Baurecht

Beschränkung der zulässigen Zahl der Wohneinheiten in gemischt genutzten Gebäuden

Aktenzeichen  1 ZB 16.1144

Datum:
12.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 4343
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 1 Abs. 3, § 9 Abs. 1 Nr. 6, § 31 Abs. 2, § 215 Abs. 1 Nr. 2, § 233 Abs. 2 S. 3
BayBO Art. 65 Abs. 1 S. 2
GG Art. 103 Abs. 1
VwGO § 108 Abs. 2, § 117 Abs. 2 Nr. 5

 

Leitsatz

1. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB kann durch Festsetzungen eines Bebauungsplans zur maximal zulässigen Zahl von Wohneinheiten in Wohngebäuden die Beschränkung der Zahl der Wohneinheiten auch in solchen Gebäuden erfolgen, in denen die Wohnnutzung im Verhältnis zu den anderen Nutzungen nicht nur von untergeordneter Bedeutung ist. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Funktionslosigkeit einer Festsetzung eines Bebauungsplans ist nur anzunehmen, wenn die Verhältnisse im Plangebiet in ihrer tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und darüber hinaus diese Entwicklung so offenkundig ist, dass sie ein in die Fortgeltung der Festsetzung gesetztes Vertrauen nicht mehr rechtfertigt. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Begründungsmangel (§ 117 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegt nur vor, wenn die Entscheidungsgründe rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder aus sonstigen Gründen derart unbrauchbar sind, dass sie unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet sind, den Urteilstenor zu tragen. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

1 K 15.3533 2016-02-16 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000‚- Euro festgesetzt.

Gründe

Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung von Gewerbe- in Wohnnutzung. Das Grundstück FlNr. …, Gemarkung H… (Baugrundstück), auf dem sich das streitgegenständliche Gebäude befindet, liegt im Umgriff des Bebauungsplans „G…“ der Beigeladenen vom 22. April 1991 in der Fassung der Änderungssatzung vom 10. Juni 1996 (im Folgenden: Bebauungsplan). In Nr. 15 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans ist geregelt: „Im Bereich des Mischgebietes (MI) sind je Wohngebäude max. 4 Wohneinheiten zulässig. Wohngebäude in Form von Doppelhäusern dürfen insgesamt nicht mehr als 4 Wohneinheiten enthalten (§ 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB)“. Mit Bescheid vom 14. Juli 2015 lehnte das Landratsamt den Bauantrag der Klägerin auf Zulassung einer Wohnnutzung im Dachgeschoss des Gebäudes auf dem Baugrundstück ab. Eine Wohnnutzung sei aufgrund der Festsetzung Nr. 15 des Bebauungsplans unzulässig‚ da sich in dem Gebäude bereits vier Wohneinheiten befänden. Das Verwaltungsgericht hat die erhobene Klage mit Urteil vom 16. Februar 2016 abgewiesen. Die Festsetzung, die die Zahl der Wohneinheiten beschränke, sei wirksam. Die Klägerin habe deshalb keinen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung für eine Wohnnutzung. Diese könne auch nicht im Wege einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans erteilt werden‚ da die Grundzüge der Planung berührt seien.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe‚ auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist, liegen nicht vor oder werden nicht dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Ernstliche Zweifel, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838). Das ist hier nicht der Fall.
Die der Genehmigung entgegenstehende Festsetzung Nr. 15 des Bebauungsplans zur maximal zulässigen Zahl von Wohneinheiten in Wohngebäuden ist wirksam. Sie kann sich auf § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB stützen. In der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist geklärt‚ dass § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB die Beschränkung der Zahl der Wohneinheiten auch in solchen Gebäuden erlaubt‚ in denen die Wohnnutzung im Verhältnis zu den anderen Nutzungen nicht nur von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. BayVGH‚ U.v. 4.4.2006 – 1 N 04.1661 – juris Rn. 29; U.v. 13.4.2006 – 1 N 04.3519 – BayVBl 2007‚ 627). Der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Dezember 1990 – 4 NB 13.90 – (BayVBl 1991‚ 503) steht dieser Beurteilung nicht entgegen. In dieser Entscheidung wird ein von der hier zu entscheidenden Konstellation abweichender Sachverhalt behandelt. Während in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall eine Beschränkung der Zahl der Wohneinheiten auf zwei „je Gebäude“ zu beurteilen war, handelt es sich bei der Festsetzung Nr. 15 des Bebauungsplans um eine ausdrückliche Beschränkung der Zahl der Wohneinheiten in Wohngebäuden. Der Wortlaut des § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB wird in der streitgegenständlichen Festsetzung anders als in der dem Bundesverwaltungsgericht zugrunde liegenden Fallkonstellation inhaltsgleich wiedergegeben. Zudem kam es auf die Vereinbarkeit der dort zu prüfenden Festsetzung mit § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB nicht an, da die Norm auf den geprüften Bebauungsplan nicht anwendbar war.
Die Festsetzung Nr. 15 ist auch hinreichend bestimmt. Eine Baugenehmigung mit den ihr zugrunde liegenden Plänen kann immer nur eine bauliche Anlage mit der darin vorgesehenen Nutzung zulassen. Damit ist stets räumlich bestimmt, welche Nutzungsart in welchem Gebäudebereich zulässig ist. Eine Genehmigung von „Einheiten“ ohne Bestimmung der Nutzung ist nicht möglich. Die in der Zulassungsbegründung zur Konkretisierung der Nutzung von mehr als vier Einheiten aufgeworfenen Fragen stellen sich somit nicht.
Zu Unrecht geht die Zulassungsbegründung davon aus‚ dass die von der Beigeladenen in der Begründung zur Bebauungsplanänderung genannten Gründe keine städtebaulichen Gründe seien, die die Festsetzung gem. § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB rechtfertigen könnten. Städtebauliche Gründe sind Gründe, die sich auf die Entwicklung und Ordnung des Gemeindegebiets beziehen und den in § 1 Abs. 6 BauGB (§ 1 Abs. 5 BauGB1986) aufgeführten Zwecken dienen (vgl. BVerwG, B.v. 24.02.2003 – 4 BN 14.03 – juris Rn. 3). Solche städtebaulichen Gründe enthält die Begründung der Bebauungsplanänderung. Durch die Reduzierung der Zahl der Wohneinheiten wird die Entstehung größerer Wohneinheiten bewirkt. Größere Wohnungen eignen sich weniger für die von der Beigeladenen befürchtete Zweitwohnungsnutzung und dienen bevorzugt der Unterbringung von Familien und damit auch der einheimischen Bevölkerung. Diese zutreffenden städtebaulichen Erwägungen finden ihren Niederschlag in der Begründung zur Änderung des Bebauungsplans vom 2. November 1995 und sind gem. § 1 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 BauGB 1986 bei der Bauleitplanung zu berücksichtigen.
Die Klägerin kann eine Unwirksamkeit des Bebauungsplans nicht mit dem Verweis auf Abwägungsmängel geltend machen. Sie übersieht‚ dass die behaupteten Mängel in der Abwägung gemäß § 233 Abs. 2 Satz 3 BauGB i.V.m. § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB in der Fassung vom 8. Dezember 1986 (BauGB 1986) selbst dann unbeachtlich sind, wenn es sich um Mängel im Abwägungsergebnis handeln würde. Nach § 233 Abs. 2 Satz 3 BauGB sind die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplans geltenden Vorschriften über die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, von Mängeln der Abwägung und sonstiger Vorschriften einschließlich ihrer Fristen weiterhin anzuwenden. Nach § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB 1986, der im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplans sowie der Bebauungsplanänderung galt‚ sind Mängel der Abwägung unbeachtlich‚ wenn sie nicht innerhalb von sieben Jahren seit Bekanntmachung der Satzung schriftlich gegenüber der Gemeinde geltend gemacht worden sind. Die Klägerin hat nicht dargelegt‚ dass die in der Zulassungsbegründung geltend gemachten Abwägungsmängel innerhalb der Frist gegenüber der Beigeladenen geltend gemacht worden wären. Aus den dem Gericht vorgelegten Unterlagen ist auch nicht ersichtlich‚ dass solche Abwägungsmängel gerügt worden wären.
Eine Unwirksamkeit des Bebauungsplans lässt sich nicht aus der Funktionslosigkeit der Mischgebietsfestsetzung ableiten. Von der Funktionslosigkeit einer Festsetzung des Bebauungsplans kann nur unter engen Voraussetzungen ausgegangen werden. Bloße Zweifel an der Realisierungsfähigkeit eines Bebauungsplans reichen nicht aus. Vielmehr ist eine Funktionslosigkeit nur anzunehmen‚ wenn die Verhältnisse im Plangebiet in ihrer tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben‚ der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und darüber hinaus diese Entwicklung so offenkundig ist‚ dass sie ein in die Fortgeltung der Festsetzung gesetztes Vertrauen nicht mehr rechtfertigt (vgl. BVerwG, B.v. 28.4.2004 – 4 C 10.03 – BauR 2004, 1567, BayVGH‚ U.v. 13.2.2015 – 1 B 13.646 – juris Rn. 30 m.w.N.). Die Voraussetzungen für eine Funktionslosigkeit sind für jede Festsetzung des Bebauungsplans getrennt zu prüfen. Sie ist nicht schon dann anzunehmen‚ wenn eine Festsetzung nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann. Mit der Behauptung‚ von den 20 Grundstücken im Plangebiet würden nur zwei gewerblich genutzt, kann die Zulassungsbegründung die Beurteilung des Verwaltungsgerichts nicht erschüttern. Dieses hat ausgeführt, dass das Elektrizitätswerk sowie die Schreinerei als gewerbliche Nutzungen fortbestehen und die in der mündlichen Verhandlung dargestellten gewerblichen Nutzungen gegen eine Funktionslosigkeit des Bebauungsplan sprächen (UA S. 10). Um diese Beurteilung in Frage zu stellen, hätte die Klägerin konkret Nutzungen benennen müssen, die eine Durchmischung des Gebiets sowohl in qualitativer als auch quantitativer Hinsicht auf Dauer ausschließen. Nachdem die Möglichkeit besteht‚ dass bisher zum Wohnen genutzte Flächen für eine im Mischgebiet vorgesehene nicht störende Gewerbebenutzung umgenutzt werden, ist eine Funktionslosigkeit wegen eines nicht reversiblen Überwiegens der Wohnnutzung nicht anzunehmen (vgl. zur möglichen Änderung von bisher zum Wohnen genutzten Räumen in Gewerbe: BayVGH‚ U.v. 13.2.2015 – 1 B 13.646 – juris Rn. 31).
Der Vortrag der Klägerin, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts würden sich aus der unterschiedlichen Würdigung des Bebauungsplans im angefochtenen Urteil und im Urteil des Verwaltungsgerichts vom 22. Februar 2005 – M 1 K 04.1644 – (juris) ergeben, ist nicht nachvollziehbar. Denn in beiden Urteilen kommt das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis‚ dass der Bebauungsplan und die Festsetzung Nr. 15 wirksam sind. Die behauptete, sich widersprechende rechtliche Würdigung des Bebauungsplans liegt nicht vor.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts legt die Zulassungsbegründung nicht schon durch die Behauptung dar‚ die Beschränkung der Zahl der Wohneinheiten sei nicht erforderlich im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB. Das in § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO enthaltene Gebot der Darlegung erfordert eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung‚ durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird. Eine schlichte und nicht spezifizierte Behauptung der Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung genügt nicht (vgl. BayVGH‚ B.v. 20.1.2016 – 22 ZB 15.2277 – juris Rn. 7; Happ in Eyermann‚ VwGO‚ 14. Aufl. 2014‚ § 124 a Rn. 64; Kopp/Schenke VwGO 23. Aufl. 2017 § 124a Rn. 52). Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen‚ warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit falsch ist. Dies erfordert eine erkennbare Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs durch den Rechtsanwalt (vgl. BayVGH‚ B.v. 14.3.2017 – 9 ZB 17.93 – juris Rn. 5). Diesen Anforderungen genügt die bloße Behauptung nicht‚ der Bebauungsplan sei unwirksam‚ da er nach § 1 Abs. 3 BauGB nicht erforderlich sei. Das Zulassungsvorbringen erschöpft sich in dieser bloßen Behauptung und dem Zitat eines Urteils ohne auszuführen‚ weshalb die Festsetzung zur Beschränkung auf vier Wohneinheiten gegen § 1 Abs. 3 BauGB verstoßen sollte. Der zusätzliche Verweis auf die Ausführungen hinsichtlich der Abwägungsfehler kann nicht zur Begründung dienen.
Die Klägerin kann die begehrte Baugenehmigung nach den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts auch nicht im Wege der Erteilung einer Befreiung gem. § 31 Abs. 2 BauGB beanspruchen, weil die Befreiung einen Grundzug der Planung berühren würde (§ 31 Abs. 2 BauGB). Ob die Befreiung daneben städtebaulich vertretbar ist oder Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Befreiung erfordern, ist nicht mehr entscheidungserheblich. Soweit geltend gemacht wird, aus Art. 65 Abs. 1 Satz 2 BayBO ergebe sich eine Genehmigungsfiktion, trifft dies nicht zu. Es lässt sich dem Wortlaut der Vorschrift ohne weiteres entnehmen, dass sie sich nicht mit der Fiktion einer Baugenehmigung, sondern der Zustimmung oder dem Einvernehmen einer anderen Körperschaft zur Erteilung der Baugenehmigung beschäftigt.
Soweit die Klägerin vorträgt, das Verwaltungsgericht habe einen Anspruch auf Duldung der Wohnnutzung zu Unrecht verneint, fehlt es an der hinreichenden Darlegung eines Zulassungsgrundes. In den Gründen des angefochtenen Urteils wird ausgeführt‚ dass es für einen derartigen Anspruch an einer Rechtsgrundlage fehlt. Das Zulassungsvorbringen nennt keine Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch, sondern beschäftigt sich mit insoweit nicht maßgeblicher Rechtsprechung zur Rechtmäßigkeit von Nutzungsuntersagungen.
2. Die Berufung ist auch nicht aufgrund besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten weist eine Rechtssache dann auf‚ wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet‚ wenn sie sich also wegen der Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (vgl. BayVGH‚ B.v. 20.4.2016 – 15 ZB 14.2686 – juris Rn. 63 und Rudisile in Schoch/Schneider/Bier‚ VwGO‚ Stand: Juni 2017‚ § 124 Rn. 28 m.w.N.).
Die Zulassungsbegründung nennt zur Darlegung besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten mehrere Fragen‚ die bereits Gegenstand der Beurteilung im Rahmen der geltend gemachten ernstlichen Zweifel waren. Wie sich aus den vorstehenden Erwägungen ergibt, wirft die Beantwortung dieser Fragen, soweit sie für die Entscheidung überhaupt von Bedeutung sind, keine über das normale Maß hinausgehenden Schwierigkeiten auf.
3. Die Zulassung der Berufung ist auch nicht aufgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache geboten (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ist schon nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt. Um einen auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist und darlegen, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Orientierungspunkt für diese Erfordernisse ist die Begründung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (Happ in Eyermann, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72; BayVGH, B.v. 16.5.2012 – 10 ZB 11.2512 – juris Rn.12 m.w.N; B.v. 16.5.2013 – 10 ZB 10.1362 – juris Rn. 18). Diesen Darlegungsanforderungen genügen die Ausführungen der Klägerin in der Begründung des Zulassungsantrags nicht. Die Klägerin listet lediglich abstrakte Fragen auf, ohne darzulegen‚ worin die grundsätzliche Bedeutung der Fragen liegt.
4. Die Berufung ist auch nicht wegen einer Divergenz nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass das angefochtene Urteil mit einem seine Entscheidung tragenden, abstrakten Rechtssatz von einem eben solchen Rechtssatz eines in der Vorschrift genannten Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Im Zulassungsantrag muss ein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet werden und einem Rechtssatz des anderen Gerichts unter Darlegung der Abweichung gegenüber gestellt werden (vgl. BVerwG, B.v. 11.8.1998 – 2 B 74.98 – NVwZ 1999, 406; B.v. 28.1.2004 – 6 PB 15.03 – NVwZ 2004, 889; B.v. 26.6.1995 – 8 B 44.95 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO Nr. 2).
Die Klägerin hat schon keinen tragenden, abstrakten Rechtssatz des Verwaltungsgerichts herausgearbeitet, mit dem dieses von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts abweicht. Zudem ist in dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Dezember 1990 – 4 NB 13.90 – (BayVBl 1991‚ 503) zur Anwendung von § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB kein die Entscheidung tragender Rechtssatz aufgestellt worden‚ der Grundlage für eine divergierende Entscheidung sein könnte. Das Bundesverwaltungsgericht führt in der genannten Entscheidung aus‚ dass § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB für den dortigen Fall nicht zur Anwendung kommt. Damit konnte hierzu kein die Entscheidung tragender Rechtssatz aufgestellt werden, da eine Divergenz die Abweichung von einem Rechtssatz verlangt, auf dem die Entscheidung beruht (Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2017, § 124 Rn. 40, 45).
5. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Soweit die Klägerin vorträgt‚ das Urteil des Verwaltungsgerichts enthalte keine Entscheidungsgründe im Sinne von § 117 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, verkennt sie die Anforderungen der genannten Norm. Ein Begründungsmangel liegt nur vor‚ wenn die Entscheidungsgründe rational nicht nachvollziehbar‚ sachlich inhaltslos oder aus sonstigen Gründen derart unbrauchbar sind, dass sie unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet sind, den Urteilstenor zu tragen (vgl. BayVGH‚ B.v. 14.5.2007 – 1 ZB 06.226 – juris Rn. 23). In den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils wird indes klar und nachvollziehbar ausgeführt‚ dass der beanspruchten Genehmigung die Festsetzung Nr. 15 des Bebauungsplans entgegensteht und ausführlich begründet‚ weshalb diese Festsetzung wirksam ist. Der zugleich geltend gemachte Anspruch auf Befreiung scheitert nach den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts bereits an dem Umstand‚ dass diese Befreiung die Grundzüge der Planung berühren würde (UA S. 15). Ausführungen zur städtebaulichen Vertretbarkeit und zum Wohl der Allgemeinheit waren deshalb nicht mehr entscheidungserheblich. Auf die von der Klägerin in Bezug genommene Gesetzesänderung aufgrund des „Gesetzes über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen vom 20.11.2014“ kommt es nicht an. Gleichwohl hat sich das Verwaltungsgericht mit diesem Vortrag in dem angefochtenen Urteil beschäftigt.
Auch eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG‚ § 108 Abs. 2 VwGO) ist weder dargelegt noch ersichtlich. Der Anspruch auf rechtliches Gehör zwingt das Gericht nicht‚ auf jedes Vorbringen der Beteiligten in den Entscheidungsgründen einzugehen (vgl. BVerfG‚ B.v. 17.11.1992 – 1 BvR 168/89 u.a. – BVerfGE 87‚ 363).
Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen‚ da ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene gemäß § 162 Abs. 3 VwGO ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt‚ da sie sich im Zulassungsverfahren nicht geäußert hat. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1‚ § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3‚ § 52 Abs. 2 GKG.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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