Baurecht

Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung, Verbesserungsbeitrag, Einrichtungseinheit, Gebäuderücksprung, Terrasse, Gebäudefluchtlinie

Aktenzeichen  M 10 S 21.3050

Datum:
4.1.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 761
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
Beitragssatzung für die Verbesserung der Entwässerungseinrichtung der Gemeinde …

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 542,31 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Heranziehung zu einem Verbesserungsbeitrag für die Entwässerungseinrichtung der Antragsgegnerin.
Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks … Straße 10 (Fl.Nr. …, Gemarkung …) im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin. Das Grundstück ist 956 m² groß und mit einem Zweifamilienhaus sowie einer Garage bebaut. Das Hauptgebäude verfügt über Keller-, Erd- und Obergeschoss (Außenmaße 10,8 m x 12,75 m); das Dachgeschoss ist nicht ausgebaut. Die südliche Außenmauer des Wohnhauses springt in ihrem östlichen Teil über alle Geschosse um 1,20 m zurück, wobei die östliche Außenmauer in allen Geschossen bis auf Höhe der (gedachten) Fortsetzung der südlichen Außenmauer vorgemauert ist. Im Bereich des Gebäuderücksprungs befindet sich eine Terrasse. Das Dach nimmt nicht am Rücksprung teil; die Terrasse ist im Bereich des Rücksprungs überdacht.
Die Antragsgegnerin betreibt zur Abwasserbeseitigung drei Entwässerungsanlagen als eine öffentliche Einrichtung (Einrichtungseinheit) für das gesamte Gemeindegebiet, vgl. § 1 Abs. 1 Satzung für die öffentliche Entwässerungsanlage (Entwässerungssatzung – EWS) vom 18. März 2016. Sie erhebt auf der Grundlage ihrer Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung (BGS-EWS) vom 17. Dezember 2019 zur Deckung ihres Aufwands für die Herstellung der öffentlichen Entwässerungseinrichtung einen Beitrag. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Beitragssatzung für die Verbesserung der Entwässerungseinrichtung (Verbesserungsbeitragssatzung – VES-EWS) in der Fassung der 1. Änderung vom 17. Dezember 2019 erhebt die Antragsgegnerin einen Beitrag zur Deckung ihres Aufwands für die Verbesserung der Entwässerungseinrichtung. Als Verbesserungsmaßnahmen sind in § 1 Abs. 1 Satz 2 VES-EWS genannt der Neubau der Kläranlage … sowie einer Belebungsanlage, der Rückbau der Kläranlage …, der Bau eines Abwasserpumpwerks sowie der Bau einer Druckleitung von der bisherigen Kläranlage … zur Kläranlage …, um die Ortsteile … und … an die neue Kläranlage anzuschließen. In § 1 Abs. 1 Satz 3 und Satz 4 VES-EWS werden diese Maßnahmen detailliert umschrieben. Gemäß § 1 Abs. 2 VES-EWS ist die örtliche Belegenheit der Maßnahmen aus drei Bestandslageplänen, die der Satzung als Anlagen beigefügt und Bestandteil der Satzung sind, ersichtlich. Maßstab für die Berechnung des Verbesserungsbeitrags sind nach § 5 Abs. 1 Satz 1 VES-EWS die Grundstücksfläche sowie die Geschossfläche der vorhandenen Gebäude. Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 VES-EWS ist die Geschossfläche nach den Außenmaßen der Gebäude in allen Geschossen zu ermitteln. Nach § 5 Abs. 2 Satz 2 VES-EWS werden Keller mit der vollen Fläche herangezogen. Balkone, Loggien und Terrassen bleiben gemäß § 5 Abs. 2 Satz 7 VES-EWS außer Ansatz, wenn und soweit sie über die Gebäudefluchtlinie hinausragen.
Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. Oktober 2020, dem Antragsteller am 21. Oktober 2020 persönlich übergeben, wurde der Antragsteller für das Grundstück … Straße 10 zu einem Verbesserungsbeitrag in Höhe von 2.169,24 EUR herangezogen, wobei auf den Grundstücksflächenbeitrag 277,24 EUR und auf den Geschossflächenbeitrag 1.892 EUR entfallen. Gemäß dem dem Bescheid beigefügten Aufmaßblatt wurde der Berechnung eine Grundstücksfläche von 956 m² und eine Geschossfläche (nur) für das Hauptgebäude von jeweils 137,70 m² (12,75 m x 10,8 m) für Keller-, Erd- und Obergeschoss, insgesamt 413,10 m², zugrunde gelegt.
Mit Schreiben vom 18. November 2020, bei der Antragsgegnerin am 19. November 2020 eingegangen, legte der Antragsteller ohne Begründung Widerspruch gegen den Bescheid ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Mit Schreiben vom 23. Dezember 2020 lehnte die Antragsgegnerin diesen Antrag ab.
Nach Nichtabhilfe und Vorlage des Widerspruchs an die Widerspruchsbehörde wies das Landratsamt … mit Bescheid vom 30. April 2021, dem Antragsteller am 3. Mai 2021 zugestellt, den Widerspruch zurück. Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.
Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 2. Juni 2021, eingegangen bei dem Verwaltungsgericht München am gleichen Tag, Klage gegen die Antragsgegnerin sowie das Landratsamt … erhoben, die auf Aufhebung des Bescheids vom 20. Oktober 2020 und des Widerspruchsbescheids vom 30. April 2021 gerichtet ist (M 10 K 21.3051). Gleichzeitig wird beantragt,
die Vollziehung sämtlicher fälliger Beträge, der Beiträge laut Bescheid vom 20. Oktober 2020 der Antragsgegnerin in Höhe von 2.169,24 EUR sowie der Kostenrechnung des Landratsamts … vom 30. April 2021 mit 88,11 EUR sowie aller weiterer von der Antragsgegnerin oder vom Landratsamt … geforderten Zahlungen auszusetzen.
Zur Begründung wird vorgetragen, es sei im Hinblick auf die Entwässerungseinrichtung der Ortschaft … kein Aufwand angefallen, der über einen Verbesserungsbeitrag gedeckt werden müsse. Im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin gebe es mindestens zwei Entwässerungssysteme, die nicht verbunden seien. Die Entwässerungseinrichtung … / … sei von der Einrichtung … getrennt. Sofern zur Verbesserung der Entwässerungseinrichtung der Ortschaften … oder … Aufwand angefallen sein sollte, lehne der Antragsteller als „…“ jede Beteiligung an diesen Kosten ab. Der Antragsteller verlange Auskunft, an wie viele Beteiligte, aufgegliedert nach den Ortschaften …, … und …, im Jahr 2020 Bescheide für die Entwässerungseinrichtung … / … ergangen seien. Er vermute, dass nur wenige Einwohner Verbesserungsbeitragsbescheide erhalten hätten. Eigentliche Ursache der Erhebung ihm gegenüber sei die Auseinandersetzung mit der Antragsgegnerin wegen des Eigentums am Grundstück Fl.Nr. …, Gemarkung … Er sei nicht Eigentümer dieses Grundstücks, sondern lediglich Vermächtnisnehmer. Im Übrigen sei der Grundstücksflächenbeitrag in Höhe von 277,24 EUR rechtswidrig. Durch diesen würden Beiträge für Grundstücksflächen, die nicht an das Kanalnetz angeschlossen seien und die kein Wasser in den Kanal einleiteten, erhoben.
Die Antragsgegnerin beantragt mit Schriftsatz vom 29. Juni 2021:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der angefochtene Verbesserungsbeitragsbescheid sei rechtmäßig. Der Einwand des Antragstellers, sein Grundstück sei nicht an die Entwässerungsanlage … angeschlossen, sondern würde über die Entwässerungsanlage … entwässert, sei rechtlich nicht relevant. Es sei zwar zutreffend, dass die Entwässerungsanlagen für die genannten Ortsteile technisch nicht miteinander verbunden seien. Rechtlich bildeten jedoch auch technisch getrennte Anlagen nach Art. 21 Abs. 2 Satz 2 Gemeindeordnung (GO) grundsätzlich eine einheitliche Einrichtung. Die Antragsgegnerin habe in § 1 Abs. 1 EWS ferner ausdrücklich bestimmt, dass die Entwässerungsanlagen als Einrichtungseinheit für das gesamte Gemeindegebiet betrieben würden. Der Verbesserungsbeitrag könne nach der Geschoss- und der Grundstücksfläche erhoben werden, wobei es unerheblich sei, in welchem Umfang die Entwässerungseinrichtung vom Grundstückseigentümer tatsächlich in Anspruch genommen werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten, auch im Verfahren M 10 K 21.3051, sowie die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
1. Der gestellte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Beiträge ist unter Berücksichtigung des Rechtsschutzbegehrens des Antragstellers nach §§ 122 Abs. 1, 88 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zu verstehen als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 20. Oktober 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. April 2021 nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO.
Auch wenn der Antragsteller die Antragsgegnerin sowie das Landratsamt … als „gemeinsam Beklagte“ benennt, ist zudem bei sachgerechter Auslegung des Begehrens des nicht anwaltlich vertretenen Antragstellers davon auszugehen, dass sich der Antragsteller lediglich gegen die Antragsgegnerin wendet. Denn aus den gestellten Anträgen sowie deren Begründung ist ersichtlich, dass Verfahrensgegenstand der Bescheid vom 20. Oktober 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. April 2021 sein soll. Richtiger Antragsgegner nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist damit (allein) die Antragsgegnerin.
2. Der so verstandene Antrag ist zulässig. Er ist insbesondere gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO statthaft. Auch die besondere Zulässigkeitsvoraussetzung gemäß § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO ist erfüllt, da die Antragsgegnerin den Antrag des Antragstellers auf Aussetzung der Vollziehung mit Schreiben vom 23. Dezember 2020 abgelehnt hat.
3. Der Antrag ist jedoch in der Sache nicht begründet.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage im Rahmen einer eigenen Ermessensentscheidung anordnen. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben soll die Anordnung nach § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Abgabenbescheids bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Gründe dafür, dass die Vollziehung des streitgegenständlichen Bescheids für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Zudem bestehen nach der im Eilverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids vom 20. Oktober 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. April 2021. Der Bescheid ist voraussichtlich rechtmäßig und verletzt den Antragsteller daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
a) Rechtsgrundlage für die Festsetzung des Verbesserungsbeitrags mit Bescheid vom 20. Oktober 2020 ist die Verbesserungsbeitragssatzung der Antragsgegnerin vom 17. Dezember 2019, die wiederum eine wirksame Beitragssatzung, hier der Beitragsteil der Beitrags- und Gebührensatzung vom 17. Dezember 2019, und eine wirksame Stammsatzung, hier die Entwässerungssatzung vom 18. März 2016, voraussetzt. Zweifel an der Gültigkeit dieser Rechtsgrundlagen sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der die Kammer folgt, ist in einem Eilverfahren, in dem nur eine überschlägige Überprüfung der Sach- und Rechtslage stattfinden kann, grundsätzlich von der Gültigkeit einer Norm auszugehen, wenn nicht ausnahmsweise Gründe, die die Annahme der Nichtigkeit rechtfertigen, offen zu Tage treten (BayVGH, B.v. 30.3.2015 – 20 CS 15.88 – juris m.w.N.).
Insbesondere bestehen keine offenkundigen Mängel im Hinblick auf die Bestimmtheit der in § 1 VES-EWS definierten Maßnahmen zur Verbesserung der Entwässerungseinrichtung. Nach summarischer Prüfung sind die Verbesserungsmaßnahmen in § 1 Abs. 1 VES-EWS ausreichend detailliert beschrieben. Zudem sind Bestandslagepläne zur Bestimmung der örtlichen Belegenheit der Maßnahmen nach § 1 Abs. 2 VES-EWS Bestandteil der Satzung. Soweit ersichtlich, handelt es sich auch um Verbesserungsmaßnahmen.
Zudem begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass die Antragsgegnerin nach § 1 Abs. 1 EWS drei Entwässerungsanlagen als eine öffentliche Einrichtung (Einrichtungseinheit) betreibt. Nach Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GO können – wie hier – mehrere technisch selbständige Anlagen einer Gemeinde eine Einrichtung bilden; die Antragsgegnerin hat dies auch explizit in ihrer Satzung geregelt (Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GO).
b) Der formell rechtmäßige Bescheid vom 20. Oktober 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. April 2021 ist nach summarischer Prüfung auch materiell rechtmäßig. Die Antragsgegnerin hat die Regelungen der Verbesserungsbeitragssatzung vom 17. Dezember 2019 zutreffend auf den konkreten Fall angewandt.
aa) Der Beitragstatbestand nach § 2 VES-EWS ist erfüllt, da das Grundstück des Antragstellers bebaut ist und für dieses ein Anschlussrecht nach § 4 EWS besteht. Denn nach Aktenlage ist das Grundstück durch einen Abwasserkanal erschlossen, da der Kanal in der am Grundstück vorbeiführenden öffentlichen Straße liegt.
bb) Die Beitragsschuld ist gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 VES-EWS nach Aktenlage auch entstanden.
cc) Der Antragsteller wurde als richtiger Beitragsschuldner nach § 4 VES-EWS herangezogen, da er – unbestritten – Eigentümer des fraglichen Grundstücks ist. Dass der Antragsteller sein Eigentum an einem anderen Grundstück (Fl.Nr. …, Gemarkung …) bestreitet, ist hier irrelevant.
dd) Der Verbesserungsbeitrag wurde nach §§ 5, 6 VES-EWS richtig berechnet.
(1) Gegen den zutreffend ermittelten Grundstücksflächenbeitrag in Höhe von 277,24 EUR kann der Antragsteller nicht mit Erfolg einwenden, es werde von seinem Grundstück kein Niederschlagswasser in den Kanal eingeleitet. Für die Heranziehung zu einem Beitrag genügt die bloße Möglichkeit der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung; es ist rechtlich irrelevant, ob diese tatsächlich genutzt wird.
(2) Auch gegen die Berechnung des Geschossflächenbeitrags bestehen nach summarischer Prüfung keine ernstlichen rechtlichen Bedenken.
Nach vorläufiger Bewertung der Aktenlage, insbesondere der in der Behördenakte befindlichen Auszüge aus den Eingabeplänen von 1971, ist es nicht zu beanstanden, dass zur Berechnung des Geschossflächenbeitrags auf die Außenmaße des Gebäudes (12,75 m × 10,80 m) in allen drei Geschossen (Keller-, Erd- und Obergeschoss) abgestellt worden ist, ohne den Gebäuderücksprung, in dessen Bereich sich eine Terrasse befindet, flächenmindernd zu berücksichtigen.
Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 VES-EWS ist die Geschossfläche nach den Außenmaßen der Gebäude in allen Geschossen zu ermitteln. Nach § 5 Abs. 2 Satz 2 VES-EWS werden Keller mit der vollen Fläche herangezogen. Balkone, Loggien und Terrassen bleiben gemäß § 5 Abs. 2 Satz 7 VES-EWS außer Ansatz, wenn und soweit sie über die Gebäudefluchtlinie hinausragen.
Nach summarischer Bewertung der Eingabepläne ist vorliegend die Terrasse, soweit sie sich im Bereich des Gebäuderücksprungs bis zur gedachten Fortsetzung der südlichen Außenmauer befindet, zur Beitragsberechnung heranzuziehen, da sich dieser Bereich innerhalb der Gebäudefluchtlinie im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 7 VES-EWS befindet.
Der Begriff der Gebäudefluchtlinie ist weder im Gesetz noch in der Satzung der Antragsgegnerin definiert. Der Begriff ist am nutzungsbezogenen Vorteilsgedanken des Art. 5 Abs. 1 Kommunalabgabengesetz (KAG) orientiert auszulegen. Bei der Begriffsbestimmung ist demnach auf das Maß der Nutzung abzustellen (vgl. hierzu: VG Ansbach, U.v. 13.11.2007 – AN 1 K 07.00701 – BeckRS 2007, 34447). Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist Gebäudefluchtlinie die Front des Gebäudes, die ungeachtet darüber hinausgehender Balkone durch die Außenkante der Hauswand, nicht aber durch die Endpunkte etwaiger vorstehender Sicht- und Schutzmauern gebildet wird, auch wenn diese sich im Bereich eines überstehenden Daches befinden (vgl. BayVGH, U.v. 11.11.1988 – 23 B 87.03110 – KStZ 1990, 135; s. auch: VG Ansbach, U.v. 13.11.2007, a.a.O.; VG Würzburg, U.v. 10.11.2004 – W 2 K 03.1445 – BeckRS 2004, 32638; U.v. 10.11.2004 – W 2 K 03.1337 – BeckRS 2004, 32637).
Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben verläuft hier die Gebäudefluchtlinie entlang der südlichen Außenmauer und setzt sich im Bereich des Gebäuderücksprungs in gedachter Verlängerung der südlichen Außenmauer bis zum Mauervorsprung der östlichen Außenmauer fort. Der im Bereich des Gebäuderücksprungs überdachte Teil der Terrasse nimmt am nutzungsbezogenen Vorteil des Art. 5 Abs. 1 KAG teil und ist damit beitragsfähig. Das Gleiche gilt für das Obergeschoss, in dem sich im Bereich des Rücksprungs innerhalb der Gebäudefluchtlinie ein Balkon befinden dürfte. Ebenso gilt dies nach summarischer Bewertung der Eingabepläne für das Kellergeschoss (vgl. hierzu: VG Würzburg, U.v. 10.11.2004, a.a.O.).
Im Hauptsacheverfahren wird weiter aufzuklären sein, ob diese vorläufige Bewertung der Gebäudefluchtlinie, insbesondere für das Ober- und das Kellergeschoss, zutrifft. Hierzu wird gegebenenfalls Beweis zu erheben sein.
ee) Gegen die Heranziehung zum Verbesserungsbeitrag greift auch nicht der Einwand des Antragstellers, nicht für eine andere Entwässerungsanlage zahlen zu wollen, durch. Wie bereits dargestellt, handelt es sich im vorliegenden Fall zwar um mehrere technisch selbständige Einrichtungen, die aber satzungsmäßig eine Einrichtungseinheit bilden. Daher erhöht die Verbesserung einer (technisch selbständigen) Entwässerungsanlage den Vorteil der gesamten Einrichtungseinheit, so dass derartige Verbesserungsmaßnahmen auf alle Nutzer der Einrichtungseinheit umlagefähig sind.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nrn. 1.5 und 3.1 Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit von 2013 (1/4 von 2.169,24 EUR).


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