Baurecht

Bebauungsplan, Gemeinde, Anordnungsgrund, Festsetzungen, Anfechtungsklage, Verwaltungsakt, Zufahrt, Wohnhaus, Anordnungsanspruch, Antragsteller, Bebauung, Trennung, Bauprogramm, Anspruch, einstweiligen Anordnung, Erlass einer einstweiligen Anordnung, Entscheidung in der Hauptsache

Aktenzeichen  RO 3 E 20.3224

Datum:
12.1.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 4159
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antragsgegnerin wird – bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache – untersagt, die D …straße durch Errichtung einer baulichen Abtrennung faktisch in einen westlichen und einen östlichen Straßenabschnitt aufzuteilen. Für den Fall, dass eine solche bauliche Abtrennung bereits erfolgt ist, wird die Antragsgegnerin verpflichtet, diese zu beseitigen.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragsteller wenden sich im Wege des Eilrechtsschutzes gegen eine faktische Beschränkung der Benutzung der D …straße durch Aufstellung eines Pflanzkübels.
Die Antragsteller sind nach eigenen Angaben Eigentümer des Grundstücks mit der Flurnummer … der Gemarkung A … (D …straße 1a). Die Zufahrt zum Grundstück der Antragsteller erfolgt über die im Süden an das Grundstück angrenzende D …straße, die von West nach Ost zwischen der St …straße und dem D …weg verläuft.
Im Bestandsverzeichnis für Gemeindestraßen der Stadt A … ist die D …straße (Flurnummer 2398 und 2397/8 Gemarkung A …) als Orts straße eingetragen. Eine Widmungsbeschränkung besteht laut Bestandsverzeichnis und Eintragungsverfügung vom 15. Juni 1963 nicht.
Das Grundstück der Antragsteller so wie auch die D …straße liegen innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des rechtskräftigen Bebauungsplanes AM 54 „…straße“. In der Begründung zum Bebauungsplan ist unter dem Gliederungspunkt „3.3.2 Verkehrserschließung D …straße“ unter anderem ausgeführt, dass nach eingehender Prüfung und Beteiligung von Trägern öffentlicher Belange (Feuerwehr, Tiefbau) die Ausbaubreite der D …straße auf 3,50 m mit einer mittigen, platzartigen Aufweitung festgelegt werde, da sie erst ab diesem Mindestquerschnitt ihrer Erschließungsfunktion gerecht werde. Ein gefahrloser Begegnungsfall von Fußgänger bzw. Radfahrer und Pkw sowie die Sicherheit der Anlieger im Brandfall (Breite des Feuerwehrfahrzeuges ohne Rückspiegel 2,50 m) sei aus Sicht der Verwaltung nur ab dieser Ausbaubreite gewährleistet.
Den von der Antragsgegnerin vorgelegten Unterlagen ist zu entnehmen, dass in der Stadtratssitzung am 26. Oktober 2020 mehrheitlich der Beschluss gefasst wurde, das Bauprogramm hinsichtlich dem Ausbau der östlichen D …straße abzuändern. Nach der Beschlussvorlage vom 26. Oktober 2020 liegt dieser Teilabschnitt zwischen dem D …weg und ca. 14,50 m westlich des südwestlichen Endes der Ausweichstelle von Flurnummer 2400/9 Gemarkung A … Auf den Ausbau des westlichen Teilabschnitts der D …straße ab dem Grundstück mit der Flurnummer 2397/13 und 2399/6 werde verzichtet. Die bauliche Trennung erfolge durch einen Pflanztrog mit beidseitigen Warnbaken, wobei eine mindestens 1,50 m breite Durchgangsmöglichkeit für Fußgänger verbleiben solle. In dem Sachstandsbericht zur Beschlussvorlage vom 26. Oktober 2020 wird insbesondere Folgendes ausgeführt: Die D …straße sei bis 2016 mit einer befestigten Breite von nur ca. 2,75 m, fehlender öffentlicher Ausweichmöglichkeit und fehlender Straßenentwässerung sowie unzureichender Straßenbeleuchtung nicht erstmalig endgültig hergestellt gewesen. Der seit 18. Oktober 2003 rechtskräftige Bebauungsplan AM 54 „…straße“ setze nördlich der D …straße fünf zusätzliche Bauparzellen fest; zusätzlich bestünde südlich eine weitere Baumöglichkeit. Für den Bereich der fünf mittig gelegenen Bauparzellen habe es 2016 eine konkrete Verwertungsabsicht mit entsprechenden Kaufinteressenten gegeben. Zur Verwirklichung dieser Baurechte sei jedoch ein Straßenausbau erforderlich. Um die baldige Erschließung der insgesamt sechs freien Bauparzellen zuzüglich eines Ersatzneubaus zu erreichen, sei wegen fehlenden freiwilligen Grunderwerbs im Westteil mit Beschluss des Bauausschusses vom 8. Juni 2016 die Aufteilung der Straße in zwei Abschnitte beschlossen und zunächst nur das Bauprogramm für den Ostteil angegangen worden. Im Anschluss daran sei die Straßenherstellung Ost gemäß der Beschlussvorlage durchgeführt worden. Eine rechtzeitige vollständige Herstellung der D …straße sei in beitragsrechtlicher Hinsicht bis zum Ablauf der gesetzlichen Ausschlussfrist vom 31. März 2021 jedoch nicht mehr möglich. Mit Mehrheitsbeschluss sei daher im Stadtrat am 22. Juni 2020 festgelegt worden, dass der neu hergestellte Ostteil der D …straße mit Errichtung einer baulichen Abtrennung von dem Westteil der D …straße abgeteilt werden solle. An die trennende Wirkung stelle der Gesetzgeber hohe Anforderungen, denn die neu geschaffene Straßeneinheit müsse dem „Gesamteindruck, den die jeweiligen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln, entsprechen“. Erschwerend komme vorliegend hinzu, dass es im Bereich des Beitragsrechts seit 2016 zwei grundlegende Rechtsänderungen gegeben habe, die die rechtlichen Rahmenbedingungen für die D …straße in gesamter Weise verändert hätten. Mit dem Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 8. März 2016 sei die Altanlagenregelung mit Wirkung zum 1. April 2021 eingeführt und mit Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 26. Juni 2018 seien die Straßenausbaubeiträge in Bayern mit Wirkung vom 1. Januar 2018 abgeschafft worden. Seit diesen Änderungen sei eine Erschließungskostenabrechnung für Altanlagen nur noch bis zum 1. April 2021 für auf gesamter Länge hergestellte Straßen möglich. Danach sei überhaupt keine Refinanzierung der Straßenbaukosten, auch nicht über Straßenausbaubeitragsrecht, mehr zulässig. Weiter wurde im Sachstandsbericht der Beschlussvorlage des Stadtrates vom 26. Oktober 2020 ausgeführt, dass der Ostteil der D …straße weitestgehend bebauungsplankonform hergestellt worden sei. Der Bebauungsplan AM 54 „…straße“ setze für die ordnungsgemäße Herstellung der D …straße einen verkehrsberuhigten Bereich mit einer Regelbreite von 3,50 m und mit einer mittig gelegenen Aufweitung zum Ausweichen und Wenden auch von dreiachsigen Müllfahrzeugen fest. Im Westteil könnten bei einem Ausbauverzicht und einer Sperrung die tatsächlichen Erschließungsfunktionen noch aufrechterhalten werden, wenn die Einfriedungen wie bisher nicht ganz auf die Grundstücksgrenzen vorgezogen werden würden. Die fehlende Wendemöglichkeit auf der öffentlichen Straßenfläche für die vier Zufahrten beidseits der Ausbaugrenze sei verkehrsplanerisch unbefriedigend, bei den übrigen Anliegern könne durch Zurückstoßen aus den privaten Zufahrten wieder vorwärts ausgefahren werden. Deshalb werde nun abweichend vom letzten Bauprogramm eine geänderte Abschnittsteilung um ca. 12 m weiter östlich vorgeschlagen, sodass bei allen Grundstückszufahrten das Wenden beim Rückwärtsausfahren möglich bleibe. Für die bauliche Trennung könne nun aufgrund der neuen Situierung der Abtrennung im Straßenraum (die Zufahrten der Garagen bzw. Grundstücke sei nun jeweils über 5 m entfernt) eine Abtrennung mit einem Pflanztrog erfolgen. Dieser solle ca. 50 cm breit und 200 cm lang sein, sowie eine Höhe von ca. 50 cm haben, um ausreichend Erde und Wasserhaltung für eine Begrünung aufzuweisen. Mittels Rankhilfen (Höhe über Straßenniveau 150 cm) und Kletterpflanzenbewuchs solle die optische Trennung, wie vom Gesetzgeber vorgegeben und von der Regierung der Oberpfalz aufgegriffen, erreicht werden. Die Durchgangsbreite für Fußgänger werde dabei auf 150 cm ausgeweitet. Eine dauerhafte, im Boden wurzelnde Begrünung könne aufgrund des geringen Abstandes zur Wasserleitung nicht erfolgen. Die Müllbehälter der westlichen Anwesen könnten auf leicht abfallender Fahrbahn zum Einmündungsbereich in die S …straße vorgezogen werden. Eine Erschließungskostenabrechnung für den hergestellten Ostteil der D …straße (abzüglich der westlichen 12 m) sei nach Rechtsauffassung der Regierung der Oberpfalz nur dann zulässig, wenn die gesamte D …straße bis zum 1. April 2021 vollständig ausgebaut und abgerechnet werde (Eigentum aller Straßengrundstücke erforderlich) oder auf den Ausbau des Westteils unter Herstellung einer dauerhaften baulichen Trennung verzichtet werde. Die Maßnahme sei notwendig, da ohne eine Änderung des Bauprogramms der Ausbau des Ostteils der D …straße nicht abrechnungsfähig sei. Eine Alternative könne nicht dargestellt werden. Der letztmalige Versuch, den Grund im Westteil der D …straße freihändig zu erwerben, sei auch unter Vermittlung der unteren Enteignungsbehörde gescheitert. Sowohl das Angebot der Stadt als auch der Vorschlag der unteren Enteignungsbehörde seien zurückgewiesen worden. Die Stadt sei zur Erhebung von Erschließungsbeiträgen verpflichtet. Ohne die Änderung des Bauprogramms sei zulasten des städtischen Haushalts für den erstmalig hergestellten Ostteil der D …straße keine Abrechnungsfähigkeit zu erreichen.
Mit Schreiben vom 7. Dezember 2020 wandten sich die Antragsteller an die Antragsgegnerin und machten Einwendungen gegen die Aufteilung der D …straße in einen östlichen und einen westlichen Straßenteil entgegen den Festsetzungen des Bebauungsplanes geltend.
Am 29. Dezember 2020 haben die Antragsteller beim Verwaltungsgericht Regensburg den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO beantragt. Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, die Antragsgegnerin plane – in Abweichung vom Bebauungsplan – eine Absperrung der D …straße ziemlich genau in deren Mitte, sodass sich ein westlicher und ein östlicher Teil ergebe, offenbar allein um das Erschließungsbeitragsrecht zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Die Antragsteller hätten hiergegen mit Schreiben vom 7. Dezember 2020 ausführlich Einwendungen erhoben. Ohne auf dieses Schreiben zu antworten, wolle die Antragsgegnerin nunmehr offenbar zur Tat schreiten. Die Vermessungsarbeiten seien bereits abgeschlossen, der Pflanztrog sei bestellt und werde in der ersten oder zweiten Januarwoche aufgestellt. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung sei daher geboten. Der Antrag auf Erlass einer Sicherungsanordnung sei zulässig, insbesondere nach § 123 Abs. 5 VwGO statthaft. Ein Fall von §§ 80,80 a VwGO, d. h. ein Anfechtungsbegehren, liege nicht vor. Die Antragsteller würden in der Hauptsache Unterlassung der angekündigten „Straßensperre“ begehren, die sie auch beabsichtigen im Wege der allgemeinen Unterlassungsklage anzustreben. In solchen Fällen richte sich der einstweilige Rechtsschutz nach § 123 VwGO. Ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis bestehe, da sich die Antragsteller vor Einleitung des Gerichtsverfahrens mit einem ausführlichen Einwendungsschreiben an die Gegenseite gewandt hätten, welches unbeantwortet geblieben sei. Der Antrag auf Erlass einer Sicherungsanordnung sei auch begründet. Die Antragsteller hätten Anspruch auf Sicherung eines bestehenden (vorläufigen) Zustands, sodass die einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO geboten sei. Aus dem Eigentumsgrundrecht der Antragsteller (Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 103 Abs. 1 BV) Folge im vorliegenden Fall in Verbindung mit dem Bebauungsplan ein Anspruch auf Erschließung jedenfalls im Sinne der Beibehaltung der bisherigen Situation. Die Verkehrserschließung über die D …straße sei elementarer Bestandteil der Abwägung gewesen. „Nach eingehender Prüfung und Beteiligung von Trägern öffentlicher Belange (Feuerwehr, Tiefbau)“ sei „die Ausbaubreite der D …straße auf 3,50 m mit einer mittigen, platzartigen Aufweitung festgelegt, da sie erst ab diesem Mindestquerschnitt ihrer Erschließungsfunktion gerecht werde“, so die Begründung des Bebauungsplanes. Vor diesem Hintergrund verdichte sich die objektive Erschließungsaufgabe der Antragsgegnerin zu einem subjektiven Anspruch auf Erschließung der Antragsteller. Nun eine Absperrung vorzunehmen (gleich ob mit einer Mauer oder mit Pflanzentrögen) setzte sich hierzu in handgreiflichen Widerspruch und erscheine geradezu willkürlich. Dabei strebe die Antragsgegnerin offensichtlich auch keine städtebaulichen Zielsetzungen an, sondern allein die „Refinanzierung der Straßenbaukosten“. Dies stehe aber mit § 125 BauGB „über Kreuz“, wonach die Herstellung der Erschließungsanlagen an dem Bebauungsplan gebunden sei, nicht andersherum. Vielmehr stelle die Beschlussvorlage vom 26. Oktober 2020 dieses erschließungsbeitragsrechtliche Planerfordernis geradezu auf den Kopf. Auch insoweit verletze die Antragsgegnerin das Willkürverbot. Dabei bewirke gerade die „Troglösung“ für die Antragsteller elementare Nachteile. Es entstehe eine 100 m lange und 2,80 m breite Sackgasse ohne Wendemöglichkeit. Das bringe für die Antragsteller eine nicht hinnehmbare Verschlechterung und einen Wertverlust der betroffenen Grundstücke mit sich. Die Rettungs- und Einsatzmöglichkeiten seien in der engen Gasse ohnehin schon nicht optimal und würden durch die Sperrung der Straße für den Fahrzeugverkehr weiter massiv behindert werden. Darüber hinaus könnten Rettungsfahrzeuge, Feuerwehrfahrzeuge und die Polizei in der Eile eines Einsatzes leicht die falsche Einfahrt erwischen, da die Hausnummerierung etwas verzwickt sei. Schwierigkeiten dabei, die richtige Hausnummer zu finden, könnten im Rettungsfall fatale Folgen haben. Alle Fahrzeuge, die künftig in die „D …straße West“ einfahren, müssten die 2,80 m breite Straße unter Umständen auf einer Strecke von 100 m wieder rückwärts verlassen und ohne Sicht rückwärts in die S …straße einbiegen (z. B. das Postauto, die Müllabfuhr, ein Krankenwagen, Wohnmobile, Fahrzeuge mit Anhänger, Handwerkerfahrzeuge). Nachts sei dies fast unmöglich, denn der westliche Teil der D …straße sei ohne Straßenbeleuchtung. Auch die Antragsteller müssten künftig mit ihrem Anhänger und ihrem Wohnmobil die D …straße rückwärtsfahrend verlassen. Nach den Planungen der Antragsgegnerin solle das Müllauto nicht mehr in die Straße einfahren. Es sei den Anliegern zumutbar, ihre Mülltonnen maximal 100 m zur S …straße zu schieben und dort abzustellen. Die Antragsteller hätten außerdem einen Mieter, der schwer gehbehindert sei. Auch hätten die Antragsteller vor, im Alter in ihrem Haus wohnen zu bleiben. Werde ein Anwesen durch ein Fahrzeug angefahren, dass längere Zeit vor dem Haus stehen bleiben müsse, zum Beispiel von einem Möbelauto oder einem Handwerker oder bei einer Heizölanlieferung, sei es heute möglich, über die freie Seite der D …straße aus- und einzufahren. Bei der Sackgassenlösung sei eine Aus- und Einfahrt dann unmöglich oder das Personal des blockierenden Fahrzeugs müsse seine Tätigkeit unterbrechen und aus der D …straße rückwärts ausfahren und anschließend wieder einfahren. Streit sei vorprogrammiert. Ferner liege durch die vorgesehene Sperrung der Straße das Anwesen mit der Hausnummer 4 ½ im Ostteil und die dazugehörenden Garagen im Westteil der D …straße. Wolle ein Bewohner des Anwesens 4 ½ einen sperrigen oder schweren Gegenstand vor seiner Wohnung ausladen, müsse er künftig in den Ostteil der Straße einfahren, ausladen und dann mit seinem Fahrzeug wieder aus der D …straße ausfahren und über die Straßen D …weg, T …weg, K …steig, R …straße und S …straße in den Westteil der D …straße zu seiner Garage fahren. Dies sei eine Wegstrecke von ungefähr 500 m, heute seien es 10 m. Die Sperrung habe auch allgemeine verkehrstechnische Nachteile. Die D …straße könne nicht mehr als Umleitungs straße dienen, wenn wie neulich, die S1.straße durch Baumaßnahmen teilweise gesperrt sei. Die S…straße erschließe beachtliche Teile des nördlichen Wohngebietes am M …berg. Es trete mit der Sperrung eine vollständig andere und massiv die Anlieger behindernde verkehrstechnische Veränderung der D …straße ein, nur weil die Stadtverwaltung es versäumt habe, die Erschließungsmaßnahme D …straße so zu gestalten, dass sie die Kosten auf die Anlieger umlegen könne. Oder anders, die Stadtverwaltung wolle mit der Idee „Sperrung der Straße“ die gesetzlichen Folgen ihres Handelns unterlaufen ohne Rücksicht auf die Funktion der Straße für die Anlieger. Die Sperrung werde nicht mit Argumenten, die an die Funktion der Straße anknüpfen, sondern ausschließlich mit fiskalischen Argumenten begründet. Hinsichtlich eines Anordnungsgrundes tragen die Antragsteller vor, es bestehe die Gefahr, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des oben dargestellten Rechts der Antragsteller vereitelt oder jedenfalls wesentlich erschwert werden würde, § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Wie den Antragstellern zu Ohren gekommen sei, solle die Absperrung wohl über Weihnachten errichtet werden. Die Antragsgegnerin habe mit der Umsetzung der Planungen bereits begonnen. Am 21. Dezember 2020 seien die notwendigen Vermessungsarbeiten durchgeführt worden. Aus einem Schreiben des Stellvertreters des Leiters des Tiefbauamtes vom 22. Dezember 2020 ergebe sich, dass der Pflanztrog bereits bestellt sei und in der ersten oder zweiten Januarwoche aufgestellt werde. Vor diesem Hintergrund sei ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung der dargelegte Anordnungsanspruch möglicherweise in nicht reparabler Weise verletzt, da die Antragsteller ihrer Erschließung spürbar beraubt würden. Nicht zuletzt der Einsatz von Rettungsfahrzeugen werde erheblich erschwert. Dies sei den Antragstellern nicht zuzumuten, zumal offensichtlich überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache bestünden. Demgegenüber könne es der Antragsgegnerin zugemutet werden, die begehrte Sicherungsanordnung hinzunehmen, zumal hierdurch die Hauptsache nicht vorweggenommen werde. Auch bei einer Abwägung der auf beiden Seiten zu berücksichtigenden Interessen sei daher der Erlass der begehrten Sicherungsanordnung geboten.
Die Antragsteller beantragen,
Die Antragsgegnerin wird im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO vorläufig – bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache – verpflichtet, die Absperrung der D …straße in einen westlichen und einen östlichen Teil zu unterlassen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antrag sei bereits unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Die Antragsteller seien nicht antragsbefugt, da sie nicht geltend machen könnten, in eigenen subjektiv öffentlichen Rechten verletzt zu sein. Die Antragsteller hätten insbesondere keinen subjektiven Anspruch auf Erschließung. Die Erschließung sei zwar grundsätzlich Aufgabe der Gemeinde, ein Rechtsanspruch auf Erschließung bestehe gemäß § 123 Abs. 3 BauGB prinzipiell aber nicht. Es gebe an sich keinen generellen Anspruch des Einzelnen auf Verwirklichung planerischer Festsetzungen. Es liege auch keine Fallgestaltung vor, die ausnahmsweise eine Verdichtung der gemeindlichen Erschließungslast zu einem Anspruch auf Erschließung zufolge habe. Das Grundstück der Antragsteller sei bereits vor Inkrafttreten des Bebauungsplanes mit einem genehmigten Wohnhaus bebaut gewesen, der Bebauungsplan habe den entsprechenden Bestand aufgegriffen und verhindere kein bis dahin bestehendes Baurecht der Antragsteller. Die Antragsgegnerin bezwecke durch den Bebauungsplan bzw. das beschlossene geänderte Bauprogramm gerade nicht, eine Bebauung des betreffenden Bereichs abzuwerten. Zusätzlich zu den bestehenden und bereits ausgeübten Baurechten sollten vielmehr Baulücken geschlossen werden. Die Antragsgegnerin habe die Erschließung nicht treuwidrig unterlassen. Ein Anspruch der Antragsteller auf Basis des Bebauungsplanes, zumindest auf Beibehaltung des nicht bebauungsplankonformen Ausbauzustandes, erschließe sich nicht. Das abweichende Bauprogramm sei mit der Regierung der Oberpfalz abgestimmt. Eine subjektive Rechtsverletzung der Antragsteller sei nicht ersichtlich. Durch die entfernbare bauliche Trennung werde die D …straße sozusagen in zwei Stichstraßen geteilt, sodass keine Durchfahrt auf der gesamten Länge mit Kraftfahrzeugen mehr möglich sei. Die Durchgängigkeit für den Fuß- und Radverkehr bleibe aufrechterhalten. Die Antragsteller könnten auf ihr Wohngrundstück nicht nur zugehen, sondern auch zufahren. Ein Anspruch auf eine optimale Zufahrt bestehe nicht. Es sei von den Antragstellern sehr wohl hinnehmbar, über den Westteil der D…straße auf ihr Grundstück zuzufahren, unter Inanspruchnahme ihrer Grundstückszufahrt zu wenden und vorwärts wieder aus ihrem Grundstück und der D …straße auszufahren. Dass sich dieser Rangiervorgang wertmindernd auf das Grundstück der Antragsteller auswirke, sei aus Sicht der Antragsgegnerin nicht darstellbar. Das Grundstück sei zu Fuß, mit dem Fahrrad und mit einem Kraftfahrzeug erreichbar. Dies gelte auch für Rettungsfahrzeuge. Eine entsprechende Befahrung habe stattgefunden. Die integrierte Rettungsleitstelle erhalte darüber hinaus einen Plan mit den jeweils erreichbaren Hausnummern, sodass keine negativen Folgen hierdurch zu erwarten seien. Für die Mülltonnen bestehe die Möglichkeit diese künftig zur nur ca. 35 m entfernten Wendefläche in der östlichen D …straße zu bringen, da ein ausreichend breiter Durchgang freigehalten werde. Liefer- und Handwerkerfahrzeuge etc. könnten unter Inanspruchnahme der privaten Grundstückszufahrten ebenfalls wenden und parken. Es müsse nicht zu jeder Zeit durchgängig ein optimales und möglichst bequemes Zufahren zum Grundstück gewährleistet sein. Die bestehende Straße erfülle auch ohne durchgängige Durchfahrtsmöglichkeit für die betroffenen Anlieger ihre Funktion. Straßenlaternen seien im Übrigen an der Ecke zur S1. straße und vor dem Anwesen D …straße 4 ½ vorhanden. Das Rückwärtsausfahren sei gewiss nicht einfach, könne aber nicht als äußerst gefährlich oder gar fast unmöglich eingestuft werden. Das Anwesen D …straße 4 ½ stehe nicht im Eigentum der Antragsteller, subjektive Rechtsverletzungen diesbezüglich könnten daher nicht geltend gemacht werden. Auch aus den behaupteten allgemeinen verkehrstechnischen Nachteilen könnten die Antragsteller keine Rechtsverletzung ableiten. Im Übrigen sei es möglich, die vorgesehene Abtrennung vorübergehend zu entfernen. Daher bestehe aus Sicht der Antragsgegnerin auch kein Anordnungsgrund. Die Abtrennung könne ohne größeren Aufwand versetzt oder abgebaut werden. Irreparable Schäden entstünden den Antragstellern durch ein Zuwarten der Hauptsacheentscheidung nicht. Die Zufahrt und der Zugang zum Grundstück seien auch bei Errichtung der baulichen Trennung möglich. Werde die bauliche Trennung hingegen aufgrund der begehrten Sicherungsanordnung nicht errichtet, führe das Zuwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache voraussichtlich dazu, dass die Stadt die Erschließungskosten, die für den östlichen Teil angefallen seien, über Erschließungsbeiträge nicht refinanzieren könnte. Es handele sich um eine sogenannte Altanlage, die Beitragsbescheide müssten also alsbald erlassen werden. Die bauliche Trennung sei notwendig, um eine abrechenbare Einheit zu erreichen.
Zur Vervollständigung des Sachverhalts wird auf die Gerichtssowie auf die vorgelegten Behördenunterlagen Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist erfolgreich.
A.
Er ist zulässig.
1. Der auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtete Antrag ist gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft. Der in § 123 Abs. 5 VwGO statuierte Vorrang vorläufigen Rechtsschutzes nach §§ 80, 80a VwGO, steht der Statthaftigkeit des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mangels Vorliegens eines Verwaltungsaktes, der von den Antragstellern in der Hauptsache mittels einer Anfechtungsklage anzugreifen wäre, nicht entgegen. Die Antragsteller wenden sich gegen die Aufstellung eines Pflanzkübels auf der D …straße, mit dem diese faktisch in einen östlichen und einen westlichen Straßenteil aufgeteilt wird, sodass eine durchgängige Benutzung der D …straße nur noch für Fußgänger und Radfahrer, nicht mehr jedoch mit einem Kraftfahrzeug möglich ist. Die Aufstellung des Pflanzkübels ist als schlichte Realhandlung zu qualifizieren, nicht hingegen als Verwaltungsakt im Sinne einer Allgemeinverfügung nach Art. 35 Satz 2 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG). Der Pflanzkübel entfaltet weder unmittelbar Gebots- noch Verbotswirkungen im Hinblick auf die Benutzung der Straße durch die Allgemeinheit. Er bewirkt lediglich rein tatsächlich insoweit eine „Sperre“ für den Kraftfahrzeugverkehr, als ein durchgängiges Befahren der D…straße mit Kraftfahrzeugen nicht mehr möglich ist.
Auch das Anbringen von zwei „Warnbaken“ auf dem Pflanzkübel führt zu keinem anderen Ergebnis. Nach Aktenlage liegen schon keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich dabei um Verkehrseinrichtungen im Sinne von § 43 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 Straßenverkehrsordnung (StVO) i.V.m. Nr. 1 des ersten Abschnitts der Anlage 4 zur StVO (Zeichen 600 „Absperrschranke“) und damit um Verwaltungsakte handelt. Zwar sind Verkehrseinrichtungen insoweit als Verwaltungsakte in Form einer Allgemeinverfügung zu qualifizieren, als ihnen Gebots- oder Verbotswirkungen zukommen (vgl. BeckOK, Straßenverkehrsrecht, 9. Edition Stand 1.10.2020, § 43 StVO Rn. 3), und eine Verkehrseinrichtung nach Nr. 1 des ersten Abschnitts der Anlage 4 zur StVO verbietet einem Verkehrsteilnehmer, die durch sie gekennzeichnete Straßenfläche zu befahren (vgl. § 43 Abs. 3 Satz 2 StVO). Nach Aktenlage lässt sich jedoch nicht abschließend beurteilen, ob es sich bei den „Warnbaken“ um Verkehrseinrichtungen in diesem Sinne handelt oder ob diese lediglich aus Gründen der Sicherheit des Verkehrs vorgesehen sind, um zu gewährleisten, dass der Pflanzkübel als Hindernis im Straßenverkehr von den Verkehrsteilnehmern auch rechtzeitig wahrgenommen werden kann. Letztlich kann jedoch dahinstehen, ob die „Warnbaken“ Verwaltungsaktqualität besitzen. Denn selbst wenn sie als Verwaltungsakte im Sinne einer Allgemeinverfügung zu qualifizieren wären, wäre der vorliegende Antrag im Eilrechtsschutzverfahren insoweit als Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO, gerichtet auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung auszulegen, und bei dieser Auslegung auch statthaft (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Da die Antragsgegnerin keine förmliche Anordnung für eine Verkehrseinrichtung nach § 43 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 StVO i.V.m. Nr. 1 des ersten Abschnitts der Anlage 4 zur StVO getroffen hat, ist für die Antragsteller ebensowenig wie für das Gericht erkennbar, ob insoweit – zusätzlich zur Aufstellung des Pflanzkübels als Realakt – zwei Verwaltungsakte in Gestalt von Verkehrseinrichtungen vorliegen. Dies kann unter Rechtsschutzgesichtspunkten (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG) jedoch keinen Nachteil für die Antragsteller begründen. Das Begehren der Antragsteller ist eindeutig darauf gerichtet, nicht nur das Aufstellen des Pflanzkübels zu unterbinden, sondern insgesamt eine „Absperrung“ der D …straße, gleich ob durch Realakt oder durch Verwaltungsakt, zu verhindern, sodass insoweit vor dem Hintergrund des Fehlens einer förmlichen Anordnung der vorliegende Eilantrag, falls den „Warnbaken“ Verwaltungsaktqualität zukommen sollte, als Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auszulegen wäre. Der Antrag ist daher insgesamt statthaft.
2. Die Antragsteller sind analog § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt.
Eine Antragsbefugnis setzt eine mögliche Rechtsverletzung der Antragsteller in eigenen Rechten voraus. Eine solche Möglichkeit der Rechtsverletzung in eigenen Rechten ergibt sich vorliegend daraus, dass die Aufstellung des Pflanzkübels faktisch die Benutzung der Straße einschränkt, indem das durchgängige Befahren der D …straße für Kraftfahrzeuge unmöglich gemacht wird. Eine Beschränkung der Benutzung der Straße ist grundsätzlich durch eine verkehrsrechtliche Anordnung nach § 45 Abs. 1 StVO möglich. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein Verkehrsteilnehmer als eine Verletzung seiner Rechte geltend machen kann, die rechtssatzmäßigen Voraussetzungen für eine auch ihn treffende Verkehrsbeschränkung nach § 45 Abs. 1 StVO seien nicht gegeben (vgl. BVerwG, U.v. 27.1.1993 – 11 C 35/92 – juris). Für das Vorliegen einer Rechtsverletzung kann es keinen Unterschied machen, ob die Behörde eine Einschränkung der Benutzung der Straße förmlich nach § 45 Abs. 1 StVO anordnet, oder diese lediglich faktisch durch das Aufstellen eines Hindernisses für den Kraftfahrzeugverkehr in Form eines Pflanzkübels herbeiführt. Ausgehend hiervon ist die Antragsbefugnis der Antragsteller zu bejahen, da diese als Anlieger der D …straße von der streitgegenständlichen Verkehrsbeschränkung betroffen sind und ihnen nach der im Eilrechtsschutzverfahren gebotenen und erforderlichen Prüfung möglicherweise ein Anspruch auf Unterlassen der „Absperrung“ der D …straße durch das Aufstellen eines Pflanzkübels bzw. für den Fall, dass der Pflanzkübel bereits errichtet wurde, ein Anspruch auf dessen Beseitigung zusteht.
3. Den Antragstellern fehlt auch nicht das für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Rechtschutzbedürfnis, da sie sich mit Schreiben vom 7. Dezember 2020 an die Antragsgegnerin gewandt, und ihre Einwände gegen die Errichtung einer „Straßensperre“ in der D …straße vorgetragen haben.
B.
Der Antrag ist auch begründet.
Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Dabei kann das Gericht nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO eine einstweilige Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung nötig erscheint, insbesondere um wesentliche Nachteile abzuwenden oder eine drohende Gefahr zu verhindern. Voraussetzung ist, dass der jeweilige Antragsteller das von ihm behauptete strittige Recht (den Anordnungsanspruch) und die drohende Gefahr der Beeinträchtigung (Anordnungsgrund) glaubhaft macht, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO).
Ausgehend hiervon ist der auf den Erlass einer einstweiligen Sicherungsanordnung (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gerichtete Antrag erfolgreich, da die Antragsteller sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht haben, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO.
1. Ein Anordnungsanspruch der Antragsteller ist glaubhaft gemacht.
Die Antragsteller haben das Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs gegen die Antragsgegnerin, es zu unterlassen, die Benutzung der D …straße für den Kraftfahrzeugverkehr einzuschränken bzw. für den Fall, dass eine „Straßensperre“ bereits errichtet ist, diese zu beseitigen, nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht.
Die D …straße ist nach dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Bestandsverzeichnis als Ort straße (vgl. Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 2 Bayerisches Straßen- und Wegegesetz – BayStrWG) gewidmet und damit eine öffentliche Straße (vgl. Art. 6 Abs. 1 BayStrWG). Mit ihrer Widmung wurde die D …straße uneingeschränkt für die Benutzung durch die Allgemeinheit zu Verkehrszwecken freigegeben. Diese Widmung besteht nach wie vor fort. Das Verfahren zur (Teil-)Einziehung einer Straße, mit dem diese ihre Zweckbestimmung als öffentliche Verkehrsfläche (teilweise) verliert, ist streng formalisiert (vgl. Art. 8 BayStrWG). Es bedarf hierzu eines formgebundenen Verwaltungsaktes (vgl. Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, 30. EL März 2020, Art. 8 Rn. 8). Da ein solcher vorliegend fehlt und eine bestehende Widmung aufgrund der Formalisierung des Verfahrens zur (Teil-) Einziehung einer Straße nicht konkludent durch die Errichtung eines dauerhaften Hindernisses für den Kraftfahrzeugverkehr beseitigt werden kann, besteht die ursprüngliche Widmung der D …straße und damit ihre Freigabe für die Benutzung durch die Allgemeinheit zu Verkehrszwecken unverändert fort.
Wie bereits dargelegt, bewirkt die Errichtung des Pflanzkübels eine faktische Beschränkung der Benutzung der D …straße durch Kraftfahrzeuge. Diese Beschränkung der Nutzbarkeit der D…straße ist mangels gesetzlicher Rechtfertigung nach der im vorläufigen Rechtschutzverfahren gebotenen und erforderlichen summarischen Prüfung voraussichtlich rechtswidrig.
Eine Beschränkung der Benutzung einer öffentlichen Straße bedarf stets einer Rechtsgrundlage.
a. Die Beschränkung der Benutzung der D …straße kann vorliegend voraussichtlich nicht auf § 45 StVO gestützt werden.
Eine Beschränkung der Benutzung einer Straße ist grundsätzlich im Wege einer verkehrsrechtlichen Anordnung nach § 45 Abs. 1 StVO möglich. Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Die Voraussetzungen für eine verkehrsrechtliche Anordnung nach § 45 Abs. 1 StVO liegen jedoch nicht vor. Denn wie bereits der Wortlaut der Vorschrift zeigt, erlaubt § 45 Abs. 1 StVO Beschränkungen der Benutzung von bestimmten Straßen nur aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs, die hier offensichtlich nicht vorliegen. Die Antragsgegnerin will den Pflanzkübel ihrem eigenen Vortrag zufolge nicht aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs aufstellen, sondern aus rein fiskalischen Gründen eine bauliche Abtrennung der D …straße in einen östlichen und einen westlichen Straßenteil erreichen. Sie verfolgt mit dem Aufstellen des Pflanzkübels keinerlei verkehrsrelevante Gründe. Vielmehr besteht der von der Antragsgegnerin verfolgte Zweck allein darin, eine dauerhafte bauliche Abtrennung der Straße herbeizuführen, um für den nach ihren Angaben bebauungsplankonform hergestellten östlichen Teil der Straße eine Abrechnung der Erschließungskosten herbeiführen zu können, und so eine Refinanzierung ihrer Straßenbaukosten zu ermöglichen. Die Motivation der „Straßensperre“ beruht somit ausschließlich auf kommunalabgabenrechtlichen Regelungen, nicht jedoch auf Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs.
Ferner kann die Benutzungsbeschränkung der D …straße auch nicht auf § 45 Abs. 1b Satz 1 Nr. 5 StVO gestützt werden. Danach treffen die Straßenverkehrsbehörden u.a. zwar auch die notwendigen Anordnungen zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung. Wie die Antragsgegnerin selbst erkannt hat, liegen jedoch keine städtebaulichen, sondern allein kommunalabgabenrechtliche Gründe für eine „Aufteilung“ der D …straße vor.
b. Die Festsetzungen im Bebauungsplan, in dessen räumlichen Geltungsbereich die D …straße liegt, rechtfertigen die Beschränkung der Benutzung der Straße voraussichtlich ebensowenig. Zwar können in einen Bebauungsplan aus städtebaulichen Gründen Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung festgesetzt werden (vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB). Unabhängig davon, dass Zweifel bestehen, ob eine Änderung des Bebauungsplanes überhaupt rechtmäßig möglich wäre, da hierzu städtebauliche Gründe für die Änderung vorliegen müssten, und unabhängig von der Frage, ob die Festsetzungen eines Bebauungsplanes überhaupt dazu geeignet sein können, die Benutzung einer öffentlichen Straße einzuschränken, scheitert eine Rechtfertigung auf Grundlage des Bebauungsplanes vorliegend bereits daran, dass dieser keine bauliche Abtrennung der D …straße in einen östlichen und westlichen Straßenteil vorsieht. Vielmehr ist die D …straße im Bebauungsplan zwar als verkehrsberuhigte, aber durchgängige Verkehrsfläche festgesetzt.
c. Schließlich kann die Antragsgegnerin die Beschränkung der Benutzung der Straße durch das Errichten einer baulichen Abtrennung voraussichtlich auch nicht mit dem von ihr verfolgten fiskalischen Interessen begründen. Zwar mag es zutreffen, dass ohne die Errichtung einer baulichen Abtrennung auf der D …straße eine Abrechnung der Erschließungskosten für den östlichen Teil der D …straße aufgrund kommunalabgabenrechtlicher Vorschriften nicht möglich ist und eine Refinanzierung der Straßenbaukosten grundsätzlich im Interesse der Allgemeinheit liegt. Allein fiskalische Interessen einer Behörde können jedoch keine faktische Benutzungsbeschränkung einer öffentlichen Straße rechtfertigen. Die Errichtung eines Pflanzkübels oder einer sonstigen baulichen Anlage, die faktisch eine Beschränkung der Straßenbenutzung im Sinne von § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO darstellt, bedarf vielmehr einer gesetzlichen Grundlage, und kann nicht allein mit dem von der Behörde verfolgten Zweck der Refinanzierung von Straßenbaukosten gerechtfertigt werden.
Da eine Beschränkung der Benutzung der D …straße in Form der Errichtung eines Pflanzenkübels zur baulichen Aufteilung der Straße in einen West- und Ostteil im Ergebnis nach der gebotenen und erforderlichen summarischen Prüfung mangels gesetzlicher Rechtfertigung rechtswidrig ist, wird den Antragstellern als von dieser (faktischen) Verkehrsbeschränkung betroffenen Anliegern voraussichtlich ein Anspruch auf Unterlassen dieser unmittelbar drohenden Beschränkung bzw. für den Fall, dass der Pflanzkübel bereits aufgestellt wurde, auf dessen Beseitigung in Form des allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruchs zustehen.
2. Die Antragsteller haben auch das Vorliegen eines Anordnungsgrundes glaubhaft gemacht.
Die Antragsteller haben auch das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. das Vorliegen einer besonderen Dringlichkeit glaubhaft gemacht. Die besondere Eilbedürftigkeit einer Sicherungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist gegeben, wenn es dem Antragsteller unzumutbar ist, den Abschluss des Hauptsacheverfahrens abzuwarten (vgl. Sodan/Ziekow, Verwaltungsverfahrensgesetz, 5. Auflage 2018, § 123 Rn. 80). Aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalles ist die Schwelle der Unzumutbarkeit jedoch ausnahmsweise zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) nur sehr gering anzusetzen. Denn vorliegend beschränkt die Antragsgegnerin faktisch die Benutzung der Straße ohne die hierfür notwendige verkehrsrechtliche Anordnung nach § 45 Abs. 1 StVO erlassen zu haben. Hätte die Antragsgegnerin hingegen formell rechtmäßig gehandelt und eine förmliche verkehrsrechtliche Anordnung nach § 45 Abs. 1 StVO erlassen, hätten die Antragsteller Rechtsschutz im vorläufigen Rechtsschutzverfahren im Wege des Antrags nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ersuchen müssen. Entscheidend ist, dass ein Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO im Unterschied zu einem Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO gerade keinen Anordnungsgrund im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit voraussetzt. Die Tatsache, dass die Antragsgegnerin auf eine förmliche Verfügung verzichtet hat, darf jedoch nicht dazu führen, dass dem Eilantrag der Antragsteller höhere Hürden gesetzt sind, als wenn die Antragsgegnerin den formell rechtmäßigen Weg einer verkehrsrechtlichen Anordnung nach § 45 Abs. 1 StVO gewählt hätte. Andernfalls hätte es eine Behörde in der Hand, durch eine unter Umständen auch willkürliche Wahl der Rechtsform ihres Handelns die Rechtsschutzmöglichkeiten der Bürger unzulässig zu verkürzen. Somit ist die Schwelle für die Unzumutbarkeit des Abwartens einer Entscheidung in der Hauptsache vorliegend nur sehr gering anzusetzen. Vor diesem Hintergrund sind die mit der Beschränkung der Benutzung der D …straße verbundenen Erschwernisse für die Antragsteller unzumutbar. Das Aufstellen des Pflanzkübels führt dazu, dass die D …straße künftig faktisch eine Stich straße ohne Wendemöglichkeit darstellt und das Anwesen der Antragsteller nur noch über den westlichen Teil der D …straße erreichbar ist. Angesichts der geringen Straßenbreite ist zu befürchten, dass die Zufahrt zum Grundstück der Antragsteller künftig insbesondere dann erschwert sein wird, wenn ein Fahrzeug zu Anlieferungszwecken, wie z.B. bei einer Heizöl- oder Möbellieferung, für längere Zeit in dem westlichen Teil der D …straße parkt und ein Verlassen des Grundstücks über den östlichen Straßenteil aufgrund der „Straßensperre“ nicht mehr möglich ist. Dies führt wiederum dazu, dass auch der Einsatz von Rettungsfahrzeugen in einer solchen Situation, nicht nur unerheblich erschwert werden könnte. Schließlich soll auch das Fahrzeug der Müllabfuhr künftig nicht mehr in den westlichen Straßenteil der D …straße einfahren, sodass die Antragsteller ihre Mülltonnen künftig nicht mehr an ihrer Grundstücksgrenze zur Abholung bereitstellen können, sondern gezwungen sind, diese zur S …straße, oder wie die Antragsgegnerin vorschlägt, zum Wendehammer in den östlichen Teil der D …straße zu ziehen.
Ein Anordnungsgrund für den Erlass einer einstweiligen Sicherungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt somit vor.
Nach alldem war dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. In Anlehnung an Ziffer 46.15 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit wird grundsätzlich von einem Streitwert in Höhe von 5.000,00 Euro ausgegangen. Für das Eilverfahren erachtet das Gericht entsprechend Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit die Hälfte dieses Wertes als angemessen. Somit ergibt sich ein Streitwert in Höhe von 2.500,00 Euro.


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