Baurecht

Beschwerde, Vergabeverfahren, Leistungen, Leistungsbeschreibung, Vergabekammer, Versorgung, Bieter, Vergabeunterlagen, Vergabestelle, Ermessen, Ausschreibung, Auftragnehmer, Ortsbesichtigung, Mangel, sofortige Beschwerde, sofortigen Beschwerde, aufschiebenden Wirkung

Aktenzeichen  Verg 6/22

Datum:
13.6.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 19038
Gerichtsart:
BayObLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

RMF-SG21-3194-7-3 2022-03-30 Bes VKNORDBAYERN Vergabekammer Ansbach

Tenor

1. Der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihrer sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer Nordbayern vom 30. März 2022, Az. RMF-SG21-3194-7-3, bis zur Entscheidung über die Beschwerde zu verlängern, wird in Abänderung des Senatsbeschlusses vom 4. Mai 2022 abgelehnt.
2. Die Antragstellerin erhält Gelegenheit, bis 11. Juli 2022 mitzuteilen, ob sie die sofortige Beschwerde aufrechterhält.
3. Die Verfahrensbeteiligten können bis zum 11. Juli 2022 zum Streitwert des Beschwerdeverfahrens Stellung nehmen.

Gründe

I.
Der Antragsgegner beabsichtigt die Vergabe von Versorgungsleistungen (Warm- und Kaltverpflegung) für Asylsuchende, die in den Dependancen des A. untergebracht sind. Die europaweite Auftragsbekanntmachung im Supplement der EU erfolgte am 6. Oktober 2021. Alleiniges Zuschlagskriterium ist der Preis, Nebenangebote sind nicht zugelassen. Der Vertrag soll für ein Jahr geschlossen werden mit Verlängerungsoptionen für weitere drei Jahre.
In der Auftragsbekanntmachung heißt es unter Ziff. II.2.4) (Beschreibung der Beschaffung):
„Die Belieferung der Warm- und Kaltverpflegung für die Dienststellen und Dependancen des A. nach Leistungsbeschreibung. Bitte berücksichtigen Sie vor der Kalkulation Ihres Angebotes dringend alle vergaberelevanten Dokumente in der Anlage (Leistungsbeschreibung, wichtige Hinweise etc.) …“
und unter Ziff. II.2.14) (Zusätzliche Angaben):
„Bitte beachten Sie unter anderem dringend die Anlage „wichtige Hinweise“! …“
Dort ist u.a. geregelt:
„BEZÜGLICH TECHNOLOGIEFREIHEIT
Soweit die Art und Weise der Essenzubereitung sowie die Anlieferbedingungen der Leistungsbeschreibung entsprechen, ist die Herstellungsart der Warmverpflegung dem potenziellen Bieter überlassen. Bitte beachten Sie, dass beim Einsatz diverser Geräte vor Ort vorab (vor der Angebotsfrist) geklärt werden muss, ob der benötigte Platzbedarf unter allen geltenden Vorschriften gegeben ist (ggf. im Rahmen einer Ortsbesichtigung – siehe unten). Das Mittagessen ist in einer Zentralküche des Auftragnehmers zuzubereiten.“
Teil der Vergabeunterlagen ist ein mit „Cateringvertrag/Leistungsbeschreibung“ bezeichnetes Dokument (Stand 09/2021), das folgende Regelungen enthält:
„§ 1 Vertragsgegenstand
1. Dieser Vertrag regelt die Lieferung und Versorgung mit Tagesvollverpflegung (Montag – Sonntag) für die bis zu 1.500 Bewohner in den verschiedenen Dependancen des A.
Die Warmverpflegungsart (frisch geschöpft aus geeigneten Theken bzw. die Warmverpflegung in Einwegbehältern) bleibt bei einer Erweiterung der Dienstleistung um weitere Standorte offen und orientiert sich am Angebotspreis des Vergabeverfahrens (Preise für die jeweilige Tagesverpflegung bleiben gleich).
§ 2 Aufgaben und Pflichten des Auftragnehmers
2. Die Art der gelieferten Tagesvollverpflegung bietet in ihrer Mindestmenge und Zusammensetzung eine ausreichende, ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung nach den ernährungsphysiologischen Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (nachfolgend „DGE“). Für die Zubereitung von warmen Speisen sind Qualitätsstandards für die Betriebsverpflegung der DGE („QS DGE“) vom Auftragnehmer zu beachten.
5. Die Ausgabe von Frühstück, warmen Mittagessen und Abendessen erfolgt in der Dependance I … sowie in der Dependance … II, … jeweils durch Personal des Auftragnehmers aus geeigneten Theken direkt an die Bewohner (Frühstück und Abendessen werden täglich in Form eines fertig gepackten Lunchpakets gemäß untenstehender Ziffer 5 Buchst. c) und d) ausgegeben).
In der Dependance … III, … sowie in der Dependance … wird das warme Mittagessen aufgrund der örtlichen Gegebenheiten fertig in geeigneten Einwegbehältern (nach den gesetzlichen Anforderungen) angeliefert und durch Personal des Auftragnehmers (bzw. nach vorheriger Absprache in der Dep. … durch den Sicherheitsdienst) ausgegeben. Frühstück und Abendessen werden täglich in Form eines fertig gepackten Lunchpakets gemäß untenstehender Ziffer 5 Buchst. c) und d) ausgegeben.
Zusammensetzung der Verpflegung/ Mahlzeiten
b) Mittagessen:
Ausgabe täglich von 12:00 – 14:00 Uhr bzw. nach vorheriger Vereinbarung mit der jeweiligen Einrichtungsleitung/Hausverwaltung.
Das Mittagessen besteht aus täglich wechselnden warmen Speisen und entspricht mindestens den ernährungsphysiologischen Vorgaben der DGE (insbesondere im Hinblick auf Menge und Zusammensetzung) sowie dem Qualitätsstandard für die Betriebsverpflegung der DGE.
Das Mittagessen ist in einer Zentralküche des Auftragnehmers zuzubereiten.
In der Dependance I … sowie in der Dependance II … ist das Mittagessen in Großgebinden (Spezialbehältern) anzuliefern. Die Ausgabe des Mittagessens erfolgt aus geeigneten Theken durch Personal des Auftragnehmers zum sofortigen Verzehr vor Ort.
In der Dependance III … sowie in der Dependance Ne., wird warmes Mittagessen fertig in geeigneten und rechtskonformen Einwegbehältern angeliefert und durch Personal des Auftragnehmers (bzw. in der Dependance Ne. nach vorheriger Vereinbarung durch den Sicherheitsdienst) ausgegeben.
7. Der Auftragnehmer stellt alle Materialien sowie Geschirr und Geschirrwägen, erforderliche Geräte sowie alle Einrichtungsgegenstände, die zur Ausgabe der Verpflegung und hygienerechtlich erforderlich sind, zur Verfügung und reinigt diese.
Hierzu zählen u.a. heiße und kalte Ausgabetheken, Leermodule, Servierwägen, fahrbare Kühl- und Thermoboxen mit permanenter Temperaturanzeige, Kühlschränke…
§ 3.1 Pflichten des Auftraggebers und Aufragnehmers
1. Der Auftraggeber stellt die zur Erbringung der Leistung erforderlichen Räumlichkeiten in der Einrichtung unentgeltlich zur Verfügung. Die Kosten für Energie, Wasser, Müllentsorgung sowie Reinigung der Kantinenräumlichkeit trägt der Auftraggeber; die Reinigung des Ausgabebereiches, der Lager- und Wirtschaftsräume sowie des gesamten Küchenbereiches erfolgt durch den Auftragnehmer.
§ 3.2 Weitere Pflichten des Auftragnehmers
Der Auftragnehmer hat eine aktuell gültige Zertifizierung nach DIN ISO 9001 (Qualitätsmanagement) oder eine gleichwertige Zertifizierung vorzulegen.
Zudem verpflichtet sich der Auftragnehmer, neben der Einhaltung der Bestimmungen dieser Leistungsbeschreibung, sämtliche einschlägigen Rechtsvorschriften der Europäischen Union, des Bundes und des Freistaates Bayern einschließlich sämtlicher dazugehöriger Erlasse und Verordnungen zu beachten und einzuhalten.
Dies gilt insbesondere für:
– die VO (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene
– die VO (EG) Nr. 853/2004 mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs
– die VO (EG) Nr. 2073/2005 über mikrobiologische Kriterien für Lebensmittel – die Lebensmittelhygieneverordnung (LMHV)
– die Tierische Lebensmittelhygiene-Verordnung (TierLMHV)…“
Die Antragstellerin nahm am 28. Oktober 2021 die Möglichkeit wahr, vorab eine Ortsbesichtigung durchzuführen. Die Vergabestelle erteilte hierzu im Rahmen der Bekanntgabe des Termins folgenden Hinweis:
„Bitte beachten Sie, dass es sich nur um eine Besichtigung handelt. Fragen bezüglich des Vergabeverfahrens werden nicht beantwortet oder besprochen. Sollten Sie dennoch Fragen bezüglich der Unterkunft oder des Vergabeverfahrens haben, stellen Sie diese bitte über die Bieterkommunikation der Vergabeplattform.“
Die Antragstellerin, die Beigeladene, die derzeit die Versorgung des streitgegenständlichen A. durchführt, und ein weiterer Bieter gaben fristgerecht zum Schlusstermin ein Angebot ab, wobei das Angebot der Beigeladenen das preisgünstigste war. Die zweitplatzierte Antragstellerin und die Beigeladene bestätigten auf Verlangen der Vergabestelle vom 7. Dezember 2021 zur Überprüfung der Auskömmlichkeit des Angebots, dass in ihren Angebotspreisen alle zur vertragsgerechten Erfüllung der Leistungen erforderlichen auftragsbezogenen Kosten sowie alle durch Gesetze und Tarifverträge verursachten Kosten enthalten seien.
Mit Informationsschreiben vom 3. Januar 2022 teilte die Vergabestelle der Antragstellerin mit, dass sie den Zuschlag am 14. Januar 2022 auf das Angebot der Beigeladenen erteilen wolle, wogegen sich die Antragstellerin mit Rügeschreiben vom 11. Januar 2022 wandte. Die Beigeladene verstoße mit ihrem Verpflegungskonzept gegen verschiedene Vorgaben und DIN-Normen. Sie könne wegen der Entfernung ihres Produktionsstandorts (Sch…) zu den zu beliefernden Dependancen die maximale Warmhaltezeit von drei Stunden ab Beendigung des Garprozesses nicht einhalten. Da eine Zubereitung des Mittagessens in einer Zentralküche vorgeschrieben sei, sei ein Regenerieren der Produkte im LKW nicht erlaubt. Außerdem müsse die Regenerierung unmittelbar nach der Entnahme aus dem Kühllager erfolgen, was die Beigeladene ebenfalls nicht beachte. Zudem verstoße sie gegen Vorschriften zu Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer. Eine Preisprüfung hätte ergeben müssen, dass die Beigeladene nicht vertragskonform leisten könne. Die Antragstellerin habe eine Zentralküche in N., ihr Angebot könne von der Beigeladenen nur dann unterboten werden, wenn wesentliche Kosten nicht einkalkuliert worden seien. Schließlich sei die Beigeladene wegen schwerer Verfehlungen nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB vom Verfahren auszuschließen, da sie (auch) bei der Durchführung eines anderen Versorgungsauftrags vertragliche und rechtliche Vorgaben nicht einhalte.
Mit Schreiben vom 12. Januar 2022 teilte die Vergabestelle mit, sie habe weder Anhaltspunkte für Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften noch Hinweise, die Zweifel an der Leistungsfähigkeit der Beigeladenen begründeten. Der Angebotspreis sei auf seine Auskömmlichkeit hin überprüft worden.
Mit ihrem am 13. Januar 2022 erhobenen Nachprüfungsantrag hat die Antragstellerin zunächst eine Untersagung der Zuschlagserteilung an die Beigeladene und erneute Wertung der Angebote angestrebt. Unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Rügen hat sie geltend gemacht, die Beigeladene sei wegen Nichterfüllung der Anforderungen der Vergabeunterlagen bzw. Änderungen an den Vergabeunterlagen auszuschließen. Die in der Ausschreibung verlangte Belieferung der Dependancen mit warmen Mahlzeiten könne die Beigeladene nur unter Missachtung lebensmittel- und hygienerechtlicher Anforderungen bewerkstelligen. Die Vergabestelle hätte auf die Rügen der Antragstellerin hin das Leistungsversprechen der Beigeladenen überprüfen müssen, was sie pflichtwidrig unterlassen habe. Außerdem sei das Konkurrenzangebot wegen Nichteinhaltung von Kalkulationsvorgaben nicht zuschlagsfähig. Die durchgeführte Preisprüfung sei unzureichend. Darüber hinaus missachte die Beigeladene Vorschriften der Lebensmittelhygiene bei der Durchführung aktueller Aufträge; wie Beobachtungen eines von der Antragstellerin eingeschalteten Detektivs untermauert hätten, verstoße sie gravierend gegen ihre vertraglichen Pflichten. Eine positive Eignungsprognose sei damit nicht möglich, vielmehr müsse die Beigeladene zwingend ausgeschlossen werden. Die Dokumentation zur Eignungsprüfung und zum Nichtvorliegen von Ausschlussgründen sei unzureichend.
Der Antragsgegner und die Beigeladene haben die Zurückweisung des Nachprüfungsantrags der Antragstellerin beantragt.
Die Antragstellerin interpretiere die Vergabeunterlagen fehlerhaft, es sei weder ein Regenerieren vor Ort ausgeschlossen noch gebe es verbindliche Warmhaltezeiten. Die DGE selbst weise darauf hin, dass es sich bei den genannten DIN-Normen um rechtlich unverbindliche Hilfen für die praktische Umsetzung handele. Die Vergabestelle sehe keine Veranlassung für einen Ausschluss der Beigeladenen bzw. ihres Angebots, zumal sie einwandfreie Referenzen vorgelegt habe und die Vergabestelle durchgängig mit ihren bisherigen Leistungen zufrieden gewesen sei. Es sei unter Berücksichtigung aller Informationen eine sorgfältige, ordnungsgemäße und gesetzestreue Auftragsausführung zu erwarten. Die Beigeladene hat sämtliche Vorwürfe als haltlos zurückgewiesen; die Antragstellerin versuche mit allen Mitteln, sie als Konkurrentin zu diskreditieren, tatsächlich erfülle sie ihre vertraglichen Pflichten völlig korrekt und beabsichtige dies auch vorliegend.
In der mündlichen Verhandlung vom 28. März 2022 ist das Konzept der Beigeladenen zur Durchführung des Auftrags, insbesondere deren Absicht erörtert worden, das von ihrer Zentralküche in Sch… angelieferte, gekühlte Mittagessen in der Küche der Dependance … zu regenerieren und anschließend dort auszugeben bzw. zu den anderen Dependancen zu transportieren.
Nach Erörterung der Streitpunkte und einem Vorschlag der Vergabekammer, sich bei Kostendrittelung auf eine Zuschlagserteilung an die Beigeladene zu verständigen, hat die Antragstellervertreterin erklärt, sie halte den bisherigen Antrag auf Ausschluss des Angebots der Beigeladenen nicht aufrecht und beantrage nunmehr, den Auftraggeber zu verpflichten, das Vergabeverfahren aufzuheben und bei Fortbestehen der Vergabeabsicht unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen. Ihren Mitarbeitern sei beim Ortstermin mitgeteilt worden, dass ein Regenerieren vor Ort nicht möglich und nicht gewünscht sei; damit seien die Vorgaben für die Bieter unterschiedlich gewesen. Der Antragsgegner hat die Erteilung eines mündlichen Hinweises bestritten.
Mit Beschluss vom 30. März 2022, der Antragstellerin zugestellt am 6. April 2022, hat die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen.
Der Nachprüfungsantrag sei zwar zulässig, insbesondere habe die Antragstellerin die beabsichtigte Zuschlagserteilung an die Beigeladene rechtzeitig gerügt, er sei jedoch unbegründet. Die Vergabeunterlagen seien nach dem objektiven Empfängerhorizont des fachkundigen Bieters weder widersprüchlich noch missverständlich. Die Auslegung der Unterlagen ergebe, dass eine Erwärmung der Mahlzeiten nach dem sog. „cook & chill-Verfahren“ zulässig sei. Es sei nur vorgegeben, dass die Speisen in einer Zentralküche des Auftragnehmers zuzubereiten seien, ansonsten bleibe die Herstellungsart der Warmverpflegung dem Bieter überlassen. Aus den Vergabeunterlagen ergebe sich kein Verbot, Speisen in der Dependance in der … Straße für die dortige Essensausgabe oder für die weiteren Dependancen zu regenerieren. Die Argumentation der Antragstellerin, es sei im Preisblatt von einer „Belieferung“ mit warmen Mahlzeiten die Rede, damit seien die Vorgaben nicht eindeutig, sei ergebnisorientiert und berücksichtige nicht Sinn und Zweck der Vergabeunterlagen. Es lägen keine Anhaltpunkte dafür vor, dass die Beigeladene den zukünftigen Auftrag nicht vertragskonform erfüllen könne. Ihr Konzept, das in der Zentralküche in Sch… zubereitete Mittagessen mit Kühllastern in die Dependance in der … Straße zu bringen, dort in einem Kühllager zwischenzulagern, nach Bedarf zu regenerieren und auszuteilen bzw. an die weiteren Dependancen mit einem Sprinter auszuliefern, stehe im Einklang mit den Vergabeunterlagen. Sie verstoße mit dem beabsichtigten Vorgehen auch nicht gegen den Qualitätsstandard der DGE. Der vom Antragsgegner bestrittene Sachvortrag der Antragstellerin, ihr sei bei der Ortsbesichtigung mitgeteilt worden, dass ein Regenerieren vor Ort nicht zugelassen sei, sei verspätet. Selbst wenn deren Angaben zutreffen würden, hätte sie dies zum Inhalt einer Bieteranfrage machen müssen.
Auch die Entscheidung der Vergabestelle, die Beigeladene nicht nach § 124 GWB auszuschließen, sei vergaberechtlich nicht zu beanstanden. Sie habe von dem ihr zustehenden Ermessen ordnungsgemäß Gebrauch gemacht, ihre Prognose, dass von der Beigeladenen eine vertragsgerechte Leistung zu erwarten sei, sei nicht zu beanstanden. Ebenso wenig leide die Dokumentation des Vergabeverfahrens an einem Mangel, der eine Rückversetzung erfordere. Die von der Beigeladenen eingereichten Referenzen seien erkennbar vergleichbar. Ein Verstoß gegen § 60 VgV (Preisprüfung) liege ebenfalls nicht vor.
Gegen den Beschluss der Vergabekammer wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 20. April 2022.
Sie hält an ihrem Standpunkt fest, dass die Vergabeunterlagen widersprüchlich bzw. missverständlich seien und die Bieter unterschiedliche Informationen zur Möglichkeit des Regenerierens erhalten hätten. Die Unterlagen böten keinen Anhalt dafür, dass dem Auftragnehmer unentgeltlich Räumlichkeiten für eine Regenerierküche zur Verfügung gestellt würden oder dass in einer der Dependancen Speisen regeneriert und von dort zu anderen Dependancen ausgeliefert werden dürften. Die Vergabeunterlagen seien vielmehr dahingehend zu verstehen und von der Antragstellerin auch so verstanden worden, dass das Mittagessen in jeder Dependance warm angeliefert werden müsse und nicht vor Ort regeneriert werden dürfe. Dies sei zwei Mitarbeitern der Antragstellerin anlässlich einer Ortsbesichtigung am 28. Oktober 2021 von der für die Vergabestelle vor Ort anwesenden Person auch so mitgeteilt worden. Auch wenn die Vergabekammer das Vorbringen – zu Unrecht – als verspätet zurückgewiesen habe, sei es vom Beschwerdegericht zu berücksichtigen.
Falls der Senat dies nicht so sehe, sei die Wertung der Angebote zu wiederholen, da das Angebot der Beigeladenen nicht zuschlagsfähig sei bzw. die Beigeladene zwingend auszuschließen sei. Dass die Antragstellerin ihren diesbezüglichen Antrag vor der Vergabekammer nicht aufrechterhalten habe, stehe dem Hilfsantrag nicht entgegen. Es werde weiterhin bestritten, dass die Beigeladene das Mittagessen in einer Zentralküche zubereite, da dies auch aktuell nicht geschehe. Das Konzept der Beigeladenen verstoße gegen die QS DGE und gegen die DIN 10536:2016-03, denn es sei ihr nicht möglich, im Rahmen der Auslieferung der regenerierten Mahlzeiten an die Dependancen die maximale Warmhaltezeit von zwei Stunden zu wahren. Zu Unrecht habe die Vergabestelle abgelehnt, die Beigeladene nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB wegen schwerer Verfehlungen auszuschließen. Die Vergabestelle habe von ihrem Ermessen nicht korrekt Gebrauch gemacht, wesentliche Aspekte nicht berücksichtigt und anderen Umständen eine zu große Bedeutung beigemessen. Die Beigeladene habe außerdem Kalkulationsvorgaben nicht eingehalten, weswegen sie ausgeschlossen werden müsse. Dokumentationsmängel habe die Vergabekammer fehlerhaft verneint.
Die Antragstellerin beantragt,
1.Der Beschluss der Vergabekammer Nordbayern vom 30. März 2022, (Az. RMF- SG21-3194-7-3) wird aufgehoben.
2.Dem Antragsgegner wird untersagt, in dem streitgegenständlichen Vergabeverfahren den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen.
3.Der Antragsgegner wird verpflichtet, das Vergabeverfahren in den Stand vor Versendung der Auftragsbekanntmachung zurückzuversetzen und bei fortbestehender Vergabeabsicht unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Vergabesenats zu wiederholen.
4.Hilfsweise: Der Antragsgegner wird verpflichtet, die Wertung der Angebote unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Vergabesenats zu wiederholen.
sowie
Die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde wird bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängert.
Der Antragsgegner und die Beigeladene beantragen die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde und des Antrags auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung.
Sie halten den Beschluss der Vergabekammer für zutreffend und die hiergegen vorgebrachten Einwände der Antragstellerin für nicht stichhaltig. Auf das im Verfahren vor der Vergabekammer aufgegebene Rechtsschutzziel könne die Antragstellerin in der Beschwerde nicht mehr zurückgreifen.
Mit Beschluss vom 4. Mai 2022 hat der Senat die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde einstweilen bis zum 14. Juni 2022 verlängert.
II.
Der Antrag der Antragstellerin auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung bis zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde ist gemäß § 173 Abs. 2 Satz 1 GWB abzulehnen. Unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen überwiegen die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zur Entscheidung über die Beschwerde die mit einer weiteren Verzögerung verbundenen Vorteile. Dies gilt namentlich bei Berücksichtigung des Interesses der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben des Antragsgegners entsprechend § 173 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 GWB sowie der in § 173 Abs. 2 Satz 4 GWB genannten Gesichtspunkte, darunter insbesondere der Erfolgsaussichten der sofortigen Beschwerde.
Denn das Rechtsmittel der Antragstellerin ist aller Voraussicht nach erfolglos. Dem Interesse des Antragsgegners an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens ist damit der Vorrang zu gewähren (h. M., vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3. August 2018, Verg 30/18, juris Rn. 39). Nach summarischer Prüfung hält der Senat die Ausführungen der Vergabekammer, mit der diese den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen hat, für überzeugend. Die Beschwerdebegründung enthält keine stichhaltigen Argumente, die die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung in Frage zu stellen vermögen.
1. Die sofortige Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt worden, § 171 Abs. 1, § 172 GWB. Die Antragstellerin ist durch die Entscheidung der Vergabekammer formell und materiell beschwert, da ihr zuletzt verfolgtes Rechtsschutzziel, das Vergabeverfahren aufzuheben und bei Fortbestehen der Vergabeabsicht unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen, abgelehnt worden ist. Ob die Antragstellerin hilfsweise ihr vor der Vergabekammer ausdrücklich aufgegebenes Rechtsschutzziel, die Beigeladene bzw. deren Angebot auszuschließen, erneut aufgreifen und im Beschwerdeverfahren weiterverfolgen kann, mag zweifelhaft sein. Für die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde ist dies jedoch nicht von Relevanz.
2. Das auf Aufhebung und Korrektur des Vergabeverfahrens gerichtete primäre Beschwerdeziel der Antragstellerin bleibt aller Voraussicht nach erfolglos.
a) Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, insbesondere musste die Antragstellerin den diesbezüglichen Vergabeverstoß nicht vor Erhebung des Nachprüfungsantrags rügen (§ 160 GWB). Denn erst im Verlauf des Nachprüfungsverfahrens ist für die Antragstellerin deutlich geworden, dass sie die Vorgaben der Vergabeunterlagen in Bezug auf die Möglichkeit des Regenerierens von Mahlzeiten vor Ort abweichend von der Vergabestelle und der Beigeladenen verstanden hat. Hieraus leitet sie eine – für sie vorab nicht erkennbare – Widersprüchlichkeit der Vergabeunterlagen ab.
b) Die Rüge erscheint nicht begründet, denn in Übereinstimmung mit der Vergabekammer hält der Senat die Vorgaben in den Vergabeunterlagen – auch in Zusammenschau mit der Auftragsbekanntmachung – nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont des fachkundigen Bieters weder für widersprüchlich noch für missverständlich. Maßgeblich ist insoweit, wie ein verständiger, sachkundiger und mit derartigen Beschaffungsvorgängen vertrauter Bieter die Vergabeunterlagen verstehen muss (zu diesem Maßstab OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 5. November 2019, 11 Verg 4/19, juris Rn. 39; Goede/Hänsel in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 4. Aufl. 2020, VgV § 29 Rn. 4). Nur für zwei von vier Dependancen – nämlich für die Dependancen N.- … straße und Ne. – war bindend vorgegeben, dass das Mittagessen bereits warm angeliefert werden muss. Die Möglichkeit zur Regenerierung von Mahlzeiten in der Dependance N.-B. Straße wird in den Vergabeunterlagen zwar nicht ausdrücklich gestattet, das Vorgehen steht jedoch im Einklang mit den Vorgaben der Ausschreibung, und zwar auch, soweit es um Speisen für die weiteren drei Dependencen des A. geht. Weder besteht ein Anlass für die Korrektur von Widersprüchlichkeiten noch liegen objektiv unklare Vorgaben vor, die präzisiert werden müssten.
aa) Zwingend vorgegeben ist in den Vergabeunterlagen, dass das Mittagessen in einer Zentralküche des Auftragnehmers zubereitet werden muss, die Art und Weise der Zubereitung wurde dagegen ausdrücklich dem Bieter überlassen. Dies folgt aus den „wichtigen Hinweisen“, auf die bereits in der Bekanntmachung Bezug genommen worden ist, und auch aus Ziff. 5 der Leistungsbeschreibung (dort Seite 5). Damit ist den fachkundigen Bietern eindeutig freigestellt, das in Fachkreisen bekannte „cook & chill“-Verfahren einzusetzen, bei dem das Essen nach der Zubereitung heruntergekühlt und nach dem Transport wieder regeneriert (d. h. erwärmt) wird. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin zählt das Regenerieren nicht zur Essenszubereitung, die mit dem Abschluss des Kochvorgangs beendet ist. Ein anschließendes Einfrieren, Auftauen und Erwärmen ist Teil des Behandelns des Essens und gehört nicht mehr zur Herstellung bzw. Zubereitung (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1 und 2 LFGB).
bb) Weiterhin ist unstreitig in den Vergabeunterlagen festgelegt, dass die Bewohner der Dependancen mit einem warmen Mittagessen zu verpflegen sind, allerdings schreibt die Leistungsbeschreibung in § 2 Ziff. 5 nur für die Dependancen N.-… straße und Ne. die Anlieferung des warmen Mittagessens vor. Dagegen heißt es für die beiden anderen Dependancen, dass das Mittagessen „in Großgebinden“ anzuliefern sei, ohne dass festgelegt ist, dass das Essen bereits warm ankommen müsse. Damit enthält die Leistungsbeschreibung für diese beiden Dependancen gerade keine, gemäß den „wichtigen Hinweisen“ vorrangig zu beachtenden Anlieferbedingungen. Dem Bieter bleibt also die Herstellungsart (“cook & chill“) weiter freigestellt, er kann somit auch das zentral zubereitete Mittagessen vor Ort regenerieren, wenn er dies will. Dabei hat er, wie in den „wichtigen Hinweisen“ ebenfalls geregelt ist, vor Abgabe des Angebots (ggf. im Rahmen eines Ortstermins) nur zu klären, ob der benötigte Platzbedarf für etwaige, von ihm eingesetzte Geräte vorhanden ist. Dass zu den möglichen Gerätschaften, die der Bieter mitbringen darf, nicht auch Vorrichtungen zur Regenerierung des Essens gehören, ergibt sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Kontext der Leistungsbeschreibung.
cc) Aus der in der Leistungsbeschreibung geregelten Verteilung der Pflichten und Aufgaben lässt sich ebenfalls nichts anderes herleiten; der Auftragnehmer hat nach § 2 Ziff. 7 alle Materialien sowie Geschirr und Geschirrwägen, erforderliche Geräte sowie alle Einrichtungsgegenstände, die zur Ausgabe der Verpflegung und hygienerechtlich erforderlich sind, zur Verfügung zu stellen und zu reinigen. Wird das Mittagessen heruntergekühlt in der B. Straße angeliefert (was grundsätzlich zulässig ist), ist es notwendig, dieses vor der Ausgabe der Verpflegung zu regenerieren, damit es – wie vorgeschrieben – dort warm serviert oder als warme Mahlzeit zu den übrigen Dependancen gebracht werden kann. Weder aus der Formulierung „Ausgabe der Verpflegung“ noch aus dem in § 3.2 der Leistungsbeschreibung verschiedentlich verwendeten Begriff „Ausgabeküche“ kann geschlossen werden, dass nur diejenigen Hilfsmittel mitgebracht oder genutzt werden dürfen, mit denen die unmittelbare Ausgabe des Essens zu bewerkstelligen ist. Gegen ein derart enges Verständnis sprechen nicht nur Sinn und Zweck der vertraglichen Regelungen, sondern auch die beispielhaft genannten Gerätschaften, zu denen u. a. Kühlschränke zählen. Auch ansonsten ist nicht erkennbar, dass Geräte zur Regenerierung von den vertraglichen Regelungen nicht erfasst werden oder sich für diese Kontrolllücken ergeben könnten, wie die Antragstellerin meint. Setzt ein Bieter diese Geräte ein, unterliegen sie seinem Verantwortungsbereich, er ist damit gemäß § 2 Ziff. 7 und § 3.2 Ziff. 5 der Leistungsbeschreibung für deren ordnungsgemäße Reinigung zuständig, was der Auftraggeber stichprobenhaft kontrollieren kann (§ 3.1 Ziff. 6 der Leistungsbeschreibung). § 3.2 Ziff. 5 letzter Satz der Leistungsbeschreibung stellt ausdrücklich klar, dass der Auftragnehmer alle Maßnahmen schuldet, die nach Sinn und Zweck zur ordnungsgemäßen Leistungserbringung erforderlich sind, selbst wenn sie nicht konkret aufgelistet sind.
dd) Ebenso wenig ergibt sich aus der Formulierung in Ziff. II.2.4) der Auftragsbekanntmachung („Belieferung von Warm- und Kaltverpflegung“) eine Unklarheit oder ein Widerspruch, zumal es unmittelbar anschließend heißt „gemäß Leistungsbeschreibung“. Aus der Sicht eines verständigen und fachkundigen Bieters ist dies eindeutig so zu verstehen, dass der Auftragnehmer nicht nur für eine Kalt-, sondern auch für eine Warmverpflegung zu sorgen hat und sich die näheren Details aus den Vergabeunterlagen ergeben, insbesondere ob warme Mahlzeiten auch warm bei den Dependancen ankommen müssen. Diese Frage ist konkret und differenziert nach den einzelnen Dependancen in § 2 Ziff. 5 der Leistungsbeschreibung geregelt. Auch die von der Antragstellerin herangezogene Formulierung in dem mit „Leistungsverzeichnis“ überschriebenen Dokument, wonach „die in den Anlagen aufgelisteten Dienststellen (…) täglich mit warmen Mahlzeiten sowie mit Lunchpaketen (…) beliefert werden müssen“, rechtfertigt weder eine andere Auslegung der Vergabeunterlagen noch führt sie zu Unklarheiten. Das Formular dient aus Sicht des verständigen Bieters nur der Angabe der Angebotspreise und hat nicht die Funktion, die ausführlich in der Leistungsbeschreibung festgehaltenen Aufgaben und Pflichten des Bieters zu regeln oder zu modifizieren.
ee) Auch die weiteren, von der Antragstellerin herangezogenen Aspekte vermögen nicht zu überzeugen. Ein Verstoß gegen das Gebot einer eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung, das die Vergleichbarkeit der Angebote sicherstellt (§ 121 GWB), ist nicht erkennbar. Es ist klar ersichtlich, welche Leistung von den Bietern in welcher Form verlangt wird, nämlich die Verpflegung der Bewohner des A. mit einem warmen Mittagessen, wobei für zwei Dependancen vorgeschrieben ist, dass die Speisen bereits bei Anlieferung warm sein müssen, während dies für zwei andere Dependancen nicht festgelegt ist. Dies ändert nichts daran, dass die Speisen zunächst fertig zubereitet worden sein müssen, es bleibt den Bietern lediglich überlassen, ob sie die Speisen warm transportieren oder herunterkühlen und dann vor Ort (mit eigenen Geräten) regenerieren. Weder ergibt sich aus § 121 GWB, dass die Vergabestelle eine der beiden Möglichkeiten zwingend vorzuschreiben hat, noch muss sie ausdrücklich in der Ausschreibung bekanntgeben, dass beides zulässig ist, zumal bereits die in der Auftragsbekanntmachung in Bezug genommenen „wichtigen Hinweise“ verdeutlichen, dass den Bietern Spielräume in der Herstellung und Anlieferung zur Verfügung stehen.
ff) Ebenso wenig kann in der möglichen Nutzung der Räumlichkeiten in der B. Straße zum Zwecke der Regenerierung eine „unzulässige Subvention“ erkannt werden, soweit damit die zum A. zählenden Dependancen versorgt werden. Die Antragstellerin räumt selbst ein, dass die Vergabestelle ein Regenerieren vor Ort zulassen kann. Weshalb damit zugleich eine Erlaubnis für den Bieter verbunden sein sollte, die Räumlichkeiten des Antragsgegners für nicht mit der Vertragserfüllung zusammenhängende Zwecke zu nutzen, etwa indem er dort Mahlzeiten für nicht von der Ausschreibung erfasste Dritte regeneriert, erschließt sich nicht. Abgesehen davon kann weder festgestellt werden, dass die Beigeladene dies beabsichtigen würde, noch dass der Antragsgegner hiermit einverstanden wäre. Sollte die Antragstellerin bei anderen Ausschreibungen hinreichende Verdachtsmomente für einen wettbewerbsverzerrenden Vorteil der Beigeladenen haben, bleibt ihr unbenommen, dies im dortigen Verfahren zu klären.
gg) Auf subjektive Vorstellungen des Auftraggebers stellt der Senat nicht ab, auch vorangegangene Ausschreibungen wurden nicht in die summarische Prüfung einbezogen.
hh) Die Argumentation der Antragstellerin, die Beigeladene halte sich nicht an die Vorgaben der QS DGE bzw. der DIN 10536:2016-03, weil das Essen zu lange warmgehalten werde, betrifft nicht die Frage, ob eine Regenerierung von Speisen vor Ort nach den Vergabeunterlagen generell zulässig ist, sondern ob das Angebot der Beigeladenen deshalb auszuschließen ist, weil sie nicht beabsichtigt, vertragskonform zu leisten.
ii) Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich auch nicht erschließt, welchen Unterschied es für den Inhalt und die Kalkulation des Angebots gemacht hätte, wenn die Antragstellerin, die nach eigenen Angaben über eine nahegelegene eigene Zentralküche verfügt, erkannt hätte, dass der Bieter in den Räumlichkeiten in der B. Straße von ihm mitgebrachte Geräte zur Regenerierung nutzen darf.
c) Aus dem – bestrittenen – Hinweis im Zuge des Ortstermins, eine Regenerierung vor Ort sei nicht zulässig, kann die Antragstellerin keine für sie günstigen Schlussfolgerungen ziehen, so dass es einer Beweisaufnahme nicht bedarf.
aa) Ob die Zurückweisung des Vorbringens durch die Vergabekammer nach § 167 Abs. 2 Satz 2 GWB es rechtfertigt, den Vortrag in der Beschwerde unberücksichtigt zu lassen, kann dahinstehen. In diesem Zusammenhang sind zahlreiche Fragen umstritten, beispielsweise ob die vorangegangene Fristsetzung – wie vorliegend – allein durch den Vorsitzenden erfolgen kann (Frister in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, GWB § 167 Rn. 17; Gröning in Burgi/Dreher, Beck´scher Vergaberechtskommentar, Bd. 1, 4. Aufl. 2022, GWB § 167 Rn. 24) oder ob die Vergabekammer die Frist setzen muss (Dreher in Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 6. Aufl. 2021, GWB § 167 Rn. 23), ob ein Hinweis auf die Folgen von Versäumnissen erteilt werden muss (Knauff/Frischmuth in Münchener Kommentar zum Wettbewerbsrecht, Vergaberecht, 4. Aufl. 2022, GWB § 167 Rn. 18; Summa in jurisPK-VergabeR, 5. Aufl. 2016, Stand 25. September 2017, GWB § 167 Rn. 64 [für anwaltlich nicht vertretene Beteiligte]) und ob ein zu Recht zurückgewiesenes Vorbringen in der Beschwerde noch geltend gemacht werden kann (Vavra/Willner in Burgi/Dreher, Beck´scher Vergaberechtskommentar, Bd. 1, GWB § 175 Rn. 25 m. w. N.). Einer vertieften Erörterung der Streitfragen bedarf es nicht.
bb) Denn selbst wenn zugunsten der Antragstellerin unterstellt wird, dass sich ein Mitarbeiter des Antragsgegners bei der Ortsbesichtigung so geäußert hat, wie von der Antragstellerin behauptet, führt dies nicht zu einer Unklarheit, die eine Zurückversetzung des Vergabeverfahrens erfordern würde. Unerheblich ist, ob die strittige Äußerung ohnehin der subjektiven (Fehl-)Vorstellung der Antragstellerin entsprach und ob sie auf Nachfrage oder unaufgefordert erfolgt ist, maßgeblich ist vielmehr, dass die Antragstellerin von vorneherein keinen Anlass hatte, etwaigen Äußerungen im Zuge der Besichtigung zu vertrauen. Die Vergabestelle hat die Antragstellerin vorab eindeutig und unmissverständlich darauf hingewiesen, dass der Ortstermin rein der Besichtigung dient, Fragen weder erörtert noch beantwortet werden und ein Bieter ausschließlich über die Vergabeplattform verbindliche Informationen zum Vergabeverfahren erhalten kann. Die Antragstellerin konnte damit Erklärungen vor Ort keine Relevanz für das Vergabeverfahren, insbesondere für das Verständnis der Vergabeunterlagen, beimessen.
3. Der Hilfsantrag der Antragstellerin auf Ausschluss der Beigeladenen bzw. deren Angebots bleibt aller Voraussicht nach ebenfalls erfolglos.
a) Es bestehen schon Zweifel, ob die Antragstellerin ihr ausdrücklich in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer aufgegebenes Rechtsschutzziel erneut in der Beschwerde wieder aufgreifen kann. Zwar ist die Vergabekammer nicht streng an die Anträge der Beteiligten gebunden, § 168 Abs. 2 Satz 2 GWB, dies ändert jedoch nichts daran, dass das Nachprüfungsverfahren der Verwirklichung eines subjektiven Rechtsschutzes dient und dabei das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers den Rahmen bildet, innerhalb dessen die Vergabekammer und der Senat das Vergabeverfahren überprüfen (vgl. OLG München, Beschluss vom 9. Oktober 2010, Verg 13/10, juris Rn. 19). Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass Vergabeverstöße nach der Gesetzessystematik möglichst frühzeitig gerügt und im Nachprüfungsverfahren geklärt werden sollen, damit rasch Rechtssicherheit für das Vergabeverfahren geschaffen wird. Dabei steht es dem Antragsteller im Rahmen seiner Dispositionsfreiheit frei, ob er Rügen, die er (erfolglos) gegenüber der Vergabestelle geltend gemacht hat, in einem Nachprüfungsverfahren weiterverfolgt, ob er sie also zum Gegenstand seines Nachprüfungsantrags oder seiner Beschwerde macht oder nicht. Er kann Rügen vorab oder im laufenden Verfahren fallen lassen, womit für die Nachprüfungsinstanz kein Anlass mehr für deren rechtliche Prüfung besteht (Vavra/Willner in Burgi/Dreher, Beck´scher Vergaberechtskommentar, Bd. 1, GWB § 178 Rn. 7). Trotz fehlender ausdrücklicher Präklusionsvorschriften sprechen die Rügeobliegenheiten und der in § 160 Abs. 3 GWB und § 167 GWB zum Ausdruck kommende Beschleunigungsgrundsatz dafür, dass bewusst und gewollt aufgegebene Rügen später nicht erneut geltend gemacht werden können. So hat das Oberlandesgericht Dresden entschieden, dass ein Bieter nicht Monate später auf eine gegenüber der Vergabestelle ausdrücklich nicht aufrechterhaltene Rüge zurückgreifen kann. Es hat angenommen, dass es in einer solchen Konstellation an der notwendigen (fristgerechten) Rüge fehle (OLG Dresden, Beschluss vom 25. Februar 2014, Verg 9/13, juris Rn. 18).
Die Überlegungen lassen sich auf die Erklärung der Antragstellerin übertragen, die anwaltlich vertreten in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer bekundet hat, sie halte ihren Antrag auf Ausschluss des Angebots der Beigeladenen nicht aufrecht, sondern begehre nunmehr die Aufhebung des Vergabeverfahrens. Die den beiden Rechtsschutzzielen zugrundeliegenden Rügen betreffen gänzlich unterschiedliche Vergabeverstöße, die sich klar voneinander abgrenzen lassen und zu unterschiedlichen Folgen führen. Während die Antragstellerin mit ihrem ursprünglichen Antrag Ausschlussgründe in Bezug auf die Beigeladene bzw. deren Angebot geltend gemacht hat, zielte der neue Antrag auf die Korrektur struktureller Fehler des Vergabeverfahrens ab. Der Senat tendiert dazu, die Erklärung der Antragstellerin, sie verfolge den ursprünglichen Antrag nicht weiter, zugleich als Rücknahme der damit zusammenhängenden Rügen zu verstehen, womit diese im Beschwerdeverfahren nicht einfach wieder aufgegriffen werden könnten, sondern präkludiert wären.
b) Abgesehen davon liegen nach summarischer Prüfung weder die Voraussetzungen für einen Ausschluss des Angebots der Beigeladenen noch für deren Ausschluss nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB vor. Auch die von der Antragstellerin in diesem Zusammenhang geltend gemachten Dokumentationsversäumnisse erweisen sich als nicht begründet.
aa) Das Angebot der Beigeladenen entspricht den Vorgaben der Ausschreibung. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass sie die Leistung in Abweichung von den Vergabeunterlagen erbringen will, vermag die Antragstellerin nicht aufzuzeigen. Für einen Ausschluss nach § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV ist damit kein Raum.
(1) Die Beigeladene beabsichtigt – wie sie im Verfahren erläutert hat – eine Zubereitung des Mittagessens in ihrer Zentralküche in Sch…, was der Regelung in § 2 Ziff. 5 der Leistungsbeschreibung entspricht. Dieser Erklärung darf der Antragsgegner grundsätzlich vertrauen (BayObLG, Beschluss vom 9. November 2021, Verg 5/21, juris Rn. 107). Die von der Antragstellerin geschilderten Beobachtungen ihres Detektivs rechtfertigen keine ernsthaften Zweifel an dem Leistungsversprechen der Beigeladenen und geben auch keinen Anlass für eine weitere Sachverhaltsaufklärung. In dem als Anlage BF 7 vorgelegten Bericht schildert der Zeuge lediglich punktuelle Wahrnehmungen aus der Umgebung des Standorts der Beigeladenen, die Angaben beziehen sich außerdem auf sehr kurze Zeitfenster an den Tagen vom 9. Januar 2022 bis 15. Januar 2022. Auch wenn der Zeuge frühmorgens nur wenige Personen gesehen haben mag, die das Gebäude betreten oder verlassen bzw. LKWs beladen haben und er keinen Essensgeruch wahrgenommen haben sollte, lässt dies weder den Rückschluss zu, dass die Beigeladene nicht über das zur Erfüllung des Auftrags nötige Personal verfügt, noch dass dort keine Zentralküche existiert, in der die Beigeladene warme Mahlzeiten zubereitet hat und/oder künftig zubereiten wird, zumal sie unstreitig seit 2017 die Verpflegung des A. durchführt. So ist möglich, dass das Personal andere Zugänge benutzt hat, bereits früher vor Ort war oder später gekommen ist. Die Entwicklung von Rauch bzw. Gerüchen in der Umgebung einer Großküche kann durch technische Anlagen vermieden werden. Konkrete Wahrnehmungen zu den Räumen im Gebäude und deren Ausstattung enthält der Bericht nicht, dementsprechend äußert der Detektiv auch nur die Vermutung, dass am Standort nicht gekocht werde. Die Behauptung der Antragstellerin, die Beigeladene liefere nur tiefgekühlte, fertige Speisenkomponenten, bleibt damit eine bloße Mutmaßung.
(2) Wie dargelegt, sind die Vergabeunterlagen dahingehend zu verstehen, dass das Mittagessen nur bei zwei Dependancen warm angeliefert werden muss; der Auftragnehmer darf das zentral hergestellte Mittagessen in der Dependance B. Straße sowohl für die Verteilung vor Ort als auch für die Auslieferung an die weiteren drei Dependancen regenerieren, wie dies die Beigeladene beabsichtigt.
(3) Der Vorwurf der Antragstellerin, die Beigeladene verstoße mit ihrem Konzept gegen verbindliche Regelungen der QS DGE und der DIN 10536:2016-03, weil der Transport und die Ausgabe des regenerierten Essens in den weiteren Dependancen mehr als zwei Stunden dauern könnte, ist nicht begründet. Weder in der QS DGE noch in der DIN 10536:2016-03 finden sich konkrete, für den Bieter zwingende Vorgaben dazu, wie lange regeneriertes Essen warmgehalten bzw. ausgegeben werden darf, insbesondere steht nirgends, dass ein Zeitraum von zwei Stunden nach dem Regenerieren keinesfalls überschritten werden dürfe. Vielmehr heißt es auf Seite 50 der QS DGE lediglich, dass das Essen unmittelbar nach der Zubereitung herunterzukühlen und vor der Ausgabe „chargenweise“ zu regenerieren sei, wenn eine dreistündige Warmhaltezeit nicht umsetzbar sei. In der DIN 10536:2016-03 finden sich ebenfalls keine Aussagen zu einzuhaltenden Warmhaltezeiten nach der Regenerierung, sondern nur der Hinweis, dass „chargenweise nach Bedarf“ zu regenerieren sei. Abgesehen davon handelt es sich bei der DIN 10536:2016-03 weder um eine rechtsverbindliche Norm, wie in der Einleitung (S. 5, dritter Absatz) ausdrücklich festgehalten ist, noch hat sie der Antragsgegner über eine Bezugnahme in den Vergabeunterlagen zum Gegenstand vertraglicher Pflichten des Auftragnehmers gemacht.
Soweit die Antragstellerin auf eine Fachinformation des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten abstellt, fehlt es gleichfalls an einer Regelung, aus der sich deren Verbindlichkeit für den streitgegenständlichen Auftrag ableiten ließe. Ergänzend ist zu bemerken, dass es sich dabei um Empfehlungen für die Kita- und Schulverpflegung und nicht für Betriebs- oder Heimkantinen handelt.
Selbst wenn die Beigeladene die für die anderen Dependancen in der B. Straße regenerierten Mahlzeiten im Hinblick auf Fahrt- und Ausgabezeiten länger als zwei Stunden warmhalten muss, verstößt sie damit nicht gegen die Vorgaben der Ausschreibung. Abgesehen davon erschließt sich nicht, weshalb sie die Dependance Ne. erst nach allen anderen Dependancen anfahren sollte, woraus die Antragstellerin eine Fahrzeit von 1,5 Stunden ableitet. Zieht man in Betracht, dass die in der QS DGE genannte Warmhaltezeit für frisch zubereitetes Essen von maximal drei Stunden auch für regenerierte Speisen gilt, lässt sich ebenfalls nicht feststellen, dass die Beigeladene diese Zeitspanne bei direkter Belieferung der Dependancen nicht einhalten kann.
bb) In Übereinstimmung mit der Vergabekammer sieht der Senat weder eine Verpflichtung des Antragsgegners, die Beigeladene gemäß § 42 Abs. 1 VgV i. V. m. § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB vom Vergabeverfahren auszuschließen, noch sind in diesem Zusammenhang Dokumentationsmängel zu verzeichnen.
(1) „Schwere Verfehlungen“ im Sinne von § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB sind erhebliche Rechtsverstöße, die geeignet sind, die Zuverlässigkeit eines Bewerbers grundlegend in Frage zu stellen. Sie müssen nachweislich (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14. November 2018, Verg 31/18, juris Rn. 80) und schuldhaft begangen worden sein und erhebliche Auswirkungen haben. Maßgeblich sind sowohl objektive Faktoren wie Anlass und Auswirkungen als auch der Verschuldensgrad (Summa in jurisPK-VergabeR, Stand 24. Juni 2021, GWB § 124 Rn. 47), der eine gewisse Schwere erreichen muss (EuGH, Urt. v. 13. Dezember 2012, C-465/11 – Forposta, NZBau 2013, 116 Rn. 33). Daher liegt nicht in jeder nicht ordnungsgemäßen, ungenauen oder mangelhaften Erfüllung eines Vertrags eine schwere Verfehlung (J. Ley in Reidt/Stickler/Glahs, VergabeR, 4. Aufl. 2018, GWB § 124 Rn. 66). Eine schwere Verfehlung muss bei wertender Betrachtung vom Gewicht her den zwingenden Ausschlussgründen des § 123 GWB zumindest nahekommen. Der Begriff „Verfehlung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit“ umfasst jedes fehlerhafte Verhalten, das Einfluss auf die berufliche Vertrauenswürdigkeit des betreffenden Unternehmens hat, und nicht nur Verstöße gegen berufsethische Regelungen im engen Sinne des Berufsstands, dem dieser Wirtschaftsteilnehmer angehört (EuGH, Urt. v. 18. Dezember 2014, C-470/13 – Generali-Providencia Biztosító, NZBau 2015, 569 Rn. 35 m. w. N.; BayObLG, Beschluss vom 9. April 2021, Verg 3/21 juris Rn. 40; Stolz in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, GWB § 124 Rn. 20). Auch die Verletzung vertraglicher Verpflichtungen kann nach der Gesetzesbegründung eine schwere Verfehlung darstellen, Voraussetzung ist allerdings, dass sie eine solche Intensität und Schwere aufweist, dass der öffentliche Auftraggeber berechtigterweise an der Integrität des Unternehmens zweifeln darf (J. Ley in Reidt/Stickler/Glahs, VergabeR, GWB § 124 Rn. 73). Bei der diesbezüglichen Prüfung handelt es sich um eine Bewertung mit prognostischem Charakter, bei der dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zusteht (OLG Frankfurt, Beschluss vom 3. Mai 2018, 11 Verg 5/18, juris Rn. 58; Summa in jurisPK-VergabeR, GWB § 124 Rn. 48). Darüber hinaus kommt dem öffentlichen Auftraggeber auf der Rechtsfolgenseite ein Ermessen zu, das nur einer eingeschränkten Prüfung durch die Nachprüfungsinstanzen unterliegt (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16. Dezember 2020, 15 Verg 4/20, juris Rn. 53; OLG Celle, Beschluss vom 13. Mai 2019, 13 Verg 2/19, juris Rn. 57; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14. November 2018, Verg 31/18, juris Rn. 74).
(2) Ausgehend von diesen Grundsätzen erscheint schon zweifelhaft, ob eine „schwere Verfehlung“ der Beigeladenen bejaht werden kann.
Als „schwere Verfehlung“ sieht die Antragstellerin Verstöße der Beigeladenen gegen die QS DGE im Zuge aktueller Verpflegungsaufträge an. Sie macht insbesondere geltend, dass die Beigeladene bei der Ausführung des laufenden Auftrags nicht die maximale Warmhaltezeit von drei Stunden ab Beendigung des Garprozesses einhalte, und verweist in diesem Zusammenhang auf mögliche gesundheitliche Gefahren, die dadurch entstehen könnten.
Es erscheint fraglich, ob sich aus der in § 2 Ziff. 2 der Leistungsbeschreibung (2017) erfolgten Bezugnahme auf die QS DGE überhaupt eine zwingende Verpflichtung ergibt, Speisen nicht länger als drei Stunden warmzuhalten, da es auf S. 50 der QS DGE lediglich heißt, der Zeitraum „sollte“ maximal drei Stunden betragen. Auch die DIN 10508:2012-03 enthält in Bezug auf die Dauer der Warmhaltezeit nur eine Sollregelung, mithin nur Empfehlungen, wie die Antragstellerin selbst einräumt. Selbst wenn die Vergabeunterlagen (2017) so auszulegen wären, dass eine Warmhaltezeit von drei Stunden nicht relevant überschritten werden darf, wäre auf Verschuldensebene die Annahme einer „schweren Verfehlung“ bei einer nachvollziehbaren Fehlinterpretation auf Seiten der Beigeladenen (ggf. sogar in Übereinstimmung mit dem Antragsgegner) kaum zu rechtfertigen.
Auch ist offen, ob der Beigeladenen anhand der auf wenige Tage beschränkten, punktuellen Beobachtungen des Detektivs nachgewiesen werden könnte, dass sie – zumal täglich seit Vertragsbeginn (2017) – die maximal erlaubten Warmhaltezeiten überschritten hat. Zwar ist denkbar, dass die Beigeladene warmes Mittagessen länger als drei Stunden transportiert hat, bevor es ausgegeben wurde, möglich ist aber auch, dass sie das Essen vor dem Transport heruntergekühlt und in N. wieder regeneriert hat, wofür ihre Angaben vor der Vergabekammer sprechen. Zwar stünde das letztgenannte Vorgehen nicht im Einklang mit den Vorgaben der Ausschreibung im Jahr 2017, lebensmittelrechtliche oder hygienische Bedenken ergäben sich bei diesem, grundsätzlich legalen Vorgehen jedoch nicht. Sollte der Antragsgegner Verstöße der Beigeladenen gegen Vorgaben der Ausschreibung toleriert haben, wäre dies ein weiterer gewichtiger Aspekt, der gegen einen Ausschluss der Beigeladenen sprechen würde, wie die Vergabekammer zutreffend ausgeführt hat.
(3) Die vom Antragsgegner vorgenommene positive Prognoseentscheidung ist jedenfalls tragfähig.
Er hat bei der Frage, ob von der Beigeladenen künftig eine vertragskonforme Leistung erwartet werden kann, in nicht zu beanstandender Weise gewichtet, dass nunmehr eine Regenerierung vor Ort gestattet ist und damit die Beigeladene nicht mehr vor der Problematik steht, wie sie etwaige Warmhaltezeiten trotz der erheblichen Entfernung des Standorts der Zentralküche einhalten kann. Seine Schlussfolgerung, es sei die Wiederholung (oder Fortsetzung) des konkret behaupteten Verstoßes bei der Durchführung des künftigen Auftrags nicht zu befürchten, leuchtet unmittelbar ein. Zu Recht hat der Antragsgegner überdies berücksichtigt, dass es in der Vergangenheit keine Beanstandungen gegeben hat, mithin auch keinerlei gesundheitliche Probleme bei den Bewohnern des A. aufgetreten sind. Ebenso durfte er die weiteren Umstände, wie das Vorliegen einwandfreier Referenzen, etwaige Zertifizierungen und ein mit Fachbehörden abgestimmtes Konzept der Beigeladenen in seine Beurteilung einbeziehen.
Auch ansonsten lässt sich aus dem bisherigen Verhalten nicht der zwingende Schluss ziehen, die Beigeladene verhalte sich künftig nicht vertragstreu. Es bedarf vor diesem Hintergrund weder einer „Ablösung des Geschäftsführers“ noch sonstiger Maßnahmen, da sich die vertraglichen Regelungen relevant unterscheiden. Das Argument der Antragstellerin, die Beigeladene beabsichtige weiterhin, gegen DIN-Normen bzw. die QS DGE zu verstoßen, ist ebenfalls nicht stichhaltig, da das Konzept – wie dargelegt – im Einklang mit den vertraglichen Vorgaben steht.
Ebenso wenig vermag die Antragstellerin Ermessensfehler oder sonstige Defizite aufzuzeigen; weder kann nachvollzogen werden, welche relevanten Umstände der Antragsgegner ermitteln müsste, noch führt ihr Hinweis auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts München (OLG München, Beschluss vom 29. Januar 2021, Verg 11/20) weiter, die den vorschnellen Ausschluss eines Bieters ohne Sachverhaltsaufklärung und ohne dessen Anhörung betraf. Abgesehen davon, dass eine unterlassene Anhörung der Beigeladenen nur diese in ihren Rechten verletzen könnte, hatte sie im Verfahren die Möglichkeit, sich zu den Vorwürfen der Antragstellerin zu äußern. Unerheblich ist, ob von Anfang an alle Einwände der Antragstellerin zutreffend abgehandelt worden sind, entscheidend ist vielmehr, dass der Antragsgegner die Vorwürfe aufgegriffen, anhand sachgerechter Kriterien bewertet und eine vertretbare Entscheidung getroffen hat. Allein die Tatsache, dass die Antragstellerin Aspekten ein anderes Gewicht zumisst und die Frage eines Ausschlusses der Beigeladenen anders beurteilt, lässt nicht auf eine voreingenommene, nicht hinreichend ergebnisoffene Beurteilung des Antragsgegners schließen.
(4) Soweit die Antragstellerin Dokumentationsmängel rügt, ist auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss zu verweisen. Ganz allgemein gilt, dass Begründungs- und Dokumentationsmängel nicht ohne weiteres zum Erfolg eines Nachprüfungsverfahrens führen, zumal diese durch Vortrag im Verfahren geheilt werden können, solange sich keine Anhaltspunkte für Manipulationen finden und nicht zu besorgen ist, dass die Berücksichtigung der nachgeschobenen Dokumentation nicht ausreichen könnte, eine wettbewerbskonforme Auftragserteilung zu gewährleisten (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10. Februar 2021, Verg 22/20, juris Rn. 64 m. w. N.). Geht es, wie vorliegend, nicht um eine Entscheidung, die der Antragsgegner vorab aus eigener Veranlassung getroffen hat, wie etwa die Vorgabe eines bestimmten Produkts oder eines Entsorgungswegs in der Leistungsbeschreibung, sondern darum, dass ein Bieter erstmals nach Erhalt der Vorabinformation Ausschlussgründe in Bezug auf einen Konkurrenten geltend macht, ist ausreichend, dass das Antwortschreiben bzw. die Stellungnahmen des Antragsgegners im Nachprüfungsverfahren die maßgeblichen (und nachvollziehbaren) Erwägungen zur Frage des Ausschlusses enthalten. Weder ergeben sich bei dieser Sachlage Anhaltspunkte für eine Manipulation noch für eine nachträgliche, ergebnisorientierte Rechtfertigung einer bereits vorab getroffenen Entscheidung. Wie dargelegt begründet allein die Tatsache, dass der Antragsgegner den Standpunkt der Antragstellerin nicht teilt, noch keinen Anhalt für eine fehlerhafte Entscheidung.
cc) Soweit die Antragstellerin geltend macht, das Angebot der Beigeladenen sei wegen Nichteinhaltung von Kalkulationsvorgaben auszuschließen, kann der Senat schon nicht nachvollziehen, auf welche konkreten Kalkulationsvorgaben in den Vergabeunterlagen sie abstellt. Der Antragsgegner hat vorliegend keine Details zur Kalkulation festgelegt, damit bleibt diese dem Bieter überlassen. Abgesehen davon liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beigeladene nicht alle, für sie im Rahmen der – vertragskonformen – Leistungserbringung anfallenden Kosten in ihre Kalkulation einbezogen hat, angefangen vom Aufwand für die Zubereitung des Essens in einer Zentralküche, den Transport des (heruntergekühlten) Essens zur Dependance N.-B. Straße bis hin zu den Kosten für die Verteilung der regenerierten Mahlzeiten zu den drei weiteren Dependancen.
Stromkosten für die Regenerierung von Mahlzeiten musste die Beigeladene nicht einberechnen, da sie diese nicht tragen muss. Zur Frage der Auskömmlichkeit des Preises kann im Übrigen auf die von der Antragstellerin nicht angegriffenen Ausführungen der Vergabekammer Bezug genommen werden.
4. Der Antragstellerin wird die Rücknahme der sofortigen Beschwerde nahegelegt.


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