Diese absolute und pejorative Bewertung jedes siedlungsbezogenen Vorhabens und seiner typischen Folgen ist hinsichtlich seiner fachlichen Motivation verständlich, aber rechtlich durch eine relative Betrachtung zu ergänzen. Eine Bejahung einer Schutzzweckgefährdung ist nicht mehr möglich, wenn – und insoweit ist Raum für eine grundstücksübergreifende Perspektive – wegen einer ausreichend großen Vielzahl an bereits vorhandenen Gefahrenquellen es auf eine weitere normativ (und damit einzelfallabhängig) betrachtet nicht mehr ankommt. Ein solcher Fall liegt vor, wenn die mit dem beabsichtigten Vorhaben verbundenen Gefahren den bereits existierenden Gefahren gleichartig sind. Daher hindert das langjährige, systematische und vielfache Ignorieren des Zwecks eines Trinkwasserschutzgebiets hinsichtlich bestimmter Gefahren es, neuen Vorhaben, die mit gleichartigen bzw. -gelagerten Gefahren verbunden sind, eine Schutzzweckgefährdung entgegenzuhalten. Die sich auf den Schutz vor aufsummierten nachteiligen Einwirkungen stützende Argumentation des Beklagten stößt insoweit an rechtliche Grenzen, wenn der Verordnungsgeber und die zur Umsetzung befugten Behörden ein einmal gewähltes Schutzkonzept nicht einmal mehr im Ansatz folgerichtig umsetzen.
Diese Grenzziehung steht nicht im Widerspruch zu dem Grundsatz „keine Gleichheit im Unrecht“, der einer Anspruchsbegründung (hier auf Befreiungserteilung) unter Hinweis auf anderweitig erteilte schutzgebietsgefährdende und deshalb rechtswidrige Befreiungen richtigerweise entgegensteht. Denn es geht nicht darum, aus möglicherweise rechtswidrig erteilten Befreiungen nun zugunsten des Klägers ebenfalls einen Anspruch auf eine solche zu begründen, sondern darum, dort einen durch ein verordnungsrechtliches Verbot begründeten Eingriff in das Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) in Gestalt eines absoluten Bauverbots nicht mehr zu rechtfertigen, wo durch eine ausufernde (letztlich gleichgültig, ob rechtmäßige oder rechtswidrige) Befreiungs- oder Duldungspraxis der das Verbot rechtfertigende Zweck, vor bestimmten Gefahren zu schützen, seit längerem allenfalls noch rudimentär verfolgt wird.
c) Vorliegend kann daher die beabsichtigte Schließung der buchstäblich letzten Baulücke durch den Kläger nicht mehr als rechtlich relevante Gefährdung des Zwecks des Wasserschutzgebiets in der engeren Schutzzone des Brunnen III verstanden werden, auch wenn dieses wie jedes andere denkbare Vorhaben in tatsächlicher Hinsicht als Siedlungstätigkeit eine (wenngleich nicht quantifizierbare) Gefahrerhöhung darstellt. Ist einer der Schutzzwecke mit Blick auf bestimmte – hier die mit Wohnbebauung verbundenen – Gefahren nicht (mehr) realisierbar, darf er nicht (mehr) – hier im Wege der Versagung einer Befreiung – verfolgt werden. Ein solcher Fall fehlender Realisierbarkeit liegt vor (vgl. auch das Schreiben des Wasserwirtschaftsamts vom 29.6.2020: Es „wurde bereits im Jahr 2000 darauf hingewiesen, dass der Brunnen III aufgrund der Lage und des Ausbaus nur eingeschränkt schützbar ist“). In der engeren Schutzzone des Brunnens III sind vor, aber v.a. auch nach 1985 – das haben digitale Karten in der mündlichen Verhandlung gezeigt – zahllose Wohngebäude errichtet worden. Möglicherweise, das blieb in der mündlichen Verhandlung streitig, wird sogar weiterhin eine Autowerkstatt betrieben. Jedenfalls zeigt die unstreitig vorhandene Wohnbebauung, dass der Brunnen III seit langem mit den hiermit verbundenen typischen Gefahren (etwa durch auslaufendes Öl der Fahrzeuge der Bewohner) konfrontiert ist. Vor diesen wird das Trinkwasser schon sehr lange und in einem zahlenwie flächenmäßig erheblichen Umfang nicht mehr geschützt. Es ist daher gerechtfertigt, die ursprünglich umfassenderen Zwecke dieses Wasserschutzgebiets wegen der tatsächlichen Entwicklungen normativ zu korrigieren, den Schutz vor „Wohngefahren“ herauszunehmen und auf diejenigen verbleibenden Gefahren zu beschränken, die nicht mit Wohnen (dieser Art) verbunden sind; räumlich beschränkt sich diese Zweckreduktion allerdings auf den hier in Rede stehenden geographischen Bereich, der – gäbe es keinen Bebauungsplan – als Innenbereich nach § 34 Abs. 1 BauGB zu beschreiben wäre. Der Umstand, dass der Brunnen III nicht mehr den heutigen Anforderungen entspricht und bezüglich seiner Abdichtung gegen den Zulauf von Niederschlags- oder oberflächennahem Grundwasser nicht mehr geschützt ist, sowie der Umstand, dass die Gemeinde bereits seit rund 20 Jahren aufgefordert wird, einen Ersatzbrunnen zu suchen, bekräftigen jeweils das Ergebnis. Ein derart „mangelhaftes“ Wasserschutzgebiet kann kein Bauverbot auf dem Grundstück des Klägers rechtfertigen; die erheblichen Versäumnisse der beteiligten öffentlichen Stellen gehen (grund-)rechtlich nicht zu Lasten des Klägers.
3. Die Befreiungsmöglichkeit nach § 52 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 WHG steht im Ermessen der Behörde (vgl. Tünnesen-Harmes in Giesberts/Reinhardt, BeckOK Umweltrecht, 61. Ed., Stand: 1.10.2020, § 52 WHG Rn. 26), das der Beklagte nach Maßgabe des Art. 40 BayVwVfG auszuüben hat. Vorliegend kann jedoch das Gericht abschließend entscheiden, weil dem Beklagten wegen einer Ermessensreduktion auf Null kein Ermessensspielraum eröffnet ist (vgl. BVerwG, U.v. 20.10.2004 – 1 C 15/03 -, juris Rn. 14/16). Auch wenn es dem das Wasserrecht prägenden Grundsatz des repressiven Verbots mit Befreiungsvorbehalt entspricht, nicht grundsätzlich von einem Fall des intendierten Ermessens auszugehen (vgl. Gößl in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, 44. EL September 2012, § 52 Rn. 81), bestehen im vorliegenden Fall keine Ermessensaspekte, die eine Versagung der Befreiung rechtfertigen können. Die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Bebauungsplan (vgl. die Baugenehmigung vom 16.9.2020) wirkt sich zwar nicht unmittelbar ermessensreduzierend aus, weil für den Erlass des Plans die Gemeinde und damit ein anderer Hoheitsträger zuständig ist und es keine hoheitsträgerübergreifende Ermessenssteuerung gibt. Das schließt allerdings nicht aus, unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten – die Verhältnismäßigkeit stellt eine Ermessensgrenze dar (vgl. Bamberger in Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 114 Rn. 21; s.a. Drost, Das neue Wasserrecht in Bayern, § 52 WHG Rn. 16) – zu berücksichtigen, dass eine Versagung der Befreiung deshalb einen besonders erheblichen Eingriff begründet, weil sie eine besonders ertragreiche Nutzung des Grundstücks verhindert (vgl. Gößl in Sieder/Zeitler/Dahme/ Knopp, WHG, 44. EL September 2012, § 52 Rn. 97). Für eine solche Beeinträchtigung ist angesichts des „defizitären“ Wasserschutzgebiets trotz der an sich bestehenden Hochrangigkeit des Trinwasserschutzes kein öffentliches Interesse erkennbar, so dass auch ein an sich zutreffender Hinweis auf die Situationsgebundenheit und Prägung von Grundstücken durch seine tatsächliche Lage (vgl. Depenheuer/Froese in von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 14 Rn. 289; Kloepfer, Umweltrecht, 4. Aufl. 2016, § 3 Rn. 99) in diesem Fall die Versagung nicht als verhältnismäßig erscheinen lässt. Weder der Beklagte noch das Wasserwirtschaftsamt haben auch nur vermutet, dass das Grundstück durch geologische Besonderheiten geprägt ist, etwa eine besonders geringe Gesteinsschicht, deren Schmälerung durch das Bauvorhaben im Vergleich zu den anderen baulichen Anlagen ungünstigere Folgen auf das Wasserschutzgebiet haben könnte, die möglicherweise trotz fehlender Schutzzweckgefährdung die Versagung einer Befreiung angemessen erscheinen lassen könnten. Auch die Sorge vor einem Präzedenzfall (vgl. Gößl in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, 44. EL September 2012, § 52 Rn. 82) kann eine ermessensgerechte Versagung nicht tragen; der Kläger ist im fraglichen Bereich im Wesentlichen der letzte Eigentümer eines unbebauten Grundstücks.
Vor diesem Hintergrund hat der Kläger einen Anspruch auf Erteilung einer Befreiung von den seinem genehmigten Bauvorhaben entgegenstehenden Verboten des § 3 WSG-VO.
B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
C. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.


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