Baurecht

Befreiung von der im Bebauungsplan festgesetzten Wandhöhe

Aktenzeichen  M 11 SN 17.448

Datum:
20.4.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB BauGB § 31 Abs. 2
BauNVO BauNVO § 15 Abs. 1 S. 2, § 23

 

Leitsatz

Festsetzungen zur maximal zulässigen Wandhöhe kommt grundsätzlich keine nachbarschützende Wirkung zu. (Rn. 26 – 28) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf EUR 3.750,- festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragsteller begehren die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen eine der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung.
Die Antragsteller sind Eigentümer des Grundstücks Fl. Nr. … der Gemarkung … Südlich hieran grenzt das Grundstück Fl. Nr. … an. Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „* … für das Gebiet … Südost“, der u.a. für beide genannten Grundstücke bestimmte Baugrenzen sowie eine maximal zulässige Wandhöhe von 6,30 m festsetzt. Des Weiteren sieht der Bebauungsplan vor, dass die Baugenehmigungsbehörde Überschreitungen der Baugrenzen bis zu 1,5 m als Ausnahmen zulassen kann, soweit hierdurch die Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO nicht unterschritten und Abstände von mindestens 5m zur Straßenbegrenzungslinie eingehalten werden. Zudem liegt das Baugrundstück in dem mit Bekanntmachung des Landratsamts … (im Folgenden: Landratsamt) vom 17. Dezember 2015 vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebiet des …-, …- und …baches.
Unter dem 22. Juni 2016 beantragte die Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Einfamilienhauses samt einer Garage auf dem Grundstück Fl. Nr. … Dieses Einfamilienhaus soll auf „Parzelle 1“ stehen, die im Norden unmittelbar an das Grundstück der Antragsteller angrenzt.
Ebenfalls unter dem 22. Juni 2016 wurden u.a. ein Antrag auf Erteilung einer Ausnahme von der Baugrenze durch Überschreitung von untergeordneten Bauteilen bis 1,5 m hinsichtlich des Balkons an der Westseite sowie Anträge auf Erteilung isolierter Befreiungen von den Festsetzungen bezüglich der Baugrenze hinsichtlich einer aufgeständerten Terrasse auf der Westseite und bezüglich der Einhaltung der maximal zulässigen Wandhöhe gestellt.
Zudem wurde ein Antrag für die erforderlichen wasserrechtlichen Gestattungen gestellt.
Mit Beschluss des Ferienausschusses vom 23. August 2016 wurde das gemeindliche Einvernehmen erteilt.
Die fachkundige Stelle für Wasserwirtschaft im Landratsamt hat mit Stellungnahme vom 10. November 2016 der Erteilung einer wasserrechtlichen Genehmigung unter Auflagen zugestimmt.
Mit Bescheid vom 19. Dezember 2016 wurde der Beigeladenen die wasserrechtliche Genehmigung für deren Bauvorhaben unter Auflagen erteilt. In der Begründung des Bescheids wird ausgeführt, dass nachteilige Veränderungen des Wasserstandes und der Abflussverhältnisse bei plangemäßer Ausführung der Ausgleichsmaßnahmen nicht zu erwarten seien. Auf den Bescheid und seine Begründung wird Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 19. Dezember 2016 erteilte der Antragsgegner der Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung unter verschiedenen Auflagen und unter Erteilung der beantragten Ausnahme und der beantragten isolierten Befreiungen. Zur Begründung der Erteilung der Ausnahme bzw. der Befreiungen wurde ausgeführt, dass den nachbarlichen Interessen durch die Einhaltung der Abstandsflächen ausreichend Rechnung getragen werde. Auf den Bescheid und seine Begründung wird Bezug genommen.
Der Bescheid wurde den Antragstellern nach deren Angaben am 2. Januar 2017 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 2. Februar 2017, eingegangen bei Gericht am selben Tag, ließen die Antragsteller Klage gegen den Bescheid vom 19. Dezember 2016 erheben und mit weiterem Schriftsatz vom gleichen Tag, ebenso am 2. Februar 2017 eingegangen, sinngemäß beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragsteller gegen den Bescheid des Landratsamts … vom 19. Dezember 2016, Az.: …  anzuordnen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass bei der Erteilung der Befreiungen hinsichtlich der maximal zulässigen Wandhöhe und hinsichtlich der Überschreitung der Baugrenze durch die aufgeständerte Terrasse auf der Westseite sowie bei der Erteilung der Ausnahme hinsichtlich der Überschreitung der Baugrenze durch den Balkon auf der Westseite die nachbarlichen Interessen nicht gebührend berücksichtigt worden seien. Das Grundstück der Antragsteller sei ohnehin bereits durch zwei auf dem Baugrundstück, nahe der gemeinsamen Grundstücksgrenze befindlichen, hochgewachsenen Bäume belastet, da hierdurch der Lichteinfall erheblich behindert werde. Dieser Effekt werde sich durch das geplante Vorhaben noch verstärken, da es genau mittig zwischen den beiden Bäumen gelegen sei. Den Antragstellern sei bewusst, dass der Bau des geplanten Hauses an sich nicht verhindert werden könne. Jedoch würden ihre Interessen gerade durch die erteilten Befreiungen noch darüber hinaus in nicht mehr zumutbarer Weise beeinträchtigt. Durch das derzeit genehmigte Ausmaß des geplanten Vorhabens vermindere sich die Licht- und Sonneneinstrahlung auf dem Grundstück der Antragsteller massiv. Es sei davon auszugehen, dass sie gerade im Herbst und im Winter auf künstliche Lichtquellen angewiesen seien. Die Überschreitung der vorgeschriebenen Baugrenze durch den westlichen Balkon führe zu einer zusätzlichen Verschattung. Diese gravierenden Nachteile seien den Antragstellern gegenüber einer plankonformen Nutzung nicht zumutbar, zumal schutzwürdige Interessen der Bauherrin für Befreiungen oder Ausnahmen nicht ersichtlich seien. Die Erteilung der Baugenehmigung verstoße somit gegen das Rücksichtnahmegebot.
Mit Schriftsatz vom 24. Februar 2017 nahm der Antragsgegner zur Klage und zum Eilverfahren Stellung und beantragte,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die gewährte Baugrenzenbefreiung von 20,60 Quadratmetern für die aufgeständerte Terrasse habe gewährt werden können, da durch den Raum unter der Terrasse eine Retentionsfläche geschaffen worden sei, die aufgrund der Lage des Baugrundstücks im festgesetzten Überschwemmungsgebiet erforderlich gewesen sei. Zudem sei die gewährte Befreiung von der Baugrenze nicht nachbarschützend und diene rein städtebaulichen Anforderungen. Die Abstandsflächen würden durch das Einfamilienhaus auf dem eigenen Grundstück eingehalten. Zum Grundstück der Antragsteller halte das Vorhaben sogar eine tiefere als die nach Art. 6 Abs. 6 Satz 1 BayBO erforderliche Abstandsfläche ein. Auch die Festsetzung der Wandhöhe sei nicht nachbarschützend, da sie nur städtebaulichen Zielen diene. Zudem betrage die Überschreitung der zulässigen Wandhöhe auch nur 10 cm. Im Übrigen würden die Belange des Nachbarschutzes nicht verletzt, da die Abstandsflächen eingehalten seien. Durch die gewährte Ausnahme der Überschreitung der Baugrenze durch den Balkon auf der Westseite von insgesamt 3,75 Quadratmetern sei das Grundstück der Antragsteller nicht betroffen, da für die Überschreitung der Baugrenze eine Ausnahme zugelassen werden könne und die Abstandsflächen auch eingehalten seien. Die gewährten Befreiungen und die Ausnahme seien insgesamt unter Würdigung der nachbarlichen Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Die Antragsteller hätten kein Recht, dass ihrem Grundstück Licht, Luft und Sonneneinstrahlung entzogen werde, wenn – wie hier – zumindest die Abstandsflächen eingehalten seien.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich auch im Übrigen nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten, auch diejenigen des zugehörigen Klageverfahren (M 11 K 17.449) sowie die Bauvorlagen und den Bebauungsplan Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Gemäß § 212a Abs. 1 BauGB hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Jedoch kann das Gericht der Hauptsache gemäß § 80a Abs. 3 Satz 1, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag die Aussetzung der Vollziehung anordnen. Hierbei kommt es auf eine Abwägung der Interessen des Bauherrn an der sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung mit den Interessen des Dritten, keine vollendeten, nur schwer wieder rückgängig zu machenden Tatsachen entstehen zu lassen, an.
Im Regelfall ist es unbillig, einem Bauwilligen die Nutzung seines Eigentums durch Gebrauch der ihm erteilten Baugenehmigung zu verwehren, wenn eine dem summarischen Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entsprechende vorläufige Prüfung des Rechtsbehelfs ergibt, dass dieser letztlich erfolglos bleiben wird. Ist demgegenüber der Rechtsbehelf offensichtlich begründet, so überwiegt das Interesse des Antragstellers. Sind die Erfolgsaussichten offen, so kommt es darauf an, ob das Interesse eines Beteiligten es verlangt, dass die Betroffenen sich so behandeln lassen müssen, als ob der Verwaltungsakt bereits unanfechtbar sei. Bei der Abwägung ist den Belangen der Betroffenen umso mehr Gewicht beizumessen, je stärker und je irreparabler der Eingriff in ihre Rechte wäre (BVerfG, B.v. 18.07.1973 – 1 BvR 155/73 -, 1 BvR 23/73 -, BVerfGE 35, 382; zur Bewertung der Interessenlage vgl. auch BayVGH, B.v. 14.01.1991 – 14 CS 90.3166 -, BayVBl 1991, 275).
Die im Eilverfahren auch ohne Durchführung eines Augenscheins mögliche Überprüfung der Angelegenheit anhand der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Behördenakten samt Plänen ergibt, dass die Klage der Antragsteller aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben wird.
Zu berücksichtigen ist im vorliegenden Fall, dass Nachbarn – wie sich aus § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO ergibt – eine Baugenehmigung nur dann mit Erfolg anfechten können, wenn sie hierdurch in einem ihnen zustehenden subjektiv öffentlichen Recht verletzt werden. Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht – auch nicht teilweise – dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke dienen. Eine baurechtliche Nachbarklage kann allerdings auch dann Erfolg haben, wenn ein Vorhaben es an der gebotenen Rücksichtnahme auf seine Umgebung fehlen lässt und dieses Gebot im Einzelfall Nachbarschutz vermittelt (BVerwG, U.v. 25.02.1977 – 4 C 22.75 -, BVerwGE 52, 122).
Vorliegend verletzt die angefochtene Baugenehmigung die Antragsteller voraussichtlich nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Durch die Befreiung bzw. die Ausnahme von den Festsetzungen hinsichtlich der Einhaltung der Wandhöhe und der Baugrenzen werden die Antragsteller nicht in ihren Rechten verletzt.
Bei Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans (§ 31 Abs. 2 BauGB) hängt der Umfang des Rechtsschutzes des Nachbarn davon ab, ob die Festsetzungen, von deren Einhaltung dispensiert wird, dem Nachbarschutz dienen oder nicht. Bei einer Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung ist der Nachbar schon dann in seinen Rechten verletzt, wenn die Befreiung rechtswidrig ist, weil eine der Voraussetzungen § 31 Abs. 2 BauGB nicht erfüllt ist. Bei einer Befreiung von einer Festsetzung, die nicht (auch) den Zweck hat, die Rechte der Nachbarn zu schützen, sondern nur dem Interesse der Allgemeinheit an einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung dient, richtet sich der Nachbarschutz hingegen nach den Grundsätzen des Rücksichtnahmegebots (§ 31 Absatz 2 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO). Nachbarrechte werden in diesem Fall nicht schon dann verletzt, wenn die Befreiung rechtswidrig ist, sondern nur, wenn der Nachbar durch das Vorhaben infolge der zu Unrecht erteilten Befreiung unzumutbar beeinträchtigt wird (vgl. BayVGH, U. v. 29.08.2014 – 15 CS 14.615 – juris Rn. 22). Dasselbe gilt im Grundsatz für Ausnahmen nach § 31 Abs. 1 BauGB.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe verletzt die Befreiung mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Rechte der Antragsteller.
Eine nachbarschützende Wirkung von Festsetzungen des Bebauungsplans ist regelmäßig nur bei Festsetzungen über die Art der baulichen Nutzung anzunehmen (vgl. BVerwG, B.v. 27.8.2013 – 4 B 39/13 – ZfBR 2013, 783 = juris Rn. 3). Denn nur durch diese Festsetzungen wird ein auf jeweils wechselseitigen Berechtigungen und Verpflichtungen beruhendes Gegenseitigkeits- oder Austauschverhältnis zwischen den Eigentümerinnen und Eigentümern der Grundstücke im Plangebiet begründet. Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche durch Baulinien oder Baugrenzen (§ 23 BauNVO) haben dagegen ebenso wie Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung grundsätzlich keine entsprechende Funktion. Solche Festsetzungen vermitteln Drittschutz nur dann, wenn sie ausnahmsweise nach dem Willen der Gemeinde als Planungsträgerin diese Funktion haben sollen (vgl. BVerwG, B.v. 19.10.1995 – 4 B 215/95 – NVwZ 1996, 888 = juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 29.7.2014 – 9 CS 14.1171 – juris Rn. 15; OVG NRW, B.v. 27.1.2014 – 2 A 1674/13 – BauR 2014, 969 = juris Rn. 11 ff.; OVG Saarl, B.v. 10.6.2013 – 2 B 29/13 – juris Rn. 38).
Ob dies der Fall ist, ist durch Auslegung des Schutzzwecks der jeweiligen Fest-setzung im konkreten Einzelfall zu ermitteln (vgl. BVerwG B.v. 19.10.1995 – 4 B 215/95 – NVwZ 1996, 888 = juris Rn. 3), wobei sich ein entsprechender Wille aus dem Bebauungsplan selbst, aus seiner Begründung oder auch aus sonstigen Vorgängen im Zusammenhang mit der Planaufstellung ergeben kann (vgl. BayVGH, B.v. 29.7.2014 – 9 CS 14.1171 – juris Rn. 15; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielen-berg/Krautzberger, a.a.O., § 16 BauNVO Rn. 51; Blechschmidt in Ernst/Zinkahn/Bie-lenberg/Krautzberger, a.a.O., § 23 BauNVO Rn. 55 ff.). Maßgebend ist, ob die Festsetzung nach dem Willen des Plangebers ausschließlich aus städtebaulichen Gründen getroffen wurde oder (zumindest auch) einem nachbarlichen Interessenausgleich im Sinne eines Austauschverhältnisses dienen soll (vgl. BayVGH, B.v. 19.11.2004 – 15 ZB 04.288 – juris Rn. 8; VGH BW, B.v. 2.6.2003 – 8 S 1098/03 – VBlBW 2003, 470 = juris Rn. 2). Bei der Festsetzung der überbaubaren Grundstücksfläche durch Baugrenzen und Baulinien (vgl. § 23 BauNVO) kann Letzteres etwa angenommen werden, wenn der Plangeber hierdurch faktisch einzuhaltende Grenzabstände festsetzt und damit explizit denselben nachbarschützenden Zweck verfolgt wie die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenregelungen des Art. 6 BayBO (vgl. OVG NW, B.v. 27.1.2014 – 2 A 1674/13 – BauR 2014, 969 = juris Rn. 16).
Nach diesem Maßstab dürften weder die festgesetzten Baugrenzen noch die Festsetzungen zur maximal zulässigen Wandhöhe (mithin eine Festsetzung hinsichtlich des Maßes der Nutzung) Nachbarschutz vermitteln. Ein entsprechender Planungswille lässt sich weder dem Bebauungsplan noch sonstigen Umständen entnehmen. Somit verbleibt es bei dem dargestellten Grundsatz, dass Festsetzungen hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung und der überbaubaren Grundstücksfläche keine nachbarschützende Wirkung entfalten.
Aufgrund der gewährten Ausnahme und der gewährten Befreiungen stellt sich das Vorhaben auch nicht als rücksichtslos dar. Insbesondere die Überschreitung der maximal zulässigen Wandhöhe beläuft sich, wie sich auch aus den Bauvorlagen ergibt, auf ca. 10 cm. Aus den Bauvorlagen ergibt sich, dass die Abstandsflächen zum Grundstück der Antragsteller hin, unter Inanspruchnahme des 16m-Privilegs, eingehalten sind. Selbst bei Bemessung der Wandhöhe von der Oberkante des Bestandsgeländes, vom Bereich, der innerhalb der neu zu schaffenden Retentionsfläche unter der aufgeständerten Terrasse auf der Westseite liegt, dürften die Abstandsflächen eingehalten sein, da sie in diesem Fall nur etwa 7,5 cm tiefer wären, als in den Bauvorlagen eingezeichnet. Die Berechnung wäre in diesem Fall (6,5 + 3,65/3) x 0,5 = H/2 anstatt (6,35 + 3,65/3) x 0,5 = H/2. Auch diese tieferen Abstandsflächen lägen augenscheinlich der Bauvorlagen noch auf dem Baugrundstück. Welcher genaue Wert für die Berechnung der Wandhöhe und mithin mittelbar der Abstandsflächen heranzuziehen ist, kann daher vorliegend letztlich offenbleiben.
Dass ausweislich der vorgelegten Baupläne die Vorschriften des Abstandsflächenrechts, die eine ausreichende Belichtung, Besonnung und Belüftung von Nachbargrundstücken sowie einen ausreichenden Sozialabstand sicherstellen sollen, eingehalten sind, ist in der Folge in die weitere Bewertung einzustellen. Zwar bedeutet die Einhaltung der Abstandsflächen nicht, dass damit von einem solchen Bauvorhaben in keinem Fall eine „erdrückende“ Wirkung ausgehen kann. Jedoch spricht die Einhaltung der landesrechtlich verlangten Abstandsfläche regelmäßig indiziell dafür, dass eine „erdrückende Wirkung“ oder „unzumutbare Verschattung“ nicht eintritt (BVerwG, B.v. 11.01.1999 – 4 B 128.98, NVwZ 1999, 879; BayVGH, B.v. 15.03.2011 – 15 CS 11.9). Besondere Gesichtspunkte, die Anlass zu einer anderen Bewertung geben könnten, liegen voraussichtlich nicht vor. Das geplante Wohnhaus ist weder besonders hoch (Wandhöhe ca. 5,95 m) noch – zu den Antragstellern hin – besonders breit (10,5 m; 12,0 m unter Berücksichtigung des westlichen Balkons). Es steht etwa 4 Meter von der Grundstücksgrenze entfernt. Rücksichtslos ist auch nicht die Situierung zwischen den zwei hochgewachsenen Bäumen. Eine anderweitige Situierung ist auf der entsprechenden „Parzelle 1“ aus Platzgründen kaum machbar, in jedem Fall was die mittige Situierung zwischen den Bäumen angeht. Auch ein Abrücken nach hinten ist kaum möglich. Das Rücksichtnahmegebot verpflichtet den Bauherrn aber ohnehin nicht, die für den Nachbarn günstigste Gestaltungsalternative zu wählen. Was die von den Antragstellern vorgebrachten Bedenken hinsichtlich Belichtung und Belüftung betrifft, ist die gewählte Alternative, unter Berücksichtigung der Indizwirkung der Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften und unter Berücksichitung der minimalen Überschreitung der zulässigen Höhe, nicht unzumutbar. Etwas anderes ergibt sich im Hinblick auf Belichtung und Belüftung auch nicht aufgrund der aufgeständerten Terrasse, da diese ohnehin ebenerdig ist und ebenso wenig aufgrund des westlichen Balkons, da dieser wohl ohnehin nach dem Baumbestandsplan vom Grundstück der Antragsteller aus gesehen hinter dem als zu erhaltenden Spitzahorn auf der Westseite liegt. Eine wesentliche Verschlechterung ist hierdurch nicht erkennbar.
2. Auch sind keine nachbarschützenden Belange des Wasserrechts verletzt. Es kann letztlich offenbleiben, ob § 78 WHG Nachbarschutz vermitteln kann, da zum einen nach den Ausführungen im wasserrechtlichen Bescheid und der Stellungnahme der fachkundigen Stelle für Wasserrecht, nachteilige Veränderungen des Hochwasserabflusses bei plankonformer Ausführung nicht zu erwarten sind und zum anderen die Antragsteller, obwohl sie zunächst Einwände während des Genehmigungsverfahrens erhoben hatten, diesbezüglich im Klage- bzw. Antragsverfahren nichts mehr vorgetragen haben.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. dem Streitwertkatalog und beträgt die Hälfte des im Klageverfahrens anzusetzenden Streitwerts.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben