Baurecht

Baugenehmigung, Bebauungsplan, Wohngebiet, Mischgebiet, Gemeinde, Bescheid, Vorhaben, Bebauungszusammenhang, Wohnnutzung, Bebauung, Nachbarschutz, Wohnhaus, Gutachten, Bauantrag, allgemeines Wohngebiet, Stand der Technik, Kosten des Verfahrens

Aktenzeichen  AN 17 K 20.00907

Datum:
28.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 50144
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 59
BauGB i.V.m. § 6 BauNVO § 34 Abs. 2
BauGB § 35 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 3
BImSchV § 18

 

Leitsatz

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

1. Die zulässige Klage ist unbegründet und damit abzuweisen, weil der der beigeladenen Stadt … erteilte Baugenehmigungsbescheid vom 9. April 2020 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Eine Anfechtungsklage hat nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nämlich nur dann Erfolg, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Dafür genügt nicht die objektive Verletzung einer Rechtsnorm. Die Rechtsverletzung muss sich aus einer Norm ergeben, die zumindest auch dem Schutz des Nachbarn dient (Schutznormtheorie, s. BayVGH, B.v. 23.6.2017 – 15 ZB 16.920 – BayVBl 2019, 596 Rn. 8). Zudem müssen die als verletzt gerügten Normen Teil des Prüfprogramms im Baugenehmigungsverfahren sein, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO (Dirnberger in Busse/Kraus, BayBO, 143. EL Juli 2021, Art. 66 Rn. 537).
Eine Verletzung drittschützender Normen des Prüfprogramms durch die der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung scheidet aus. Das Prüfprogramm bemisst sich vorliegend nach Art. 59 BayBO (vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren), da die durch die Beigeladene geplante „Rollsport-Erlebnisanlage“ kein Sonderbau im Sinne des Art. 2 Abs. 4 BayBO ist.
2. Es liegt kein Verstoß gegen die gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BayBO zu prüfenden bauplanungsrechtlichen Vorschriften der §§ 29 – 38 BauGB vor, den die Klägerin rügen könnte. Das Vorhabengrundstück des Beigeladenen liegt im Außenbereich nach § 35 BauGB, da die Voraussetzungen eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB nicht vorliegen. Es handelt sich um ein sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB, welches jedenfalls keine die Klägerin schützenden Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB, der das Rücksichtnahmegebot kodifiziert, beeinträchtigt.
a) Der Innenbereich definiert sich nach § 34 Abs. 1 BauGB als im Zusammenhang bebauter Ortsteil. Der Bebauungszusammenhang reicht dabei soweit, wie eine tatsächlich vorhandene Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt (BayVGH, U.v. 31.10.2013 – 1 B 13.794 – juris Rn. 13), wobei das geplante Vorhaben, dessen Zulässigkeit zu bestimmen ist, außer Betracht bleibt (schon BVerwG, U.v. 6.12.1967 – IV C 94.66 – juris Rn. 27). Ein Ortsteil ist in Abgrenzung von einer Splittersiedlung jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organisch gewachsenen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, U.v. 30.6.2015 – 4 C 5.14 – NVwZ 2015, 1767 Rn. 11).
Das Vorhabengrundstück FlNr. … ist nicht in diesem Sinne in einen Bebauungszusammenhang eingegliedert. Es grenzt im Norden an ein unbebautes Waldstück sowie Grünflächen, die sich bis zur der jedenfalls mehr als 150 m entfernten Bebauung südlich der … straße erstrecken. Östlich schließt sich ebenfalls ein unbebauter Waldstreifen mit Grünfläche an, der bis zur Straße … Weg reicht. Im Süden folgen, getrennt durch die … straße (FlNr. …*), zwei vertikal ausgerichtete und mit Maschendrahtzaun eingefriedete Fußballplätze mit Toren, Fluchtlichtern und kleinen Unterständen für die Spieler. Auf diese beiden Fußballplätze folgt westlich noch ein weiterer, horizontal ausgerichteter, an dessen südöstlichem Ende eine Art Vereinsheim errichtet ist. Diese Fußballplätze vermögen jedoch mangels maßstabsbildender Wirkung keinen Bebauungszusammenhang insbesondere mit den weiteren sich westlich an diese anschließenden Sportanlagen und der Stadthalle herzustellen (BVerwG, B.v. 10.7.2000 – 4 B 4 39/00 – NVwZ 2001, 70, 70 f., Ls.: „Ein Sportplatz stellt keinen Bebauungszusammenhang im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB her, auch wenn auf ihm einzelne untergeordnete bauliche Nebenanlagen (hier: Kassenhäuschen, Flutlichtmasten) vorhanden sind“). Daran ändert auch das Vereinsheim nichts, das allenfalls einen Bebauungssplitter darstellt. Südlich der Fußballplätze liegen unbebaute Wald- und landwirtschaftliche Flächen. Westlich des Vorhabens sind zunächst unbebaute Parkflächen (FlNrn. …*) ausgewiesen, die ebenfalls keine maßstabsbildende Wirkung in Bezug auf einen Bebauungszusammenhang entfalten (BVerwG a.a.O.). Demnach ist die FlNr. … dem Außenbereich nach § 35 BauGB zuzuordnen.
b) Bei der Rollsport-Erlebnisanlage handelt es sich um ein sonstiges Vorhaben gemäß § 35 Abs. 2 BauGB, da kein Privilegierungstatbestand nach § 35 Abs. 1 BauGB einschlägig ist. Insbesondere kommt § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB nicht zur Anwendung. Dem Vorhaben der Beigeladenen mangelt es nämlich an der hierfür erforderlichen sog. Außenbereichsaffinität, welche sich aus der Formulierung „nur im Außenbereich ausgeführt werden soll“ des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB ableiten lässt. Darin ist eine Einschränkung der Privilegierung zu sehen, die ansonsten zum Einfallstor für eine bauliche Entwicklung des Außenbereichs würde. Ein Vorhaben „soll“ in diesem Sinne nur dann im Außenbereich ausgeführt werden, wenn sein Zweck so gewichtig und anerkennenswert ist, dass eine Abweichung vom grundsätzlichen Verbot des Bauens im Außenbereich gerechtfertigt erscheint und nicht bereits dann, wenn es sinnvoller- und praktischerweise im Außenbereich ausgeführt werden kann. Bei Sportanlagen ist in aller Regel davon auszugehen, dass sie als sonstiges Vorhaben unter § 35 Abs. 2 BauGB fallen (VG Ansbach, U.v. 30.3.2021 – AN 17 K 19.01874 – juris Rn. 33; Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr (BKL), BauGB, 14. Aufl. 2019, § 35 Rn. 67). Das Vorhaben der Beigeladenen gibt keinen Anlass, von diesem Grundsatz abzuweichen, weil nicht ersichtlich ist, dass es prinzipiell nicht auch im Innenbereich der Stadt Hilpoltstein verwirklicht werden könnte (Mitschang/Reidt a.a.O. Rn. 33).
c) Damit ist das angegriffene Vorhaben der Beigeladenen gemäß § 35 Abs. 2 BauGB bauplanungsrechtlich nur zulässig, wenn seine Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist. Jedoch kann die Klägerin nicht umfassend die Einhaltung der § 35 Abs. 2 und Abs. 3 BauGB verlangen, da diese grundsätzlich nicht drittschützend sind, ihr also keine individuellen Rechte verleihen, sondern ausweislich ihres Wortlautes dem Schutz öffentlicher Belange dienen (Dirnberger in Busse/Kraus, BayBO, 143. EL Juli 2021, Art. 66 Rn. 402). Nachbarschutz wird nur über das in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB verankerte Gebot der Rücksichtnahme gewährt, welches sich bei einem Außenbereichsvorhaben auch auf im Innenbereich liegende Grundstücke erstrecken kann (Reidt in BKL, BauGB, 14. Aufl. 2019, Vorbm. §§ 29-38 Rn. 72). Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher und insofern drittschützender Belange vor, wenn das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1, § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG hervorrufen kann, sprich Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
Die durch die Beigeladene geplante Rollsport-Erlebnisanlage ruft in Bezug auf die Klägerin jedoch keine derartigen schädlichen Umwelteinwirkungen hervor. Normkonkretisierende Werte für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärm lassen sich für das Vorhaben der Beigeladenen der auf § 23 Abs. 1 des BImSchG gestützten Achtzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (Sportanlagenlärmschutzverordnung – 18. BImSchV) vom 18. Juli 1991, zuletzt geändert durch Art. 1 Dritte ÄndVO vom 8. Oktober 2021 (BGBl. I S. 4644), entnehmen. Die LAI-Freizeitlärm-Richtlinie vom 6. März 2015 ist hingegen nicht heranzuziehen.
aa) Der Anwendungsbereich der 18. BImSchV umfasst nach deren § 1 Abs. 1 die Errichtung, die Beschaffenheit und den Betrieb von Sportanlagen, soweit sie zum Zwecke der Sportausübung betrieben werden und einer Genehmigung nach § 4 BImSchG nicht bedürfen. Sportanlagen wiederum sind nach § 1 Abs. 2 18. BImSchV ortsfeste Einrichtungen, die zur Sportausübung bestimmt sind; zu ihnen zählen auch Einrichtungen, die mit der Sportanlage in engem räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen, § 1 Abs. 3 Satz 1 18. BImSchV. Obwohl der immissionsschutzrechtliche Sportbegriff weder durch den Gesetz- noch den Verordnungsgeber definiert ist, ist gleichwohl anerkannt, dass sich „Sport“ in diesem Sinne durch bestimmte Wesensmerkmale definiert, insbesondere körperliche Bewegung, Wettkampf- und Leistungsstreben, das Vorhandensein von Regeln und Organisationsformen und die Betätigung als Selbstzweck ohne produktive Absichten (Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 95. EL Mai 2021, § 1 18. BImSchV Rn. 27). Je nach Erscheinungsform der Sportart kommt den genannten Kriterien ein unterschiedliches Gewicht zu, auch müssen nicht alle gleichzeitig erfüllt sein. Insbesondere im Bereich des Breiten- und Freizeitsports etwa ist der Wettkampf- und Leistungscharakter unterzugewichten. Weiter muss die Zweckbestimmung der Anlage nicht ausschließlich die Sportausübung sein, ausreichend ist vielmehr, wenn sie auch sportlichen Zwecken zu dienen bestimmt ist. Als Anhaltspunkt für die notwendige Abgrenzung zu den Freizeitanlagen kann Nr. 1 Abs. 2 der LAI-Freizeitlärm-Richtlinie vom 6. März 2015 herangezogen werden. Jedenfalls nicht als Sportanlage einzustufen sind nach dem Bundesverwaltungsgericht kleinräumige Anlagen, die ausschließlich für die körperliche Freizeitbetätigung von Kindern im Alter bis zu 14 Jahren bestimmt sind (BVerwG, B.v. 11.2.2003 – 7 B 88/02 – NVwZ 2003, 751). Angesichts des Vorstehenden kann die Würdigung, ob eine Sportanlage im Sinne der 18. BImSchV vorliegt, nur im Einzelfall erfolgen (zu alldem: BayVGH, U.v. 24.8.2007 – 22 B 05.2870 – juris Rn. 23 f.; Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 95. EL Mai 2021, § 1 18. BImSchV Rn. 27 ff.).
Diesen Maßstab zugrunde gelegt, kann die geplante Rollsport-Erlebnisanlage noch als Sportanlage gemäß § 1 Abs. 1 18. BImSchV eingeordnet werden. Sie enthält zwar mit einem Bolzplatz, einem Beachvolleyballfeld, einem Streetball-Feld und einem Skatebereich Anlagen, deren Einordnung in Literatur und Rechtsprechung umstritten ist (s. die Übersicht bei Reidt/Schiller a.a.O. Rn. 32 m.w.N.). Auch steht der Wettkampfcharakter offensichtlich nicht im Vordergrund. Allerdings handelt es sich um eine Anlage, die, wie aus der Baubeschreibung hervorgeht, allen Altersgruppen mit einem Schwerpunkt auf Sport und Bewegung dienen soll, mithin um eine, die ihren Fokus auf Breiten- und Freizeitsport legt. Damit tritt das Erfordernis eines organisierten Wettkampf- und Leistungscharakters in den Hintergrund und gewinnt der Belang der körperlichen Bewegung und der körperlichen Betätigung als Selbstzweck ohne produktive Absichten an Bedeutung. Mit dem Calisthenics-/Balancier-Parcours, dem Dirtbike-Trail, dem Pumptrack und der Skatefläche liegt zudem ein Fokus auf der individuellen körperlichen Ertüchtigung, die vergleichbar mit derjenigen in einem Fitnessstudio ist, welches eine Sportanlage im Sinne des § 1 Abs. 1 der 18. BImSchV darstellt (SächsOVG, B.v. 19.1.2015 – 1 B 286/14 – juris; VGH BW, U.v. 27.9.2004 – 3 S 1719/03 – NVwZ-RR 2005, 795). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Sportbegriff einem zeitlichen Wandel zugänglich und nicht auf einen klassischen Kanon an Sportarten beschränkt ist. Der in einer Gesamtschau durchaus, nicht zuletzt in der Vorhabenbezeichnung („Rollsport-Erlebnisanlage“), aber etwa auch in den angebotenen Sitzgelegenheiten, der Freifläche für das Rasenspiel, dem Boule-Feld und dem Platz zum „Chillen“ zu Tage tretende Freizeitcharakter vermag die Einordnung als Sportanlage letztlich nicht zu kippen, weil sie das übrige Sportangebot zwar ergänzen, es jedoch quantitativ und qualitativ nicht prägend beeinflussen. Um die Abgrenzung zwischen Sport- und Freizeitanlagen schärfer zu konturieren, kann zudem im Wege des Umkehrschlusses auf die beispielhafte Aufzählung in Nr. 1 Abs. 2 der LAI-Freizeitlärm-Richtlinie vom 6. März 2015 zurückgegriffen werden. Dort sind u.a. aufgezählt: Grundstücke, auf denen in Zelten oder im Freien Diskoveranstaltungen, Livemusik-Darbietungen, Rockmusik-Darbietungen, Platzkonzerte, regelmäßige Feuerwerke, Volksfeste o.a. stattfinden; Spielhallen, Rummelplätze, Freilichtbühnen, Autokinos, Freizeitparks, Vergnügungsparks, Abenteuer-Spielplätze (Robinson-Spielplätze, Aktiv-Spielplätze), Sonderflächen für Freizeit-Aktivitäten, z.B. Grillplätze; Badeplätze, Erlebnisbäder, Anlagen für Modellfahrzeuge, Sommerrodelbahnen, Zirkusse, Hundedressurplätze. Verglichen hiermit steht der sportliche Charakter der Rollsportanlage eindeutig im Vordergrund.
Selbst wenn man dies anders sehen wollte, so wäre die 18. BImSchV aufgrund der starken Nähe des Bauvorhabens zu einer Sportanlage in ihrem Sinne doch als Orientierung heranzuziehen (diese Möglichkeit bejahend BayVGH, B.v. 12.5.2004 – 22 ZB 04.234 – NVwZ-RR 2004, 735 für eine Außensportanlage einer Jugendbildungs- und Begegnungsstätte).
bb) Geht es um die Lösung einer Immissions-Konfliktlage, reicht es in der Regel aus, wenn dem Emittenten aufgegeben wird, beim Betrieb seiner Anlage näher bestimmte Richtwerte einzuhalten. Dabei muss jedoch gewährleistet sein, dass die Immissionswerte im regelmäßigen Betrieb eingehalten werden können (BayVGH, B.v. 18.10.2017 – 9 CS 16.883 – juris Rn. 26). Überschreiten die bei der Nutzung einer Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, muss die genehmigte Nutzung schon in der Baugenehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden (BayVGH, B.v. 15.11.2011 – 14 AS 11.2305 – juris Rn. 31).
In Anwendung dieser Grundsätze ist das Vorgehen des Beklagten, zur Wahrung des Rücksichtnahmegebotes gegenüber der Klägerin in Ziffer II. 4. des Bescheides vom 9. April 2020 den gutachtlichen Bericht der …-Gesellschaft mbH vom 28. Oktober 2019 mit der Ergänzung vom 16. Dezember 2019 und den ergänzenden Berechnungen vom 11. Februar 2020 in Bezug zu nehmen und in Ziffer II. 10. die Einhaltung der darin unter Berücksichtigung der Vorbelastung durch die übrigen Sportplätze ermittelten Immissionsrichtwerte für ein Mischgebiet (* … straße) verbindlich zu machen, nicht zu beanstanden; die Einhaltung dieser Immissionsrichtwerte ist durch das Gutachten vom 9. April 2020 mitsamt der Ergänzungen hinreichend belegt.
Der gutachtliche Bericht der …-Gesellschaft mbH vom 28. Oktober 2019 mit der Ergänzung vom 16. Dezember 2019 und den ergänzenden Berechnungen vom 11. Februar 2020 beurteilt das Anwesen der Klägerin … straße … (FlNr. …*) als Immissionsort 4 und kommt für dieses zu einem Beurteilungspegel für die kritische Ruhezeit an Sonn- und Feiertagen von 46,1 dB(A), welcher den aufgrund der Vorbelastung durch die übrigen Sportanlagen im Umfeld des Vorhabens um 10 dB(A) reduzierten Immissionsrichtwert des § 2 Abs. 2 Nr. 2 18. BImSchV für tags innerhalb der Ruhezeiten außer am Morgen von 60 dB(A), also 50 dB(A), nicht überschreite. Daraus lasse sich auch ohne weitere Überprüfung ableiten, dass in der Ruhezeit an Werktagen zwischen 20 und 22 Uhr, in der eine deutlich geringere Nutzungsfrequenz herrsche, an allen Orten eine Unterschreitung des reduzierten Immissionsrichtwertes von 50 dB(A) zu verzeichnen sei. Dies treffe auch für die weiteren Beurteilungszeiträume am Tage außerhalb der Ruhezeiten zu, da hier zum einen der reduzierte Immissionsrichtwert von 50 dB(A) und zudem längere Beurteilungszeiträume (9 bzw. 12 Std.) heranzuziehen seien sowie während der Tagzeit keine hundertprozentige Dauernutzung stattfinde, sondern es auch Zeitfenster mit beispielsweise reduzierter Auslastung gebe.
Die schalltechnische Untersuchung ist nachvollziehbar und weist keine erkennbaren und durchgreifenden, zu einer Verletzung des Rücksichtnahmegebotes führenden wissenschaftlichen oder methodischen Mängel auf. Ausreichend ist es zudem, nur das Anwesen … straße … (FlNr. …*) als Immissionsort aufzunehmen, da ausgeschlossen erscheint, dass sich für das unmittelbar östlich anschließende Nachbargrundstück … straße … (FlNr. …*) und das auf diesem stehende, vom Vorhabengrundstück weiter entfernte Wohngebäude ungünstigere Immissionswerte ergeben.
(1) Zunächst legt der gutachtliche Bericht der …-Gesellschaft mbH zur Ermittlung und Beurteilung der einwirkenden Schallimmissionen zutreffend die 18. BImSchV zugrunde (s.o.). Hinsichtlich der maßgeblichen Immissionsrichtwerte werden im Ausgangspunkt diejenigen für ein Mischgebiet aus § 2 Abs. 2 Nr. 2 der 18. BImSchV gewählt, was angesichts der Lage der benachbarten klägerischen Grundstücke in ihren nördlichen, bebauten Bereich, von denen eines als Immissionsort 4 (* … straße **) fungiert, in einem faktischen Mischgebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO der richtige Ansatz ist.
Rechtlich irrelevant ist zunächst der Vortrag der Klägerin, dass die Beigeladene durch ihren Stadtrat am 25. März 2021 einen Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. … „… Straße“ gefasst habe, der die klägerischen Grundstücke umfasse und ein Allgemeines Wohngebiet festlege. Zum einen ist der Beschluss gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB einen Bebauungsplan aufzustellen nicht mit dem endgültigen Satzungsbeschluss nach § 10 Abs. 1 BauGB zu verwechseln, der den Bebauungsplan nach Erfüllung der weiteren Verfahrensvoraussetzungen in Kraft treten lässt. Solange also nur ein Aufstellungsbeschluss vorliegt, ist der Bebauungsplan als Rechtsnorm noch nicht existent. Zum anderen wäre selbst ein nach Erteilung der Baugenehmigung vom 9. April 2020 in Kraft getretener Bebauungsplan, der ein Allgemeines Wohngebiet festsetzte, für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser nicht mehr von Belang. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist nämlich grundsätzlich derjenige der Erteilung der Baugenehmigung. Nachträgliche, für den Bauherren ungünstige Änderungen der Sach- und Rechtslage sind (anders als für ihn günstige Änderungen) außer Acht zu lassen (Dirnberger in Busse/Kraus, BayBO, 143. EL Juli 2021, Art. 66 Rn. 590 ff.).
Aber auch ansonsten dringt die Klägerin nicht mit dem Vortrag durch, dass sich ihre Grundstücke und die … straße insgesamt zumindest in einem faktischen Allgemeinen Wohngebiet befinden. Ein Allgemeines Wohngebiet im Sinne des § 4 BauNVO dient nach dessen Abs. 1 vorwiegend dem Wohnen. Zulässig sind nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 BauNVO Wohngebäude, die, wie sich aus dem Zusammenhang zu § 4 Abs. 1 BauNVO ergibt, im Gebiet zahlenmäßig überwiegen und den Wohncharakter auch unter Berücksichtigung der anderen zulässigen Anlagen erkennbar prägen müssen (BVerwG, U.v. 7.9.2017 – 4 C 8/16 – juris Rn. 7). Im Übrigen sind nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störende Handwerksbetriebe zulässig. Diese müssen jedoch der Versorgung des Gebietes dienen, in dem sie untergebracht sind (sog. Gebietsversorgungsklausel) und so den gebietstypischen Schutz der Wohnruhe gewärleisten. Die Versorgung anderer Baugebiete fällt, von einer untergeordneten Nachfrage von außerhalb abgesehen, nicht mehr hierunter (Hornmann in Spannowsky/Hornmann/Kämper, BeckOK BauNVO, 27. Ed. 15.10.2021, § 4 Rn. 42 ff.). Weiter sind nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke zulässig. Durch § 4 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 BauNVO soll im Wohngebiet selbst eine Versorgungsinfrastruktur bereitgestellt werden, mit der sich die Grundbedürfnisse der Bevölkerung befriedigen lassen (BVerwG a.a.O.). Ausnahmsweise können nach § 4 Abs. 3 BauNVO u.a. sonstige nicht störende Gewerbebetriebe (Nr. 2) und auch Anlagen für Verwaltungen (Nr. 3) zugelassen werden, die aber im Einzelfall gebietsverträglich sein müssen.
Dem so beschriebenen Charakter eines allgemeinen Wohngebietes entspricht die Eigenart der näheren Umgebung des bebauten Bereichs der klägerischen Grundstücke nicht. So befindet sich auf dem übernächsten Grundstück östlich des klägerischen Anwesens … straße … der Bauhof der Stadt …, mithin eine im allgemeinen Wohngebiet nur ausnahmsweise zulässige „Anlage für Verwaltung“ gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO. Eine solche wäre im allgemeinen Wohngebiet nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn sie keine zentralen Funktionen wahrnimmt, was bei einem Bauhof für die gesamte Stadt aber gerade der Fall ist (Stock in König/Roeser/Stock, BauNVO, 4. Aufl. 2019, § 4 Rn. 79 ff.). Auf der dem Anwesen Nr. 48 gegenüber bzw. dem Anwesen Nr. 48 schräg gegenüberliegenden Seite der … straße gibt es einen Vertrieb von Drucker und Tonerkartuschen sowie Gartenbewässerungsanlagen und Gartenbauartikeln (FlNr. …*). Unabhängig davon, ob man darin Handwerksbetriebe erblicken möchte, fehlte ihnen jedenfalls der gebietsversorgende Charakter im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO, womit sie wiederum nur ausnahmsweise in einem allgemeinen Wohngebiet als sonstige nicht störende Gewerbebetriebe zulässig wären, § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO. Hinter der FlNr. … beginnt der sich nach Südwesten erstreckende Kreisbauhof, der noch der näheren Umgebung der klägerischen Grundstücke zuzuordnen ist, da diese jedenfalls die südlich und nördlich der insofern keine trennende Wirkung aufweisenden … straße liegende Bebauung, begrenzt im Osten durch die … Straße und im Norden durch die … Straße, erfasst (zum Begriff der näheren Umgebung Mitschang/Reidt in BKL, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 34 Rn. 21). Hinsichtlich des Kreisbauhofs gilt das bereits zum Bauhof der Beigeladenen Ausgeführte. Sodann liegt direkt gegenüber dem klägerischen Anwesen … straße Nr. … die Kfz-Werkstatt „…“, der es ebenfalls am rein gebietsversorgenden Charakter nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO fehlt, da sie augenscheinlich des Firmenschildes am Eingangstor und der auf dem Parkplatz erkennbaren Fahrzeuge vornehmlich VW-Oldtimer und -Busse repariert, also als spezieller Betrieb naheliegender Weise einen über die nähere Umgebung hinausgehenden Einzugsbereich hat. Südlich der … straße und westlich an das Wohnhaus der Klägerin mit der Nummer … anschließend setzt sich zwar die Häuserzeile mit Wohnbebauung fort, und auch südwestlich des an den „…“ angrenzenden Waldstücks liegen einige Wohnhäuser, allerdings gibt es in der näheren Umgebung der klägerischen Grundstücke zu viele, nicht mit dem in § 4 Abs. 1 und Abs. 2 BauNVO formulierten Leitbild eines allgemeinen Wohngebietes vereinbare Nutzungen, weswegen der vorhandenen Wohnnutzung kein das Erscheinungsbild des Gebietes prägender Charakter zukommt.
Vielmehr entspricht die Bebauung der klägerischen Grundstücke und deren nähere Umgebung den Merkmalen eines faktischen Mischgebietes nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO, welches nach § 6 Abs. 1 BauNVO dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören, dient. Zulässig sind dort u.a. nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO Wohngebäude, Geschäfts- und Bürogebäude (Nr. 2), sonstige Gewerbebetriebe (Nr. 4) und auch Anlagen für Verwaltungen (Nr. 5). Für ein Mischgebiet ist dabei nicht entscheidend, dass die beiden Hauptnutzungsarten zu genau oder annähernd gleichen Anteilen im Gebiet vertreten sind, wobei die Grenze bei einem beherrschenden Umfang, einem übergewichtigen In-Erscheinung-Treten einer Hauptnutzungsart liegt, die hier bei weitem nicht erreicht wird (Roeser in König/Roeser/Stock, BauNVO, 4. Aufl. 2019, § 6 Rn. 4 m.w.N.).
(2) Sodann berücksichtigt der gutachtliche Bericht in nicht zu beanstandender Weise und entgegen der unzutreffenden Rüge der Klägerin die durch die südlich und südwestlich des Vorhabengrundstücks liegenden Sportplätze vorhandenen immissionsschutztechnischen Vorbelastungen durch Sportlärm, so wie es § 2 Abs. 1 der 18. BImSchV fordert (beschränkte Summenpegelbildung, s. Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 95. EL Mai 2021, § 2 18. BImSchV Rn. 10), indem die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 18. BImSchV für ein Mischgebiet maßgeblichen Immissionsrichtwerte um jeweils 10 dB(A) verringert werden. Dies ist kein willkürliches Vorgehen, sondern findet seine Basis in Nr. 2.2 Buchst. a der Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm), nach der Flächen dann zum Einwirkungsbereich einer Anlage zählen, wenn diese dort einen Beurteilungspegel hervorrufen, der weniger als 10 dB(A) unter dem für diese Fläche maßgebenden Immissionsrichtwert liegt. Andernfalls bleiben diese Flächen im Hinblick auf den Schutzgrundsatz des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und des § 22 Abs. 1 Satz 1 BImSchG außer Betracht (BayVGH, B.v. 6.11.2012 – 22 ZB 11.1472 – juris Rn. 21). Zwar ist die TA Lärm gemäß deren Nr. 1 Buchst. a nicht anwendbar, wenn es sich um eine Anlage nach der 18. BImSchV handelt (Sportanlagenlärmschutzverordnung), jedoch erscheint eine Übertragbarkeit der Wertung des Nr. 2.2 Buchst. a insoweit unproblematisch, da die TA Lärm das gegenüber der 18. BImSchV strengere Regelwerk darstellt (Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 95. EL Mai 2021, § 18. BImSchV Vorbm. Rn. 3).
(3) Die Vorgehensweise des gutachtlichen Berichts vom 28. Oktober 2019 mit Ergänzungen, zunächst für die „kritische“ Ruhezeit von 13 bis 15 Uhr an Sonn- und Feiertagen bei einer auf der sicheren Seite liegenden Maximalwertbetrachtung – also, dass alle möglichen Schallquellen auf der Anlage gleichzeitig und ständig im Beurteilungszeitraum einwirken – die Einhaltung des Immissionsrichtwertes für ein Mischgebiet zu prüfen, um sodann eine Aussage über die Ruhezeiten werktags von 20 bis 22 Uhr und für die weiteren Beurteilungszeiträume außerhalb der Ruhezeiten zu treffen ist, wenn sie auch im Einzelnen einige Ungenauigkeiten aufweist, doch im Ergebnis zu billigen.
Die grundsätzliche Annahme, dass die Nutzungsfrequenz der Anlage in der Ruhezeit an Werktagen gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 18. BImSchV von 20 bis 22 Uhr niedriger ist als am Sonntagnachmittag von 13 bis 15 Uhr und daher erst recht von einer Einhaltung des um 10 dB(A) reduzierten Immissionsgrenzwertes – dieser beträgt gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 18. BImSchV 60 dB(A) – von 50 dB(A) auszugehen sei, erscheint schon deshalb plausibel, weil die Anlage gemäß der Nutzungsordnung, welche nach Ziffer II. 2. des Bescheides vom 9. April 2020 Bestandteil der Baugenehmigung ist, nach 21 Uhr nicht mehr genutzt werden darf.
Soweit das Gutachten keine explizite Aussage zur Immissionsbelastung während der sonn- und feiertäglichen Ruhezeit von 20 bis 22 Uhr trifft, sondern sich nur mit der Ruhezeit an Werktagen von 20 bis 22 Uhr (jeweils § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 18. BImSchV) beschäftigt und diese als eingehalten betrachtet, da eine im Vergleich zur sonntäglichen Maximalnutzung deutlich niedrigere Nutzungsfrequenz vorliege und derselbe um 10 dB(A) reduzierte Immissionsgrenzwert anzulegen sei, führt dies im Ergebnis nicht zu einer Verletzung des Rücksichtnahmegebotes in Bezug auf die Klägerin. Zum einen ist auch für die sonntägliche Ruhezeit von 20 bis 22 Uhr nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 18. BImSchV ein Immissionsrichtwert von 60 dB(A) anzulegen, der hier infolge der Vorbelastung um 10 dB(A) auf 50 dB(A) herabgesetzt wurde. Insofern spricht nichts dafür, dass am Sonntagabend nach 20 Uhr eine stärkere Frequentierung der Rollsportanlage und damit eine stärkere Immissionsbelastung für die Klägerin herrschen würde als am Sonntagnachmittag, zumal die Anlage gemäß der Nutzungsordnung nach 21 Uhr nicht mehr genutzt werden darf.
Auch die Annahme, dass hinsichtlich der weiteren, außerhalb der Ruhezeiten liegenden Beurteilungszeiten am Tage, sowohl sonn- als auch werktags der reduzierte Immissionsrichtwert von 50 dB(A) eingehalten werde, weil längere Beurteilungszeiträume, nämlich 9 bzw. 12 Stunden anzulegen seien und während der Tagzeit nicht von einer hundertprozentigen Dauernutzung auszugehen sei, sondern auch Zeitfenster mit reduzierter Auslastung vorläge, ist nicht zu beanstanden. Die Beurteilungszeiträume betragen werktags außerhalb der Ruhezeiten tagsüber gemäß Nr. 1.3.2.1 des Anhangs 1 zur 18. BImSchV 12 Stunden und während der Ruhezeiten 2 Stunden, an Sonn- und Feiertagen sind es nach Nr. 1.3.2.2 außerhalb der Ruhezeiten tagsüber 9 Stunden gegenüber 2 Stunden Beurteilungszeit während der Ruhezeiten. Nachvollziehbar ist überdies, dass die Sportanlage im Vergleich zur sonntäglichen Maximalrechnung für die Ruhezeit von 13 bis 15 Uhr tagsüber und außerhalb der Ruhezeiten nicht permanent unter Volllast genutzt wird, insbesondere was die Vormittage unter der Woche anbelangt, schon wegen der bestehenden Schulpflicht von Kindern und Jugendlichen und der vielfachen Erwerbstätigkeit der erwachsenen Nutzer.
Allerdings betrachtet die Schallimmissionsprognose nicht die eine Stunde sonn- und feiertägliche Ruhezeit von 8 bis 9 Uhr (§ 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 18. BImSchV), was gemäß ihrer Prämisse auf Seite 14, dass die Nutzung der Anlage an Sonn- und Feiertagen nicht vor 9 Uhr aufgenommen werde, in sich konsequent ist. In der durch Ziffer II. Nr. 2 der Baugenehmigung vom 9. April 2020 in Bezug genommenen Nutzungsordnung jedoch ist in 2. (3) von einer täglichen Nutzungszeit von 8 bis 21 Uhr, spätestens bis zum Einbruch der Dunkelheit, die Rede. In dem Zeitraum von 8 bis 9 Uhr an einem Sonntag wäre gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 18. BImSchV ein Immissionsrichtwert von 55 dB(A) anzusetzen. Dieser wird zwar nicht überschritten, legt man das Prognoseergebnis für den Zeitraum Sonntag von 13 bis 15 Uhr bei maximaler Einwirkung von 46,1 dB(A) zu Grunde, jedoch dann, wenn man von den 55 dB(A) wie oben geschehen noch 10 dB(A) für die Vorbelastung in Abzug bringt. Selbst dies ist jedoch nicht geeignet, den gutachtlichen Bericht als tatsächliche Grundlage für die in der angefochtenen Baugenehmigung vom 9. April 2020 festgesetzten Grenzwerte und weiteren Auflagen untauglich werden zu lassen. Denn zum einen erscheint es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlicht ausgeschlossen, dass an einem Sonntagmorgen zwischen 8 und 9 Uhr derselbe Maximalbetrieb auf der Sportanlage der Beigeladenen herrscht wie der zwischen 13 und 15 Uhr an einem Sonntag unterstellt wird. Überdies wäre für diesen Zeitraum keine Vorbelastung durch die angrenzenden Sportplätze einzukalkulieren, da allgemeiner Lebenserfahrung nach an Sonntagen von 8 bis 9 Uhr regelmäßig kein Vereinssport in Form von Training oder Punktspiele stattfindet.
(4) Soweit die Klägerin rügt, dass das Gutachten fälschlicher Weise auf Seite 6 von einem Waldbewuchs von über 50 m zwischen der … straße und dem Vorhabengrundstück ausgehe und dieses zudem nicht berücksichtigt habe, dass es sich um hochgewachsene Bäume handele, die im unteren Bereich sog. Totholz gebildet hätten sowie dass man durch die Bäume hindurchschauen könne, dringt sie damit nicht durch.
Zunächst räumt die Klägerin selbst ein, dass das Waldstück zumindest 50 m lang sein könne und schließt sogar durch die Formulierung „Nach dem Dafürhalten der Klagepartei…“ nicht aus, dass es mehr als 50 m sein könnten. Es wird weder aufgezeigt noch ist es ersichtlich, dass die Schallimmissionsprognose ein größeres als das tatsächlich vorhandene Waldstück zu Grunde gelegt hat. Im Übrigen erscheint anhand der Luftbilder des BayernAtlas die Annahme des Gutachters mehr als plausibel. Dass es sich um hochgewachsene Bäume handelt, hat dieser nicht in Abrede gestellt, sondern nur eine schalldämpfende Wirkung angenommen. Eine Durchsicht durch den Waldabschnitt ist nach dem Eindruck der Inaugenscheinnahme offensichtlich weder aus der Perspektive der klägerischen Grundstücke noch des Vorhabengrundstückes möglich.
Wenn die Klägerin weiter kritisiert, dass zu Unrecht ein Abstand von mehr als 200 m vom Vorhabengrundstück zu ihr angenommen worden sei, weil von Grundstücksgrenze zu Grundstücksgrenze zu messen sei, geht auch dieser Einwand fehl. Nach Nr. 1.2 Buchst. a des Anhangs 1 zur 18. BImSchV ist maßgeblicher Immissionsort „bei bebauten Flächen 0,5 m außerhalb, etwa vor der Mitte des geöffneten, vom Geräusch am stärksten betroffenen Fensters eines zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmten Raumes einer Wohnung, eines Krankenhauses, einer Pflegeanstalt oder einer anderen ähnlich schutzbedürftigen Einrichtung“. Dass der Abstand von der Rollsportanlage der Beigeladenen bis zum benannten Immissionsort mehr als 200 m beträgt, stellt wohl auch die Klägerin selbst nicht in Frage.
(5) Nach alldem war dem schriftsätzlich geäußerten „Antrag“ der Klägerin, ein neues Sachverständigengutachten einzuholen, nicht nachzukommen. Zum einen wurde in der mündlichen Verhandlung mit Inaugenscheinnahme am 28. Oktober 2021 kein Beweisantrag gestellt, über den gemäß § 86 Abs. 2 VwGO durch Beschluss der Kammer zu entscheiden gewesen wäre. Insofern sind die lediglich in den vorbereitenden Schriftsätzen geäußerten „Beweisanträge“ als bloße Ankündigungen und als Anregungen für Beweiserhebungen des Gerichts von Amts wegen zu werten (W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 86 Rn. 19). Da das Gericht die Ausführungen im gutachtlichen Bericht vom 28. Oktober 2019 mitsamt den Ergänzungen für plausibel und nachvollziehbar hält und die Rügen der Klägerin leerlaufen, bestand kein Anlass im Wege der Amtsermittlung nach § 86 Abs. 1 VwGO ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen.
(6) Auf Basis des unter bb), (1)-(5) gewürdigten gutachtlichen Berichts vom 28. Oktober 2019 mit den Ergänzungen vom 16. Dezember 2019 und vom 13. Februar 2020 ist das Vorgehen des Beklagten, den Lärmschutz durch zielorientierte Festlegungen sowie betriebliche Beschränkungen insbesondere in den Ziffern II. 2., 4., 8., 10. und 11. zu gewährleisten, nicht zu beanstanden, weil gewährleistet ist, dass die Immissions(richt) werte im so definierten regelmäßigen Betrieb auch eingehalten werden können (BayVGH, B.v. 18.10.2017 – 9 CS 16.883 – juris Rn. 26). Der einzig sich ergebende Widerspruch hinsichtlich der Betriebszeiten zwischen den seitens des Gutachtens anzustrebenden Schutzmaßnahmen (S. 14, Punkt 6.) – Nutzung der Anlage an Sonn- und Feiertagen erst ab 9 Uhr -, die durch Ziffer II. 4. des streitgegenständlichen Bescheides in Bezug genommen wurden und der über Ziffer II. 2. des Bescheides ebenfalls in Bezug genommenen Nutzungsordnung, die eine tägliche Nutzung von 8 bis 21 Uhr vorsieht, führt im Ergebnis nicht zu einer Rechtsverletzung der Klägerin unter dem Blickwinkel der Unbestimmtheit des Bescheides nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG (hierzu BayVGH, B.v. 23.2.2021 – 15 CS 21.403 – juris Rn. 69), weil selbst unter Zugrundelegung der großzügigeren Öffnungszeiten nach der Nutzungsordnung von keiner unzumutbaren Immissionseinwirkung (s.o) auszugehen ist.
cc) Soweit die Klägerin schließlich, wohl im Rahmen des Rücksichtnahmegebotes anmahnt, dass der Beklagte sich mit weiteren Standortalternativen für das Bauvorhaben der Beigeladenen hätte auseinandersetzen müssen, ist ihr zu entgegnen, dass im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens und dessen gerichtlicher Überprüfung keine Standortalternativenprüfung stattfindet (vgl. BVerwG, U.v. 20.6.2013 – 4 C 2/12 – NVwZ 2013, 1288 Rn. 14). Es wird allein das konkret beantragte Vorhaben auf seine Zulässigkeit hin untersucht. Ist es baurechtlich zulässig, muss es die Bauaufsichtsbehörde genau so genehmigen und darf die Bauherrin nicht auf aus ihrer Sicht möglicherweise geeignetere Standorte verweisen – Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO: „Die Baugenehmigung ist zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind“. Auch dem Verwaltungsgericht kommt eine derartige Kompetenz nicht zu, weil es nur die Rechtmäßigkeit, aber nicht die Zweckmäßigkeit der behördlichen Entscheidung prüft.
dd) Auch die von der Klägerseite aufgeworfene Untauglichkeit der Nutzungsordnung der Rollsportanlage, welche gemäß Ziffer II. 2. des Bescheides vom 9. April 2020 Bestandteil der Baugenehmigung ist, zur Unterbindung von Straftaten und Ruhestörungen durch die Nutzer der Anlage führt nicht zu einer Verletzung des Rücksichtnahmegebotes in Bezug auf die Klägerin.
Zunächst ist mit dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof klarzustellen, dass Lärmimmissionen und Störungen durch die Nutzung der Anlage außerhalb ihres Bestimmungszwecks dieser bzw. der Betreiberin nur dann zugerechnet werden können, wenn sie besondere Anreize geschaffen hat, die zu einer regelwidrigen Nutzung „einladen“ und wenn sie derartigen Anreizen nicht mit zumutbaren angemessenen Mitteln entgegenwirkt. Allein die Errichtung der Rollsportanlage führt nicht dazu, dass dieser jede Störung zuzurechnen ist, die bei einer möglichen bestimmungswidrigen Nutzung der Anlage entsteht. Solange die Bauherrin und/oder die Bauaufsichtsbehörde durch entsprechende Inhalts- oder Nebenbestimmungen in der Baugenehmigung zumutbare Maßnahmen getroffen haben, um naheliegende missbräuchliche Nutzungen auszuschließen oder zumindest zu begrenzen, kann eine durch solche Nutzungen gleichwohl verursachte Störung nicht mehr der genehmigten Anlage zugerechnet werden und somit auch nicht mehr den Nachbarn im Gebot der Rücksichtnahme verletzen. In diesem Fall ist der beeinträchtigte Nachbar auf die Inanspruchnahme der Polizei zu verweisen (BayVGH, U.v. 6.2.2015 – 22 B 12.269 – juris Rn. 61).
In dem Entwurf der Nutzungsordnung, deren Inkraftsetzen, ortsübliche Bekanntmachung und Anbringung vor Ort laut Ziff. II. 3 der Baugenehmigung vor Nutzungsaufnahme zu erfolgen hat, sind unter 6. Abs. 1 als Ordnungswidrigkeitentatbestände u.a. aufgenommen, dass die Anlage außerhalb der Nutzungszeiten benutzt, sich darauf aufgehalten und Lärm verursacht wird. Weiter, dass der Spielplatz mit motorisierten Fahrzeugen befahren wird und dass Feuer entfacht oder gegrillt wird. Ebenfalls ordnungswidrig handelt, wer in störender Lautstärke Musik abspielt oder Instrumente spielt sowie alkoholische Getränke und illegale Drogen aller Art zu sich nimmt oder sich im Bereich der Anlage im betrunkenen oder sonst Anstoß erregenden Zustand aufhält. Weiter sieht Nummer 4 die Möglichkeit eines Platzverweises bei schwerwiegenden und wiederholten Verstößen gegen die Nutzungsordnung oder der Begehung von mit Strafe oder Geldbuße belegten Handlungen vor. Die so beschriebene Nutzungsordnung ist rechtlich als bewehrte Satzung nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2 der Gemeindeordnung zu verstehen, zu deren Erlass die Beigeladene befugt und durch die Baugenehmigung aufgefordert ist. Darin liegt eine geeignete Maßnahme gegen mögliche missbräuchliche Nutzungen der streitgegenständlichen Anlage. Davon abgesehen lädt die genehmigte Rollsportanlage nicht per se zu regelwidrigen Nutzungen ein. Sie enthält zwar einige Sitzgelegenheiten und einen in seinen Abmessungen äußerst übersichtlichen Unterstand, jedoch treten diese gegenüber den zur sportlichen Nutzung vorgesehenen Geräten und Anlagen deutlich zurück und prägen das Gesamtvorhaben nicht. Ein vormals geplanter Grillplatz, hinsichtlich dessen eine Einladungswirkung für regelwidrige Störungen zumindest vorstellbar gewesen wäre, wurde in der endgültig genehmigten Fassung nicht mehr weiterverfolgt.
Es besteht auch kein allgemeiner Grundsatz dahingehend, dass die Beigeladene bzw. der Beklagte von vornherein, gleichsam als Worstcase unterstellen müssen, dass die geplante neue Rollsportanlage in massiver Weise zweckwidrig mit Störpotential für die Nachbarn genutzt wird.
3. Im Rahmen des Art. 59 BayBO zu prüfende bauordnungsrechtliche Belange, insbesondere das Abstandsflächenrecht, in denen die Klägerin verletzt sein könnte, sind nicht ersichtlich.
4. Die Kostenentscheidung basiert auf § 161 Abs. 1, § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, der Beigeladenen ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten, da sie sich durch ihre Antragstellung auch dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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