Baurecht

Bebauungsplanbegründung

Aktenzeichen  M 29 K 17.4166

Datum:
14.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 57889
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 31 Abs. 2
BauNVO § 15 Abs. 1 S. 2, § 23
VwGO § 93 S. 2, § 124, § 124 a Abs. 4, § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3, § 167
RDGEG § 3, §5
GKG § 52 Abs. 1
ZPO § 708 ff.

 

Leitsatz

Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit (auch) auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (vgl. BayVGH v. 24.3.2009 Az. 14 CS 08.3017). (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 29 K 17.4168 2018-11-14 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen der Beigeladenen zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbarne Betrages abwenden, wenn nicht die Beigeladene vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Dem Antrag auf Verbindung des Verfahrens mit den Klageverfahren der beiden Sondereigentümerinnen nach § 93 Satz 1 VwGO kann nicht entsprochen werden, da die vorausgehende Verfahrenstrennung nach § 93 Satz 2 VwGO ordnungsgemäß erfolgte.
Die Trennung von Verfahren steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Der Maßstab für diese Entscheidung besteht darin, eine Ordnung des Prozessstoffes im Interesse einer besseren Übersichtlichkeit zu ermöglichen (vgl. BVerwG v. 29.1.1998 Az: 8 B 2/98 – juris, RdNr. 2). Es müssen also sachliche Gründe der ökonomischen Verfahrensgestaltung für die Trennung sprechen.
In Baunachbarrechtsstreitigkeiten wird eine solche Trennung in der Regel – und so auch hier – als sachgerecht anzusehen sein, wenn sich die potenziellen nachbarlichen Rechtspositionen voneinander unterscheiden. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn Baunachbarklagen sowohl von einer Wohnungseigentümergemeinschaft als auch von einzelnen Sondereigentümern erhoben werden. Hinsichtlich der potenziellen rechtlichen Betroffenheit der Klagen der Nachbarn ist zwischen den Rechten, die einer Wohnungseigentümergemeinschaft zukommen können, und den Rechten, die einem Sondereigentümer zukommen können, zu unterscheiden. Aber auch zwischen verschiedenen klagenden Sondereigentümern besteht eine potenzielle rechtliche Betroffenheit jeweils nur nach Maßgabe der Situierung des konkret betroffenen Sondereigentums im Verhältnis zu dem mit der Klage angefochtenen genehmigten Vorhaben.
Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit (auch) auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH v. 8.7.2013 a.a.O., Rn 3; BayVGH v. 24.3.2009 Az. 14 CS 08.3017 – juris, Rn 20, m.w.N.). Die angefochtene Baugenehmigung vom 3. August 2017 verletzt keine die Klägerin schützenden Rechte im vorgenannten Sinn. Es kommt damit auch nicht darauf an, ob die gegenständliche Baugenehmigung isoliert bezüglich des Baukörpers U – nur darauf kommt es der Klägerin nach ihrem Vorbringen an – aufgehoben werden könnte.
Entscheidungserheblich ist vorliegend die für den Baukörper U in der angefochtenen Baugenehmigung ausgesprochene Befreiung von Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 70b. Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann von den Festsetzungen eines Bebauungsplans befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und
1. Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, die Befreiung erfordern oder
2. die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3. die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Hinsichtlich des Nachbarschutzes im Rahmen des § 31 Abs. 2 BauGB ist grundsätzlich danach zu unterscheiden, ob von drittschützenden Festsetzungen eines Bebauungsplans befreit wird oder von nicht drittschützenden Festsetzungen. Bei einer Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung ist der Nachbar schon dann in seinen Rechten verletzt, wenn die Befreiung rechtswidrig ist, weil eine der Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB nicht erfüllt ist. Bei einer Befreiung von einer Festsetzung, die nicht (auch) den Zweck hat, die Rechte der Nachbarn zu schützen, sondern nur dem Interesse der Allgemeinheit an einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung dient, richtet sich der Nachbarschutz nach den Grundsätzen des im Tatbestandsmerkmal „unter Würdigung nachbarlicher Interessen“ enthaltenen Rücksichtsnahmegebots (§ 31 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO). Nachbarrechte werden in diesem Fall nicht schon dann verletzt, wenn die Befreiung objektiv rechtswidrig ist, sondern nur, wenn der Nachbar durch das Vorhaben infolge der zu Unrecht erteilten Befreiung unzumutbar beeinträchtigt wird (BayVGH v. 23.5.2017 Az. 1 CS 17.693 – juris, Rn 3; BayVGH v. 26.2.2014 Az. 2 ZB 14.101 – juris, Rn 3; jeweils m.w.N.).
Die streitgegenständlichen Befreiungen betreffen keine drittschützenden Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 70b.
Für den Baukörper U wurde eine Befreiung erteilt wegen einer Situierung vollständig außerhalb der festgesetzten Bauräume, es wurde also von einer Festsetzung über die überbaubare Grundstücksfläche (§ 23 BauNVO) befreit. Gleichzeitig wurde von der Festsetzung der privaten Zufahrt befreit. Soweit die Befreiung auch wegen einer Festsetzung von Stellplätzen ausgesprochen wurde, läuft sie indes leer, da der Bebauungsplan im maßgeblichen Bereich eine solche Festsetzung nicht enthält. Soweit innerhalb der im Bebauungsplan blau dargestellten privaten Zufahrt eine weitere Darstellung enthalten ist, handelt es sich nach der Zeichenerklärung zum Bebauungsplan eindeutig nicht um eine Festsetzung von Kfz-Stellplätzen, sondern um einen Hinweis auf ein bestehendes Nebengebäude (das in den genehmigten Plänen als zu beseitigend dargestellt ist).
Dass die Festsetzung der privaten Zufahrt dem Nachbarschutz der Klägerin dienen sollte, ist offensichtlich auszuschließen. Es liegt auch keine drittschützende Bauraumfestsetzung vor.
Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche durch Baulinien und Baugrenzen haben grundsätzlich keine drittschützende Funktion. Solche Festsetzungen vermitteln Drittschutz nur dann, wenn sie ausnahmsweise nach dem Willen der Gemeinde als Planungsträgerin diese Funktion haben sollen (BayVGH v. 29.8.2014 Az. 15 CS 14.615 – juris, Rn 24, m.w.N.). Ob dies der Fall ist, ist durch Auslegung des Schutzzwecks der jeweiligen Festsetzung im konkreten Einzelfall zu ermitteln, wobei sich ein entsprechender Wille aus dem Bebauungsplan selbst, aus seiner Begründung oder auch aus sonstigen Vorgängen im Zusammenhang mit der Planaufstellung ergeben kann. Maßgebend ist, ob die Festsetzung nach dem Willen des Plangebers ausschließlich aus städtebaulichen Gründen getroffen wurde oder (zumindest auch) einem nachbarlichen Interessenausgleich im Sinne eines Austauschverhältnisses dienen sollte (BayVGH v. 29.8.2014 a.a.O., Rn 25, m.w.N.).
Entgegen der Auffassung der Klägerin kann der Begründung zum Bebauungsplan nicht entnommen werden, dass den Bauraumfestsetzungen bzw. vorliegend dem Fehlen eines festgesetzten Bauraums drittschützende Wirkung dahingehend zukommen sollte, dass zugunsten der Nachbarn der streitgegenständliche Bereich von Bebauung freigehalten werden sollte. Hinsichtlich des vorliegenden maßgeblichen Bereichs hält die Begründung fest, dass es sich bei den IVgeschossigen Wohnblöcken beiderseits der A. Straße um älteren, nach einem übergeleiteten Bebauungsplan genehmigten Baubestand handelt. Bauräume sind in diesem Bereich dementsprechend ausschließlich um bestehende Hauptgebäude herum festgesetzt. Der Bebauungsplan stellt insoweit allein auf die Bestandsbebauung ab; zu diesem Bestand gehörte auch ein Nebengebäude im Bereich des nunmehr streitgegenständlichen Baukörpers. Anhaltspunkte dafür, dass damit gleichzeitig ein Schutz des Nachbarn vor einer Bebauung über den Bestand hinaus festgesetzt werden sollte, gibt es indes nicht.
Nach der Bebauungsplanbegründung sollte dem Baubestand städtebaulich dadurch Rechnung getragen werden, indem die bereits vorhandene Bebauung im nördlichen Bereich sinnvoll ergänzt wird. Die Begründung führt insoweit aus: „Durch Festsetzung einer IX-, einer VIII- und einer IVgeschossigen Bauzeile, durch Ausweisung von fünf nordsüdgerichteten Wohnblöcken mit einer Höhenentwicklung von V Geschossen sowie durch Einplanung zweier erdgeschossiger Anbauten gelang eine lockere und übersichtliche Gliederung der Bauräume beiderseits der Stichstraße im Bereich des reinen Wohngebietes.“ Indem hier auf eine lockere und übersichtliche Gliederung der Bauräume abgestellt wird, handelt es sich um rein städtebauliche Erwägungen. Die Begründung bezieht sich im Übrigen nicht auf mehrere Stichstraßen, sondern auf eine einzige Stichstraße, die sich nordwestlich des Grundstücks der Klägerin befindet. Nur in diesem Bereich befindet sich auch eine festgesetzte öffentliche Verkehrsfläche, nicht hingegen zwischen dem Grundstück der Klägerin und dem Baugrundstück. Die Begründung bezieht sich also auf die gesamte Fläche nördlich und südlich dieser Stichstraße, also auf den gesamten neu zu bebauenden Bereich. Auch daraus wird deutlich, dass rein städtebauliche Erwägungen für die Bauraumfestsetzungen maßgeblich waren. Entgegen der Klagebegründung wird auch nicht einseitig auf erdgeschossige Anbauten, sondern auf Baukörper mit verschiedenen Geschossigkeiten abgestellt.
Auch aus § 5 Abs. 2 des Bebauungsplans kann eine drittschützende Regelung zugunsten der Klägerin nicht abgeleitet werden. § 5 des Bebauungsplans enthält Sonderbestimmungen für Garagen und Stellplätze. Südlich des Grundstücks mit der Wohnung der Antragstellerin existiert jedoch – wie ausgeführt – keine Festsetzung über Stellplätze, sondern es ist lediglich auf ein bestehendes Nebengebäude (wenn es sich auch möglicherweise um Garagen gehandelt haben dürfte) hingewiesen.
Auch aus dem Bebauungsplan Nr. … als Teiländerung des Bebauungsplanes Nr. 70b lässt sich keine Intention des Plangebers herleiten, der Bauraumfestsetzung bzw. deren Fehlen im Bereich südlich des Änderungsbebauungsplans eine drittschützende Wirkung zukommen zu lassen. Der Begründung zum Bebauungsplan Nr. … ist zu entnehmen, dass Anlass für diesen Bebauungsplan war, dass für das Gebäude auf FlNr. 9../4 ein weiteres Vollgeschoss errichtet werden sollte, was zu einer Überschreitung der bis dahin gültigen Festsetzungen zur GFZ und zur Zahl der Vollgeschosse geführt hätte. Ziel des Bebauungsplans war es also, für das Grundstück der Klägerin ein höheres Maß der baulichen Nutzung zu ermöglichen. Dieser Bebauungsplanbegründung kann aber an keinem Punkt eine beabsichtigte Wechselwirkung mit den südlich gelegenen Bauraumfestsetzungen entnommen werden.
Dies kann auch aus der zeichnerischen Darstellung vorgeschlagener Flächen für Bewohnergärten entlang der Südseite des klägerischen Anwesens nicht gefolgert werden, zumal es sich nach der Legende zum Bebauungsplan nicht einmal um eine Festsetzung, sondern lediglich um einen Hinweis handelt.
Nach alledem wurde vorliegend nicht von einer nachbarschützenden Festsetzung befreit. Der Nachbarschutz richtet sich damit nach den Grundsätzen des Rücksichtnahmegebots, § 31 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO.
Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmepflichtigen nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Bei der Interessengewichtung spielt eine maßgebende Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich – umgekehrt – um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen ein Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position innehat (BVerwG v. 6.12.1996 Az. 4 B 215/96 – juris, Rn 9, m.w.N.).
Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot kann in Betracht kommen, wenn durch die Verwirklichung des genehmigten Vorhabens das Wohngebäude des Nachbarn „eingemauert“ oder „erdrückt“ wird. Ob dies der Fall ist, hängt wesentlich von der konkreten Situation im Einzelfall ab. Eine erdrückende Wirkung auf das Nachbargrundstück kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen übergroßen Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (BayVGH v. 23.11.2011 Az. 14 ZB 10.493 – juris, Rn 8, m.w.N.). Für die Annahme einer erdrückenden Wirkung eines Nachbargebäudes ist aber dann kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als das betroffene Gebäude, wobei dies insbesondere dann gilt, wenn beide Gebäude im dicht bebauten städtischen Bereich liegen (BayVGH v. 11.5.2010 Az. 2 CS 10.454 – juris, Rn 5).
Eine erdrückende Wirkung des streitgegenständlichen Baukörpers U auf das Anwesen der Klägerin kann nach diesen Grundsätzen nicht festgestellt werden.
Zwar sind für das streitgegenständliche Gebäude fünf Vollgeschosse vorgesehen, wohingegen das Gebäude der Klägerin nur über vier Vollgeschosse verfügt. Der Abstand zwischen den Gebäudeaußenwänden beträgt aber an der engsten Stelle (abgegriffen) ca. 23 m. Darüber hinaus ist das 4. Obergeschoss des streitgegenständlichen Gebäudes um ca. 2,40 m (abgegriffen) nach Süden zurückgesetzt. Das streitgegenständliche Gebäude ist damit nicht wesentlich höher als das Gebäude der Klägerin und befindet sich auch nicht in geringem Abstand dazu. Die Annahme einer einmauernden bzw. erdrückenden Wirkung scheidet daher aus.
Auch im Hinblick auf die Belichtung erweist sich das streitgegenständliche Vorhaben der Klägerin gegenüber nicht als rücksichtslos.
Belichtung und Belüftung sind in ausreichendem Maß gesichert, wenn ein Lichteinfallswinkel von 45 Grad auch an den engsten Stellen an der Fassade des Nachbarn gewahrt ist; in diesen Fällen scheidet eine unzumutbare Beeinträchtigung des Nachbarn aus (BayVGH v. 9.6.2011 Az. 2 ZB 10.2289 – juris, Rn 5).
Der Abstand zwischen dem streitgegenständlichen Baukörper und dem Gebäude der Klägerin beträgt an der engsten Stelle (abgegriffen) ca. 23 m. Der streitgegenständliche Baukörper erreicht diese Höhe nicht; ein Lichteinfallswinkel von 45 Grad an der Südfassade im Bereich der Wohnung der Klägerin ist damit sogar deutlich überschritten. Im Münchner Stadtbereich kann auch nicht erwartet werden, dass eine Wohnung ganzjährig, auch in den Wintermonaten, besonnt wird (vgl. BayVGH vom 3.5.2018 Az: M 2 CS 18.438, RdNr. 13, im vorausgegangenen Eilverfahren).
Auch soweit die Klägerin vorbringt, durch das streitgegenständliche Vorhaben werde ihre Sichtachse nach Süden zusätzlich und unerträglich eingeschränkt, kann daraus nicht auf eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme geschlossen werden.
Die Aufrechterhaltung einer ungeschmälerten Aussicht stellt lediglich eine Chance dar, die nicht dem Schutz durch das Gebot der Rücksichtnahme unterliegt. Anderes kann nur in Ausnahmefällen gelten, wenn das Grundstück durch eine besondere Aussichtslage in einer Weise geprägt ist, dass es hierdurch als „situationsberechtigt“ anzusehen ist (BayVGH v. 14.6.2013 Az. 15 ZB 13.612 – juris, Rn 11, m.w.N.). Im innerstädtischen Bereich wird eine solche besondere Aussichtslage regelmäßig – so auch hier – auszuschließen sein.
Ob – wie die Klägerin meint – ein Bauvorhaben, das auf einer nicht überbaubaren Fläche eines Blockinnenbereichs errichtet werden soll, gegenüber der Blockrandbebauung rücksichtlos sein kann (vgl. dazu OVG Hamburg v. 27.3.2017 Az: 2 Bs 51/17 – juris, Rn. 16 f.), kann offen bleiben, da vorliegend keine Situation mit einem Blockinnenbereich und einer Blockrandbebauung gegeben ist. Die von der Klägerin hier in Bezug genommenen Baukörper weisen erhebliche Abstände zueinander auf und sind somit nicht geeignet, einen Blockinnenbereich zu definieren.
Nach alledem liegt ein Verstoß der angefochtenen Baugenehmigung gegen Vorschriften, die (auch) dem Schutz der Klägerin dienen, nicht vor.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Beigeladene hat sich durch Stellung eines Sachantrags gemäß § 154 Abs. 3 VwGO in ein Kostenrisiko begeben, so dass es der Billigkeit im Sinn von § 162 Abs. 3 VwGO entspricht, auch ihre außergerichtlichen Kosten der Klägerin aufzuerlegen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V. m. §§ 708 ff. ZPO. – 17 – M 29 K 17.4166.


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