Baurecht

Art. 5 Abs. 1 S. 1 und 3 BayKAG sind verfassungsgemäß

Aktenzeichen  6 ZB 15.2805

Datum:
3.11.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 110009
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayKAG Art. 5 Abs. 1 S. 1, S. 3

 

Leitsatz

1 Für die Annahme eines mit dem Straßenausbaubeitrag abzugeltenden Sondervorteils genügt – anders als im Erschließungsbeitragsrecht – die qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit als solche. (redaktioneller Leitsatz)
2 Die übliche Nutzungszeit beträgt bei einer „normalen“ Straße einschließlich Gehweg ca. 20 bis 25 Jahre. Ist sie tatsächlich abgenutzt und die übliche Nutzungszeit abgelaufen, ist ihre vollständige Erneuerung ohne Rücksicht darauf sachgerecht, ob die Gemeinde die Straße ordnungsgemäß unterhalten hat oder nicht. Der beitragsfähige Aufwand einer Erneuerung wird nicht um einen Reparaturabschlag gekürzt. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 3 K 15.720 2015-10-29 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 29. Oktober 2015 – AN 3 K 15.720 – wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 3.007‚54 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers‚ die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen‚ bleibt ohne Erfolg. Die innerhalb der Zwei-Monats-Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe‚ auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist‚ liegen nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. An der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
Dieser im Zulassungsantrag zunächst genannte Zulassungsgrund läge vor‚ wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG‚ B. v. 23.3.2007 – 1 BvR 2228/02 – BayVBl 2007‚ 624). Das ist nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt‚ dass die Beklagte den Kläger zu Recht mit Bescheid vom 24. November 2014 als Eigentümer eines Anliegergrundstücks zu einem Straßenausbaubeitrag in Höhe von 3.007‚54 Euro für die Erneuerung und Verbesserung der Börnestraße herangezogen hat. Den überzeugenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts hält der Kläger in der Antragsbegründung nichts Stichhaltiges entgegen‚ das ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils weckt und weiterer Prüfungen in einem Berufungsverfahren bedürfte.
a) An der Verfassungsmäßigkeit der dem streitigen Beitragsbescheid zugrunde liegenden Vorschriften des Art. 5 Abs. 1 Sätze 1 und 3 KAG über die Erhebung von (Straßenausbau-)Beiträgen für die Verbesserung oder Erneuerung von Ortsstraßen und beschränkt-öffentlichen Wegen bestehen entgegen der Ansicht des Klägers keine Zweifel.
Straßenausbaubeiträge sind in ihrer gesetzlichen Ausgestaltung als nichtsteuerliche Abgaben mit Gegenleistungscharakter sowohl mit dem Grundgesetz als auch mit der Bayerischen Verfassung vereinbar. Davon geht der Senat in ständiger Spruchpraxis (z. B. BayVGH, U. v. 1.6.2011 – 6 BV 10.2467 – BayVBl 2012, 206 Rn. 31) und in Übereinstimmung mit dem Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfG, B. v. 25.6.2014 – 1 BvR 668 u. a. – BVerfGE 137, 1. Ff zu wiederkehrenden Straßenausbaubeiträgen) sowie dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof (VerfGH, E. v. 12.1.2005 – Vf.3-VII-03 – VerfGHE 58‚ 1/22 ff.) aus. Der Kläger hält dem entgegen, es stelle eine sachwidrige Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte dar, dass das Gesetz sowohl leitungsgebundene Einrichtungen als auch Straßen „derselben Beitragspflicht“ unterwerfe, obwohl letztere im Gegensatz zu ersteren dem Gemeingebrauch dienten und einen beitragsrelevanten Sondervorteil nicht auslösen könnten. Das geht fehl.
Für den Sondervorteil, der mit dem Straßenausbaubeitrag abgegolten wird, sind zwei Merkmale entscheidend: Zum einen die spezifische Nähe des Grundstücks zur ausgebauten Ortsstraße, wie sie bei Anliegergrundstücken und ihnen aus dem Blickwinkel einer rechtlich gesicherten Inanspruchnahmemöglichkeit grundsätzlich gleich zu stellenden Hinterliegergrundstücken gegeben ist, zum anderen eine Grundstücksnutzung, auf die sich die durch den Ausbau verbesserte Möglichkeit, als Anlieger von der Ortsstraße Gebrauch zu machen, positiv auswirken kann (BayVGH, U. v. 15.4.2010 – 6 B 08.1849 – juris Rn. 22; U. v. 30.6.2016 – 6 B 16.515 – juris Rn. 16). Den Eigentümern von Grundstücken, bei denen beide Voraussetzungen vorliegen, kommt der Straßenausbau in einer Weise zugute, die sie – entgegen der Ansicht des Klägers – aus dem Kreis der sonstigen Straßenbenutzer heraushebt und die Heranziehung zu einem Beitrag verfassungsrechtlich rechtfertigt. Anders als im Erschließungsbeitragsrecht kommt es nicht darauf an, ob die Straße dem Grundstück die wegemäßige Erschließung vermittelt, die für eine zulässige bauliche oder gewerbliche Nutzung erforderlich ist. Bei der Erhebung eines Straßenausbaubeitrags für eine vorhandene, lediglich erneuerte oder verbesserte Ortsstraße genügt zur Annahme eines Sondervorteils vielmehr bereits die qualifizierte Inanspruchnahmemöglichkeit als solche. Diese kommt im Grundsatz jeder sinnvollen und zulässigen, nicht nur der baulichen oder gewerblichen Nutzung zugute (BayVGH, U. v. 30.6.2016 – 6 B 16.515 – juris Rn. 16 m. w. N.).
Dem Umstand, dass öffentliche Einrichtungen nicht nur von den Beitragspflichtigen, sondern – wie insbesondere Straßen – auch von der Allgemeinheit in Anspruch genommen werden können, hat der Gesetzgeber durch Art. 5 Abs. 3 KAG ausreichend Rechnung getragen. Danach ist in der Beitragssatzung eine Eigenbeteiligung der Gemeinde vorzusehen, wenn die Einrichtungen nicht nur unbedeutend auch der Allgemeinheit zugute kommen (Satz 1). Die Eigenbeteiligung muss die Vorteile für die Allgemeinheit angemessen berücksichtigen (Satz 2). Satzungen nach Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG, also Straßenausbaubeitragssatzungen, haben eine vorteilsgerecht abgestufte Eigenbeteiligung einheitlich für das gesamte Gemeindegebiet vorzusehen (Satz 3). Ergänzender Einzelsatzungen bedarf es nicht (Satz 4). Diesem gesetzlichen Regelungsauftrag ist die Beklagte durch die – mittelbare – Festlegung ihrer Eigenanteile differenziert nach Straßenkategorien und Teileinrichtungen in § 4 der Satzung über die Erhebung eines Straßenausbaubeitrages (Straßenausbaubeitragssatzung – ABS) vom 16. April 2003 (zuletzt geändert durch Satzung vom 28.4.2015) ohne Verstoß gegen höherrangiges Recht nachgekommen.
b) Ebenfalls nicht überzeugen kann der Einwand, die Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten verstoße gegen Art. 5 Abs. 1 Sätze 1 und 3 KAG, weil sie aufgrund des in § 2 verwendeten Begriffes „erschlossene Grundstücke“ nicht ausreichend vom Erschließungsbeitragsrecht abgekoppelt sei. Der Kläger übersieht, dass nach § 2 ABS der Beitrag gerade nicht nur – wie im Erschließungsbeitragsrecht wegen der gesetzlichen Vorgabe von Art. 5a Abs. 9 KAG i. V. m. § 133 Abs. 1 BauGB – „für bebaute, bebaubare, gewerblich genutzte, gewerblich nutzbare“ Grundstücke erhoben wird, sondern ausdrücklich auch für alle „sonstig nutzbaren Grundstücke …, die aus der Möglichkeit der Inanspruchnahme … einen besonderen Vorteil ziehen können“. Damit erfasst das spezielle ausbaubeitragsrechtliche Satzungsmerkmal „erschlossen“ in Übereinstimmung mit der oben genannten Rechtsprechung des Senats jede sinnvolle und zulässige Grundstücksnutzung; dazu zählt auch, wie sich aus § 6 Abs. 4 Satz 2 ABS ergibt, die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung im Außenbereich.
c) Ohne Erfolg bleibt die Rüge des Klägers‚ das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht von einer beitragsfähigen Erneuerung im Sinn von Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG und insbesondere von einer Erneuerungsbedürftigkeit der Börnestraße ausgegangen.
Das Verwaltungsgericht ist in Anwendung der maßgeblichen Kriterien (dazu BayVGH, U. v. 14.7.2010 – 6 B 08.2254 – KommunalPraxis BY 2010, 362/363; B. v. 21.7.2009 – 6 ZB 06.3102 – juris Rn. 7; B. v. 13.8.2014 – 6 ZB 12.1119 – juris Rn. 11) zu dem überzeugenden Ergebnis gelangt, dass die bereits weit vor 1972 erstmals hergestellte Börnestraße schon in den Jahren 1997/1998 erneuerungsbedürftig war. Die übliche Nutzungszeit‚ die nach ständiger Rechtsprechung des Senats bei einer „normalen“ Straße einschließlich der Teileinrichtung Gehweg etwa 20 bis 25 Jahre beträgt, war bereits zu diesem Zeitpunkt deutlich überschritten. Zwar stellt der Ablauf dieser üblichen Nutzungszeit zunächst lediglich ein Indiz für die Erneuerungsbedürftigkeit dar. Die Börnestraße war jedoch auch tatsächlich abgenutzt und „verschlissen“; das wird belegt sowohl durch die vorliegende Fotodokumentation zur Ortsbesichtigung am 15. Mai 1997 als auch durch die – vom Kläger nicht substantiiert angegriffenen – Ausführungen im Gutachten vom 9. September 1997 und begründet unter Berücksichtigung der Indizwirkung der bisherigen Nutzungsdauer in ausreichender Weise einen Erneuerungsbedarf‚ der unabhängig von den gleichzeitig durchgeführten Kanalisationsarbeiten bestanden hat. Im Übrigen durfte die Beklagte umso mehr von einem Erneuerungsbedarf ausgehen als die Straße durch die Kanalarbeiten weiter verschlissen wird; denn ein Erneuerungsbedarf kann ohne Weiteres auch durch Kanalbauarbeiten ausgelöst werden, die zum „Lebensschicksal“ einer Straße gehören (vgl. BayVGH, B. v. 23.5.2012 – 6 CS 2012 – juris Rn. 12).
d) Fehl geht der Einwand des Klägers‚ der schlechte Zustand der Straße sei auch dem Umstand geschuldet‚ dass die Beklagte den laufenden Straßenunterhalt nicht durchgeführt habe.
Ist die Straße tatsächlich abgenutzt und die übliche Nutzungszeit abgelaufen‚ ist ihre vollständige Erneuerung ohne Rücksicht darauf sachgerecht‚ ob die Gemeinde die Straße ordnungsgemäß unterhalten hat oder nicht (ständige Rechtsprechung, etwa BayVGH‚ B. v. 21.7.2009 – 6 ZB 06.3102‚ juris Rn. 9; B. v. 13.8.2014 – 6 ZB 12.1119 – juris Rn. 12). Selbst wenn die Beklagte die erforderlichen Instandsetzungs- und Unterhaltungsmaßnahmen in der Vergangenheit nicht durchgeführt haben sollte‚ so wäre dies nach Ablauf der üblichen Nutzungszeit mithin belanglos. Entscheidet sich eine Gemeinde nach Ablauf der üblichen Nutzungszeit und im Hinblick auf den schlechten Zustand für eine Erneuerung‚ wäre es‚ was den Umfang des beitragsfähigen Aufwands betrifft‚ auch nicht erforderlich‚ den entstandenen Aufwand um einen Reparaturabschlag zu kürzen (vgl. Driehaus‚ Erschließungs- und Ausbaubeiträge‚ 9. Aufl. 2012‚ § 32 Rn. 22 m. w. N.). Denn eine unterlassene ordnungsgemäße Unterhaltung und Instandsetzung hat bei zweifellos erfolgtem Ablauf der Nutzungszeit und tatsächlich vorliegender Abgenutztheit keine eigenständige Bedeutung (vgl. OVG NW, B. v. 22.3.1999 – 15 A 1047/99 – juris Rn. 6 bis 9).
e) Auch die im Hinblick auf das Vorliegen eines angeblichen Vertrauenstatbestandes geltend gemachten Erwägungen des Klägers führen nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung.
Das Verwaltungsgericht hat insoweit ausgeführt‚ dass die im Jahr 1998 erfolgte Anliegerinformation hinsichtlich der damals ins Auge gefassten Erneuerungsmaßnahmen nicht die Zusage enthalte‚ darüber hinausgehende weitere Verbesserungsmaßnahmen zu unterlassen oder daraus möglicherweise folgende Kostensteigerungen nicht auf die Anlieger umzulegen. In dem genannten Schreiben der Beklagten sei weder ein Beitragsverzicht noch die Zusicherung eines späteren Beitragsverzichts zu sehen, noch sei es der Beklagten verwehrt gewesen‚ eine Änderung ihres Bauprogramms durchzuführen. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hält dem mit dem Zulassungsantrag lediglich seine eigene gegenteilige Wertung entgegen‚ ohne damit aber einen weiteren Klärungsbedarf aufzuzeigen‚ dem in einem Berufungsverfahren nachgegangen werden müsste.
f) Ebenfalls nicht überzeugen kann der Einwand‚ das Verwaltungsgericht habe die Börnestraße zu Unrecht als Anliegerstraße eingestuft und deshalb einen zu geringen Gemeindeanteil angesetzt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist bei der Einordnung einer Straße in die Kategorien der Ausbaubeitragssatzung ausgehend von den Definitionen der Satzung auf die Zweckbestimmung abzustellen, wie sie sich aus einer Gesamtbewertung von Art und Größe der Gemeinde, deren weiterreichenden Verkehrsplanungen, der Lage und Führung der Straße im gemeindlichen Straßennetz und dem gewählten Ausbauprofil ergibt. Lediglich daneben, gewissermaßen als Bestätigungsmerkmal, können auch die tatsächlichen Verkehrsverhältnisse von Bedeutung sein (BayVGH, B. v. 9.3.2015 – 6 ZB 14.124 – Rn. 6).
Gemessen an diesem Maßstab ist das Verwaltungsgericht zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Börnestraße überwiegend der Erschließung der anliegenden Grundstücke dient, da sie überwiegend von dem Verkehr geprägt wird, der zu den angrenzenden Grundstücken hin- bzw. wegführt. Keine andere Straße ist auf sie angewiesen, um eine Verbindung zum sonstigen Verkehrsnetz zu erhalten, auch die vom Kläger in diesem Zusammenhang genannten Straßen „Steigwiesen“ und „Felix-Dahn-Straße“ nicht. Nach ihrer Lage nahe dem Ortsrand und angesichts ihrer relativ geringen Länge ist die Börnestraße ersichtlich nicht darauf ausgerichtet, innerörtlichen oder gar überörtlichen Verkehr in nennenswertem Umfang aufzunehmen. Die der Einstufung als Anliegerstraße gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 1 ABS zugrundeliegenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts sind daher nicht zu beanstanden. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht insbesondere ausgeführt‚ dass die Börnestraße nicht den Verkehr von anderen Anliegerstraßen des Wohngebietes „sammelt“ und den Hauptverkehrsstraßen der Beklagten zuführt. Dies wird vom Kläger auch nicht entkräftet.
Zu Recht weist das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass die Beklagte an eine falsche Einordnung einer Straße (durch einen Gutachter) nicht für alle Zeit gebunden sein kann, zumal diese Einordnung nach den plausiblen Ausführungen der Beklagten offensichtlich auf einem Schreibfehler im Gutachten von 1997 beruhte, weshalb der Gutachter davon ausgegangen war‚ dass die Fahrbahn der Börnestraße 7‚5 m (und nicht wie tatsächlich nur 5,5 m) breit sei.
g) Zu Recht hat das Verwaltungsgericht schließlich eine mögliche Ungleichbehandlung des Klägers im Vergleich zu Grundstückseigentümern an der Hallerweiher- und Anzengruberstraße verneint. Anders als bei der Börnestraße war bei den genannten Straßen aufgrund des vorhandenen Straßenzustands ein Vollausbau weder erforderlich noch geplant‚ insbesondere weil auch bereits ein ausreichend starker Fahrbahnaufbau vorhanden war. Selbst wenn aber die Beklagte bei anderen Straßenbaumaßnahmen rechtwidrig von einer Beitragserhebung abgesehen haben sollte, könnte der Kläger daraus keinen Anspruch auf – rechtswidrige – Beitragsverschonung herleiten.
2. Der Rechtssache kommt auch nicht die ihr vom Kläger beigemessene grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu. Die als klärungsbedürftig aufgeworfene Frage‚ „inwieweit eine Gemeinde … trotz unterlassener Instandsetzungsmaßnahmen nach Ablauf der von der Rechtsprechung vorgesehenen üblichen Nutzungsdauer der Straße ohne Rücksicht auf den Grund des Verschleißes Straßenausbaubeiträge festsetzen kann“‚ ist in dem unter 1. d) dargelegten Sinn geklärt.
3. Die Berufung kann schließlich nicht wegen eines beachtlichen Verfahrensfehlers (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zugelassen werden. Das Verwaltungsgericht hat den Einwand des Klägers, es sei nicht möglich festzustellen, welchen Anteil am Aufwand die Spartenträger übernommen hätten, wie sich dieser Anteil errechne und welche Kosten einzelnen Teileinrichtungen zugeordnet worden seien, nicht durch ein Überraschungsurteil übergangen.
Eine Entscheidung stellt sich als (unzulässiges) Überraschungsurteil dar‚ wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wende gibt‚ mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten (Schmidt in Eyermann‚ VwGO‚ 14. Aufl. 2014‚ § 108 Rn. 24).
Hierfür ist nichts ersichtlich. Die Niederschrift über die mündliche Verhandlung des Verwaltungsgerichts vom 29. Oktober 2015 enthält keinen greifbaren Anhaltspunkt dafür‚ dass das Gericht etwa davon ausgegangen sein könnte‚ die von der Beklagten bei Zusammenstellung des beitragsfähigen Aufwands berücksichtigte Kostenübernahme durch die beteiligten „Spartenträger“ sei unzutreffend ermittelt worden. Allein der Umstand‚ dass das Verwaltungsgericht die Beklagte nicht zur Vorlage der entsprechenden Unterlagen aufgefordert hat‚ kann nur dahin verstanden werden‚ dass die Kammer dies für entbehrlich gehalten hat. Jedenfalls musste dies dem Kläger spätestens im Termin zur mündlichen Verhandlung klar gewesen sein.
Soweit der Kläger mit diesem Vorbringen einen Aufklärungsmangel rügen will‚ greift das schon deshalb nicht durch‚ weil nicht vorgetragen und auch ausweislich des Verhandlungsprotokolls nicht ersichtlich ist‚ dass der in der mündlichen Verhandlung anwaltlich vertretene Kläger einen förmlichen Beweisantrag gestellt hätte. Die Rüge unzureichender Sachaufklärung kann nicht dazu dienen‚ Beweisanträge zu ersetzen‚ die ein anwaltlich vertretener Beteiligter in zumutbarer Weise hätte stellen können‚ jedoch zu stellen unterlassen hat (vgl. BVerwG‚ B. v. 6.5.2013 – 4 B 54.12 – juris Rn. 3 m.w.N). Dass sich dem Verwaltungsgericht die jetzt vom Kläger vermissten Ermittlungen auch ohne Stellung eines Beweisantrags von sich aus hätten aufdrängen müssen‚ legt der Zulassungsantrag nicht dar.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47‚ § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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