Baurecht

Bescheid, Kaufvertrag, Auswahlentscheidung, Ausnahmegenehmigung, Fahrerlaubnis, Fahreignung, Sondernutzungserlaubnis, Anfechtungsklage, Genehmigung, Gemeingebrauch, Verwirkung, Anfechtung, Kenntnis, Vollstreckung, Kosten des Verfahrens, Leichtigkeit des Verkehrs, Treu und Glauben

Aktenzeichen  Au 3 K 20.520

Datum:
10.8.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 54563
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I.Die Klage wird abgewiesen.
II.Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen hat der Kläger zu tragen.
III.Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte oder die Beigeladene vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.  

Gründe

Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.
I. Die Klage ist mit den zuletzt gestellten Anträgen als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage statthaft. Die darin liegende objektive Klagehäufung ist gem. § 44 VwGO zulässig.
Dabei kann dahinstehen, ob dem Kläger hinsichtlich der Anfechtungsklage infolge Verwirkung bereits das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Die Verwirkung prozessualer Befugnisse setzt voraus, dass jemand – insbesondere in dreipoligen Rechtsverhältnissen wie hier – die Geltendmachung seiner prozessualen Rechte in einer gegen Treu und Glauben verstoßenden und das öffentliche Interesse am Rechtsfrieden missachtenden Weise verzögert. Das ist der Fall, wenn ein Kläger, obwohl er vom Vorliegen einer Genehmigung an einen Beigeladenen bereits längere Zeit sichere Kenntnis hatte oder hätte erlangen können, diesen Antrag erst zu einem Zeitpunkt erhebt, in dem der Beigeladene nach den besonderen Umständen des Falles nicht mehr mit einer Anfechtung seiner Genehmigung rechnen musste bzw. darauf vertrauen durfte, dass ein Rechtsschutzantrag auch zukünftig nicht mehr gestellt wird (vgl. VG Ansbach, U.v. 2.3.2016 – AN 9 K 14.02026 und AN 9 K 15.01258 – juris Rn. 80 m.w.N.). Anknüpfungspunkt der maßgeblichen Kenntnis des Klägers bzw. seines Kennenmüssens ist hier allerdings nicht schon der Bescheid der Beklagten an die D vom 28. Februar 2020. Zwar hatte der Kläger hiervon – trotz fehlender förmlicher Bekanntgabe – durch den Verweis in dem an ihn gerichteten Bescheid Kenntnis erlangt; diese Ausnahmegenehmigung hat sich indes durch den Bescheid an die Beigeladene vom 22. April 2020 erledigt. Auch dieser Bescheid wurde dem Kläger nicht förmlich bekanntgegeben. Es kann dahinstehen, ob er davon – wie durch den * der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vorgetragen – spätestens Mitte Mai 2020 Kenntnis erlangt hat, weil die Klage jedenfalls unbegründet ist.
II. Die Klage ist sowohl im Anfechtungs- als auch im Verpflichtungsbegehren unbegrün det.
1. Die der Beigeladenen erteilte Ausnahmegenehmigung vom 22. April 2020 ist rechtmäßig und verletzt daher den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Erteilung einer straßenverkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung nach § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StVO liegt im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Straßenverkehrsbehörde. Auch wenn der Erteilung einer solchen Ausnahmegenehmigung – ebenso wie der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis (vgl. BayVGH, U.v. 23.7.2009 – 8 B 08.3282 – juris Rn. 36) – grundsätzlich keine Ausgleichs- und Verteilungsfunktion und damit auch keine Drittwirkung zukommt, gilt dies im vorliegenden Fall nicht. Die Beklagte hat den Kläger ausdrücklich auf die bestehende Konkurrenzsituation hingewiesen und dementsprechend am 22. April 2020 eine Auswahlentscheidung zugunsten der Beigeladenen getroffen. Nach der Konzeption der Beklagten, nur eine Wegebahn im Fußgängerbereich des B zu genehmigen, bedeutete diese Auswahlentscheidung einen Eingriff in die von Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit des Klägers, der seine berufliche Tätigkeit nicht mehr wie in den Jahren 2014 bis 2019 ausüben kann.
Die getroffene Auswahlentscheidung ist nicht zu beanstanden. Insbesondere hat die Beklagte das in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG fallende berufliche Interesse des Klägers am Betrieb einer Wegebahn bei ihrer Entscheidung ausreichend berücksichtigt.
Diese Ermessensentscheidung ist im gerichtlichen Verfahren nur eingeschränkt überprüfbar. Die gerichtliche Prüfungsdichte bemisst sich nach § 114 Satz 1 VwGO, was im Wesentlichen zur Folge hat, dass die Entscheidung lediglich daraufhin zu prüfen ist, ob überhaupt eine Ermessensentscheidung getroffen wurde, ob in diese alle maßgeblichen und keine unzulässigen Erwägungen Eingang gefunden haben und ob einzelne Belange entgegen ihrer objektiven Wertigkeit in die Abwägung eingestellt worden sind. Die Beklagte hat bei ihrer Auswahlentscheidung in Übereinstimmung mit dem Entscheidungsprogramm der Ermächtigungsgrundlage des § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StVO maßgeblich Aspekte der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zugrunde gelegt. Sie ist in einem ersten Schritt zu der Einschätzung gelangt, dass angesichts der räumlichen Beschränktheit eine Ausnahmegenehmigung nur für eine Wegebahn in Betracht kommt. In einem zweiten Schritt hat sie deshalb die Wegebahn des Klägers der seiner Mitbewerberin unter dem Gesichtspunkt der geringeren Beeinträchtigung des Fußgängerverkehrs gegenübergestellt. Bei diesem Vergleich hat sich die Beklagte von sachgerechten Kriterien wie der Länge der Fahrzeuge, der Größe des Wendekreises und den Standzeiten leiten lassen. Dabei ist sie zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die Wegebahn des Klägers aufgrund ihrer Länge, des größeren Wendekreises sowie der längeren Standzeiten eine stärkere Beeinträchtigung des Fußgängerverkehrs darstellt als die Wegebahn der Mitbewerberin.
2. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung neben der Beigeladenen zu.
Hinsichtlich des Fehlens einer Zusicherung der Beklagten wird zunächst Bezug genommen auf die Ausführungen der Kammer im Beschluss vom 26. April 2021 in dem Verfahren Au 3 K 21.590 (Rn. 30) und ergänzend ausgeführt: Aus dem bloßen Wegfall der Abkürzung „ggf.“ in der weiteren Korrespondenz der Beklagten gegenüber ihrer E-Mail vom 21. November 2019 kann bei objektiver Betrachtung nicht geschlossen werden, dass hiermit bereits die Zusage einer Genehmigung verbunden sein sollte. Eine solche positive Aussage hat die Beklagte gerade nicht getätigt. Das bloße Weglassen dieser Einschränkung war unter Zugrundelegung eines objektiven Empfängerhorizontes auch nicht geeignet, einen entsprechenden Erklärungswillen der Beklagten zum Ausdruck zu bringen. Vielmehr hatte die Beklagte bereits in ihrer EMail vom 6. Dezember 2019 deutlich gemacht, dass es einen Mitbewerber gab. Daraus musste ein objektiver Dritter in der Situation des Klägers schließen, dass die Erteilung der Genehmigung offen war und er sich in einer Konkurrenzsituation befand, die auch zu seinen Lasten ausgehen konnte. Ein qualifiziertes Verhalten der Beklagten, aus dem der Kläger bei objektiver Betrachtung hätte schließen dürfen, dass er neben der Mitbewerberin auch eine Genehmigung erhalten würde, ist nicht ersichtlich.
Im Übrigen wird vollumfänglich Bezug genommen auf die Ausführungen der Kammer im Beschluss vom 26. April 2021 in dem Verfahren Au 3 K 21.590 (Rn. 33 ff.). Im Hinblick auf eine Ermessensreduzierung aus Gründen des Vertrauensschutzes (Beschluss der Kammer a.a.O., Rn. 42 ff.) ist ergänzend zu bemerken: Anders als vom Kläger dargestellt, war die Aufforderung der Beklagten vom 23. Januar 2020, ihr bis zum 31. Januar 2020 eine Bestell- bzw. Auftragsbestätigung der E-Lokomotive mit Angabe des Liefertermins zukommen zu lassen, nicht kaufentscheidend. Der vorgelegte Kaufvertrag datiert bereits vom 20. Januar 2020. Aus dieser zeitlichen Reihenfolge ergibt sich, dass der Kläger die Investitionsentscheidung aus eigenem Entschluss und überdies – da ihm die Beklagte bereits am 6. Dezember 2019 das Interesse eines Mitbewerbers mitgeteilt hatte – in Kenntnis des Risikos getroffen hatte, dass sich die damit erhoffte Chance einer Genehmigung nicht realisieren würde. Die dadurch fehlgeschlagenen Aufwendungen des Klägers sind seinem unternehmerischen Risiko, nicht aber dem Verhalten der Beklagten zuzurechnen, nachdem diese bereits vor dem Kauf transparent auf die Konkurrenzsituation hingewiesen und durch ihr objektives Verhalten auch nicht den Eindruck erweckt hatte, sie werde den Kläger seiner Mitbewerberin vorziehen.
3. Soweit im Eilverfahren noch die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis infrage kam, ist diese im Hinblick darauf, dass das Parken der Wegebahn zum Zweck der Fahrgastaufnahme als Teil des ruhenden Verkehrs nach dem Konzentrationsgrundsatz aus Art. 21 Satz 1 BayStrWG keiner gesonderten Sondernutzungserlaubnis bedarf, nicht mehr Gegenstand des Hauptsacheverfahrens.
III. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil er unterlegen ist (§ 154 Abs. 1 VwGO). Dies schließt die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen ein, da diese einen Antrag gestellt und sich insoweit selbst einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, vgl. § 154 Abs. 3 VwGO. Insoweit entspricht es der Billigkeit, dass deren außergerichtliche Kosten nach § 162 Abs. 3 VwGO vom unterlegenen Beteiligten zu tragen sind (Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 162 Rn. 41). Die Kostenentscheidung war gemäß § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO für vorläufig vollstreckbar zu


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