Baurecht

Baugenehmigung, Bebauungsplan, Gemeinde, Vorhaben, Anfechtungsklage, Ermessensentscheidung, Gebietserhaltungsanspruch, Nachbarschutz, Fahrzeug, Zufahrt, Dorfgebiet, Baugenehmigungsverfahren, Bauvorhaben, Verletzung, Art der baulichen Nutzung, aufschiebende Wirkung, einstweiligen Rechtsschutzes

Aktenzeichen  RO 2 S 21.2157

Datum:
22.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 47164
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,– Euro festgesetzt.

Gründe

Die Antragsteller wenden sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung.
Mit Bescheid vom 15.3.2021 erteilte das Landratsamt Regensburg dem Beigeladenen nach Maßgabe der eingereichten und mit Prüfstempel versehenen Bauvorlagen die baurechtliche Genehmigung für den Neubau von öffentlich geförderten Wohnungen mit Tiefgarage auf dem Grundstück H… straße …, S… bzw. Fl.Nr. 24 der Gemarkung S… (wie alle nachfolgend genannten Fl.Nrn.). Geplant ist die Errichtung von zwei Mehrfamilienhäusern (23,46 m x 11,11 m in EG+OG+DG-Bauweise) mit jeweils neun Wohneinheiten. Es handelt sich um Gebäude der Gebäudeklasse 3, die Genehmigung wurde im vereinfachten Verfahren erteilt. Gemäß der Stellplatzsatzung des Marktes S… ist vorgesehen, 1,5 Stellplätze pro Wohneinheit zu errichten. 27 Stellplätze werden in der geplanten Tiefgarage errichtet, weitere gemäß Stellplatzsatzung erforderliche 7 Besucherstellplätze sollen auf dem Baugrundstück oberirdisch hergestellt werden. Das Baugrundstück wird über das Grundstück FlNr. 8/41 erschlossen. Ausweislich der in den Behördenakten befindlichen Mitteilung des Marktes S… wurde das Grundstück Fl.Nr. 8/41 im Dezember 1963 zur Orts straße öffentlich gewidmet. Nach dem Bestandsverzeichnis ist es Bestandteil der sogenannten H… straße und zweigt als Stichstraße bzw. Sackgasse von der H… straße in einer Länge von ca. 40 m in Richtung des Baugrundstückes ab. Neben dem Baugrundstück wird über diese Stichstraße auch das Anwesen H… straße … (Fl.Nr. 19) und das nachfolgend genannte Wohnanwesen der Antragsteller erschlossen.
Die Antragstellerin zu 2) ist Eigentümerin der Grundstücke Fl.Nr. 18/1 und 20/1, die mit einem Wohngebäude (H… straße …) und Nebengebäuden bebaut sind. Das Wohnanwesen grenzt westlich an den Erschließungsweg FlNr. 8/41 an. Der Antragsteller zu 1) ist nicht Eigentümer dieser Grundstücke, für ihn ist aber ein Nießbrauch im Grundbuch eingetragen. Der östlich an das Wohnanwesen angrenzende Erschließungsweg Fl.Nr. 8/41 weist im Bereich des Wohngrundstücks der Antragsteller eine Engstelle von ca. 3 m über eine Länge von ca. 6 m auf. Südlich und nördlich dieser Engstelle weitet sich der Weg bis auf 5,20 m (im Süden) bzw. 5,50 m (im Norden) über eine Länge von jeweils ca. 10 m auf. Im Süden mündet der Erschließungsweg in die H… straße des Markts S…; vor der eigentlichen Einmündung befindet sich noch ein ca. 5 m breiter Pflasterstreifen (Fußgängerweg).
Das Wohnanwesen der Antragsteller grenzt nicht direkt an das Baugrundstück an, sondern ist durch das Straßengrundstück Fl.Nr. 8/41 bzw. das Grundstück Fl.Nr. 19 davon getrennt. Der Abstand des Wohngebäudes der Antragsteller zum am nächsten liegenden Gebäude des streitgegenständlichen Vorhabens (Haus 2) sowie zum nächstgelegenen Stellplatz beträgt ca. 30 m, die vorgesehene Tiefgaragenzufahrt ist mehr als 45 m vom Wohnhaus der Antragsteller entfernt.
Nach der Stellungnahme der Gemeinde sowie den Ausführungen des Landratsamtes liegt das Vorhaben in einem Gebiet ohne Bebauungsplan nach § 34 BauGB. Die Eigenart der näheren Umgebung entspricht einem Dorfgebiet nach der BauNVO.
Mit Schreiben vom 3.7.2020 und vom 16.7.2020 und weiteren anwaltlichen Schreiben haben die Antragsteller im Baugenehmigungsverfahren Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben. Unter anderem wurde vorgebracht, dass durch den Bau der Sozialwohnungen in der Sackgasse erhebliche Verkehrsprobleme auch auf alle dort wohnenden Mitmenschen zukommen würden. Ein normaler Gegenverkehr sei an der Engstelle im Bereich des Grundstücks der Antragsteller nicht möglich. Es komme hinzu, dass die Einmündung zur H… straße ein äußerst gefährlicher und unübersichtlicher Punkt sei. Das Grundstück der Antragsteller würde künftig als Ausweich- und Wendestelle verwendet und teilweise auch als Parkplatz für irgendwelche Fahrzeuge. Die Antragsteller würden deshalb veranlassen, dass ihr Grundstück zumindest mit einer Kette abgeriegelt werde, so dass die Wendemanöver auf ihrem Grundstück nicht mehr stattfinden könnten. Die Antragsteller würden die Gefahr sehen, dass aufgrund der Enge der Zufahrten und wegen der äußerst schlechten Sicht bei Einfahrt in die H… straße sich sicher ein Unfallschwerpunkt mitten im Herzen von S… entwickeln werde.
Das Landratsamt beteiligte im Baugenehmigungsverfahren im Hinblick auf die Zufahrtssituation und die Frage der Erreichbarkeit des Baugrundstücks für die Feuerwehr unter anderem den Kreisbrandrat und die Verkehrswacht Regensburg. Der Kreisbrandrat nahm dahingehend Stellung, dass keine Bedenken bestünden. Mit der Gemeinde S… sei ein totales Parkverbot für die Stichstraße vereinbart worden. Der Planer erstelle im Parkplatzbereich eine Aufstellfläche und Zufahrt für die Feuerwehr. Die Deutsche Verkehrswacht – Verkehrswacht Regensburg e.V. – nahm am 26.8.2020 dahingehend Stellung, dass gegen die Zufahrtssituation und Ausfahrt auf die H… straße in verkehrlicher Hinsicht keine Bedenken bestünden. Bei einer Ortsbesichtigung sei die Zufahrt ausgemessen und Fotos angefertigt worden. Die Zufahrt sei durch 10 Zaunsäulenrohre eingeengt. In der 3 m breiten und 6 m langen Engstelle sei kein Begegnungsverkehr möglich. Vor der Engstelle könnten sowohl ein zufahrendes Fahrzeug wie auch ein ausfahrendes Fahrzeug abgewartet werden, da Sichtverbindung bestehe. Bei dem 5 m breiten Pflasterstreifen werde die H… straße durch ein wartendes Fahrzeug nicht beeinträchtigt. An der Einmündung in die H… straße sei die Sicht nach beiden Seiten gut (nach links ca. 100 m, nach rechts ca. 120 m).
Am 31.3.2021 ließen die Antragsteller gegen den Genehmigungsbescheid vom 15.3.2021 Klage erheben, über die noch nicht entschieden ist (Az. RO 2 K 21.599). Am 29.10.2021 ließen sie zudem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz stellen. Zur Begründung wird u.a. auf ein im Klageverfahren vorgelegtes Gutachten Bezug genommen und vorgebracht, abweichend vom Gutachten der Verkehrswacht Regensburg e.V. sei bereits durch punktuelle Überprüfung der Verkehrsdichte ein starker Durchgangsverkehr in diesem Bereich der H… straße gegeben. Auch erscheine die Zufahrt über das Grundstück Fl.Nr. 8/41 (westliche Teilfläche) für zusätzlich 18 Wohnung ungeeignet, bedingt durch die Flurstückbreite sowie die Einmündungssituation in die H… straße. Durch diese Bebauung würden in diesem Bereich potentielle Stauquellen sowie Gefährdungssituationen geschaffen. Durch die ungeklärte Erschließung des Baugrundstückes werde es zu einer erheblichen und unzumutbaren Belästigung der Antragsteller durch entsprechenden Park- und Suchverkehr, Ziel- und Quellverkehr kommen. Hierzu passe es, dass der Kreisbrandrat die Vereinbarung eines „totalen Parkverbots“ für die Stichstraße mit der Gemeinde postuliere. Weder den Auflagen sei allerdings derlei zu entnehmen noch der Akte eine entsprechende Vereinbarung. Die geplante Ein- und Ausfahrt-Ampelregelung, H… straße …, provoziere förmlich schwer auflösbare Staus zurück bis zur H… straße. Des Weiteren entbehre diese Stichstraße Fl.Nr. 8/41 eine sichere Wegführung für Fußgänger, Radfahrer, Kinder, Schwerbehinderte und ältere Menschen. Weiterhin fehle ein Bürgersteig. Die Garagenzufahrt der Antragsteller werde wegen der Enge jetzt schon häufig als Wendehammer bei aktuell insgesamt drei bis vier Fahrzeugen benutzt. Auch der Schwerlastverkehr, allein während der Bauarbeiten, sei bei der Engstelle, auch bei vorsichtiger Fahrweise, höchst bedenklich. Die angefochtene Baugenehmigung sei darüber hinaus bereits formell rechtswidrig. So nehme das Landratsamt zu den Einwendungen der Antragsteller im Schreiben vom 27.7.2020 schon gar nicht Stellung, lediglich zur Widmung fänden sich Ausführungen im angefochtenen Bescheid. Entsprechendes gelte für weitere Einwendung im Schreiben der Antragsteller vom 16.7.2020 sowie vom 3.7.2020. Das angefochtene Bauvorhaben verletze das planungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme. Es begründe bewältigungsbedürftige bodenrechtliche Spannungen. Die ungesicherte Erschließung wirke sich unmittelbar zu Lasten der Antragsteller aus. Die Antragsteller machten auch ihren Anspruch auf Erhalt der Gebietsart geltend. Das Gutachten sage eindeutig aus, dass die Gesamtsituation zu erheblichen Gefährdungen, zu Staus und zu Unfällen führen werde. Die augenblickliche Situation, ohne dass 18 Wohneinheiten entstünden, sei für die jetzigen Anlieger schon sehr problematisch. Wenn nun diese 18 Wohneinheiten dazukommen würden mit ca. 70 Menschen und 35 bis 40 Autos, würde zum einen die Zufahrt wohl ständig blockiert sein und zum anderen auch ein stockender Verkehr für Fußgänger, Fahrräder, Schwerbehinderte und alte Menschen nicht nur behindernd, sondern eine Benutzung teilweise unmöglich gemacht. Es entstehe ein Stau- und Unfallschwerpunkt. Selbst dann, wenn die Schmalstelle beseitigt würde, sei die Situation nur etwas entschärft, bleibe jedoch im Wesentlichen bestehen. Aufgrund der schlechten Sicht bei der Ausfahrt aus der Stichstraße in die H… straße entstehe eine riesige Gefahrenquelle insoweit, als dass man bei parkenden Fahrzeugen links und rechts von der Stichstraße gezwungen sei, bis zur Sichtlinie vorzufahren. Die Sichtlinie habe man jedoch erst dann erreicht, wenn man mit dem ausfahrenden Fahrzeug mindestens 1,5 m in der stark befahrenen H… straße stehe. Das Schriftstück der Deutschen Verkehrswacht sei nicht anerkennungswürdig insofern, als dass offensichtlich Laien für einen Minderbetrag von 30,- Euro ein sogenanntes „Gutachten“ erstellten. Dort sei lediglich eine subjektive, oberflächliche Meinung in einer kurzen Momentaufnahme wiedergegeben. Auch sei der Baugrund des streitgegenständlichen Baugrundstückes äußerst problematisch. Ein Einschreiten auch aus Gründen des öffentlichen Nachbarrechts sei unbedingt gefordert. Hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung wird darauf hingewiesen, dass auch die typisierende Betrachtungsweise der Baunutzungsverordnung nicht darüber hinwegtäuschen dürfe, dass gerade im vorliegenden Fall eine Bebauung dieser Größenordnung eben nicht in die nähere Umgebung – an Ort und Stelle – und deren örtliche Besonderheit passe.
Die Antragsteller beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage vom 30.3.2021 gegen den Bescheid des Landratsamts Regensburg vom 15.3.2021 anzuordnen.
Das Landratsamt Regensburg beantragt für den Antragsgegner,
den Antrag abzulehnen.
Es wird ausgeführt, der Antrag des Antragstellers zu 1) sei mangels dinglicher Rechte an den beiden Grundstücken FlNr. 18/1 und 20/1 unzulässig. Nachbarn im baurechtlichen Sinne könnten nur die Eigentümer eines Grundstückes bzw. durch etwaige dingliche Rechte gleichgestellte Personen sein. Der Antragsteller zu 1) sei bei Durchsicht der beigefügten Flurstückübersichten kein Eigentümer der an der Zufahrts straße gelegenen Wohngrundstücke Fl.Nr. 18/1 und 20/1. Er sei deshalb bereits nicht antragsbefugt. Die Anträge seien jedenfalls unbegründet. Die Antragsteller seien nicht in drittschützenden Rechten verletzt. Die Frage der gesicherten Erschließung sei ein ausschließlich im öffentlichen Interesse liegender Gesichtspunkt, der keinen Drittschutz vermittle. Darüber hinaus könne in keiner Weise nachvollzogen werden, inwieweit die Stellungnahme der Deutschen Verkehrswacht Regensburg vom 26.8.2020 im Hinblick auf die Frage der gesicherten Erschließung nicht zutreffend sein solle. In einem faktischen Dorfgebiet seien gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO Wohngebäude und damit auch das streitgegenständliche Bauvorhaben regulär zulässig. Eine Verletzung des Drittschutz verleihenden Gebietserhaltungsanspruches sei insoweit nicht gegeben. Die Anzahl der Wohneinheiten stelle kein Einfügekriterium im Sinne des § 34 Abs. 1 oder 2 BauGB dar. Das Gebot der Rücksichtnahme sei im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung nicht verletzt. Gleiches gelte im Hinblick auf den Zu- und Abfahrtsverkehr. Die mit dem Betrieb der für ein zulässiges Bauvorhaben erforderlichen Stellplätze einhergehenden Zu- und Abfahrtsgeräusche sowie die entsprechenden Immissionen seien grundsätzlich als sozialadäquat hinzunehmen und als nachbarrechtlich verträglich anzusehen. Soweit die Antragsteller unzumutbare Verkehrsbehinderungen für die Allgemeinheit vortragen, sei nicht vorgebracht, inwieweit die Antragsteller hierdurch in individualisierbarer und qualifizierter Weise tatsächlich unzumutbar betroffen sein sollten. Ein Begründungsmangel hinsichtlich der von den Antragstellern vorgebrachten nachbarlichen Einwendungen liege nicht vor. Soweit Einwendungen hinsichtlich Baugrund und Gebäudeschäden vorgebracht worden seien, könne nicht nachvollzogen werden, inwieweit gegebenenfalls im Zuge der Baumaßnahme entstehende Schäden an anderen Gebäuden zu einer Rechtsverletzung der Antragsteller führen sollten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte im Eilverfahren und auf die beigezogenen Akten des Klageverfahrens (RO 2 K 21.599) sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig aber unbegründet.
Der Antrag ist zulässig. Die Antragsteller sind auch antragsbefugt im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO analog. Dies gilt auch, soweit der Antragsteller zu 1) nach dem Vortrag des Antragsgegners nicht Eigentümer der Grundstücke mit den Fl.Nrn. 18/1 und 20/1 ist. Zwar sind Nachbarn im baurechtlichen Sinne in rechtlicher Hinsicht grundsätzlich nur die Eigentümer der benachbarten Grundstücke oder die diesen gleichgestellten Erbbauberechtigten, vgl. Art. 66 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BayBO. Diese nehmen grundsätzlich die Rechte des Mieters oder Pächters wahr, die aus dem Eigentumsgrundrecht folgen, vgl. Art. 66 Abs. 3 Satz 3 BayBO. Nach dem vom Gericht eingeholten Grundbuchauszug ist der Antragsteller zu 1) zwar weder als Grundstückeigentümer noch als Erbbauberechtigter an den Grundstücken Fl.Nrn. 18/1 und 20/1 eingetragen. Für den Antragsteller ist aber ein Nießbrauch gemäß Bewilligung vom 2.6.2020, URNr. 1304 (Notar …) eingetragen. Den Grundstückseigentümern sind die Inhaber eigentumsähnlicher Rechte, nämlich entsprechender dinglicher Rechte am Grundstück gleichgestellt. Dazu gehört auch der – uneingeschränkte – Nießbrauch im Sinne der§§ 1030 ff. BGB (vgl. z.B. Dirnberger in Busse/Kraus, BayBO, 143,. EL Juli 2021, Rn. 85 f zu Art. 66 BayBO).
Die Antragsteller sind baurechtlich auch Nachbarn in tatsächlicher bzw. räumlicher Hinsicht. Sie sind zwar nicht Eigentümer bzw. dinglich Berechtigte eines unmittelbar an das streitgegenständliche Bauvorhaben angrenzenden Grundstücks. Der Begriff der benachbarten Grundstücke im Sinne des Art. 66 Abs. 1 BayBO ist aber nicht so eng auszulegen, dass nur unmittelbar angrenzende Grundstücke gemeint sind. Ausreichend ist eine bestimmte räumliche Beziehung zum Baugrundstück, so dass die Nachbarn in ihren öffentlich-rechtlich geschützten Belangen berührt werden können. Maßgeblich ist also der Einwirkungsbereich des Bauvorhabens, der nach Art und Intensität der von dem Vorhaben ausgehenden Beeinträchtigungen verschieden bemessen sein kann. Da grundsätzlich ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme auch in Betracht kommen kann, wenn sich die Erschließungssituation eines Grundstücks durch eine vorhabenbedingte Überlastung einer das Grundstück des Betroffenen erschließenden Straße oder durch unkontrollierten Parksuchverkehr erheblich verschlechtert (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 8.1.2019 – 9 CS 17.2482 – juris Rn. 20), ist vorliegend nach dem Vortrag der Antragsteller eine Antragsbefugnis anzunehmen.
Der Antrag bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.
Nach § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212a Abs. 1 BauGB ganz oder teilweise anordnen. Es trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung dahingehend, ob das öffentliche und das private Vollzugsinteresse der Bauherrin oder das Aussetzungsinteresse der Antragsteller überwiegt. Die vorzunehmende Interessenabwägung orientiert sich maßgeblich an den summarisch zu prüfenden Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs.
Die Drittanfechtungsklage wird voraussichtlich erfolglos bleiben. Die streitgegenständliche Baugenehmigung verletzt die Antragsteller nach summarischer Prüfung nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die Anfechtungsklage eines Dritten gegen eine Baugenehmigung kann nur dann Erfolg haben, wenn die Baugenehmigung Vorschriften verletzt, die dem Schutz des Dritten zu dienen bestimmt sind. Dementsprechend findet im vorliegenden gerichtlichen Verfahren keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle statt. Die Prüfung beschränkt sich vielmehr darauf, ob durch die angefochtene Baugenehmigung drittschützende Vorschriften, die dem Nachbarn einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben vermitteln und die im Baugenehmigungsverfahren prüfungsgegenständlich sind, verletzt sind (BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris; VG München, B.v. 7.9.2016 – M 1 SN 16.3556 – juris).
1. Der Einwand der Antragsteller in formeller Hinsicht, die Baugenehmigung sei bereits rechtswidrig, weil zu den Einwendungen der Antragsteller nicht ausreichend Stellung genommen worden sei, greift nicht durch. Nach Art. 68 Abs. 3 Satz 2 BayBO ist die Baugenehmigung nur insoweit zu begründen, als ohne Zustimmung des Nachbarn von nachbarschützenden Vorschriften abgewichen wird oder der Nachbar in Textform Einwendungen erhoben hat; Art. 39 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG und Art. 66a BayBO bleiben unberührt. Vorliegend haben die Antragsteller mit Schreiben vom 3.7.2020 und 16.7.2020 als auch durch nachfolgende anwaltliche Schreiben Einwendungen insbesondere im Hinblick auf die Erschließungssituation vorgebracht. Das Landratsamt hat mit Schreiben vom 18.1.2021 an den Bevollmächtigten (vgl. Art. 39 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG) als auch in der Begründung der Baugenehmigung dazu Stellung genommen. Im Übrigen können etwaige Mängel, soweit sie nicht schon nach Art. 46 BayVwVfG unbeachtlich sind, gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BayVwVfG bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, hier also auch im Hauptsacherechtsbehelf, nachgeholt werden.
2. Das Bauvorhaben verletzt nicht den von Antragstellerseite geltend gemachten Gebietserhaltungsanspruch. Der Gebietserhaltungsanspruch gibt den Eigentümern von Grundstücken in einem durch Bebauungsplan festgesetzten Baugebiet (§ 9 Satz 1 Nr. 1 BauGB, § 1 Abs. 3 BauNVO) das Recht, sich gegen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässige Vorhaben unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung zur Wehr zu setzen (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 16.9.1993 – 4 C 28/91 – juris Rn. 13; B.v. 27.8.2013 – 4 B 39/13 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 10.8.2016 – 9 ZB 16.944 – juris Rn. 11; B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 29). Der identische Nachbarschutz besteht auch im unbeplanten Innenbereich, wenn die Eigenart der näheren Umgebung als faktisches Baugebiet i.S.d. § 34 Abs. 2 BauGB einem der Baugebiete der Baunutzungsverordnung entspricht (vgl. BVerwG, U.v. 16.9.1993 – 4 C 28/91 – BVerwGE 94,151). Das Vorhaben soll vorliegend im Ortszentrum des Marktes S… errichtet werden. Im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes ist davon auszugehen, dass die nähere Umgebung einem Dorfgebiet im Sinne des § 5 BauNVO entspricht, wie in der Stellungnahme der Gemeinde zum Vorhaben ausgeführt. Anderes haben die Parteien jedenfalls nicht vorgebracht. In einem Dorfgebiet sind nach § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3 BauNVO Wohngebäude allgemein zulässig. Auf die Anzahl der Wohneinheiten kommt es dabei nicht an. Auch ein Mehrfamilienhaus entspricht der Nutzungsart des allgemeinen Wohngebiets.
Die Antragsteller sind auch nicht in einem aus § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO abzuleitenden Gebietsprägungsanspruch bzw. Gebietsprägungserhaltungsanspruch verletzt, unabhängig von der Frage, ob ein solcher überhaupt anzuerkennen ist (vgl. BayVGH, B.v. 15.10.2019 – 15 ZB 19.1221 – juris Rn- 9). Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind Vorhaben im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Die Umgebung wird hier unter anderem durch Wohngebäude geprägt, weshalb die geplante Wohnnutzung der gebietstypischen Prägung „Wohnen“ nicht widerspricht. Für das von den Antragstellern angedeutete Umschlagen von „Quantität in Qualität“ gibt es keine Anhaltspunkte. Es drängt sich nicht auf, dass die geplante Bebauung mit zwei Mehrfamilienhäuser in E+I+D – Bauweise und jeweils 9 Wohnungen signifikant, d.h. augenscheinlich, der Eigenheit eines als Dorfgebiet im Sinne des § 5 BauNVO zu qualifizierenden Gebiets im Ortskern des Marktes S… widerspricht. § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO, der hier über § 34 Abs. 2 BauGB Anwendung findet, stellt grundsätzlich auf die Art der baulichen Nutzung im Sinne der Baunutzungsverordnung (vgl. BayVGH U.v. 3.2.2014 – 9 CS 13.1915 – juris; VG Ansbach, U.v. 29.9.2020 – 17 K 19.19.01467 – juris Rn. 33 ff.; B.v. 13.1.2016 – AN 3 S 15.02436 – juris) und nicht auf das Maß der baulichen Nutzung ab (vgl. BVerwG, U.v. 16.3.1995 – 4 C 3.94 – BauR 1995, 508; BayVGH, B.v. 5.11.2019 – 9 CS 19.1767 – juris Rn. 15). Die Anzahl der Wohnungen in einem Gebäude ist kein Kriterium zur Beurteilung der Frage, ob sich ein Vorhaben im Sinn von § 34 Abs. 1 BauGB einfügt (vgl. BayVGH, B.v. 2.11.2020 – 1 CS 20.1955 – juris Rn. 4; BVerwG, B.v. 24.4.1989 – 4 B 72.89 – NVwZ 1989, 1060).
3. Eine Verletzung der Antragsteller in ihren Rechten aufgrund der vorgebrachten unzureichenden Erschließungssituation liegt nicht vor.
3.1 Insoweit ist zunächst darauf zu verweisen, dass es auf die Frage, ob für das streitgegenständliche Vorhaben die Erschließung in bauplanungsrechtlicher Hinsicht gesichert ist, vorliegend nicht ankommt. Denn wie ausgeführt ist im Rahmen einer Nachbarklage allein zu prüfen, ob durch die streitgegenständliche Genehmigung drittschützende Vorschriften, die dem Schutz des Nachbarn dienen, verletzt sind. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Denn sogar eine ggf. fehlende Erschließung ist grundsätzlich nicht drittschützend, da sie nur dem öffentlichen Interesse einer geordneten städtebaulichen Entwicklung dient (BayVGH B.v. 11.4.2011 – 2 ZB 09.3021; B.v. 27.7.2018 – 1 CS 18.1265). Eine Ausnahme hiervon ist nur dann gegeben, wenn eine wegen fehlender Erschließung rechtswidrige Baugenehmigung für den Nachbarn eine unmittelbare Rechtsverschlechterung in Richtung auf das Duldenmüssen eines Notweg- oder Notleitungsrechts nach § 917 Abs. 1 BGB bewirkt (vgl. BVerwG, U.v. 26.3.1976, IV C 7.74 – juris; BayVGH, B.v. 23.8.2010 – 2 ZB 10.1216 – juris Rn. 3; VG München, U.v. 23.11.2016 – M 9 K 15.4601 – juris Rn. 27). Denn in diesem Fall wäre er in seinen Rechten aus Art. 14 GG verletzt. Dies ist hier nicht der Fall. Denn ausweislich der im Genehmigungsverfahren eingeholten Auskunft der Gemeinde und dem von ihr vorgelegten Auszug aus dem Bestandsverzeichnis für Gemeindestraßen ist das Grundstück Fl.Nr. 8/41 zwischen der Einmündung in die Staats straße 2144 („H… straße“) bis zum Anwesen H… straße … (Baugrundstück des Beigeladenen) seit 1963 öffentlich gewidmet. Über dem Stichweg (der ebenfalls die Bezeichnung H… straße trägt) werden seit langem neben dem schon bisher bebauten Baugrundstück auch die Anwesen H… straße … und das Anwesen der Antragsteller (H… straße …) erschlossen. Ausweislich der in den Behördenakten befindlichen Bilder ist die Stichstraße unter Inanspruchnahme des Grundstücks der Antragsteller zwar wohl breiter ausgebaut, als das als Orts straße gewidmete Grundstück Fl.Nr. 8/41 im Zufahrtbereich breit ist. Dennoch ist das Grundstück Fl.Nr. 8/41 durchgehend mehr als 3 m breit, so dass die Grundstücke der Antragsteller mit Blick auf die Erschließung nicht in Anspruch genommen werden müssen. Es ergibt sich also nichts dafür, dass mit dem streitgegenständlichen Bauvorhaben eine unmittelbare Rechtsverschlechterung für Antragsteller etwa durch das Duldenmüssen eines Notwege- oder Notleitungsrechts verbunden wäre.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Antragsteller vortragen, die in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke würden aufgrund der nicht ausreichenden Breite der Stichstraße im Falle von Gegenverkehr immer wieder als Ausweichfläche oder zum Parken in Anspruch genommen. Vielmehr ist aus den in den Akten befindlichen Bildern, z.B. aus den beim Ortstermin der Verkehrswacht angefertigten Fotos, ersichtlich, dass die Antragsteller bereits durch Pflanztröge, durch auf der Straße angebrachte Rohrstangen und durch andere Einrichtungen den Teil der Fahrbahn, der offensichtlich auf ihren Grundstücken liegt, abgegrenzt haben, so dass ein Befahren des Grundstücks der Antragsteller oder ein Parken auf diesen nicht mehr möglich ist. Ausreichend für die Zufahrt zum Baugrundstück ist die gewidmete Fläche der Orts straße, was sich auch daraus ergibt, dass das Landratsamt eine Stellungnahme der Verkehrswacht Regensburg e.V. zur Frage eingeholt hat, ob durch die von den Antragstellern vorgenommenen Verengungen der bisherigen Zufahrt straße auf den Bereich des Grundstücks Fl.Nr. 8/41 Bedenken im Hinblick auf die Zufahrtssituation und die Ausfahrt auf die H… straße bestehen, was verneint wurde.
3.2 Auch das Gebot der Rücksichtnahme, welches sich im unbeplanten Innenbereich entweder aus dem Merkmal des „Einfügens“ oder aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ergibt, ist im vorliegenden Fall nicht verletzt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hängen die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2004 – 4 C 1.04 – NVwZ 2005, 328; BayVGH, B.v. 15.1.2018 – 15 ZB 16.2508 – juris Rn. 16; B.v. 3.6.2016 – 1 CS 16.747 – juris Rn. 4). Eine unzumutbare Beeinträchtigung der Antragsteller durch die angeführten vorhabenbedingten Auswirkungen auf die Erschließung ist nach summarischer Prüfung und unter Berücksichtigung des Vortrags der Antragsteller nicht ersichtlich. Die mit dem angegriffenen Vorhaben verbundenen Auswirkungen auf die Erschließung sind nicht derart gravierend, dass die Schwelle der Rücksichtslosigkeit überschritten wird (vgl. in diesem Zusammenhang auch OVG Münster B.v. 8.2.2005 – 10 B 1876/04, juris Rn. 11 ff.; BayVGH, B.v. 30.7.2021 – 1 CS 21.1506 – Rn. 10 ff; VG München, B.v. 10.5.2021 – M 9 SN 20.5350 – juris Rn. 21 ff.).
Zwar ist nach Aktenlage ein Begegnungsverkehr an der engsten Stelle der Stichstraße im Bereich des Wohnanwesens der Antragsteller nicht möglich. Dieser Umstand allein setzt jedoch selbst dann, wenn sich die Nutzung der Stichstraße durch die Bewohner der streitgegenständlichen Mehrfamilienhäuser verstärkt, die Antragsteller nicht derartigen Unzulänglichkeiten oder Gefahren aus, dass von Rücksichtslosigkeit zu Lasten der Antragsteller gesprochen werden könnte. Für die Annahme einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots genügt es nicht schon, wenn ein Vorhaben die Situation für den Nachbarn nachteilig verändert (vgl. BayVGH, B.v. 30.7.2021 – 1 CS 21.1506 – juris Rn. 11). Das Bauvorhaben wird lediglich privat und nicht gewerblich genutzt. Regelmäßiger LKW-Verkehr findet demnach nicht statt. Es ist nach summarischer Prüfung nicht damit zu rechnen, dass es zu ständigen oder doch häufiger überlastungsbedingten Verstopfungen der Stichstraße kommen wird, die beispielsweise im Gefahrenfalle die Erreichbarkeit der Grundstücke der Antragsteller einschränken würde, auch wenn der Zu- und Abfahrtsverkehr gegenüber der jetzigen Situation in gewissem Umfang zunehmen dürfte. Nach der vom Landratsamt eingeholten Stellungnahme der Deutschen Verkehrswacht vom 26.8.2020 bestehen aus dortiger Sicht gegen die Zufahrtssituation und die Ausfahrt auf die H… straße in verkehrlicher Hinsicht keine Bedenken. Die derzeitige Engstelle vor dem Anwesen der Antragsteller ist nach den Feststellungen der Verkehrswacht 6 m lang und hat eine Breite von 3 m und weitet sich in beiden Richtungen trichterförmig auf. Dabei kann im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dahinstehen, ob die vor Ort festgestellte Breite des Stichweges mit der Breite des gewidmeten Weges exakt übereinstimmt. Nach den im Luftbild möglichen überschlägigen Feststellungen (z.B. Bayern-Atlas) ist das gewidmete Grundstück Fl.Nr. 8/41 sogar etwas breiter als 3 m. Zwar ist in der Engstelle kein Begegnungsverkehr möglich, vor der Engstelle können nach der Stellungnahme der Verkehrswacht aber sowohl ein zufahrendes Fahrzeug als auch ein ausfahrendes Fahrzeug abgewartet werden. Es entspricht im Innerortsbereich einer üblichen Situation, dass die Fahrbahnen nicht so breit sind, dass etwa bei am Fahrbahnrand parkenden Fahrzeugen (auch mehrerer PKW hintereinander) ein Begegnungsverkehr möglich ist und entgegenkommende Fahrzeuge bei Hindernissen bzw. parkenden Fahrzeugen nicht abgewartet werden müssen. Nichts anderes ergibt sich vorliegend an der Engstelle vor dem Anwesen der Antragsteller, die von der Länge her demgegenüber nicht unüblich ist. Hinzu kommt, dass nach der eingeholten Stellungnahme des Kreisbrandrats mit der Gemeinde die Verfügung eines totalen Parkverbots für die Stichstraße vereinbart wurde. Es ergibt sich auch nicht, dass das Parkverbot, das danach aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich ist, von der Gemeinde nicht umgesetzt würde, auch wenn in der Baugenehmigung nichts dazu zu finden ist, wie von Antragstellerseite eingewendet. Auf den Lichtbildern der Verkehrswacht sind vielmehr provisorische Verkehrszeichen (Halteverbot – Feuerwehrzufahrt) bereits erkennbar. Der Stellplatzbedarf für das streitgegenständliche Vorhaben ist im Übrigen durch die geplante Tiefgarage mit 27 Stellplätzen sowie den vorgesehenen 7 oberirdischen Stellplätzen gedeckt. Nur ergänzend ist darauf zu verweisen, dass auch nach den einschlägigen technischen Regelwerken (vgl. Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen – RAST 2006 – Ziffer 6.1.1.10 Tabelle 16) schmale Zweirichtungsfahrbahnen mit Ausweichstellen in gering belasteten Erschließungsstraßen 3,50 m, in Ausnahmefällen 3,00 m breit sein dürfen, wenn die Abschnittslänge bis zu 50 m beträgt, nur geringer Lkw-Verkehr herrscht und weniger als 70 Kraftfahrzeuge pro Stunde den Abschnitt befahren. Hier handelt es sich um eine Stichstraße ohne Durchgangsverkehr, über die nur wenige Grundstücke erschlossen werden. Nach summarischer Prüfung spricht auch in Bezug auf vorgebrachte Wartezeiten bei der Einfahrt von der Stichstraße in die eigentliche H… straße oder bei der ampelgeregelten Einfahrt in die Tiefgarage des streitgegenständlichen Vorhabens nichts dafür, dass die Anzahl der Verkehrsbewegungen pro Stunde in der Stichstraße derart hoch ist, dass damit zu rechnen wäre, dass über eine bloße nachteilige Veränderung hinaus eine für die Antragsteller unzumutbaren Verkehrssituation vor ihrem Anwesen geschaffen würde.
Die von Antragstellerseite vorgelegte Gutachterliche Stellungnahme vom 29.4.2021 führt zu keiner anderen Beurteilung. Insoweit ergibt sich schon nicht, über welche besondere Fachkunde die Sachverständigen zur Beurteilung derartiger Fragestellungen verfügen, nachdem das Gutachten von einem Sachverständigenbüro stammt, das sich offenbar vor allem mit Fragen der Wertermittlung, Mieten, Betriebskosten, Bauschäden etc. befasst. Vor allem aber nimmt das Gutachten zu den hier streitentscheidenden Fragen, insbesondere dazu, inwieweit durch das Vorhaben die Verkehrssituation auf der am Anwesen der Antragsteller vorbeiführenden Stichstraße konkret verändert bzw. verschlechtert wird, nicht ausreichend Stellung. Es wurde z.B. zwar eine Verkehrszählung an der H… straße durchgeführt, wenn auch nur über 10 Minuten; Erhebungen dazu, wie häufig Fahrbewegungen auf der Stichstraße zu verzeichnen waren, fehlen aber. Soweit 81 zusätzliche Fahrten pro Tag zu bzw. vom Vorhaben prognostiziert werden (S. 20), ergibt sich nicht plausibel, dass sich bereits daraus für die Antragsteller unzumutbare Verkehrsverhältnisse ergeben würden. Das Gutachten beschäftigt sich im Übrigen vor allem mit Fragen der Verkehrssicherheit, z.B. bei der Einfahrt von der Stichstraße in die H… straße und mit potenziellen Staugefahren bei der Ausfahrt vom Stichweg in die H… straße bzw. bei der Zufahrt zur Tiefgarage des streitgegenständlichen Anwesens. Fragen der Verkehrssicherheit auf öffentlich gewidmeten Verkehrsflächen können die Antragsteller aber grundsätzlich im Rahmen der Nachbarklage als Verletzung eigener Rechte nicht rügen. Wie ausgeführt reicht der Umstand, dass ggf. Kraftfahrzeuge vor einer Engstelle halten und entgegenkommende Fahrzeug passieren lassen müssen, für die Annahme des Entstehens einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Erschließungssituation nicht aus.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht mit Blick auf die Auswirkungen während der Bauphase. Denn aus Anlass von Baumaßnahmen verursachte, vorübergehende Beeinträchtigungen der wegemäßigen Erschließung sind jedenfalls dann hinzunehmen, wenn die Zu- und Abfahrt – wie hier – tatsächlich möglich bleibt (BayVGH, B. v. 25.2.2013 – 15 CS 12.2459, BeckRS 2013, 48098 Rn. 32, beck-online).
4. Auch ist nicht ersichtlich, dass die durch das Bauvorhaben ausgelöste Belastung durch den Anliegerverkehr im Übrigen betreffend Lärm- und Geruchsbeeinträchtigungen die Schwelle der Rücksichtslosigkeit überschreiten würde. Der mit einem zulässigen Bauvorhaben verbundene Zu- und Abfahrtsverkehr ist vielmehr regelmäßig zumutbar. Der Umweltschutzingenieur des Landratsamts hat bei Erfüllung bestimmter Auflagen (u.a. schallabsorbierende Verkleidung der Innenwände der Tiefgaragenzufahrt) auch keine Einwände gegen das Vorhaben in immissionsschutzrechtlicher Sicht vorgebracht. Hiergegen wurde von Antragstellerseite nichts erinnert.
5. Soweit vorgebracht wurde, dass der Baugrund äußerst problematisch sei, erschließt sich nicht, inwieweit Rechte der Antragsteller hierdurch verletzt sein können, nachdem die Grundstücke der Antragsteller nicht unmittelbar an das Baugrundstück angrenzen.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine Verletzung von drittschützenden Vorschriften im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung nicht ergibt. Gründe die dennoch, abweichend von der gesetzlichen Wertung in § 212a BauGB, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage erfordern würden, sind nicht ersichtlich.
Nach alledem war der Antrag abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich damit nicht in ein Kostenrisiko begeben. Es entspricht somit nicht der Billigkeit, seine außergerichtlichen Kosten den Antragstellern aufzulegen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog.


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