Baurecht

Anspruch des Unternehmer auf Sicherheitsleistung trotz Geltendmachung von Gegenansprüchen wegen Mängeln

Aktenzeichen  72 O 182/14

Datum:
13.12.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 48400
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Landshut
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB aF § 648a
BGB § 631 Abs. 1, § 633 Abs. 1, Abs. 2

 

Leitsatz

Verlangt der Unternehmer eine Sicherheit gemäß § 648a BGB a.F. ist, auch wenn der Besteller Gegenansprüche wegen angeblicher Mängel des Werks geltend macht, nur die Schlüssigkeit der Schlussrechnung zu prüfen. (Rn. 27 – 31) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für Vergütungsansprüche einschließlich dazugehöriger Nebenforderungen des Klägers aus dem Architektenvertrag vom 03.01.2013 in Höhe von 599.644,33 € eine Sicherheit zu leisten nach ihrer Wahl durch
– Hinterlegung von Geld- oder Wertpapieren
– Verpfändung von Forderungen, die in das Bundesschuldbuch oder in das Landesschuldbuch eines Landes eingetragen sind
– Verpfändung beweglicher Sachen
– Bestellung von Schiffshypotheken an Schiffen oder Schiffsbauwerken, die in einem deutschen Schiffsregister oder Schiffsbauregister eingetragen sind
– Bestellung von Hypotheken an inländischen Grundstücken
– Verpfändung von Forderungen, für die eine Hypothek an einem inländischen Grundstück besteht, oder durch Verpfändung von Grundschulden oder Rentenschulden an inländischen Grundstücken oder
– durch eine Garantie oder sonstiges Zahlungsversprechen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstitut oder Kreditversicherers
2. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
3. Das Urteil ist für die Klagepartei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 650.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1. Soweit der Kläger Sicherheit nach § 648a BGB verlangt ist die Klage entscheidungsreif. Nachdem der Kläger insoweit das volle Insolvenzrisiko der Beklagten als GmbH trägt, war der Erlass eines Teilurteils geboten.
Dem Kläger steht ein Anspruch auf Leistung einer Sicherheit in Höhe der Schlussrechnung nach Abzug der Teilzahlung in Höhe von 69.000,- € zu.
Nach § 648a BGB a.F. kann der Unternehmer Sicherheit für seine Tätigkeit verlangen. Hierbei ist auf die Schlussrechnung abzustellen, sofern sie schlüssig dargelegt ist, vgl. BGH NJW 2014, 2186 (Orientierungssatz). Das Gericht hat daher den schlüssig dargelegten Betrag zu Grunde zu legen, ohne dass vorher die Streitfragen zu klären sind. Die Beweisaufnahme zu der Klage ist noch lange nicht abgeschlossen. Die Klärung der Streitfragen dürften aufgrund des Umfangs der Akten sowie des Umfangs des beiderseitigen Vortrags und der besonderen Schwierigkeit der Materie noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Die Beklagte firmiert als GmbH. Der Kläger trägt daher das volle Insolvenzrisiko für den Fall, dass die Beklagte nach Verkauf aller Wohnungen über keine Einnahmen mehr verfügen würde. Dies ist dem Kläger nicht zumutbar.
Gegenforderungen sind hierbei ausdrücklich nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger handelt insoweit auch nicht rechtsmissbräuchlich. Die Klageforderung ist schlüssig dargelegt. Ob sie begründet ist und ob am Ende der Beweisaufnahme diese voll zuzusprechen sein wird, ist eine andere Frage. Schlüssig ist die Darstellung einer Forderung dann, wenn der Sachvortrag nach Subsumtion unter einen Rechtssatz die Forderung in der geltend gemachten Höhe ergibt. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten liegt ebenfalls nicht vor. Die Beklagte wurde 2012 und damit unmittelbar vor Beginn des Projekts gegründet. Das Bauvorhaben ist fertig gestellt. Die Wohnungen dürften mittlerweile allesamt verkauft sein. Es ist daher zweifelhaft, ob die Beklagte weiter Einnahmen erzielen kann. Dies setzt voraus, dass neue Einnahmequellen gefunden werden. Hierauf kann der Kläger aber nicht vertrauen. Nach dem Ergebnis der bisherigen Beweisaufnahme liegt nahe, dass der Kläger gegenüber der Beklagten einen weiteren auch erheblichen Zahlungsanspruch geltend machen kann.
Gerade diese Gefahr sollte mit § 648a BGB a.F. abgesichert werden. Der Unternehmer sollte gerade nicht gezwungen werden, den Ausgang eines Rechtsstreits abwarten zu müssen. Hierbei übersieht die Beklagte, dass zwar das Gutachten zu einem Betrag gekommen ist, der unter der Klageforderung liegt. Es steht derzeit aber nicht fest, ob der Gutachter weiter an diesem Ergebnis festhalten wird, da beiderseits erhebliche Einwendungen und Ergänzungsfragen vorgebracht wurden. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass das Gericht zu dem Ergebnis kommt, dass ein neues Gutachten eingeholt werden muss. Dann ist der Ausgang wiederum völlig offen.
Auch kann eine Endentscheidung erst ergehen, wenn die Widerklage erschöpfend behandelt wurde. Das Gericht hat bislang noch keine richterlichen Hinweise erteilt, die angesichts des bisherigen Vortrags aber dringend geboten erscheinen. Die Klagepartei konnte sich bislang mangels richterlicher Hinweise auch noch nicht ausreichend gegen diese verteidigen, geschweige denn, dass die Beklagte noch keine Gelegenheit hatte, ihren Vortrag nach Erteilung von Hinweisen anzupassen.
Nachdem derzeit ein Ende der ersten Instanz noch lange nicht absehbar ist, erscheint ein Sicherungsverlangen der Klagepartei unter keinem Gesichtspunkt rechtsmissbräuchlich.
II.
Nachdem das Sicherungsverlangen als abspaltbarer Teil der Klage angesehen werden muss, war es geboten, ein Teilurteil zu erlassen.
III.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
IV.
Der Antrag auf Gewährung einer Schriftsatzfrist zu den rechtlichen Aspekten der Sicherheitsleistung war zurückzuweisen, da Rechtsausführungen auch ohne Schriftsatzfrist zu jedem Zeitpunkt vorgetragen werden können und auch bisher hätten vorgebracht werden können.


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