Baurecht

Bescheinigung für die steuerliche Absetzbarkeit von Kosten für Baumaßnahmen an denkmalgeschütztem Gebäude

Aktenzeichen  1 ZB 20.730

Datum:
25.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 36115
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
EStG § 7i Abs. 1 S. 1, S. 6

 

Leitsatz

1. „Abstimmen“ bedeutet eine einverständliche, bei Bedarf hinsichtlich Art, Umfang und fachgerechter Ausführung ins Detail gehende Festlegung der durchzuführenden Baumaßnahme. Die beabsichtigten Maßnahmen müssen mit den Vorstellungen der zuständigen Behörde in Einklang gebracht werden. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
2. Zweck der Abstimmung ist es sicherzustellen, dass die Interessen des Denkmalschutzes bei der Durchführung der Baumaßnahme gewahrt werden. Daneben soll dem Steuerpflichtigen schon vor Beginn der Arbeiten klar sein, für welche Maßnahmen im Einzelnen die Erforderlichkeit im Sinn von § 7i Abs. 1 S. 1 EStG von der für die spätere Ausstellung der Grundlagenbescheinigung zuständigen Fachbehörde bejaht wird. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 29 K 18.3892 2020-01-15 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 16.113,50 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Kläger begehrt die Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Bescheinigung für die steuerliche Absetzbarkeit von Kosten für Baumaßnahmen an seinem denkmalgeschützten Gebäude. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 15. Januar 2020 mit der Begründung abgewiesen, dass die erforderliche Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege nicht erfolgt sei (§ 7i Abs. 1 Satz 6 EStG). Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung macht der Kläger geltend, dass die Baumaßnahmen mit dem Landesamt für Denkmalpflege abgestimmt worden seien.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor bzw. ist nicht dargelegt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Ernstliche Zweifel, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen‚ sind zu bejahen‚ wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG‚ B.v. 8.5.2019 – 2 BvR 657/19 – juris Rn. 33; B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011‚ 546) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG‚ B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004‚ 838). Das ist hier nicht der Fall. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass es vorliegend an der erforderlichen Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege fehlt.
Nach § 7i Abs. 1 Satz 6 EStG müssen die Baumaßnahmen in Abstimmung mit der nach Landesrecht zuständigen Behörde (§ 7i Abs. 2 Satz 1 EStG) durchgeführt worden sein. „Abstimmen“ bedeutet dabei – ausgehend von der Wortbedeutung – eine einverständliche, bei Bedarf hinsichtlich Art, Umfang und fachgerechter Ausführung ins Detail gehende Festlegung der durchzuführenden Baumaßnahme (vgl. BVerwG, B.v. 9.5.2018 – 4 B 40.17 – ZfBR 2018, 589). Die beabsichtigten Maßnahmen müssen folglich mit den Vorstellungen der zuständigen Behörde in Einklang gebracht werden. Dabei muss die Abstimmung auf die konkrete Baumaßnahme bezogen stattfinden. Eine generelle Absprache über künftig auszuführende Reparaturmaßnahmen genügt hierfür nicht (vgl. BayVGH, U.v. 6.4.2017 – 2 B 17.142 – juris; B.v. 3.12.2008 – 15 ZB 08.727 – juris). Die vorherige Abstimmung dient – neben der Sicherung der denkmalgerechten Ausführung der Arbeiten – in erster Linie der Feststellung der Tatsachen, insbesondere des Zustands des Bauwerks, an dem die Maßnahmen vorgenommen werden sollen, die notwendig sind, um so die Erforderlichkeit der geplanten Maßnahmen im Einzelnen beurteilen zu können. Zweck der Abstimmung ist es sicherzustellen, dass die Interessen des Denkmalschutzes bei der Durchführung der Baumaßnahme gewahrt werden. Daneben soll dem Steuerpflichtigen damit schon vor Beginn der Arbeiten klar sein, für welche Maßnahmen im Einzelnen die Erforderlichkeit im Sinn von § 7i Abs. 1 Satz 1 EStG von der für die spätere Ausstellung der Grundlagenbescheinigung zuständigen Fachbehörde bejaht wird (vgl. BayVGH, U.v. 20.6.2012 – 1 B 12.78 – juris). Durch die Formulierung „in Abstimmung“ wird zudem klargestellt, dass der Abstimmungsprozess grundsätzlich bis zum Abschluss der Baumaßnahmen fortzuführen ist (vgl. BVerwG, B.v. 9.5.2018 a.a.O.). Im Wesentlichen handelt es sich dabei um eine Missbrauchskontrolle. Der Steuerpflichtige soll nicht ohne Erörterung der Maßnahmen mit der Fachbehörde mit seinem Bau beginnen dürfen, wenn er sich die Bescheinigungsfähigkeit nach § 7i Abs. 1 EStG erhalten möchte. Im Übrigen ist die Art und Weise, in der die Abstimmung im Einzelnen zu erfolgen hat, nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. BayVGH, U.v. 6.4.2017 a.a.O.).
Gemessen an diesen Maßgaben ist vorliegend davon auszugehen, dass die nötige Abstimmung – auch für die im Jahr 2015 durchgeführten Baumaßnahmen – nicht vorliegt. Aus den Bauakten des Landratsamts ergibt sich, dass die dortige Sachbearbeiterin des Sachgebiets Untere Denkmalschutzbehörde bereits in einem Telefonat am 2. Juli 2013 mit dem Architekten des Voreigentümers anlässlich der Befassung mit dem Bauvorhaben darauf hingewiesen hat, dass die Planung wegen der Denkmaleigenschaft des Gebäudes mit dem Landesamt für Denkmalpflege abgestimmt werden müsse. Ein weiterer ausdrücklicher Hinweis auf die erforderliche Abstimmung auch im Hinblick auf die etwaige Erteilung einer Steuerbescheinigung nach dem EStG findet sich im Schreiben der Unteren Denkmalschutzbehörde vom 9. Juli 2013 an den Voreigentümer. Darin wird auch die Vorlage beurteilungsfähiger Unterlagen mit raumweiser Beschreibung und genauer Dokumentation des Ist-Zustands angemahnt. Aus dem Protokoll der Ortsbesichtigung am 30. Juli 2013, an der neben Vertretern des Landratsamts auch der zuständige Gebietsreferent teilgenommen hat, ergibt sich, dass der Termin zwar zur Abstimmung der vorgelegten Eingabeplanung und Besprechung des weiteren Vorgehens zur denkmalgerechten Instandsetzung des Gebäudes vereinbart war, im Wesentlichen aber die bereits durchgeführten umfangreichen und ungenehmigten Baumaßnahmen festgestellt wurden und dem Voreigentümer (nochmals) aufgegeben wurde, beurteilungsfähige aktualisierte Planunterlagen sowie ein beurteilungsfähiges denkmalgerechtes raumweises Instandhaltungs- und Maßnahmenkonzept vorzulegen. Entgegen der Auffassung des Klägers fehlt es daher an der erforderlichen Abstimmung. Weitere Schreiben oder Vermerke, die eine Abstimmung zwischen der Unteren Denkmalschutzbehörde und Landesamt für Denkmalschutz im nachfolgenden Zeitraum bis zur Erteilung der Baugenehmigung am 11. November 2013 dokumentieren könnten, sind weder in der Bauakte noch in der Akte des Landesamts für Denkmalschutz vorhanden. Das Landesamt für Denkmalschutz als die für die Erteilung der steuerrechtlichen Bescheinigung zuständige Behörde hat daher vor Durchführung der Baumaßnahmen weder die wesentlichen Tatsachen feststellen noch maßgeblich auf die Ausführung der Maßnahmen Einfluss nehmen können. Insbesondere fehlt es an der nach dem Sinn und Zweck der Abstimmung notwendigen Kenntnis über die erforderlichen Details der geplanten Baumaßnahmen. Vielmehr hat der Voreigentümer dem Landratsamt beurteilungsfähige Unterlagen über die Baumaßnahmen sowie ergänzend über die Errichtung einer Umfassungsmauer des westseitigen Gartens entsprechend den Anforderungen erst im Oktober 2013 vorgelegt. Die vom Kläger dagegen zum Beleg einer erfolgten Abstimmung angeführten Unterlagen von März, Juli und August 2013 genügen diesen Anforderungen nicht. Dass mit Bescheid vom 11. November 2013 die Baugenehmigung erteilt wurde, vermag an der fehlenden Abstimmung im Sinn des § 7i EStG nichts zu ändern, da es sich bei dem bau- oder denkmalschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren sowie der Erteilung der steuerrechtlichen Grundlagenbescheinigung um zwei verschiedene Verfahren handelt. Im Übrigen wurde damit das Vorgehen des Voreigentümers gerade nicht akzeptiert, da die begehrte Bescheinigung nicht erteilt worden ist. Für den Kläger als Rechtsnachfolger gilt insoweit nichts Anderes.
Auch die Ausführungen des Klägers, es hätten Gespräche mit den Denkmalbehörden stattgefunden, sind nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils zu begründen. Dabei sind nur Gespräche zu berücksichtigen, die nach Eingang der prüffähigen Unterlagen am 23. Oktober 2013 (bzw. hinsichtlich des Raumprogramms am 28. Oktober 2013) geführt wurden. Insoweit fehlt es bereits an einer substantiierten Darlegung durch den Kläger. Allein der vage Hinweis auf eine Abstimmung mit dem Gebietsreferenten „im Oktober 2013“ reicht nicht aus. Gegen eine Abstimmung spricht im Übrigen auch die fehlende Dokumentation in den Behördenakten, deren Richtigkeit durch den vom Beklagten im Zulassungsverfahren vorgelegten Vermerk des Gebietsreferenten vom 22. Juni 2020 bestätigt wird. Auch legt der Kläger nicht ansatzweise die Details einer etwaigen Abstimmung dar, sondern beschränkt sich auf die Behauptung, der Gebietsreferent habe sein Einverständnis mit der Gestaltung der Gauben erklärt. Dabei übersieht der Kläger, dass die Gestaltung der Gauben nur einen Teil der durchgeführten Maßnahmen darstellt. Hinzu kommt, dass auch eine unterstellte Beteiligung des Landesamts für Denkmalschutz im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis nach Art. 6 DSchG nicht die nach § 7i Abs. 1 Satz 6 EStG erforderliche Zustimmung ersetzten kann. Dazu verhält der Kläger sich nicht. Anhaltspunkte dafür, dass er vor Durchführung weiterer baulicher Maßnahmen die geänderten Planunterlagen dem Landesamt für Denkmalschutz zugänglich gemacht hat, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Da es vorliegend bereits an der erforderlichen Abstimmung fehlt, kann offen bleiben, ob die durchgeführten Maßnahmen zur Erhaltung des Baudenkmals oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich waren.
Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen‚ da sein Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1‚ § 47 Abs. 1 und 3‚ § 52 Abs. 1 GKG und entspricht dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten Betrag.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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