Baurecht

Baugenehmigung ohne Verstoß gegen kommunalrechtliche Zuständigkeitsverteilung

Aktenzeichen  2 ZB 18.1193

Datum:
22.6.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 14658
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GO Art. 37 Abs. 2 S. 1
BayDSchG Art. 6 Abs. 2 S. 2
BauGB § 34 Abs. 1
BayBO Art. 81 Abs. 1 Nr. 1

 

Leitsatz

1. Ein Außenstehender kann sich darauf berufen, dass die ihn belastende Maßnahme ohne Mitwirkung des dafür zuständigen Organs erlassen worden und daher ihm gegenüber fehlerhaft sei. Diese Rechtsprechung beansprucht auch Geltung im Fall baurechtlicher Nachbarklagen, in denen sich der betroffene Nachbar auf die Verletzung von Abstandsflächenvorschriften, das Rücksichtnahmegebot oder Belange des Denkmalschutzes beruft. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die Annahme einer erdrückenden Wirkung eines Nachbargebäudes besteht schon grundsätzlich kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher als der des betroffenen Gebäudes ist. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Belichtung in einem Treppenhaus, welches grundsätzlich nicht dem ständigen Aufenthalt von Personen dient, kann auch durch eine entsprechende Beleuchtungsanlage hergestellt werden; auch schlechtere Belüftungsbedingungen sind hinzunehmen. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
4. Art. 6 Abs. 2 S. 2 BayDSchG stellt überwiegend auf die öffentlichen Belange des Denkmalschutzes ab, denen das Landesamt für Denkmalpflege verpflichtet ist. Die privaten Interessen des Denkmaleigentümers finden hingegen in dieser Vorschrift keine besondere Erwähnung. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 4 K 17.1465 2018-04-13 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Wert des Streitgegenstands wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung (§§ 124, 124a Abs. 4 VwGO) hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen bzw. nicht hinreichend dargelegt wurden (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
1. Entgegen der Auffassung der Kläger bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstgerichtlichen Urteils im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
a) Das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Kläger nicht dadurch in ihren Rechten verletzt werden im Sinn von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, dass vorliegend der Oberbürgermeister und seine Verwaltung und nicht der Bau- und Umweltausschuss der Beklagten entschieden hat. Zwar hat die Zuständigkeitsverteilung nach den kommunalrechtlichen Vorgaben auch rechtliche Bedeutung nach außen, das heißt ein Außenstehender kann sich darauf berufen, dass die ihn belastende Maßnahme ohne Mitwirkung des dafür zuständigen Organs erlassen worden und daher ihm gegenüber fehlerhaft sei (vgl. BayVGH, U.v. 5.3.1957 – Nr. 150 IV 54 – VGH n.F. 10, 64/65 f.; U.v. 31.3.2003 – 4 B 002823 – VGH n.F. 56, 98/102 f.; U.v. 25.7.2007 – 4 BV 06.3308 – BayVBl 2008, 502). Diese Rechtsprechung beansprucht auch Geltung im Fall baurechtlicher Nachbarklagen, in denen sich der betroffene Nachbar auf die Verletzung von Abstandsflächenvorschriften, das Rücksichtnahmegebot oder Belange des Denkmalschutzes beruft (vgl. BayVGH, B.v. 2.12.2014 – 2 ZB 14.2077 – juris). Im vorliegenden Fall liegt aber kein Verstoß der Beklagten gegen die kommunalrechtliche Zuständigkeitsverteilung gemäß der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO) sowie der Geschäftsordnung der Beklagten vor. Gemäß Art. 32 Abs. 2 Satz 1 GO kann der Gemeinderat die Verwaltung bestimmter Geschäftszweige oder die Erledigung einzelner Angelegenheiten beschließenden Ausschüssen (Gemeindesenaten) übertragen. Demgegenüber erledigt der erste Bürgermeister gemäß Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO in eigener Zuständigkeit die laufenden Angelegenheiten, die für die Gemeinde keine grundsätzliche Bedeutung haben und keine erheblichen Verpflichtungen erwarten lassen. Zusätzlich kann der Gemeinderat gemäß Art. 37 Abs. 2 Satz 1 GO dem ersten Bürgermeister durch die Geschäftsordnung weitere Angelegenheiten zur selbständigen Erledigung übertragen.
Vorliegend spricht viel dafür, keine Zuständigkeit des Bau- und Umweltausschusses der Beklagten anzunehmen, weil die angegriffene Baugenehmigung vom 29. August 2017 im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach Art. 59 Satz 1 BayBO erteilt wurde. Hieran ändert sich grundsätzlich nichts dadurch, dass im Bescheid vom 29. August 2017 auch die Sanierungsgenehmigung nach § 144 Abs. 1 BauGB enthalten ist sowie die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 BayDSchG auf Grund der Baugenehmigung entfällt (Art. 6 Abs. 3 Satz 1 BayDSchG). Es kann aber dahinstehen, ob es sich bei der erteilten Baugenehmigung um eine laufende Angelegenheit im Sinn von Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO handelt. Denn es ergibt sich jedenfalls aus der Geschäftsordnung der Beklagten vom 6. Mai 2014 i.d.F. der 2. Änderung vom 28. November 2014, dass diese Angelegenheit der erste Bürgermeister (Oberbürgermeister) entscheiden soll (Art. 37 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 GO).
Gemäß § 9 Abs. 1 Buchst. c) Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Geschäftsordnung entscheidet der Bau- und Umweltausschuss über Bau- und Umweltangelegenheiten, soweit sie für die städtebauliche Entwicklung von besonderer Bedeutung und nicht ausdrücklich dem Stadtrat vorbehalten sind. Hierunter fallen Baugesuche und Vorbescheidsanträge nur, soweit sie nicht der Oberbürgermeister in eigener Zuständigkeit erledigt. Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 3 Buchst. c) Satz 2 der Geschäftsordnung trifft dieser in eigener Zuständigkeit Entscheidungen in den erleichterten Verfahren nach der Bayerischen Bauordnung, insbesondere in vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO. Zwar ist gemäß § 9 Abs. 1 Buchst. c) Satz 4 der Geschäftsordnung der Bau- und Umweltausschuss auch für sonstige Fragen im Vollzug der Baugesetze, Stadtsanierungen, Angelegenheiten des Denkmalschutzes, Erschließungsrecht und städtische Baumaßnahmen zuständig. Aus § 9 Abs. 1 Buchst. c) Satz 1 der Geschäftsordnung sowie § 12 Abs. 2 Satz 3 Buchst. c) Satz 5 der Geschäftsordnung erschließt sich jedoch, dass diese Zuständigkeit nur gelten soll, soweit es sich um eine Angelegenheit handelt, die für die städtebauliche Entwicklung von besonderer Bedeutung ist, bzw. ein Vorhaben von besonderer städtebaulicher Bedeutung vorliegt. Wollte man der Auffassung der Kläger folgen, so wäre der Bau- und Umweltausschuss dagegen für sämtliche sonstigen Fragen im Vollzug der Baugesetze, der Stadtsanierungen, der Angelegenheiten des Denkmalschutzes, des Erschließungsrechts und der städtischen Baumaßnahmen ausschließlich zuständig. Dies würde die Erledigung der Angelegenheiten durch den Oberbürgermeister in eigener Zuständigkeit im Sinn von § 12 Abs. 2 Satz 3 der Geschäftsordnung weitgehend aushebeln.
Vorliegend handelt es sich nicht um eine Angelegenheit, die für die städtebauliche Entwicklung der Beklagten von besonderer Bedeutung ist. Hier wird lediglich ein Gebäude durch ein anderes ersetzt, das in seinen Ausmaßen nicht wesentlich über das bisherige hinausgeht. Anhaltspunkte dafür, dass die städtebauliche Entwicklung im Sinn von § 1 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 BauGB hier in besonderer Weise betroffen wäre, sind nicht ersichtlich. Entgegen der Auffassung der Kläger ist auch kein Vorhaben von besonderer städtebaulicher Bedeutung gegeben. Es wird lediglich ein Gebäude durch ein anderes, im wesentlichen gleiches Vorhaben ersetzt. Der Bauplanung sind keine Details zu entnehmen, die eine besondere städtebauliche Bedeutung belegen könnten. Solche ergeben sich auch nicht aus den Belangen des Denkmalschutzes. Bei dem Vorhaben handelt es sich nicht um ein Einzelbaudenkmal im Sinn von Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG, sondern es ist lediglich Bestandteil eines Ensembles im Sinn von Art. 1 Abs. 3 BayDSchG. Jedoch steht die gesamte „Insel“ der Beklagten unter Ensembleschutz. In diesem Ensemble befinden sich rund 370 Gebäude, die als Einzelbaudenkmäler anzusehen sind. Damit liegt es auf der Hand, dass nicht jedes Bauvorhaben auf der „Insel“, das nicht einmal ein einzelnes Baudenkmal betrifft, von besonderer städtebaulicher Bedeutung sein kann. Dies gilt ebenso, falls ein solches Bauvorhaben in der Nachbarschaft von Einzelbaudenkmälern liegt, was auf der „Insel“ kaum ausgeschlossen werden kann. Allein der Gesichtspunkt, dass sich das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege gegen die Glasbausteine in der Nord- und Südfassade ausgesprochen hat, führt nicht auf eine besondere städtebauliche Bedeutung des Vorhabens. Denn im Übrigen haben sich die Denkmalschutzbehörden nicht gegen das strittige Neubauvorhaben gewandt.
b) Das Erstgericht hat auch zutreffend ausgeführt, dass das Bauvorhaben nicht zu Lasten der Kläger gegen das Rücksichtnahmegebot verstößt. Die angegriffene Baugenehmigung verstößt nicht gegen das im Begriff des Einfügens des § 34 Abs. 1 BauGB enthaltene baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme.
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hängen die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründen, wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, U.v. 18.11.2004 – 4 C 1.04 – NVwZ 2005, 328). Eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme kann insbesondere durch eine „erdrückende, abriegelnde oder einmauernde Wirkung“ des geplanten Bauvorhabens vorliegen. Hierzu müsste ein nach Höhe, Breite und Volumen „übergroßer“ Baukörper in geringem Abstand zum benachbarten Wohngebäude entstehen. Das Nachbargebäude müsste nur noch oder überwiegend wie von einem herrschenden Gebäude dominiert und ohne eigene Charakteristik wahrgenommen werden bzw. es müsste ein objektiv begründetes Gefühl des „Eingemauertseins“ oder eine „Hinterhof“- bzw. „Gefängnishofsituation“ entstehen (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2015 – 2 CS 15.17 – juris; B.v. 5.9.2016 – 15 CS 16.1536 – juris; B.v. 29.8.2018 – 2 CS 18.1222 – n.v.). Für die Annahme einer erdrückenden Wirkung eines Nachbargebäudes besteht schon grundsätzlich kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher als der des betroffenen Gebäudes ist (vgl. BayVGH, B.v. 11.5.2010 – 2 CS 10.454 – juris; B.v. 17.7.2013 – 14 ZB 12.1153 – BauR 2014, 810; B.v. 2.10.2016 – 2 ZB 16.2169 – juris).
Soweit sich die Kläger auf eine Berücksichtigung der bislang vorgefundenen Linien des mitprägenden Bestandsbaus beziehen, ist darauf hinzuweisen, dass festgesetzte oder auch faktische Baulinien grundsätzlich keinen Nachbarschutz vermitteln. Dies gilt insbesondere hinsichtlich vorderer und rückwärtiger Baulinien. Dass dies im vorliegenden Fall ausnahmsweise anders sein sollte, haben die Kläger nicht substantiiert dargetan.
Die Kläger behaupten ferner eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme durch die Nichtbeachtung der Vorschriften der Baugestaltungssatzung der Beklagten. Insoweit ist ebenfalls darauf hinzuweisen, dass Vorschriften einer Baugestaltungssatzung regelmäßig nicht nachbarschützend sind. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus den klägerseits angeführten Bestimmungen der Baugestaltungssatzung der Beklagten vom 1. Juli 2011. Weder aus der Präambel noch aus § 3 (Allgemeine Baugestaltung) der Baugestaltungssatzung ergibt sich ein klarer Hinweis auf eine nachbarschützende Funktion einzelner Vorschriften der Baugestaltungssatzung. In § 3 Abs. 1 der Baugestaltungssatzung ist lediglich von Orts- und Straßenbild der Insel-Altstadt die Rede. Auch § 3 Abs. 2 der Baugestaltungssatzung lässt sich keine Schutzfunktion zugunsten der Nachbarn eines Bauvorhabens entnehmen. Im Übrigen ist gemäß § 21 Abs. 1 der Baugestaltungssatzung lediglich dieser § 3 der Baugestaltungssatzung auf Neubauten im Sinn von § 2 Abs. 2 der Baugestaltungssatzung anzuwenden. Soweit es nach § 21 Abs. 2 der Baugestaltungssatzung im Ausnahmefall der Stadt vorbehalten sein soll, bei Vorhaben, die dem Ziel dieser Satzung zuwider laufen, über § 3 der Baugestaltungssatzung hinausgehende Regelungen dieser Satzung anzuwenden, dürfte diese Vorschrift mangels hinreichender Bestimmtheit unwirksam sein. Zudem hat die Beklagte im Baugenehmigungsbescheid vom 29. August 2017 in keiner Weise dargelegt, wieso hier ausnahmsweise die Vorschriften des § 7 Abs. 2 und des § 10 Abs. 2 der Baugestaltungssatzung geprüft und Abweichungen zugelassen wurden. Feststellungen und Abweichungen zu Vorschriften der Baugestaltungssatzung, deren Anwendungsbereich nicht eröffnet ist, gehen deshalb ins Leere. Der Bauherr könnte die strittigen Maßnahmen auch ohne eine entsprechende Abweichungsentscheidung nach § 20 der Baugestaltungssatzung vornehmen. Demnach kann es vorliegend dahinstehen, ob § 20 der Baugestaltungssatzung ausnahmsweise Nachbarschutz vermittelt.
Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht keine Verletzung des Rücksichtnahmegebots zu Lasten der Kläger hinsichtlich der Belichtungs- und Belüftungssituation im Treppenhaus ihres Anwesens durch die Auswirkungen des Bauvorhabens gesehen hat. Denn die Belichtung in einem Treppenhaus, welches grundsätzlich nicht dem ständigen Aufenthalt von Personen dient, kann auch durch eine entsprechende Beleuchtungsanlage hergestellt werden. Soweit die Kläger eine schlechte Belüftungssituation im Treppenhaus ihres Anwesens aufgrund der Lage ihrer Haustür befürchten, ist darauf hinzuweisen, dass die Gestaltung ihres Treppenhauses und die Lage der Haustüre auf bauliche Entscheidungen und Maßnahmen auf ihrem eigenen Anwesen zurückzuführen sind. Nachdem Treppenhäuser nicht zum dauernden Aufenthalt von Personen bestimmt sind, sind auch schlechtere Belüftungsbedingungen hinzunehmen. Im Übrigen kann eine Verbesserung der Belüftungssituation durch das gleichzeitige Öffnen der Haustür und der Gartentür erreicht werden, wie aus dem Schriftsatz der Klägerseite in erster Instanz vom 28. März 2018 in Verbindung mit dem Anlagenkonvolut K 11 ersichtlich wird.
Soweit die Kläger eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots durch den Verlust eines Fensterrechts im Dachgeschossbereich behaupten, sind die Ausführungen des Erstgerichts ebenso wenig zu beanstanden. Denn dieses hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Kläger durch eine Vergrößerung des noch im Dachgeschoss befindlichen weiteren Dachflächenfensters eine ausreichende Verbesserung der Situation erreichen könnten. Zudem wurde beim Sprechtag des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege am 15. Dezember 2017 festgestellt, dass aus denkmalfachlicher Sicht auch der Errichtung einer Dachgaube näher getreten werden kann, wenn diese Gaube nur über ein Spannfeld geplant wird, allen Vorgaben der Baugestaltungssatzung entspricht und die Fensterhöhe, abgestimmt auf die Breite, nicht zu hoch geplant wird. Den des Weiteren klägerseits angeführten Art. 45 Abs. 4 BayBO gibt es nicht. Im Übrigen können im Einzelfall auch kleinere Fensteröffnungen gestattet werden (vgl. Bauer in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand: Oktober 2019, Art. 45 Rn. 44; Nolte in Simon/Busse, BayBO, Stand: Dezember 2019, Art. 45 Rn. 50).
Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass das Verwaltungsgerichts keine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme durch eintretende Verschattungswirkungen angenommen hat. Die klägerseits vorgelegte Verschattungsstudie (erstinstanzlicher Schriftsatz vom 11.04.2018, Anlage K 17) belegt solches nicht. Hierzu hat das Erstgericht zutreffend ausgeführt, dass der bisher bestehende Vorbau bereits in der Vergangenheit für einen Schattenwurf gesorgt hat. An dieser Beurteilung ändert auch nichts die Verschattungsstudie für den 21. Dezember, wonach das Bauvorhaben der Beigeladenen praktisch den gesamten Wohnbereich im Anwesen der Kläger verdunkle. Hierzu hat die Beklagte bereits erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2017 zu Recht ausgeführt, dass innerhalb einer verdichteten innerstädtischen Wohnbebauung Einschränkungen der Belichtung und Besonnung innerhalb der Wintermonate hinzunehmen sind. Bereits durch das auf dem Anwesen der Beigeladenen bestehende Gebäude tritt in den Wintermonaten eine erhebliche Verschattung auf dem Anwesen der Kläger ein. Diese wird durch den geplanten Neubau nicht in unzumutbarer Weise verschlechtert. Insbesondere im Sommer (Verschattungsstudie vom 21. Juni) verschlechtert sich die Belichtungssituation nur minimal.
Soweit sich die Kläger auf eine Verletzung ihres denkmalschutzrechtlichen Abwehranspruchs berufen, reicht dieser nicht soweit, wie diese vermeinen. Mit dem Bundesverwaltungsgericht (vgl. U.v. 21.04.2009 – 4 C 3.08 – BVerwGE 133, 347; B.v. 16.11.2010 – 4 B 28.10 – BauR 2011, 657) geht der Senat zwar davon aus, dass dem Denkmaleigentümer im Hinblick auf seine gesetzlichen Pflichten einerseits, das Denkmal zu erhalten und zu pflegen (Art. 4 BayDSchG), die Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinn des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG darstellen, und im Hinblick auf die Bestandsgarantie des § 14 Abs. 1 Satz 1 GG andererseits, die verlangt, dass Vorkehrungen getroffen werden, die eine unverhältnismäßige Belastung des Eigentümers vermeiden sowie die Privatnützigkeit des Eigentums soweit wie möglich erhalten, im Rahmen des sogenannten Umgebungsschutzes nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2, Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG ein Abwehrrecht gegen eine Baumaßnahme in der Nähe des Baudenkmals zukommen kann, wenn sich diese auf den Bestand oder das Erscheinungsbild des Baudenkmals auswirkt (vgl. B.v. 4.8.2011 – 2 CS 11.997 – juris). Ließ der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 27. März 1992 (Az. 26 CS 91.3589 – n.v.) noch ausdrücklich offen, welche Voraussetzungen und Grenzen ein solches über Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG vermitteltes denkmalschutzrechtliches Abwehrrecht haben könnte, so hat der Senat im Beschluss vom 4. August 2011 (Az. 2 CS 11.997 – juris) bereits ausgeführt, dass der Denkmaleigentümer in seinen Rechten nur dann verletzt sein kann, wenn das genehmigte Vorhaben die Denkmalwürdigkeit des benachbarten Anwesens erheblich beeinträchtigt. Es ist mit dem verfassungsrechtlichen Schutz des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG nicht vereinbar, dem Eigentümer eines Baudenkmals einerseits Pflichten für dessen Erhaltung und Pflege aufzuerlegen, die mit einem erheblichen finanziellen Aufwand verbunden sein können, ohne im andererseits die Möglichkeit zu geben, rechtswidrige Beeinträchtigungen durch Vorhaben in seiner Umgebung, die seine Erhaltungsinvestitionen möglicherweise entwerten, abzuwehren. Darüber hinaus lässt sich dem Bayerischen Denkmalschutzgesetz jedoch kein allgemeiner Drittschutz zugunsten des Denkmaleigentümers entnehmen (vgl. BayVGH, U.v. 24.1.2013 – 2 BV 11.1631 – BayVBl 2013, 470).
Im vorliegenden Fall wird der Bestand des Baudenkmals der Kläger durch das Bauvorhaben der Beigeladenen ohnehin nicht beeinträchtigt. Ebenso wenig wirkt es sich jedoch erheblich auf das Erscheinungsbild des Baudenkmals der Kläger aus. Hierfür ist es nicht ausreichend, dass sich am Bauvorhaben eine Vielzahl von untypischen Gestaltungsformen finden und sich dieses negativ von der Umgebungsbebauung abhebt. Vielmehr muss sich das Bauvorhaben gerade auf das Erscheinungsbild des Baudenkmals der Kläger erheblich negativ auswirken. Dies wird nicht ersichtlich. Zwar mögen sich die Glasbausteine in der Nord- und Südfassade des Bauvorhabens der Beigeladenen für den objektiven Betrachter als unschön darstellen, weshalb sie auch vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege abgelehnt wurden. Zu Recht hat aber das Erstgericht bereits darauf hingewiesen, dass sich aus einem einzigen objektiv-rechtlichen Verstoß gegen Landesdenkmalrecht nicht gleichsam automatisch eine Verletzung des subjektiven Rechts eines Eigentümers ergibt. Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG stellt überwiegend auf die öffentlichen Belange des Denkmalschutzes ab, denen das Landesamt für Denkmalpflege verpflichtet ist. Die privaten Interessen des Denkmaleigentümers finden hingegen in dieser Vorschrift keine besondere Erwähnung (vgl. BayVGH, U.v. 24.1.2013 – 2 BV 11.1631 – BayVBl 2013, 470). Im vorliegenden Fall wird nicht ersichtlich, dass sich aus den klägerseits geschilderten baulichen Maßnahmen der Beigeladenen eine erhebliche negative Auswirkung auf das Erscheinungsbild des Baudenkmals ergäbe und damit eine unverhältnismäßige Belastung des Eigentümers eintreten würde. Soweit sich die Kläger auf eine Vielzahl der von der Baugestaltungssatzung der Beklagten abweichenden gestalterischen Bauausführungen berufen, ist auf das zur Baugestaltungssatzung der Beklagten oben Ausgeführte zu verweisen. Daraus ergibt sich vorliegend kein besonderer Schutz für das Anwesen der Kläger.
2. Entgegen der Ansicht der Kläger weist die vorliegende Rechtssache auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Sie verursacht in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine größeren, d.h. überdurchschnittlichen, das normale Maß nicht unerheblich übersteigenden Schwierigkeiten und es handelt sich auch nicht um einen besonders unübersichtlichen oder kontroversen Sachverhalt, bei dem noch nicht abzusehen ist, zu welchem Ergebnis ein künftiges Berufungsverfahren führen wird (vgl. BayVGH, B.v. 12.4.2000 – 23 ZB 00.643 – juris; B.v. 27.5.2020 – 2 ZB 19.814 – n.v.). Vielmehr ist der Rechtsstreit im tatsächlichen Bereich überschaubar und die entscheidungserheblichen Fragen sind durch die Rechtsprechung hinreichend geklärt.
Im vorliegenden Fall ergeben sich keine besonderen tatsächlichen Schwierigkeiten wegen der Spezifik des Treppenhauses im Anwesen der Kläger oder der Möglichkeit zur Schaffung ausreichender Belichtungsverhältnisse in der Dachgeschosswohnung. Hierbei handelt es sich vielmehr um Fragen, die in jedem durchschnittlichen Baurechtsfall auftreten können. Ebenso wenig ergeben sich besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aus der Bewertung des Verfahrens der „Gelben Liste“ als eine ausreichende Mitwirkungsmöglichkeit des Bau- und Umweltausschusses im Rahmen der Ausübung seiner Beschlusskompetenz. Wie unter Ziffer 1 a) ausgeführt wurde, stellen sich diese Fragen im vorliegenden Verfahren nicht. Denn es ist von einer Zuständigkeit des Oberbürgermeisters und seiner Verwaltung im Hinblick auf das strittige Bauvorhaben auszugehen. Im Übrigen wird auf die Ausführungen unter Ziffer 1 verwiesen.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst (§ 162 Abs. 3 VwGO). Im Berufungszulassungsverfahren sind die außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen in der Regel nicht aus Billigkeitsgründen der unterliegenden Partei aufzuerlegen (vgl. BayVGH, B.v. 11.10.2001 – 8 ZB 01.1789 – BayVBl 2002, 378; B.v. 27.5.2020 – 2 ZB 19.814 – n.v.). Ein Ausnahmefall ist vorliegend nicht gegeben.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben