Baurecht

Berechnung des Ausgleichsbetrags für Werterhöhung eines Grundstücks durch städtebauliche Sanierungsmaßnahme

Aktenzeichen  RO 7 K 16.1891

Datum:
6.12.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 45417
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 154 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1
ImmoWertV § 15, § 16

 

Leitsatz

1 Bei der Berechnung des Ausgleichsbetrags besteht zwar der grundsätzliche Vorrang der in der Immobilienwertermittlungsverordnung vorgesehenen Wertermittlungsverfahren. Kann jedoch eine in der Immobilienwertermittlungsverordnung vorgesehene Methode nicht angewandt werden, so darf nach anderen geeigneten Methoden gesucht werden (vgl. zum Ganzen BVerwG, BeckRS 2015, 41450; BeckRS 9998, 29847). (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2 Das Komponentenmethode-Verfahren (auch als „Modell N.“ bezeichnet) ist dem Grunde nach in der Rechtsprechung und Literatur als mögliche Methode der Differenzwertermittlung anerkannt. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
3 Wenn nicht ersichtlich ist, inwieweit die rechtliche Bebauungsmöglichkeit eines Grundstücks durch die Bebauungsmöglichkeiten, die ein Bebauungsplan eines benachbarten Gebiets ermöglicht, verbessert wird, dann ist eine Gemeinde nicht berechtigt, für das Grundstück eine sanierungsbedingte Werterhöhung von 2% hinsichtlich des Faktors „Änderungen der rechtlichen Gegebenheiten“ anzusetzen. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 9. November 2016, Az. SSB-2016-46, wird aufgehoben, soweit ein Betrag von mehr als 574,80 € festgesetzt ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage hat teilweise Erfolg. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 9. November 2016 erweist sich als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit ein Ausgleichsbetrag von mehr als 574,80 € festgesetzt wird. Im Übrigen ist der Bescheid rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Ausgleichsbetragsbescheids bestehen keine Bedenken. Der Einwand der Klägerin, vor der Grundstücksbewertung durch den Gutachterausschuss hätte die Anhörung der Betroffenen erfolgen müssen, damit deren Belange im Gutachten noch berücksichtigt werden können, greift nicht durch. § 154 Abs. 4 Satz 2 BauGB setzt lediglich voraus, dass dem Grundstückseigentümer vor der Festsetzung des Ausgleichsbetrags Gelegenheit zur Stellungnahme und Erörterung geben wird; eine Anhörung vor Erstellung des Wertermittlungsgutachtens ist gerade nicht vorgesehen. Eine Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs kann darin nicht gesehen werden. Denn dem Betroffenen bleibt, wenn auch in einem späteren Stadium, die Möglichkeit, sich vor Erlass einer belastenden Maßnahme zu äußern. Hiervon hat die Klägerin keinen Gebrauch gemacht, weshalb ihre Belange vor Bescheidserlass und ggf. unter Einschaltung des Gutachterausschusses auch nicht haben gewürdigt werden können.
Sonstige Umstände, die die formelle Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheids in Zweifel ziehen, sind weder vorgebracht noch ersichtlich.
Der angefochtene Bescheid ist jedoch aus materiell-rechtlichen Gründen teilweise zu beanstanden.
Die Rechtsgrundlage für die Erhebung des Ausgleichsbetrages findet sich in § 154 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Danach hat der Eigentümer eines im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet gelegenen Grundstücks zur Finanzierung der Sanierung an die Gemeinde einen Ausgleichsbetrag in Geld zu entrichten, der der durch die Sanierung bedingten Erhöhung des Bodenwerts seines Grundstücks entspricht. Der Ausgleichsbetrag ist nach Abschluss der Sanierung (§§ 162 und 163 BauGB) zu entrichten (§ 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB).
Hiervon ausgehend trifft die Klägerin dem Grunde nach eine Ausgleichsbetragspflicht. Das in ihrem Eigentum stehende streitgegenständliche Grundstück FlNr. 2024/57 der Gemarkung … lag unzweifelhaft innerhalb des Geltungsbereichs der Sanierungssatzung zum Sanierungsgebiet „B.“. Die Wirksamkeit der Sanierungssatzung wurde von der Klägerin nicht in Frage gestellt. Mängel sind auch nicht evident erkennbar. Eine „ungefragte Fehlersuche“ des Gerichts ohne entsprechende Anhaltspunkte oder Rügen der Klägerseite gebietet der in § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO zum Ausdruck kommende Amtsermittlungsgrundsatz nicht (vgl. BVerwG, U.v. 22.2.2018 – 9 B 26/17 -; U.v. 17.4.2002 – 9 CN 1.01 – jeweils juris). Mit der Aufhebung der Sanierungssatzung „Bergsteig“ zum 1. Februar 2012 entstand auch die Ausgleichsbetragspflicht für die Klägerin (vgl. § 154 Abs. 3 Satz 1, § 162 BauGB).
Nach § 154 Abs. 2 BauGB besteht die durch die Sanierung bedingte Erhöhung des Bodenwerts des Grundstücks aus dem Unterschied zwischen dem Bodenwert, der sich für das Grundstück ergeben würde, wenn eine Sanierung weder beabsichtigt noch durchgeführt worden wäre (Anfangswert), und dem Bodenwert, der sich für das Grundstück durch die rechtliche und tatsächliche Neuordnung des förmlich festgelegten Sanierungsgebiets ergibt (Endwert).
Mit welcher Methode diese Differenz und insbesondere die für sie maßgeblichen Anfangs- und Endwerte zu ermitteln sind, wird vom Gesetzgeber nicht vorgegeben. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der Oberverwaltungsgerichte hat die Gemeinde sowohl bei der Wahl des anzuwendenden Wertermittlungsverfahrens als auch bei dessen Umsetzung einen Wertermittlungsspielraum, der nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle unterliegt. Die Einräumung eines Wertermittlungsspielraums beruht zum einen darauf, dass der Gesetzgeber keine ausdrückliche Regelung zur Methode der Wertermittlung getroffen hat, sich aus den Vorgaben der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) nur allgemeine Grundsätze ergeben und der Gesetzgeber zur Wertermittlung unabhängige Gutachterausschüsse eingerichtet hat. Zum anderen folgt der Wertermittlungsspielraum daraus, dass die eigentliche Bewertung nur im Wege einer Schätzung möglich ist, die Erfahrung sowie Expertise von Fachleuten erfordert, über die ein insoweit nicht sachkundiges Gericht weniger verfügt als etwa Mitglieder von Gutachterausschüssen. Das vom Gutachterausschuss gefundene Ergebnis kann daher nur darauf überprüft werden, ob die gesetzlichen Vorgaben und allgemeinen Grundsätze der Wertermittlung beachtet worden sind, ob die Bewertung auf zutreffenden Tatsachen beruht und plausibel bzw. vertretbar ist (vgl. zum Ganzen u.a. BVerwG, U.v. 27.11.2014 – 4 C 31.13 -; U.v. 27.11.2014 – 4 C 31/13 -; OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 25.1.2018 – 2 B 18.16 -; OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 16.2.2017 – 6 A 10137/14 -; OVG Hamburg, U.v. 21.6.2016 – 3 Bf 54/15 -; SächsOVG, U.v. 17.6.2004 – 1 B 854/02 – alle juris). Den Wertermittlungsspielraum beschränkende allgemein anerkannte Grundsätze der Wertermittlung finden sich in der Immobilienwertermittlungsverordnung. Hieraus folgt zwar der grundsätzliche Vorrang der in der Immobilienwertermittlungsverordnung vorgesehenen Wertermittlungsverfahren. Kann jedoch eine in der Immobilienwertermittlungsverordnung vorgesehene Methode nicht angewandt werden, so darf nach anderen geeigneten Methoden gesucht werden (vgl. zum Ganzen BVerwG, U.v. 27.11.2014 – 4 C 31.13 -; U.v. 16.1.1996 – 4 B 69/95; OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 25.1.2018 – 2 B 18.16 -; OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 16.2.2017 – 6 A 10137/14 -; OVG Hamburg, U.v. 21.6.2016 – 3 Bf 54/15 -; SächsOVG, U.v. 17.6.2004 – 1 B 854/02 – jeweils juris).
Hiervon ausgehend durfte die Beklagte den Ausgleichsbetrag nach dem Verfahren „N.“ ermitteln, da für das Vergleichswertverfahren gemäß §§ 15 und 16 ImmoWertV keine Datenlage gegeben war, die eine zuverlässige Ermittlung der sanierungsbedingten Werterhöhung zugelassen hätte.
Laut § 16 Abs. 1 Satz 1 ImmoWertV ist der Wert des Bodens vorbehaltlich der Absätze 2 bis 4 ohne Berücksichtigung der vorhandenen baulichen Anlagen auf dem Grundstück vorrangig im Vergleichswertverfahren (§ 15 ImmoWertV) zu ermitteln. Voraussetzung für die Anwendung des Vergleichswertverfahrens ist, dass eine ausreichende Zahl geeigneter Vergleichspreise zur Verfügung steht (§ 15 Abs. 1 Satz 1 ImmoWertV). Für die Ableitung der Vergleichspreise sind die Kaufpreise solcher Grundstücke heranzuziehen, die mit dem zu bewertenden Grundstück hinreichend übereinstimmende Grundstücksmerkmale aufweisen (§ 15 Abs. 1 Satz 2 ImmoWertV).
Aus dem Gutachten Nr. 422 und den Ausführungen des Vertreters des Gutachterausschusses in der mündlichen Verhandlung folgt, dass der Gutachterausschuss das in der Immobilienwertermittlungsverordnung vorgesehene Vergleichswertverfahren als grundsätzlich vorrangig erkannt hat, es aber mangels geeigneter Vergleichspreise aus der Kaufpreissammlung nicht hat angewendet werden können. Die Nichtanwendbarkeit mangels geeigneter Vergleichspreise aus der Kaufpreissammlung ist vom Vertreter des Gutachterausschusses in der mündlichen Verhandlung näher erläutert worden. Dabei hat der Gutachter dargelegt, dass er über sämtliche Kaufpreise im Sanierungsgebiet verfüge, die in dem Zeitraum 1998 bis 2011 angefallen seien. Die entsprechenden Unterlagen sind dem Gericht und den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung gezeigt worden. Anhand der Unterlagen hat der Gutachter aufgezeigt, dass es sich bei den Verkäufen im Sanierungsgebiet im Wesentlichen um Eigentumswohnungen, Wohnhäuser, Verkehrsflächen, Spielplatzflächen, Tauschflächen und Flächen aus Zwangsversteigerungen handelte. Diese seien zur Bodenwertermittlung ungeeignet, da sich aus den Kaufverträgen über bebaute Flächen der Bodenwert unbebauter Flächen nicht hinreichend klar ableiten lasse, Verkehrsflächen und Allgemeinbedarfsflächen wegen ihres geringeren Werts gegenüber den streitgegenständlichen Baulandflächen nicht vergleichbar seien und es bei Tauschflächen bzw. Flächen aus Zwangsversteigerungen keinen Bodenwert gebe. Diese Ausführungen des Gutachters sind nachvollziehbar. Gleiches gilt für dessen Einschätzung, dass er für eine zuverlässige Wertermittlung mindestens drei vergleichbare Verkäufe von unbebauten Grundstücken in der Größenordnung wie die zum Ausgleichsbetrag veranlagten Grundstücke sowohl bezogen auf den Anfangs- als auch Endwert benötige, solche aber in keinem einzigen Fall gefunden habe. Auf die Frage, ob man nicht bei Verkäufen von bebauten Grundstücken auf den Bodenwert unbebauter Grundstücke zurückrechnen könne, entgegnete der Gutachter, dass dies zwar grundsätzlich möglich, aber sehr aufwändig sei und es sich dabei nur um Schätzungen handele, für die viele Annahmen zum Tragen kämen. Es erscheint dem Gericht plausibel und innerhalb des Beurteilungsspielraums liegend, dass sich der Gutachterausschuss auf eine solche unsichere und nur bedingt aussagekräftige Methode zur Ermittlung der sanierungsbedingten Wertsteigerung von Grundstücken im Sanierungsgebiet nicht eingelassen hat.
Ob das in der Immobilienwertermittlungsverordnung erwähnte „Bodenrichtwertverfahren“ gegenüber alternativen, in dieser Verordnung nicht vorgesehenen Verfahren noch als grundsätzlich vorrangig anzusehen ist, erscheint dem Gericht fraglich. Denn während nach der durch die Immobilienwertermittlungsverordnung abgelösten Wertermittlungsverordnung geeignete Bodenrichtwerte „neben oder anstelle von Preisen“ herangezogen werden konnten (vgl. § 13 Abs. 2 Satz 1 WertV), heißt es in § 16 Abs. 1 Satz 2 ImmoWertV Bezug nehmend auf das in § 16 Abs. 1 Satz 1 und § 15 ImmoWertV geregelte Vergleichswertverfahren (nur noch): „Dabei kann der Bodenwert auch auf der Grundlage geeigneter Bodenrichtwerte ermittelt werden“. Diese neue Formulierung wirft im Vergleich zur Vorgängerregelung die Frage auf, ob dem Bodenrichtwertverfahren nach der nunmehr anzuwendenden Immobilienwertermittlungsverordnung überhaupt noch eigenständige Bedeutung zukommt (vgl. dazu Kleiber in Ernst/Zinkhahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Rn. 20 zu § 10 ImmoWertV). Letztlich kann das aber offen bleiben, da die Beklagte in nicht zu beanstandender Weise die hinreichende Aussagekraft der vorhandenen Bodenrichtwerte für die Beurteilung von sanierungsbedingten Wertsteigerungen verneint hat und sich damit die Frage des Vorrangs des „Bodenrichtwertverfahrens“ nicht stellt.
Vom Vertreter des Gutachterausschusses ist in der mündlichen Verhandlung dargelegt worden, dass die zur Verfügung stehenden Bodenrichtwerte für das Sanierungsgebiet „B.“ ungeeignet sind für die Bestimmung der sanierungsbedingten Werterhöhung von im Sanierungsgebiet gelegenen Grundstücken. Dies erscheint dem Gericht nachvollziehbar. Laut Gutachten Nr. 422 beliefen sich die Bodenrichtwerte im Gebiet 042 „B. Ost“ aus den Jahren 2000 bis 2004 auf 60 € pro m², aus den Jahren 2006 bis 2008 auf 85 € pro m² und dem Jahr 2010 auf 90 € pro m², im Gebiet 042 A „B. Mitte“ aus dem Jahr 2010 auf 90 € pro m², im Gebiet 042 B „B. Mitte“ aus dem Jahr 2010 auf 85 € pro m² und im Gebiet 045 „Hl. Familie“ aus den Jahren 2000 bis 2008 auf 85 € pro m², aus dem Jahr 2010 auf 90 € pro m². Dazu ist im Gutachten ausgeführt, dass, soweit sich Bodenrichtwerterhöhungen ergeben, diese auf äußere Einflüsse beruhen und nicht im Zusammenhang mit den durchgeführten Sanierungsmaßnahmen stehen. Aus der daraus gefolgerten Beurteilung des Gutachterausschusses, es lasse sich insoweit keine sanierungsbedingte Erhöhung der Bodenwerte für Grundstücke in Wohngebieten nachweisen, kann die Klägerin nicht ableiten, es habe eine solche nicht gegeben. Der Vertreter des Gutachterausschusses hat hierzu ausgeführt, dass die Bodenrichtwerte auf der Kaufpreissammlung fußen und sich der Bodenrichtwert deshalb auch nicht ändern könne, wenn wie dargelegt keine geeigneten Kaufpreise vorhanden sind. Vor diesem Hintergrund erscheint dem Gericht die Beurteilung plausibel, wonach aus den Bodenrichtwerten kein Rückschluss auf eine nicht vorhandene sanierungsbedingte Bodenwertsteigerung gezogen werden kann. Hinzu kommt: In der Stadt … wird der Bodenrichtwert nur in 5-€-Schritten geändert. Eine Änderung unter 5 €, wie sie im Ergebnis von der Beklagten angenommen wird, könnte somit vom Bodenrichtwert gar nicht abgebildet werden. Dies alles rechtfertigt die Auffassung des Gutachterausschusses bzw. der Beklagten, dass die Bodenrichtwerte im Sanierungsgebiet keine zuverlässige Grundlage für die Bewertung der sanierungsbedingten Bodenwerterhöhung darstellen. Gleiches gilt im Übrigen für die im Gutachten angeführten Bodenrichtwerte von Vergleichsgebieten (Gebiet 191 „A.straße“, 171 A „…höhe“, 171 B „…höhe“, 051 A „…Schießstätte“ und 051 B „…-Schießstätte“). Denn diese wurden vom Gutachterausschuss nur als Vergleichsgebiete im Hinblick auf den Zustand des Gebiets „B.“ vor Sanierung herangezogen. Schlussfolgerungen auf sanierungsbedingte Werterhöhungen wären aber nur dann möglich, wenn auch die Vergleichsgebiete sanierungsbedingte Maßnahmen ähnlich wie das Gebiet „B.“ erfahren hätten. Davon ist aber nicht auszugehen. Im Übrigen hat der Vertreter des Gutachterausschusses in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass ihm kein Gebiet in … bekannt sei, das vom Zustand her mit dem des Gebiets „B.nach Sanierung“ verglichen werden könnte.
Nach alledem musste der Gutachterausschuss bzw. die Beklagte nicht ein in der Immobilienwertermittlungsverordnung vorgesehenes Verfahren anwenden. Es konnte deshalb jede Methode gewählt werden, mit der der gesetzliche Auftrag, die Bodenwerterhöhung und damit den Ausgleichsbetrag nach dem Unterschied zwischen Anfangs- und Endwert zu ermitteln, erfüllt wird.
Das vom Gutachterausschuss angewandte und dem streitgegenständlichen Bescheid zugrunde gelegte Komponentenmethode-Verfahren (auch als „Modell N.“ bezeichnet) ist dem Grunde nach in der Rechtsprechung und Literatur als mögliche Methode der Differenzwertermittlung anerkannt (vgl. Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, § 28 WertV Rn. 44 ff., Leitfaden der Obersten Baubehörde, „Arbeitsblatt Nr. 4, Ausgleichsbeträge in Sanierungsgebieten“, S. 79 ff.; zu einem zumindest sehr ähnlichen Verfahren: OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 14.9.2004 – 6 A 10530/04 – juris). Gleiches gilt für das Wertermittlungsverfahren nach dem sog. „Modell Niedersachsen“, das die Beklagte ebenfalls in den Blick genommen hat (vgl. VGH Baden-Württemberg, B.v. 26.1.2005 – 8 S 722/04; OVG Schleswig-Holstein, B.v. 9.7.2001, 1 M 22/00; Nieders. OVG, B.v. 8.5.2000, 1 M 1287/00 – jeweils juris). Da die angefochtene Ausgleichsbetragsfestsetzung aber nicht auf dem „Modell Niedersachsen“ fußt und die Anwendung dieses Modells zu einer höheren Ausgleichsbetragspflicht der Klägerin geführt hätte (3 € statt 2,40 € pro m²), bedarf dieses Verfahren keiner näheren Würdigung.
Die konkrete Anwendung der Komponentenmethode für den Bereich „Wohnen“ hält teilweise einer gerichtlichen Kontrolle nicht stand.
Der Gutachterausschuss bildete im Rahmen des Verfahrens „N.“ fünf mögliche Bodenwertsteigerungsfaktoren, die mit einem Prozentsatz bewertet wurden. Dieser Prozentsatz wurde beim festgestellten Anfangswert für ein Grundstück in Ansatz gebracht und ergab dann die sanierungsbedingte Bodenwertsteigerung. Der Endwert eines Grundstücks setzt sich somit aus dem Anfangswert zuzüglich der nach der Komponentenmethode ermittelten sanierungsbedingten Bodenwertsteigerung zusammen.
Im Rahmen des Verfahrens „N.“ hat der Gutachterausschuss folgende Komponenten für potentielle sanierungsbedingte Bodenwertsteigerungen herangezogen: „Allgemeiner Sanierungsvorteil“, „Änderungen der rechtlichen Gegebenheiten“, „Strukturverbesserungen und Veränderungen der (inneren und äußeren) Erschließung“, „städtebauliche Aufwertung“ und „Erschließungs- und Ausbauvorteile (Bodenwerterhöhung durch eingesparte Erschließungs- und Ausbaukosten)“.
Die Komponente „Allgemeiner Sanierungsvorteil“ wurde vom Gutachterausschuss mit 0% angesetzt, eine Berücksichtigung der Komponente „Erschließungs- und Ausbauvorteile (Bodenwerterhöhung durch eingesparte Erschließungs- und Ausbaukosten)“, die im Gutachten mit 0,40 € pro m² bemessen wurde, erfolgte im streitgegenständlichen Bescheid nicht. Den Bereich „Wohnen“ betreffende Werterhöhungen ergeben sich nach dem Gutachten bzgl. der Komponente „Änderungen der rechtlichen Gegebenheiten“ mit 2%, bzgl. der Komponente „Strukturverbesserungen und Veränderungen der (inneren und äußeren) Erschließung“ mit 1% und bzgl. der Komponente „städtebauliche Aufwertung“ mit nochmals 1%.
Nicht nachvollziehbar erscheint dem Gericht die Annahme einer sanierungsbedingten Werterhöhung des klägerischen Grundstücks mit 2% wegen „Änderungen der rechtlichen Gegebenheiten“. Im Gutachten wird dazu ausgeführt, dass es zum Stichtag 11. November 1999 im Sanierungsgebiet keine rechtskräftigen Bebauungspläne mit Ausnahme des reinen Straßenteilstücks der westlichen K. Straße gegeben habe und im Sanierungszeitraum folgende Bebauungspläne erlassen worden seien: Bebauungsplan … 43 „Gewerbegebiet Ost“ mit anschließenden Änderungsplänen, Bebauungsplan … 81 „B. Mitte“, Bebauungsplan … 63 „Kleingartenanlage – An der R.straße“, Bebauungsplan … 68 „Ba.straße/L.straße“. Eine nähere Begründung, warum durch diese Bauleitpläne für das klägerische Grundstück eine Bodenwerterhöhung um 2% stattgefunden habe, findet sich in dem Gutachten nicht. Eine solche vermag das Gericht auch nicht zu erkennen, da das klägerische Grundstück nicht im Geltungsbereich der genannten Bauleitpläne liegt und somit auch keinen Vorteil hinsichtlich der Bebaubarkeit erhält.
Soweit die Beklagte meint, ein Vorteil ergebe sich daraus, dass das klägerische Grundstück in der Nähe des neuen Bebauungsplans … 81 „B. Mitte“ liege und dieser zu einer verbesserten Umgebungsbebauung führe, die im Hinblick auf das Einfügensgebot nach § 34 BauGB auch die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Bebauung des Klägergrundstücks verbessere, leuchtet dies nicht ein. Zum einen dürfte das Bebauungsplangebiet Amberg 81 „B. Mitte“ gar nicht mehr zur i.S.v. § 34 BauGB prägenden Umgebung des klägerischen Grundstücks gehören, da die B. Straße eine abtrennende Wirkung hat und südlich davon eine eigenes Gebiet beginnt. Zum anderen ist weder dargelegt noch ersichtlich, inwieweit die rechtliche Bebauungsmöglichkeit des klägerischen Grundstücks durch die Bebauungsmöglichkeiten, die der Bebauungsplan … 81 „B. Mitte“ gewährt, verbessert wird. Damit war die Beklagte nicht berechtigt, für das klägerische Grundstück eine sanierungsbedingte Werterhöhung von 2% hinsichtlich des Faktors „Änderungen der rechtlichen Gegebenheiten“ anzusetzen.
Etwas anderes gilt für die Komponente „Strukturverbesserungen und Veränderungen der (inneren und äußeren) Erschließung“. Im Gutachten werden als Strukturverbesserungen und Veränderungen der (inneren und äußeren) Erschließung folgende wesentliche Maßnahmen genannt: Ausbau der R.straße, der …Straße, Aus- bzw. Neubau von Spiel- und Bolzplatz und indirekt bessere Anbindung der G. Straße durch den Ausbau des Kreisverkehrs. Dass der Gutachterausschuss mit der 1%-Bewertung dieser Maßnahmen die Grenzen des Beurteilungsspielraums überschritten hätte, ist nicht ersichtlich. Positive Auswirkungen von Strukturverbesserungen und Veränderungen der (inneren und äußeren) Erschließung auf den Bodenwert liegen auf der Hand. Im Übrigen bewegt sich die Bewertung mit 1% im ganz unteren Prozentbereich.
Die Beklagte weist plausibel darauf hin, dass durch den Ausbau der R.straße eine verkehrsmäßige Anbindung an die Einkaufszentren „F.“ erreicht wurde und dadurch Vorteile der Wohnbevölkerung im Sanierungsgebiet entstanden sind, weil die dortigen Einkaufzentren nun auch von Süden her erreicht werden können. Ob die neue Anbindung an die Einkaufszentren, wie die Klägerseite meint, dazu geführt hat, dass einige kleinere Geschäfte geschlossen wurden und für die Nahversorgung nicht mehr zur Verfügung stehen, ist fraglich. Der Vertreter des Gutachterausschuss hat in der mündlichen Verhandlung die Geschäftsschließungen plausibel auf die kleinen Verkaufsflächen zurückgeführt. Letztlich kann dies aber dahingestellt bleiben. Zum einen sind nämlich im Gutachten neben den Vorteilen durch die bessere verkehrsmäßige Anbindung an die Einkaufszentren auch die Schließungen der kleineren Geschäfte bedacht worden. Zum anderen bewegt sich der Gutachterausschuss innerhalb seines Beurteilungsspielraums, wenn er den Geschäftsschließungen im Nahbereich nicht so viel Gewicht einräumt, dass die dadurch bedingten Nachteile die Vorteile durch die bessere Anbindung an die Einkaufszentren komplett kompensieren. Dem Gericht erscheint die Einschätzung plausibel, wonach die Vorteile für die Allgemeinheit durch eine bessere Erschließung an Einkaufszentren deutlich höher sein dürften als die Nachteile, die mit der u.U. dadurch bedingten Schließung kleinerer Geschäfte im Nahbereich einhergehen. Auch bleibt zu berücksichtigen, dass ohnehin nur eine sehr geringe Wertsteigerung angenommen wurde (1%). Zudem bestehen Vorteile nicht nur wegen der besseren Anbindung an Einkaufszentren, sondern auch durch die östliche Anbindung an die Bundesstraße B 85. Zwar geht damit, wie die Beklagte und der Gutachterausschuss erkannt haben, im Hinblick auf die zusätzliche Verkehrsbelastung ein Nachteil einher. Es erscheint aber nachvollziehbar und innerhalb des Beurteilungsspielraums liegend, wenn dieser nicht so hoch bewertet wird, dass die Vorteile völlig zurückgedrängt werden. Das Gericht hält das Abwägungsergebnis für gut vertretbar, wonach bei Gegenüberstellung der genannten Vor- und Nachteile durch die zusätzliche Verkehrsanbindung im Osten eine Bodenwertsteigerung von 1%, angenommen wird. Soweit sich die Beteiligten über die Bedeutung des Ausbaus des Spiel- und Bolzplatzes streiten, ist festzustellen, dass dieser nach Einlassung des Vertreters des Gutachterausschusses in der mündlichen Verhandlung keine gewichtige Rolle einnahm. Im Übrigen verweist die Beklagte zu Recht auf die Ausführungen in der Broschüre über die durchgeführten Sanierungsmaßnahmen, wonach der Kinderspielplatz neuesten pädagogischen und sicherheitstechnischen Anforderungen entspricht und zum Treff- und Mittelpunkt von jungen Eltern und Kindern geworden ist. Diesem Umstand zumindest einen gewissen Vorteil für die Wohnbevölkerung und damit einer Bodenwerterhöhung zuzusprechen, erscheint dem Gericht durchaus plausibel. Gleiches gilt für die (nach Erwerb von Grundstücken) Errichtung einer Spiel- und Freizeitanlage für Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren, die – laut Broschüre – dieser Zielgruppe ein modernes, vielseitig nutzbares Angebot mit einem geschützten Bolzplatz zur Verfügung stelle.
Auch begegnet die festgestellte Bodenwerterhöhung von 1% hinsichtlich der Komponente „städtebauliche Aufwertung“ keinen Bedenken. Denn hierzu führt das Gutachten in nicht zu beanstandender Weise aus, dass nach dem Abbruch der nicht mehr zeitgemäßen Geschoßwohnungsbauten entlang der B. Straße die dort geplante neue Bebauung mit Reihen- und Doppelhäusern eine Aufwertung in städtebaulicher Hinsicht erwarten lässt. Nichts Anderes gilt im Hinblick auf die in der mündlichen Verhandlung angesprochene neue Möglichkeit der Bebauung mit Einfamilienhäusern. Der Einwand der Klägerin, die attraktivitätssteigernde Bebauung müsste schon vollzogen sein, überzeugt nicht. Das Gericht hält es für nachvollziehbar, dass für die Bodenwertbeurteilung durchaus auch zukünftige Gegebenheiten relevant sein können, wenn hierfür die Weichen schon hinreichend konkret gestellt sind. Dies ist mit dem Abbruch der Geschoßwohnungsbauten und dem Bebauungsplan … 81 „B. Mitte“ geschehen. Eine Ausstrahlung der zu erwartenden städtebaulichen Aufwertung im Gebiet dieses Bebauungsplans auf das nahe gelegene klägerische Grundstück erscheint dem Gericht durchaus plausibel. Zudem ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass die angenommene Wertsteigerung um 1% sehr moderat im ganz unteren Bereich liegt.
Bei der dargestellten Ermittlung der sanierungsbedingten Wertsteigerung der in Frage kommenden Grundstücke hat der Gutachterausschuss bzw. die Beklagte den 1. Februar 2012 und damit den Tag, an dem die Aufhebung der Sanierungssatzung in Kraft trat, als Endwert bzw. Wertermittlungsstichtag bestimmt. Dies entspricht den Vorgaben des § 154 Abs. 2, 3, § 162 Abs. 1 BauGB.
Schließlich sind auch keine durchgreifenden Bedenken gegen die Festlegung des als Bezugspunkt für die prozentuale Werterhöhung dienenden Anfangswerts des klägerischen Grundstücks in Höhe von 60 € pro m² gegeben.
Der Anfangswert muss frei von sanierungsbedingten Wertsteigerungen sein (vgl. § 154 Abs. 2 BauGB, § 16 Abs. 5 ImmoWertV). Vor diesem Hintergrund hat der Gutachterausschuss in nicht zu beanstandender Weise als Zeitpunkt für den Anfangswert den 11. November 1999 bestimmt. Denn an diesem Tag wurde erstmals in der örtlichen Presse über einen Antrag der Beklagten auf Aufnahme des Gebiets „B.“ in das Förderprogramm „Soziale Stadt“ berichtet, wovon schon wertverändernde Wirkungen auf den Grundstücksmarkt im Sanierungsgebiet ausgehen können.
Der angenommene Anfangswert des klägerischen Grundstücks mit 60 € pro m² beruht nach Darlegung des Vertreters des Gutachterausschusses in der mündlichen Verhandlung auf dem Bodenrichtwert. Gegen dessen Richtigkeit in der Höhe wurden von Klägerseite keine substantiierten Einwendungen erhoben. Das Gericht hält das Abstellen auf den im Gebiet 042 „B. Ost“ ausgewiesenen Bodenrichtwert von 60 € pro m² im Jahr 2000 auch für plausibel. Bodenrichtwerte werden von einem gesetzlich vorgesehenen, unabhängigen und mit besonderer fachlicher Expertise ausgestatteten Gutachterausschuss unter Berücksichtigung von Kaufpreissammlungen ermittelt (vgl. §§ 192 ff BauGB). Es liegt daher nahe, zur Bestimmung des Anfangswerts von im Sanierungsgebiet gelegenen Grundstücken den geltenden Bodenrichtwert für das Jahr 2000 heranzuziehen. Dies stellt keinen Widerspruch zu den vorstehenden Ausführungen dar, wonach im hier zu entscheidenden Fall Bodenrichtwerte nicht geeignet waren, um die sanierungsbedingte Wertsteigerung eines Grundstücks zu ermitteln. Denn dabei musste ein Sanierungszeitraum von ca. elf Jahren in den Blick genommen werden, für den es keine geeigneten Vergleichskaufpreise in der Kaufpreissammlung und somit auch keine aussagekräftigen Bodenrichtwerte zur Beurteilung der sanierungsbedingten Wertsteigerung von unbebauten Grundstücken gegeben hat. Bezogen auf den Bodenrichtwert für das Jahr 2000 geht das Gericht jedoch davon aus, dass dieser aus geeigneten Kaufpreisen abgeleitet wurde und zwar über einen längeren (fortgeschriebenen) Zeitraum, zu dem es auch Verkäufe von unbebauten Wohngrundstücken gab.
Nach alledem durfte die Beklagte unter Zugrundelegung eines Anfangswerts von 60 € pro m² eine sanierungsbedingte Wertsteigerung für das klägerische Grundstück in Höhe von jeweils 1% für die Komponenten „Strukturverbesserungen und Veränderungen der (inneren und äußeren) Erschließung“ sowie „städtebauliche Aufwertung“, nicht jedoch in Höhe von 2% für die Komponente „Änderungen der rechtlichen Gegebenheiten“ annehmen. Daraus folgt ein Ausgleichsbetrag von 1,20 € pro m² (2% von 60 € pro m²) und ein Endwert in Höhe von 61,20 € pro m². Beim klägerischen Grundstück mit einer Fläche von 479 m² führt dies zu einem Ausgleichsbetrag in Höhe von 574,80 €.
Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
Gründe für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor (§ 124a Abs. 1 VwGO).


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