Baurecht

Baugenehmigung für Nachbargrundstück

Aktenzeichen  M 9 SN 20.1314

Datum:
7.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 16363
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 10 S. 3
BauNVO § 15 Abs. 1 S. 2
BauGB § 33

 

Leitsatz

1. Eine auf der Grundlage des § 33 BauGB erteilte Baugenehmigung verletzt den Nachbarn nur in eigenen Rechten, wenn dieser sich auf zukünftige drittschützende Festsetzungen des Bebauungsplans berufen kann oder wenn im Falle der fehlenden Planreife der Nachbar nach den dann geltenden Grundsätzen der §§ 34, 35 BauGB in eigenen Rechten verletzt ist. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine aus der Bauausführung iSd Errichtungsvorgangs resultierende Hangrutschgefahr kann im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung nicht geltend gemacht werden, es sei denn, eine Beschädigung des Nachbargrundstücks wäre erwiesene und notwendige Folge der Realisierung des Bauvorhabens. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Hangrutschgefahr ist keine Frage des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme, sondern eine bautechnische Frage und Teil des Prüfprogramms der Anforderungen an die Standsicherheit. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
4. Überschreiten die bei der Nutzung der Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, muss die genehmigte Nutzung schon in der Baugenehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden.  (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 3.750 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Eilantrag gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 5. Dezember 2019 für den Neubau von zwei Klinikgebäuden mit Tiefgarage und eines Sanatoriums mit Wohnungen und Tiefgarage.
Die Baugenehmigung bezieht sich auf die Grundstücke FlNr. 12.. und …/2 der Gemarkung T. (i.F. Vorhabengrundstück).
Die Antragstellerin ist Eigentümerin des unmittelbar nördlich vom Vorhabengrundstück gelegenen Grundstück FlNr. 5.. der Gemarkung T. Beide Grundstücke sind hängig. Das Grundstück der Antragstellerin liegt höher als das Vorhabengrundstück und ist mit einem Wohngebäude bebaut. Das Grundstück wurde durch eine Satzung gemäß § 34 Abs. 4 Nr. 2 und Nr. 3 BauGB in den im Zusammenhang bebauten Ortsteil einbezogen. Das Wohnhaus ist im Norden des Grundstücks situiert. Östlich vom bestehenden Wohnhaus sieht die Satzung ein Baufenster für ein Einfamilienhaus (Haus C) auf dem Grundstück der Antragstellerin vor.
Mit Bauantrag vom 27. Januar 2018 beantragte die Beigeladene die streitgegenständliche Baugenehmigung. Während des Baugenehmigungsverfahrens befand sich der vorhabenbezogene Bebauungsplan „Bebauungsplan Nr. 58 Sanatorium und Klinik, P-Str. 7 – 9“ (i.F. Bebauungsplan) für das Vorhabengrundstück in Aufstellung. Der Entwurf des Bebauungsplans sieht unter anderem Baugrenzen für das Vorhaben vor und regelt in § 3, dass die Baugrenzen Vorrang vor den Abstandsflächenregelungen nach § 6 BayBO haben. Zum Lärmschutz sieht § 11 Abs. 2 des Bebauungsplans vor, dass der Betrieb unter Beachtung der in schalltechnischen Untersuchung, Bericht vom 21.11.2018, Bericht Nr. 213052/9, des Ingenieurbüros G. (i.F. Schallgutachten G. vom 21.11.2018) zulässig ist. Ebenfalls sieht § 11 Abs. 2 des Bebauungsplans vor, dass die für die haustechnischen Anlagen gegebenenfalls erforderlichen Maßnahmen in Form von Beschränkungen der Geräuschabstrahlung und einer schalltechnisch günstigen Situierung im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens unter Berücksichtigung der konkreten Planung auszuarbeiten sind. Am 25. April 2018 erklärte die Beigeladene vertreten durch ihren Geschäftsführer, dass sie die künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans für sich und ihre Rechtsnachfolger anerkenne (Bl. 49 d. Behördenakte – i.F. BA).
Das Vorhaben besteht aus drei Häusern (Haus 1 – 3). Haus 1 soll im südlichen Bereich des Vorhabengrundstücks situiert werden. Haus 2 soll sich im östlichen Bereich des Vorhabengrundstücks befinden. Haus 3 ist im nordwestlichen Bereich des Vorhabengrundstücks geplant. Auf der FlNr. …/2 als Teil des Vorhabengrundstücks ist eine Zufahrt vorgesehen. Die Häuser 1 und 2 sollen nach der Betriebsbeschreibung als Rehaklinik genutzt werden. Sie umfassen insgesamt 110 Patientenbetten. Die Klientel der Klinik sollen europäische oder außereuropäische Patienten seien, welche zu 60% mit dem eigenen Auto anreisen und im Schnitt drei Wochen verweilen. Eine größere Besucheranzahl wird nicht erwartet. Das Personal soll 70 Personaleinheiten umfassen. Zwischen 22 Uhr und 6 Uhr soll strenge Nachtruhe herrschen. Der Schichtbetrieb des Personals soll so eingeteilt werden, dass die strenge Nachtruhe nicht tangiert wird. Das Sanatorium befindet sich in Haus 3 und soll 19 Patientenzimmer mit insgesamt 35 Betten sowie sieben Wohnungen für die Mitarbeiter umfassen. Die Patienten sollen zu 90% aus dem außereuropäischen Ausland kommen. Deren Anreise vom Flughaften soll durch einen eigenen Fahrdienst übernommen werden. Mit einem Besucherverkehr sei nicht zu rechnen. Für das Sanatorium sind zehn Personaleinheiten vorgesehen, welche grundsätzlich jeweils von Samstag/Sonntag bis Freitag anwesend sein sollen. Sanatorium und Rehaklinik könnten zwar auch unabhängig voneinander betrieben werden, durch die bauliche Verbindung und den gemeinsamen Wellness- und Spabereich sollen Synergieeffekte genutzt werden.
Im Rahmen des Schallgutachten G. vom 21. November 2018 wurden auf dem Grundstück der Antragstellerin keine Immissionsorte vergeben. Der Beurteilungspegel am Immissionsort am Wohnhaus auf dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung T. (IO 4) beträgt nach dem Gutachten am Tag 34 db(A) und in der Nacht ebenfalls 34 db(A) (Bl. 307 d. BA). Der Maximalpegel in der Nacht beträgt nach dem Gutachten am IO 4 in der Nacht 59,5 db(A). Auf dem westlich vom Vorhabengrundstück gelegenen Grundstück FlNr. 1203 der Gemarkung T. wurde am IO 5 ein Beurteilungspegel am Tag von 49 db(A) und in der Nacht von 34 db(A) prognostiziert. Nach der weiteren Stellungnahme des Ingenieurbüros G. vom 10. Oktober 2019, Bericht Nr. 213052/10, zu den Einwendungen der Antragstellerin im Rahmen der Aufstellung des Bebauungsplans, sei eine Aufnahme zusätzlicher Immissionsorte auf dem Grundstück der Antragstellerin weder für das bestehende Wohnhaus noch das Haus C im vorgesehen Baufenster erforderlich, da an den maßgeblichen und deutlich näher gelegenen Immissionsorten IO 4 und IO 5 die Immissionsrichtwerte tags und nachts deutlich unterschritten seien. Eine Vergabe könne noch erfolgen, sofern dies im Rahmen der weiteren Konkretisierung der Planung z. B. bei relevanten Emissionen von haustechnischen Anlagen an der Nordseite des Hauses 3 schalltechnisch erforderlich sei. Hinsichtlich des Spitzenpegelkriteriums sei ebenfalls keine zusätzliche Vergabe eines Immissionsortes notwendig. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schallgutachten G. vom 21. November 2018 Bezug genommen (Bl. 297 ff. d. BA).
Mit Schreiben vom 8. Mai 2018 beauftragte das Landratsamt auf Bitte der Beigeladenen das Ingenieurbüro P. GmbH & Co. KG mit der Prüfung des Standsicherheitsnachweises nach § 2 Abs. 1 PrüfVBau (Bl. 58 f. d. BA). Mit Schreiben des Landratsamt M. vom 14. November 2019 wurde der Prüfauftrag vom 8. Mai 2018 an den Prüfingenieur Dipl.-Ing G. P. noch ergänzt um die Prüfung des Erd- und Grundaufbaus (B. 290 d. BA).
Am 9. Oktober 2019 erteilte die Stadt T. das gemeindliche Einvernehmen (Bl. 268 d. BA).
Mit Bescheid vom 5. Dezember 2019 wurde die beantragte Baugenehmigung erteilt. Die Zustellung an die Nachbarn wurde durch öffentliche Bekanntmachung im Amtsblatt des Landkreis M. vom 18. Dezember 2019 ersetzt. Der Bescheid enthält unter anderem folgende Nebenbestimmung:
Auflage Nr. 16
„Die Bauausführung muss nach dem geprüften Standsicherheitsnachweis (statische Berechnung), sowie den dazugehörigen Positions- und Bewehrungsplänen unter Beachtung der Prüfeintragungen und des Prüfberichts erfolgen. Soweit im Prüfbericht zum Standsicherheitsnachweis ergänzende Unterlagen gefordert werden, sind diese dem Prüfingenieur rechtzeitig in zweifacher Fertigung zur Prüfung vorzulegen. Die betreffenden Baumaßnahmen dürfen erst ausgeführt werden, wenn Ihnen die geprüften Ergänzungsunterlagen vorliegen. Eine Bescheinigung des Prüfsachverständigen über die ordnungsgemäße Bauausführung hinsichtlich der Standsicherheit ist mit der Anzeige über die beabsichtigte Aufnahme der Nutzung vorzulegen.“
Auflagen der Fachstelle -Technischer UmweltschutzNr. 10
„Gemäß Bebauungsplan Nr. 58 sind die Dimensionierungen der haustechnischen Anlagen im Freibereich (z.B. Außengeräte, Wärmepumpen, Verflüssiger u.v.m.) und auch die geräuschrelevante Zu- und Abluftöffnungen in einem erneuten Gutachten zum Bauvorhaben zu konkretisieren und die Situierung mit maximalen Schallleistungspegel festzulegen. Im Gutachten muss nachgewiesen werden, dass die Anforderungen zur Verträglichkeit der Nutzung gemäß Bebauungsplan Nr. 58 eingehalten werden. Das Gutachten ist vor Nutzungsaufnahme dem staatl. Bauamt Fachbereich 33.1, Technischer Umweltschutz, im Landratsamt vorzulegen. Die Nutzungsaufnahme darf erst erfolgen, wenn sie nach abgeschlossener Prüfung des Gutachtens durch den Fachbereich 33.1 freigeben wurde.“
Des Weiteren wurde in der Baugenehmigung beauflagt, dass die Beurteilungspegel der vom Betrieb ausgehenden Geräusche an den Immissionsorten IO 4 und IO 5 die Immissionsrichtwerte von 55 db(A) am Tag und 40 db(A) in der Nacht nicht überschreiten dürfen und dass die Immissionsrichtwerte auch überschritten sind, wenn einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen den Grenzwert von 85 db(A) am Tag und 60 db(A) in der Nacht überschreiten.
Der Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 13. Januar 2020 Klage erhoben und beantragt,
die aufschiebende Wirkung der unter Az. M 9 K 20.146 geführten Klage der Antragstellerin vom 13. Januar 2020 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 5. Dezember 2019 anzuordnen.
Das Gebot der Rücksichtnahme sei verletzt, da das Grundstück in Folge des Bauvorhabens einer unzumutbaren Hangrutschgefahr ausgesetzt sei. Nach der Einschätzung des bereits bei Einwendungen gegen den Bebauungsplan vorgelegten Gutachten von F. + B. + K. vom 6. August 2019 sei der Eingriff extrem risikoreich. Hangaufwärts könnten bereits vorhandene Rutschmassen erneut in Bewegung gesetzt werden. Untersuchungen im Oberhang seien durch den Gutachter der Beigeladenen nicht erfolgt. Außerdem sei damit zu rechnen, dass diskrete Wasserwege abgesperrt würden und durch den Rückstau die oberhalb liegenden Hangschuttmassen ins Gleiten geraten. Auch frei auslaufendes Wasser sei gefährlich, da durch den Feinkornaustrag ebenfalls eine Instabilität der Hangschuttmassen hervorgerufen werden könne. Das Wasserwirtschaftsamt R. habe darauf hingewiesen, dass die Schichtund Grundwasserverhältnisse durch eine ausreichende Anzahl an Bohrungen zu erkunden seien. Hinreichende Untersuchungen seien jedoch nicht durchgeführt worden. Es sei nur eine Baugrundaufschlussbohrung erfolgt. Dies sei absolut besorgniserregend. Es wären zwingend Dükern und Dränagen anzuordnen gewesen. Bei den Bauarbeiten müsse immer wieder Wasser abgepumpt werden. Das belege, dass Schichtwasser anfalle. Das Gutachten der Beigeladenen gehe von falschen Tatsachen aus. Das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) habe die unzureichenden Antragsunteralgen bemängelt und das Gutachten von F. + B. + K. als plausibel anerkannt. Es stehe fest, dass ein für die Beurteilung der Hangrutschgefahr notwendiges Gutachten nicht eingeholt worden sei. Die von der Beigeladenen beauftragten Untersuchungen seinen vom LfU erheblich in Frage gestellt worden und entsprächen nicht den fachlichen Anforderungen. Ohne ausreichendes Gutachten sei nicht nachvollziehbar, dass die Baugenehmigung erteilt worden sei. Das LfU habe darauf hingewiesen, dass ein anerkannter Prüfsachverständiger für Erd- und Grundbau bzw. ein von der DGGT oder der bayerischen Ingenieurkammer anerkannter Sachverständiger für Geotechnik eingebunden werden sollte. Eine solche Begleitung und Überprüfung des Bauvorhabens finde sich in den Auflagen zur Baugenehmigung jedoch nicht. Insbesondere umfasse die Auflage Nr. 16 dies nicht. Hierbei handele es sich nur um die übliche Auflage zu statischen Berechnung und zum Standsicherheitsnachweis. In der Baustatik würden nur die Kräfte und deren gegenseitige Auswirkungen in einem Bauwerk sowie den dazugehörigen Bauteilen berechnet. Art. 62a Abs. 2 BayBO regele nicht die Untersuchung des Erd- und Grundbaus und insbesondere nicht die bereits im Genehmigungsverfahren intensiv diskutierte Hangrutschgefahr. Der Prüfbericht von Dipl. Ing. R.S. vom 16. Januar 2020 bestätige die gerügten Defizite der bisherigen Untersuchungen. Die Folgeberichte vom 24. März 2020 und 6. April 2020 seien immer noch unzureichend und fehlerhaft. Nach den Ergebnissen der Folgeberichte seien die Bohrlochsondierungen falsch bzw. fehlerhaft durchgeführt worden. Die Angaben zur Felsoberkante seien widersprüchlich. Es würden exakte Angaben zur Felsoberkante gemacht, obwohl diese durch die Pfahlbohrungen nicht aufgeschlossen wurde. Die Grundwasserangaben zeigten, dass mehrere Schichten und Zonen als diskrete Wasserwege fungierten. Die daraus resultierenden Gefahren würden aber nicht thematisiert. Aufgrund der auskartierten Rutschung im Georisk-Atlas auf dem nördlichen Teil des Vorhabengrundstücks und oberhalb davon bestehe immer eine Gefahr die alte Rutschung erneut zu aktivieren. Die bereits errichtete Stützmauer ändere daran nichts. Das LfU sei trotz bekannter Stützmauer zutreffend zu einer anderen Einschätzung gekommen.
Die Baugenehmigung verletze geltendes Immissionsschutzrecht und damit das Rücksichtnahmegebot. Es sei nicht nachvollziehbar, dass für die vorliegende Baugenehmigung kein Schallschutzgutachten eingeholt worden sei. Der Technische Umweltschutz des Landratsamt M. habe in einem Schreiben vom 27. November 2019 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bisher nur ein Gutachten zum Bebauungsplanentwurf vorliege. Im Genehmigungsbescheid finde sich mit Auflage Nr. 10 der Auflagen der Fachstelle Technischer Umweltschutz nur eine Auflage zur Vorlage eines Gutachtens betreffend die Dimensionierungen der haustechnischen Anlagen im Freibereich. Ein weiteres Gutachten werde nicht gefordert. Vielmehr sei nur das Schallgutachten G. vom 21.11.2018 verbindlicher Teil der Antragsunterlagen. Gemäß Bl. 295 d. BA sei das Schreiben aber erst am 3. Dezember 2019 und damit zwei Tage vor Erteilung der Baugenehmigung dem Technischen Umweltschutz übersandt worden. Das Schallgutachten G. vom 21.11.2018 sei nicht geeignet für die immissionsschutzrechtliche Beurteilung im Baugenehmigungsverfahren. Das Bauvorhaben verstoße in mehrfacher Hinsicht nachbarrelevant gegen die Bestimmungen der TA Lärm und sei grob rücksichtslos. Das Schallgutachten G. vom 21.11.2018 habe auf dem Grundstück der Antragstellerin keine Untersuchung eines Immissionsortes vorgenommen. Richtigerweise seien sowohl für das bestehende Wohnhaus als auch am Baufenster für Haus C Immissionsorte zu vergeben gewesen, da davon auszugehen sei, dass dort die Vorgaben der TA Lärm nicht eingehalten seien. Bei der festgesetzten Fläche für das Einfamilienhaus sei der maßgebliche Immissionsort nach Nr. 2.3 TA Lärm und A.1.3. Buchst. b TA Lärm an dem am stärksten betroffenen Rand der Fläche, wo nach dem Bau- und Planungsrecht Gebäude mit schutzbedürftigen Räumen erstellt werden dürfen, zu untersuchen. Die Ablehnung einer Untersuchung damit, dass die Immissionsorte IO 4 und IO 5 näher am Vorhaben liegen, sei unzutreffend. Es werde nicht berücksichtigt, dass insbesondere zur lautesten Nachtstunde eine Vielzahl von Schallquellen einwirkten. Die Immissionsorte auf dem Grundstück der Antragstellerin seien bewusst nicht untersucht worden. Insbesondere haustechnische Anlagen und die Zu- und Abluftöffnungen des Hauses 3 würden bergseitig in unmittelbarer Nähe zum geplanten Einfamilienhaus wirken. Das im Baufenster geplante Haus C liege näher an den Lärmquellen als der IO 4 und IO 5. Die auf der Hand liegenden immissionsschutzrechtlichen Probleme hinsichtlich des Grundstücks der Antragstellerin seien nicht untersucht worden und somit die Baugenehmigung rechtswidrig und die Antragstellerin in eigenen Rechten verletzt. Die Auflage Nr. 10 sei ungeeignet und wirkungslos. Es sei völlig offen, was passieren solle, wenn das Gutachten dazu käme, dass das Maximalpegelkriterium infolge der haustechnischen Anlagen im Freien nachts überschritten werde. Die Annahme des Schallgutachten G. vom 21.11.2018, dass die Zufahrtsbereiche nur während der Tageszeit genutzt würden, sei mit der Realität nicht vereinbar. Klinikpersonal reise deutlich vor 6 Uhr an. Schichtwechsel sei in Deutschland regelmäßig um 22 oder 24 Uhr. Mit Einschränkungen der Nachtbewegungen sei ein Klinikbetrieb nicht realisierbar. Das Schallgutachten G. vom 21.11.2018 habe wegen einer Unterschreitung der maßgeblichen Immissionsrichtwerte um mehr als 6 db(A) auf eine Ermittlung der Vorbelastung verzichtet habe. Die Berechnungen seien aber nicht korrekt. Die Länge der Fahrwege sei nicht korrekt und die unterstellte Bewegungshäufigkeit sei zu gering angenommen worden. Zehn Fahrbewegungen in der Nacht seien zu gering, um den An- und Abfahrtsverkehr von Klinikpersonal und Besuchern abzubilden. Nach der Betriebsbeschreibung gehe die Beigeladene von insgesamt 80 Personaleinheiten aus. Allein diese seien schon mit zwei Kfz-Fahrten innerhalb von 24 Stunden zu berücksichtigen Bei den insgesamt angesetzten 180 Kfz-Fahrten je 24 Stunden blieben für Besucher und Patienten nur unrealistisch wenige Fahrbewegungen. Ein Ausschluss der nächtlichen Nutzung lasse sich in der Praxis nicht realisieren. Bei der Länge der Fahrwege sei die Veröffentlichung des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (Beurteilung anlagenbezogener Verkehrsgeräusche; Hinweise und Empfehlungen zum Schallschutz; Bayerisches Landesamt für Umwelt, 2009) zu beachten. Danach sei der Fahrweg so lange zu berücksichtigen, als sich bei der Einfahrt die erste schon oder bei der Ausfahrt die letzte Achse noch auf dem Anlagengrundstück befindet. Die rückwärtigen Ausgänge von Haus 3 und die Außentreppe, welche voraussichtlich hauptsächlich vom Personal genutzt würden, seien im Schallgutachten G. vom 21.11.2018 nicht berücksichtigt worden.
Die Defizite bei der schalltechnischen Untersuchung führten zu erheblichen Abwägungsfehlern hinsichtlich des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Es fehle somit an der Planreife nach § 33 BauGB. Schließlich sei auch die Auflage des Technischen Umweltschutzes rechtswidrig. Da auf eine Ermittlung der Vorbelastung verzichtet wurde, sei es notwendig um 6 db(A) reduzierte Immissionsrichtwerte zu beauflagen. Nur so könnten ohne Berücksichtigung der Vorbelastung schädliche Umwelteinwirkungen sicher ausgeschlossen werden. Es fehlten Auflagen um höhere Bewegungshäufigkeiten in der lautesten Nachtstunde auszuschließen. Die beauflagte Beschränkung der Nutzung von Teilbereichen der Parkplätze auf die Zeit von 6 Uhr bis 22 Uhr sei nicht umsetzbar und mangels Geeignetheit unwirksam.
Eine formelle Planreife nach § 33 BauGB habe nicht vorgelegen, da die Stadt T. die vorgebrachten Anregungen zum Zeitpunkt der Baugenehmigung noch nicht tatsächlich geprüft habe. Außerdem leide der Bebauungsplanentwurf aufgrund der dargestellten Verstöße gegen das Gebot der Rücksichtnahme an erheblichen Abwägungsfehlern und sei folglich unwirksam. Zuletzt sehe § 11 Abs. 2 des Bebauungsplans vor, dass die schalltechnischen Maßnahmen in Bezug auf haustechnischen Anlagen im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens unter Berücksichtigung der konkreten Planung auszuarbeiten seien. Dies sei nicht erfolgt. Die Baugenehmigung widerspreche der Festsetzung des Bebauungsplans. Der Bebauungsplan sei auch nicht unverzüglich nach dem Satzungsbeschluss bekannt gemacht worden.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die vom LfU für notwendig erachtete Begleitung der Baumaßnahme durch einen einschlägigen Fachgutachter sei durch die Auflage Nr. 16 im Bescheid und die Ergänzung des Prüfauftrages am 8. Mai 2018 dahingehend, dass der Erd- und Grundbau ebenfalls geprüft werden müsse, umgesetzt worden.
Hinsichtlich der Immissionsrichtwerte sei die Verträglichkeit des Bauvorhabens durch das Schallgutachten G. vom 28.11.2018 nachgewiesen. Das wesentliche Ergebnis sei, dass die Immissionsrichtwerte eingehalten seien. Eine Vorbelastung bestehe nicht, da die Abstände der Immissionsorte zum Mischgebiet ausreichend groß seien. Die Geschäfte würden um 20 Uhr schließen. Die Gaststätte sei zwar bis nach 22 Uhr geöffnet. Bei einer Entfernung von 110 m und der Abschirmung durch die vorhandenen Gebäude und das zukünftige Gebäude liege eine Beeinträchtigung der Gebäude im Allgemeinen Wohngebiet nicht vor. Eine Unterschreitung des Immissionsrichtwerts um 6 db(A) sei deswegen gar nicht zwingend erforderlich. Das Gutachten stamme aus einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan und sei deswegen sehr konkret gemäß der Betriebsbeschreibung des Bauherrn berechnet worden. Die haustechnischen Anlagen hätten zwar nicht dimensioniert und berechnet werden können, dafür sei aber die Auflage Nr. 10 mit der Vorlage eines Schallschutznachweises vor Nutzungsaufnahme eingearbeitet worden. Diese Auflage sei rechtmäßig, da haustechnischen Anlagen häufig umgeplant würden. Ein nachträglicher Nachweis sei vorzugswürdig. Technisch sei es kein Problem, die haustechnischen Anlagen so auszuwählen, dass die vorgegebenen Immissionsrichtwerte eingehalten werden. Fahrzeugbewegungen in der Nacht seien nach der Betriebsbeschreibung nur durch medizinisches Personal beim Schichtwechsel zu erwarten. Ansonsten herrsche nach der Betriebsbeschreibung zwischen 22 Uhr und 6 Uhr strenge Nachtruhe. Die Stellplätze für das Personal könnten so angeordnet werden, dass die kritischen Stellplätze nicht genutzt würden. Die Nutzungsbeschränkung der übrigen Stellplätze sei damit realistisch und die Art und Weise der Untersagung dem Bauherrn überlassen. Im Übrigen seien die Angaben im Gutachten und der Betriebsbeschreibungen als Bestandteil der Baugenehmigung bindend. Zusätzliche Immissionsorte auf der FlNr. 574 seien nicht erforderlich, da die vergebenen Immissionsorte näher an den Bereichen lägen, welche die maßgeblichen Immissionen verursachen.
Im Hinblick auf mögliche Hangrutschungen sei den Defiziten des Bodengutachtens der Beigeladenen durch die Beauftragung des Prüfsachverständigen für Erd- und Grundbau, Herrn R.S., Rechnung getragen worden. Dieses Verfahren sei durch Art. 62a Abs. 2 BayBO vorgegeben und in Auflage Nr. 16 der Baugenehmigung wiedergespiegelt. Die bereits am 5. Oktober 2017 genehmigte Hangstützwand sei schon seit Ende 2017 errichtet und statisch korrekt nachgewiesen. Alle weiteren Baumaßnahmen dürften erst nach Freigabe durch den Prüfstatiker ausgeführt werden. Im Prüfbericht des Herrn R.S. vom 16. Januar 2020 werde die grundsätzliche Möglichkeit der Standsicherheit nicht bezweifelt. Es sei weiterhin davon auszugehen, dass das Vorhaben auch ohne Gefährdung der Nachbarschaft umsetzbar sei.
Die Beigeladene beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Es liege kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme vor. Alle Belange des Immissionsschutzes seien geprüft worden und es seien eine Vielzahl von Auflagen gemacht worden. Nach Ziffer 10. der Auflagen dürfe eine Nutzungsaufnahme erst erfolgen, wenn ein neues Gutachten durch den Fachbereich des Antragsgegners freigegeben werde. Eine Gefahr eines Hangrutsches bestehe nicht. Bereits Ende 2017 sei die Hangstützwand errichtet worden. Seither seien keine Hangrutschungen oder Setzungen erfolgt. Baubegleitend seien Baugrund und Hangrutschgefahr durch den Gutachter H. H. überprüft worden. In dessen Folgeberichten vom 6. April 2020 und 24. März 2020 bestätige dieser, dass keine Gefahren bestehen. Der Hang oberhalb sei durch eine Nagelwand gesichert, aus der Schichtwasser austrete. Eine Destabilisierung durch Schichtwasser sei deswegen nicht möglich. Eine Gleitfläche im Untergrund bestehe nicht. Die Felsoberkante weise ein ausgeprägtes Relief auf. Dies verhindere eine Ablösung oder Rutschung. Außerdem liege ein flachauslaufender Neigungswinkel vor. Ein Verstoß gegen die Abstandsflächen liege nicht vor. Die im Bebauungsplan festgesetzten Baugrenzen hätten Vorrang. Mit Schriftsatz vom 29. Mai 2020 hat die Beigeladene noch den 2. Prüfbericht des Sachverständigen S. vom 27. Mai 2020 vorgelegt. Der Prüfsachverständiger bestätige darin den Folgebericht vom 6 April 2020, sodass bestätigt sei, dass keine Hangrutschgefahr bestehe.
Mit Schriftsatz vom 22. Juni 2020 hat die Antragstellerin nochmal Stellung genommen. Der 2. Prüfbericht vom 27. Mai 2020 übernehme die falschen Angaben zur Felsoberkante. Die festgestellten weichen Schluffe stellten eine Rutschfläche dar. Mit nur drei abgeteuften Bohrungen sei eine Aussage, dass keine durchgehende Rutsch- oder Gleitfläche festgestellt werden kann, nicht haltbar. Aufgrund dessen habe der geotechnischer Prüfer es auch für erforderlich gehalten noch einen rechnerischen Nachweis zur Standsicherheit des Gesamthangs durchzuführen. Ohne diesen rechnerischen Nachweis sei nicht nachgewiesen, dass die Standsicherheit des Grundstücks der Antragstellerin nicht beeinträchtigt sei.
Inzwischen ist der Bebauungsplan in Kraft getreten und bekannt gemacht worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg, da er unbegründet ist.
Nach § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212a Abs. 1 BauGB ganz oder teilweise anordnen. Es trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung dahingehend, ob das öffentliche und das private Vollzugsinteresse der Bauherrin oder das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt. Die vorzunehmende Interessenabwägung orientiert sich maßgeblich an den summarisch zu prüfenden Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs.
Die Drittanfechtungsklage wird nach summarischer Prüfung erfolglos bleiben, sodass das Vollzugsinteresse überwiegt. Die streitgegenständliche Baugenehmigung vom 5. Dezember 2019 verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Anfechtungsklage eines Dritten gegen eine Baugenehmigung kann nur dann Erfolg haben, wenn die Baugenehmigung Vorschriften verletzt, die dem Schutz des Dritten zu dienen bestimmt sind. Dementsprechend findet im vorliegenden Verfahren keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle statt. Die Prüfung beschränkt sich vielmehr darauf, ob durch die angefochtene Baugenehmigung drittschützende Vorschriften, die den Antragstellern als Nachbarn einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben vermitteln, verletzt sind (vgl. statt aller z. B. BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris).
1. Die ursprüngliche bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach § 33 BauGB ist im Rahmen des vorliegenden Nachbarrechtsbehelfs nicht entscheidungserheblich. Eine auf Grundlage des § 33 BauGB erteilte Baugenehmigung verletzt den Nachbar nur in eigenen Rechten, wenn sich der Nachbar auf zukünftige drittschützende Festsetzungen des Bebauungsplan berufen kann oder wenn im Falle der fehlenden Planreife der Nachbar nach den dann geltenden Grundsätzen des §§ 34, 35 BauGB in eigenen Rechten verletzt ist (vgl. Stock in: EZBK, 136. EL Oktober 2019, BauGB § 33 Rn. 99 m.w.N.)
Das Vorhaben verletzt auch ohne das eingeleitete Planaufstellungsverfahren bzw. auch bei Unwirksamkeit des Bebauungsplans die Antragstellerin nicht in drittschützenden Vorschriften. Eine Verletzung von drittschützenden Bestimmungen des vorhabenbezogenen Bebauungsplans liegt nicht vor.
Die vom Bevollmächtigten der Antragstellerin vorgetragene fehlende formelle Planreife im Zeitpunkt der Baugenehmigung und die vorgetragenen Abwägungsfehler des Bebauungsplans sind deswegen vorliegend nicht entscheidungserheblich (vgl. BVerwG, B.v. 28.7.1994 – 4 B 94/94 – juris). Eine Abweichung von § 11 Abs. 2 des Bebauungsplans war nicht erforderlich, da der Festsetzung des Bebauungsplans auch durch die Aufnahme der Auflage Nr. 10 der Fachstelle -Technischer Umweltschutz genüge getan wurde. Durch die Auflage ist ausreichend sichergestellt, dass ggf. für die haustechnischen Anlagen erforderliche Maßnahmen in Form von Beschränkungen der Geräuschabtstrahlungen und einer günstigen Situierung im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens ausgearbeitet werden. Es ist insoweit auch nicht erkennbar, dass dies nachbarliche Belange beeinträchtigten könnte. Der Nachbar hat keinen Anspruch darauf, wann im Verwaltungsverfahren die Prüfung erfolgt, sondern nur, dass das Ergebnis seine Rechte wahrt.
Die von der Antragstellerin vorgetragene Abstandsflächenproblematik besteht nur gegenüber dem nicht im Eigentum der Antragstellerin stehenden Grundstück FlNr. … der Gemarkung T. Eine Verletzung in eigenen Rechten ist insoweit ausgeschlossen.
2. Durch die Gefahr eines Hangrutsches ist die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt. Vorweg sei darauf hingewiesen, dass nur eine Hangrutschgefahr resultierend aus der baulichen Anlage selbst ein tauglicher Angriffspunkt gegen die Baugenehmigung ist. Selbst beim Genehmigungsverfahren nach Art. 60 BayBO ist Gegenstand der Prüfung nur das zur Genehmigung gestellte „Bauvorhaben“, nicht der Errichtungsvorgang als solcher (BayVGH, B.v. 6.2.2017 – 15 ZB 16.398 – BeckRS 2017, 102475 Rn. 20, beck-online). Eine aus der Bauausführung i.S.d. Errichtungsvorgangs resultierende Hangrutschgefahr kann grundsätzlich im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung nicht geltend gemacht werden. Etwas anders kann nur gelten, wenn die Beschädigung des Grundstücks der Antragstellerin erwiesene und notwendige Folge der Realisierung des Bauvorhabens wäre (VG München, U.v. 9.9.2015 – M 9 K 13.3021 – juris Rn. 42). Die bisherigen Stellungnahmen zur Hangrutschgefahr gehen allerdings davon aus, dass durch entsprechende Maßnahmen eine Hangrutschgefahr gänzlich ausgeschlossen werden kann (vgl. Stellungnahme LfU vom 7.11.2019 Bl. 285 d. BA; 1. Prüfbericht 16. Januar 2020 von Dipl. Ing. R.S.; 2. Prüfbericht vom 27. Mai 2020 von Dipl. Ing. R.S.). Eine Beschädigung des Nachbargrundstücks ist somit keinesfalls eine unvermeidbare Folge des Bauvorhabens. Die Auflage Nr. 16 stellt dabei sicher, dass die Baumaßnahme erst bei Vorlage eines geprüften Nachweises, dass keine Hangrutschgefahr besteht und die Standsicherheit gewährleistet ist, erfolgen darf.
a) Vorliegend handelt es sich um einen Sonderbau nach Art. 2 Abs. 4 Nr. 10 BayBO, da das Bauvorhaben ein Krankenhaus ist. Damit sind die Gefahren durch einen Hangrutsch aus dem Vorhaben selbst für das Grundstück der Antragstellerin grundsätzlich nach Art. 60 Satz 1 Nr. 2 BayBO i.V.m Art. 10 Satz 3 BayBO durch die Bauaufsichtsbehörde zu prüfen.
Die Gefährdung der Standsicherheit des Grundstücks der Antragstellerin ist keine Frage des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme, sondern eine bautechnische Frage (vgl. VGH BW, U.v. 15.9.2004 – 8 S 2392/03 – BeckRS 2004, 25461, beck-online). Das Gebot der Rücksichtnahme kann deswegen nicht durch eine ggf. bestehende Hangrutschgefahr verletzt sein.
Die Gefährdung des Grundstücks der Antragstellerin ist eine Frage des Art. 10 Abs. 1 Satz 3 BayBO. Danach dürfen die Standsicherheit anderer baulicher Anlagen und die Tragfähigkeit des Baugrunds des Nachbargrundstücks nicht gefährdet werden. Die Frage der Standsicherheit ist grundsätzlich Teil des Prüfungsprogramm bei einem Sonderbau nach Art. 60 Satz 1 Nr. 2 BayBO. Allerdings bleiben nach Art. 60 Satz 2 BayBO die Art. 62 bis 62b BayBO unberührt. Nach Art. 62 Abs. 1 Satz 1 BayBO ist die Einhaltung der Anforderungen an die Standsicherheit nur durch bautechnische Nachweise nachzuweisen. Art. 62a Abs. 2 Satz 2 BayBO sieht für Sonderbauten der Gebäudeklassen 4 und 5 ein so genanntes Vier-Augen-Prinzip vor. Der von einer Person i.S.d. Art. 62a Abs. 1 BayBO erstellte Standsicherheitsnachweis ist entweder durch die Bauaufsichtsbehörde, einen Prüfingenieur oder ein Prüfamt zu prüfen. Im Falle einer Prüfung durch einen Prüfingenieur oder das Prüfamt bedarf es nur der Sicherstellung, dass ein geprüfter Standsicherheitsnachweis vorliegt.
Vorliegend soll die Prüfung des Vorhabens als Gebäude der Klasse 5 (Art. 2 Abs. 3 Satz Nr. 5 BayBO) durch einen Prüfingenieur erfolgen. Die Prüfung umfasst dabei auch die Hangrutschgefahr. Dies zeigt die Ergänzung des Prüfauftrages vom 8. Mai 2018 mit Schreiben des Landratsamt M. vom 14. November 2019 an den Prüfingenieur Dipl.-Ing G. P. (B. 290 d. BA).
b) Der Antragsgegner hat von der Möglichkeit des Art. 64 Abs. 2 Satz 2 BayBO Gebrauch gemacht, der es dem Bauherrn gestattet, einzelne Bauvorlagen nachzureichen. Art. 62 Abs. 2 Nr. 1 BayBO, der eine Prüfung des Standsicherheitsnachweises bei Bauvorhaben vorschreibt, wurde hierdurch nicht verletzt. Die Baugenehmigung wurde mit der Auflage versehen, dass die betreffenden Baumaßnahmen erst ausgeführt werden dürfen, wenn geprüfte Ergänzungsunterlagen vorliegen.
Da Art. 64 Abs. 2 Satz 2 BayBO und Art. 62 Abs. 2 Satz 2 BayBO eine nachträgliche Prüfung der Standsicherheit ermöglichen, hat ein Nachbar keinen Anspruch darauf, dass bereits im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung die Hangrutschgefahr abschließend geklärt ist. Ausreichend ist, dass durch geeignete Instrumente verhindert wird, dass zu Lasten des Nachbarn vollendete Tatsachen geschaffen werden (BVerwG, B.v. 3.1.1997 – 4 B 245/96 – juris).
c) Für die Verhinderung einer Realisierung einer Hangrutschgefahr ist die Auflage Nr. 16 der Baugenehmigung ausreichend, da diese sicherstellt, dass es zu keiner Realisierung einer Hangrutschgefahr kommen kann (vgl. für den Fall einer Bedingung VG Bayreuth, B.v. 24.7.2012 – B 2 S 12.571 – juris Rn. 19). Nach den bisherigen Stellungnahmen zur Hangrutschgefahr ist das Bauvorhaben ohne die Gefahr eines Hangrutsches möglich. In diesem Fall reicht es aus, dass der Antragsgegner durch die Auflage Nr. 16 Vorsorge getroffen hat, dass die Baumaßnahme erst erfolgt, wenn ein geprüfter Nachweis vorliegt.
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist die Auflage Nr. 16 nicht alleine auf die Standsicherheit der baulichen Anlage selbst beschränkt. Die Auflage ist hinreichend bestimmt und enthält jedenfalls nach Auslegung erkennbar auch die Verpflichtung, dass der vom Prüfingenieur geprüft Standsicherheitsnachweis die Hangrutschgefahr abschließend beurteilt.
Die Bestimmtheit des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG fehlt nicht deshalb, weil es zur Ermittlung des Entscheidungsgehalts ggf. einer Auslegung bedarf (BVerwG, U.v. 30.11.1973 – Nr. IV C 20.73 – BayVBl. 1974, 440; U.v. 26.1.1990 – Nr. 8 C 69.87 – BayVBl 1991, 251.). Es ist nur notwendig, dass die Auslegung zu einer für die Vollziehbarkeit ausreichenden Eindeutigkeit führt (BVerwG, U.v. 26.1.1990 – Nr. 8 C 69.87 – a. a. O.).
Aus der Auflage Nr.16 geht klar hervor, dass der geprüfte Standsicherheitsnachweis die Hangrutschgefahr abschließend behandeln muss. Diese beinhaltet nach Art. 10 Satz 3 BayBO gerade auch die Standsicherheit anderer baulicher Anlagen und die Tragfähigkeit des Baugrunds des Nachbargrundstücks. Der Standsicherheitsnachweis umfasst deswegen, soweit dies wie hier erforderlich ist, nach § 10 Abs. 2 Satz 3 BauVorlV auch diesen Nachweis. Der Antragsgegner hat den Prüfingenieur nochmals explizit auf die Notwendigkeit einer Beurteilung der Hangrutschgefahr hingewiesen. Aus der Sicht der Antragsteller als Drittbetroffene ist es vernünftigerweise nicht ernsthaft zweifelhaft, dass die Auflage Nr. 16 danach die Prüfung der Hangrutschgefahr umfasst. Die Hangrutschgefahr als Teil der Standsicherheit war immer wieder Gegenstand der Einwendungen, sowohl gegen den Bebauungsplan als auch die Baugenehmigung. Eines expliziten Hinweises in der Auflage, dass ein Nachweis der Nichtgefährdung der Nachbargrundstücke erforderlich ist, bedurfte es unter diesen Umständen und nach dem Wortlaut des Art. 10 Satz 3 BayBO nicht.
2. Es liegt keine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme durch Lärmimmissionen vor.
Dem Gebot der Rücksichtnahme, das vorliegend über § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO (im Fall der Wirksamkeit des Bebauungsplans) oder über den Begriff des „Einfügens“ in § 34 Abs. 1 BauGB (bei Unwirksamkeit des Bebauungsplans) Eingang in die bauplanungsrechtliche Prüfung findet, kommt drittschützende Wirkung zu, soweit in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 5.12.2013 – 4 C 5.12 – BVerwGE 148, 290 ff. = juris Rn. 21 m.w.N.). Die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängen wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BayVGH, B.v. 3.6.2016 – 1 CS 16.747 – juris Rn. 4 m.w.N.).
Unzumutbaren Belästigungen, Störungen oder schädliche Umwelteinwirkungen sind insbesondere solche nach § 3 BImSchG. Nach § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen Immissionen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen. Das Vorliegen von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Lärmimmissionen bestimmt sich für das Vorhaben nach der Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz vom 26.8.1998 i.d.F. vom 1.6.2017 (TA Lärm).
Geht es um die Lösung einer Immissionskonfliktlage, genügt es in der Regel, wenn dem Emittenten aufgegeben wird, beim Betrieb seiner Anlage näher bestimmte Richtwerte einzuhalten (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 7.2.2013 – 15 CS 12.743 – juris; B.v. 15.11.2011 – 14 AS 11.2305 – juris). Überschreiten die bei der Nutzung der Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, genügt es dagegen zur Sicherung der Nachbarrechte nicht, den maßgeblichen Immissionsrichtwert als Grenzwert festzulegen und weitere Nebenbestimmungen vorzubehalten; vielmehr muss die genehmigte Nutzung schon in der Baugenehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden. Vorliegend ist die Immissionskonfliktlage bereits durch die zielorientierte Festlegung für die deutlich näher an den relevanten Schallquellen liegenden Immissionsorten auf den nicht im Eigentum der Antragstellerin gelegenen Nachbargrundstücken geregelt worden. Da bei diesen keine Überschreitungen im Regelbetrieb vorliegen, ist eine Überschreitung auf dem Grundstück der Antragstellerin ausgeschlossen. Durch die zielorientierte Festlegung für die Immissionsorte, an denen eher eine Überschreitung zu erwarten ist, ist ebenfalls sichergestellt, dass es zu keiner Überschreitung auf dem Grundstück der Antragstellerin kommt. Hinsichtlich der Schutzbedürftigkeit unterscheidet sich das Grundstück der Antragstellerin nicht von den berücksichtigten Immissionsorten IO 4 und IO 5.
Eine Vergabe von Immissionsorten auf dem Grundstück der Antragstellerin musste nicht erfolgen. Nach Nr. 2.3. TA Lärm ist der maßgebliche Immissionsort der nach Nr. A.1.3 des Anhangs TA Lärm zu ermittelnde Ort im Einwirkungsbereich der Anlage, an dem eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte am ehesten zu erwarten ist. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass sich auf dem Grundstück der Antragstellerin Immissionsorte befinden, an welchen eher eine Überschreitung als an den IO 4 und IO 5 zu erwarten ist. Dabei kann auch offenbleiben, ob für das Baufenster mit einem möglichen Haus C ein Immissionsort vorliegen könnte.
Nach der nachvollziehbaren Einschätzung des Schallgutachten G. vom 21.11.2018 liegt auf dem Grundstück der Antragstellerin kein Immissionsort, bei welchem die Überschreitung der Richtwerte wahrscheinlicher ist, als an den vergebenen IO 4 und IO 5. Die im Gutachten berücksichtigten relevanten Schallquellen sind Fahrbewegungen und befinden sich allesamt nicht nördlich von Haus 3. Diese Schallquellen führen bei den deutlich näherliegenden Immissionsorten IO 4 und IO 5 nicht ansatzweise zu einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte.
Es nicht davon auszugehen, dass die Außentreppe und die rückwärtigen Ausgänge des Hauses 3 eine relevante Schallquelle darstellen. Selbst bei Berücksichtigung des nur in Form des Baufensters konkretisierten Hauses C beträgt der Mindestabstand ungefähr 40 m. Die Außentreppe nach Norden dient nach dem genehmigten Eingabeplan als 2. Rettungsweg. Dort und vor den Ausgängen eventuell zu einer Raucherpause treffendes Personal ist keine relevante Schallquelle für Immissionsorte auf dem Grundstück der Antragstellerin. Gleiches gilt für die Ausgänge nach Norden von Haus 3. An- und Abfahrtsverkehr findet nördlich des Hauses 3 nicht statt. Die haustechnischen Anlagen wurden zwar nicht berücksichtigt. Sollten haustechnische Anlagen an der Nordseite von Haus 3 errichtet werden, ist durch die Auflage Nr. 10 der Auflagen der Fachstelle -Technischer Umweltschutz – ausreichend sichergestellt, dass diese zu keinen schädlichen Umwelteinwirkungen in Form von Lärmimmissionen auf dem Grundstück der Antragstellerin führen.
Soweit die zielorientierte Festlegung der Immissionsrichtwerte in Auflage Nr. 3 der Auflagen der Fachstelle – Technischer Umweltschutz – sich nur auf die Zusatzbelastung i.S.d. Nr. 2.4 TA Lärm beschränkt, ist zwar der Antragstellerin zuzugestehen, dass nach der Stellungnahme des Antragsgegners im Antragsverfahren tagsüber wohl eine Vorbelastung vorliegt und dennoch die vollen nicht reduzierten Immissionsrichtwerte für Immissionsorte im „Allgemeinen Wohngebiet“ für die Zusatzbelastung beauflagt sind. Etwaige Fehler des beauflagten Immissionsgrenzwertes sind aber unbeachtlich. Maßgeblich ist die materielle Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung und ob in Kombination mit weiteren Nebenbestimmungen schädlich Umwelteinwirkungen für die Nachbarschaft verhindert werden (VGH BW, B.v. 30.1.2019 – 5 S 1913/18 – juris Rn. 38; vgl. auch VG München, U.v. 10.10.2018 – M 9 K 17.3051 – juris Rn. 50). Vorliegend ist eine Verletzung der Rechte der Antragsgegner ausgeschlossen, da die Betriebsbeschreibung und das Schallgutachten G. vom 21.11.2018 ebenfalls Bestandteil der Baugenehmigung sind und damit eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte durch eine eventuell vorhandene relevante Vorbelastung am Tag ausgeschlossen ist.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene hat beantragt den Antrag abzulehnen und sich damit in ein Kostenrisiko begeben. Es entspricht der Billigkeit ihre außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin aufzuerlegen. Die Streitwertfestsetzung fußt auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog.


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