Baurecht

Bürgerbegehren, Erfolgloser Eilantrag, Defizitäre Begründung, Irreführung

Aktenzeichen  M 7 E 21.4629

Datum:
5.11.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 42382
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GO Art. 18a
VwGO § 123

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragsteller begehren im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes als Vertreter eines für unzulässig erklärten Bürgerbegehrens die Sicherung des Anspruchs auf Zulassung eines Bürgerbegehrens, das sich für einen Ausbau-Stopp eines Chemiewerks im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin einsetzen soll.
Laut dem Internetauftritt der Antragsgegnerin, in dem sie über den Stand aktueller Bebauungsplanverfahren informiert, plane das Unternehmen U. I. (im Folgenden: UI) mit dem Werkslogisitikkonzept „B. W.“ für sein Chemiewerk am Standort P. Änderungen der baulichen Nutzung innerhalb des Geltungsberechs des Bebauungsplanes Nr. … „Industrie- und Gewerbegebiet westl. der Bahnlinie / südlich der G.-A.-Straße (…)“ und darüber hinaus Erweiterungen, die in den Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. … „Industrie- und Gewerbegebiet an der D.-G.-A.-Straße auf dem Werksgelände der Firma P.-C. GmbH (1. Teiländerung)“ fielen. Somit seien zwei rechtsgültige Bebauungspläne von dem Projekt betroffen, deren Festsetzungen die Planungen des Unternehmens nicht abdeckten. Das Konzept „B.-W.“ würde grünplanerische Festsetzungen berühren, liege unmittelbar an bestehenden Waldflächen und beinhalte neben baulichen Veränderungen für Produktionsstätten und Verwaltungsgebäuden innerhalb des Werksgeländes auch die Errichtung von Erschließungsanlagen zur Optimierung der internen Verkehrsströme, der Verlegung technischer Infrastruktur und den Rück- und Neubau von Werkswohnungen. Zudem sei im südlich an das Werksgelände angrenzenden Wald die Verlegung von Leitungen geplant. Bei dem Werk des Unternehmens handele es sich um einen sog. Störfallbetrieb. Die Antragsgegnerin verfolge mit der Bauleitplanung Ziele hinsichtlich der
– Herstellung und grünplanerischen Gestaltung eines Böschungsbereiches im südlichen Betriebsgelände, zwischen dem Betriebsgelände und den unmittelbar angrenzenden Waldflächen,
– Sicherung der bestehenden Lagerflächen für Geothermie,
– Schaffung einer Gemeinbedarfsfläche für einen Wertstoffhof,
– Erhaltung und Neuordnung von Grünstrukturen innerhalb des Werksgeländes,
– Schaffung von ökologischen Ausgleichsmaßnahmen,
– freizuhaltende Leitungstrassen und deren waldgerechte, naturschutzrechtliche und visuelle Verträglichkeit im südlichen Waldbereich im Rahmen der erforderlichen Verlegung eines Elektro-Erdkabels für die B. und einer Wasserleitung der V.-, B.- und S.-gesellschaft (VBS)
Diesen Aspekten solle durch Neuaufstellung des B-Plans Nr. … „Industriegebiet D.-G.-A.-Straße“ Rechnung getragen werden. Da sich der Bebauungsplan aus dem Flächennutzungsplan entwickeln müsse, dieser in den bisherigen Darstellungen aber derzeit abweiche, solle der Flächennutzungsplan im Parallelverfahren zur Bebauungsplanneuaufstellung entsprechend geändert werden.
Die Antragsteller reichten bei der Beklagten am 9. Juli 2021 die gesammelten Unterschriften zur Beantragung eines Bürgerentscheids ein, mit dem nach Ansicht der Antragsteller ein Ausbaustopp für das im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin ansässige Industrie-Chemiewerk von UI erreicht werden soll. Auf den vierseitigen Unterschriftenlisten (jeweils A3-Format, doppelseitig bedruckt und mittig gefaltet) heißt es auf der ersten Seite:
Bürgerbegehren in der Gemeinde P. An alle wahlberechtigten Bürger*innen der Gemeinde P., P. i. I. Bürgerbegehren
„Expansions-Stopp der Chemiefirma Peroxid / United Initiators P.“
(Bürgerbegehren und Bürgerentscheid nach Bayerischer Gemeindeordnung GO Art. 18a)
Sehr geehrte Bürger*innen P.s, wir bitten Sie, das folgende Bürgerbegehren zu unterstützen:
►Mit meiner Unterschrift beantrage ich gemäß Artikel 18a der Bayerischen Gemeindeordnung die Durchführung eines Bürgerentscheides zu folgender Frage:
„Sind Sie dafür, dass die Gemeinde P. alle rechtlich zur Verfügung stehenden, sowie baurechtlichen und planungsrechtlichen Massnahmen ergreift, um eine (weitere) Expansion der Chemiefirma (Peroxid) United Initiators in Pullach zu verhindern?“
Begründung für das Bürgerbegehren:
1. Die Gemeinde P. will mit einer Ausweitung des Flächennutzungsplans und einem vergrößerten Bebauungsplan die rechtlichen Grundlagen zur Vergrößerung/Expansion des (Peroxid-)Chemiewerks UI in Pullach/Höllriegelskreuth schaffen.
1. Teiländerung des Flächennutzungsplans „Industriegebiet Dr.-G.-A.-Str.“ Stand 09-2020
2. Bebauungsplan Nr. 23b „Industriegebiet. Dr.-G.-A.-Str.“ Stand 09-2020 Dies ist unserer fachlichen Einordnung gemäß die Basis von zukünftigen massiven Produktions-Ausweitungen dieses Chemiewerks.
2. Dazu sollen – in einem zeitlich verknüpften Verfahren – sowohl der (ausgeweitete) Flächennutzungsplan als auch der (vergrößerte) Bebauungsplan schnellstmöglich rechtskräftig werden.
3. Der bestehende Verbrauch von Umweltressourcen durch das Chemiewerk United Initiators liegt bereits jetzt um ein Vielfaches höher als alle P.er Bürger*innen zusammen benötigen.
4. Durch die geplante Produktions-Ausweitung würde sich sowohl die erschreckende Umweltbilanz, wie auch die entsprechende Gesundheitsbelastung aller P.er Bürger*innen weiter verschlechtern.
5. Klimaschutzziele durch ein Pullacher „Klimaschutzmanagement“ sowie Beschlüsse zur „Agenda 2030“ sind angesichts einer solchen „Bilanz“ reine Makulatur. Mit diesem Bürger*innen-Begehren können Sie dazu beitragen, diese positiven Ziele auch tatsächlich zu erreichen.
Als Vertreter*innen gemäß Art. 18a BayGO werden benannt:
Vertreter: [Name und Adresse] [Name und Adresse] [Name und Adresse] Stellvertreter: [Name und Adresse]
Die Vertreter*innen werden ermächtigt, zur Begründung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens Änderungen vorzunehmen, soweit diese nicht den Kern des Antrags berühren, sowie das Begehren bis zum Beginn der Verschickung der Abstimmungsbenachrichtigungen gemeinschaftlich zurückzunehmen. Sollten Teile des Begehrens unzulässig sein oder sich erledigen, so gilt meine Unterschrift weiterhin für den verbleibenden Teil.
Auf der nächsten Seite findet sich nach Wiederholung der Überschrift „Bürgerbegehren „Expansions-Stopp der Chemiefirma P. / U. I. P.“ (Bürgerbegehren und Bürgerentscheid nach Bayerischer Gemeindeordnung GO Art. 18a)“ und dem Einleitungssatz „Mit meiner Unterschrift beantrage ich gemäß Artikel 18a der Bayerischen Gemeindeordnung die Durchführung eines Bürgerentscheides zu folgender Frage:“ versehen mit dem Klammerzusatz „Fragestellung und Begründung siehe Vorderseite“ nochmals im Fettdruck die Fragestellung. Darunter befindet sich eine 6-zeilige Liste, in die sich Unterstützende mit Name (notwendig), Vorname (notwendig), Geburtsdatum (freiwillig), Straße (notwendig) und Unterschrift (notwendig) eintragen können. Als Ort (Wahlberechtigte Gemeinde P.) ist jeweils 8… P. vorausgefüllt. Hierunter findet sich der Hinweis:
Bitte zurücksenden an:

Wahlberechtigte Bürger*innen von P.
auch in den Briefkasten einzuwerfen bei:
Name und Anschrift des Stellvertreters
An das Bürgerbegehren P. Postfach des Bürgerbegehrens
Auf der dritten Seite werden unter der Überschrift „Informationen zum Bürger*innen-Begehren“ zu den Oberpunkten
1. Seit Jahren permanente Ausweitungen der Chemikalien-Produktion
2. Was wird im (P.-)Chemiewerk U. I. produziert?
3. Bestehender Verbrauch von Umweltressourcen durch das Chemiewerk UI
4. Positive Umwelt-Vision weiterführende Informationen und Kennzahlen genannt. Auf der vierten Seite sind unter der Unterschrift „Was soll und kann die Gemeinde P. alles unternehmen?“ diverse Maßnahmen aufgezählt, die die Gemeinde im Zusammenhang mit dem Betrieb bzw. Betriebsgelände der Firma UI ergreifen soll. Darunter folgt unter der Überschrift „Bitte an alle P. Bürger*innen“ folgender Text:
Der Punkt ist unserer Ansicht nach erreicht, an dem die Bürger*innen Pullachs entscheiden müssen, ob die permanente Expansion des bestehenden Industrie-Chemiewerks UI durch einen klaren Ausbaustopp beendet wird – oder einer weiteren, unaufhaltsamen Vergrößerung mit allen damit einhergehenden negativen Umwelt- und Gesundheitsbelastungen deses Betreibs weiter „Tür und Tor“ geöffnet werden soll.
Die Expansionen der Fa. UI und deren permanente Produktionserweiterungen sind weder unaufhaltsam noch unregulierbar – im Gegenteil:
Durch dieses Bürgerbeghren – und dem daran möglichen anschließenden Bürgerentscheid – kann diesen Bestrebungen ein deutliches Ende gesetzt werden! Dieser klare Stopp würde die Chemiefirma UI zumindest auf dem heutigen Stand erhalten. Der aktuelle Bestand der Firma ist damit auch keinesfalls gefährdet (…).
Wir bitten Sie deshalb, Ihre zustimmende Unterschrift – auf der beiliegenden Unterschriftenliste – baldmöglichst – (am besten bis Ende Juni 2021) an folgende Post-Anschrift zurückzusenden (…).
Mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 15. Juli 2021 wurde den Vertretern des Bürgerbegehrens mitgeteilt, dass von den insgesamt 775 eingereichten Unterschriften 738 gültig und 37 ungültig seien. Zum Tag der Einreichung des Bürgerbegehrens am 9. Juli 2021 sei ein Bürgerverzeichnis mit 6.717 Stimmberechtigten angelegt worden. Das nach Art. 18a Abs. 6 GO erforderliche Quorum von 10 v.H. betrage 672 Unterschriften und sei somit erfüllt.
Mit Bescheid vom 2. August 2021 wies die Antragsgegnerin das streitgegenständliche Bürgerbegehren als unzulässig zurück (Nr. 1). Der beantragte Bürgerentscheid werde nicht durchgeführt (Nr. 2). Für den Bescheid würden keine Kosten erhoben (Nr. 3). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, am 27. Juli 2021 habe der Gemeinderat mehrheitlich beschlossen, dass das Bürgerbegehren in der eingereichten Form unzulässig sei, weil es den Anforderungen an eine ausreichende Bestimmtheit der Fragestellung nicht genüge und in seiner Begründung in entscheidungsrelevanter Weise unzutreffende Tatsachen behauptet würden, d.h. die Rechtslage unzutreffend und unvollständig erläutert werde. Auch bei der bezüglich der Auslegung von Fragestellungen eines Bürgerbegehrens gebotenen wohlwollenden Auslegung, ergebe sich nicht hinreichend deutlich, welchen Inhalt die spätere, durch den Bürgerentscheid herbeizuführen Entscheidung haben werde. Dabei gelte für die Auslegung nur der objektive Erklärungsgehalt, wie er in der Formulierung und Begründung der Frage zum Ausdruck gebracht und von den Unterzeichnenden verstanden habe werden können und müssen, als maßgeblich. Zweifel an der hinreichenden Bestimmtheit der Fragestellung ergäben sich insoweit, als für die Bürgerinnen und Bürger unklar bleibe, ob die Gemeinde lediglich die derzeitigen in Aufstellung befindlichen Bauleitpläne, den Bebauungsplan Nr. … sowie die entsprechende 1. Teiländerung des Flächennutzungsplans, die augenscheinlich Anlass und Gegenstand des Bürgerbegehrens seien, einstellen solle oder gar – deutlich über dieses Ziel hinausgehend – auch eine „Expansion“ des Betriebs auf der rechtlichen Grundlage der bereits rechtsgültigen Bebauungspläne Nr. … und … verhindert werden solle. Letzteres sei rein tatsächlich möglich, da die Firma UI am Standort P. über diese bestehenden Bebauungspläne über Baurecht verfüge, das bislang lediglich zu ca. 60% durch die vorhandene und genehmigte Bebauung ausgeschöpft sei. Im Bereich des Gl 13 und 17 seien dort Baufelder ausgewiesen, die derzeit noch unbebaut seien. Inhaltlich stelle sich damit die Frage, ob die Fragestellung nur darauf ausgerichtet sei, die aktuellen Bauleitplanungen der Gemeinde, die das bereits bestehende Baurecht ordneten, indem die bauplanungsrechtlichen Grundlagen für ausreichende Lagerkapazitäten auf dem Betriebsgelände selbst sowie ausreichende Parkplätze geschaffen würden, zu verhindern oder, ob die Gemeinde hier dazu angehalten werden solle, mit bauplanungsrechtlichen Mitteln auch die tatsächliche Ausschöpfung des bereits bestehenden Baurechts zu verhindern. Vorliegend lasse sich diese inhaltliche Unbestimmtheit der Fragestellung, die zur Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens führe, auch nicht durch Auslegung beheben. Nach der gebotenen wohlwollenden Auslegung seien „Kern des Antrags“ des Bürgerbegehrens lediglich die gerade in Aufstellung befindlichen aktuellen Bauleitpläne. Für eine solche Auslegung spreche die Begründung des Bürgerbegehrens, die ausschließlich auf diese aktuelle Bauleitplanung Bezug nehme und diese als für die befürchtete und nach Ansicht der Initiatoren zu verhindernde Grundlage einer Betriebsexpansion verantwortlich mache. So werde unter Ziffer 1 der Begründung die „rechtliche Grundlage“ für eine Vergrößerungsexpansion des Chemiewerks ausschließlich in der aufgezählten Teiländerung des Flächennutzungsplans sowie im Bebauungsplan Nr. … gesehen. Dort heiße es weiter wörtlich: „Dies ist unserer fachlichen Einordnung gemäß die Basis von zukünftigen massiven Produktionsausweitungen dieses Chemiewerks. Auch unter Ziffer 2 der Begründung werde die zu verhindernde Expansionsmöglichkeit kausal ausdrücklich auf den „ausgeweiteten Flächennutzungsplan“ und den „vergrößerten Bebauungsplan“ zurückgeführt. Ziffer 4 spreche ausdrücklich von einer „geplanten“ Produktionsausweitung. Da für die Auslegung nur der objektive Erklärungsgehalt als maßgeblich gelte, wie er in der Formulierung und Begründung der Frage zum Ausdruck gebracht und von den Unterzeichnern verstanden werden habe können und müssen, könne der Inhalt der Fragestellung vorliegend nicht durch wohlwollende Auslegung gewonnen werden. Die Fragestellung selbst sei derart weit gefasst, dass darunter etwa nur die Einstellung der aktuellen Bauleitplanung in der Gemeinde, grundsätzlich aber auch quasi im Sinne eines Grundsatzbeschlusses der Entzug von bereits auf der Grundlage der alten rechtswirksamen Bebauungspläne Nr. … und Nr. … geschaffenen, bislang noch nicht realisierten Baurechts verstanden werden könne. Werte man die zur Auslegung maßgebliche Begründung der Unterschriftenliste diesbezüglich aus, gehe das Bürgerbegehren seiner Zielsetzung nach jedoch nicht über die Einstellung der aktuellen Bauleitplanung hinaus. Zwischen der weitreichenden Fragestellung und der einschränkenden Begründung tue sich ein durch Auslegung nicht auflösbarer Widerspruch auf, der letztlich dazu führe, dass weder die zur Abstimmung berufenen Bürgerinnen und Bürger noch die Gemeinde, die einen positiven Bürgerentscheid zu vollziehen hätte, wüssten, welche konkreten Maßnahmen in Umsetzung des Bürgerbegehrens zu treffen wären. Für die Bürgerinnen und Bürger bleibe damit völlig unklar, für welches gemeindliche Vorgehen bzw. welche konkreten Maßnahmen sie stimmten. Das Bürgerbegehren sei ferner deshalb unzulässig, da der Begründungstext des Bürgerbegehrens in mehrfacher Hinsicht unrichtige und grob irreführende Tatsachenbehauptungen enthalte. Zunächst werde die Rechtslage unzutreffend erläutert. Zentrale Aussagen in der Begründung des Bürgerbegehrens seien, dass die Gemeinde mit der aktuellen Bauleitplanung „die rechtlichen Grundlagen zu einer Vergrößerung/Expansion des (P.-)Chemiewerks UI in P. H.“ schaffe, die „Basis von zukünftigen massiven Produktionsausweitungen“ seien. Diese Aussagen seien erweislich unrichtig, da sich aus dem Bebauungsplan Nr. … sowie der entsprechenden 1. Teiländerung des Flächennutzungsplans für den Betrieb UI in P. … keine Baurechtsmehrung ergebe, die Grundlage einer Expansion der Betriebsproduktion sein könnte. Die aktuelle Bauleitplanung der Gemeinde ziele nachweislich ausschließlich auf eine Neuordnung ab, die es ermögliche, zusätzliche Lagerkapazitäten sowie Parkplätze auf dem Betriebsgelände zu schaffen. Zusätzliches Baurecht, welches die Expansion der Produktion über dasjenige bereits auf Grundlage der rechtswirksamen Bebauungspläne Nr. … und Nr. … bestehende, wenn auch noch nicht vollständig ausgeschöpfte Baurecht hinaus ermöglichen würde, werde hingegen nicht geschaffen. Es verhalte sich sogar vielmehr so, dass die aktuelle Bauleitplanung im Ergebnis zu einer Reduktion des Baurechts um ca. 2.100 m² Unterbaumasse um etwa 1.250 m3 führe. Die Erweiterung von Lagerkapazitäten und Parkplätzen auf dem Betriebsgelände stelle bereits nach dem Wortsinn keine Expansion und auch keine zukünftige massive Produktionsausweitung dar. In Ziffer 1 der Begründung der Fragestellung heiße es wörtlich: „Dies ist unserer fachlichen Einordnung gemäß die Basis von zukünftigen massiven Produktionsausweitungen dieses Chemiewerks“. Indem die kurze Begründung auf den Unterschriftenlisten zudem von einer weiteren Verschlechterung entsprechender Gesundheitsbelastungen spreche, bekräftige sie den von den Bürgerinnen und Bürgern nach objektiver Betrachtung zu verstehenden Begriff der Expansion als solchen der betrieblichen Produktionsmehrung. Dem Vorwurf, die Begründung des Bürgerbegehrens enthalte insoweit unrichtige Tatsachen, ließe sich nur dann entgehen, wenn man die Ausführung der Unterschriftenlisten objektiv so verstehen könne, dass die aktuelle Bauleitplanung zur Neuordnung des Baurechts, indem sie Lagerkapazitäten und Parkplätze auf dem Betriebsgrundstück schaffe, die die bisherigen rechtsgültigen Bebauungspläne so nicht ermöglicht hätten, die Weichenstellung für eine weitere (bereits auf Grundlage der bestehenden Bebauungspläne Nr. … und Nr. … ermöglichten) Ausnutzung von Baurecht darstellten bzw. damit eine künftige Produktionssteigerung zumindest beförderten. Für eine solche Auslegung fehlten hingegen jegliche Anhaltspunkte. Unzutreffend sei ferner die Darstellung des Chemiewerks als objektiv gesundheitsgefährdend. Die Begründung des Bürgerbegehrens spreche hier nicht etwa nur im politischen Meinungskampf überspitzt von „möglichen Gesundheitsgefährdungen“ sondern führe wörtlich aus: „Durch die geplante Produktionsausweitung würde sich (…) die entsprechende Gesundheitsbelastung aller P. Bürger*innen weiter verschlechtern“. Damit werde den Bürgerinnen und Bürgern suggeriert, dass entsprechende Gesundheitsgefahren, die kausal auf die Produktion von UI am Standort P. zurückzuführen seien, festgestellt bzw. allgemein bekannt seien. Dies sei jedoch nicht der Fall. Durch diese konkret gewählte Formulierung handele es sich damit auch nicht mehr nur um ein mitgeteiltes Werturteil der Vertreter des Bürgerbegehrens, sondern um eine unzutreffende Tatsachenbehauptung. Zudem werde die Rechtslage unvollständig erläutert. Die Begründung des Bürgerbegehrens stelle sich auch insoweit als defizitär dar, als es nur den einen unzutreffenden Einzelaspekt der betrieblichen Expansion der städtebaulichen Planungen der Gemeinde herausgreife, ohne die weiteren Planungsziele der Gemeinde P. anzusprechen. Zu nennen seien insbesondere die zusätzliche Schaffung einer Gemeindebedarfsfläche für den Wertstoffhof, eine Fläche für den Isartaler Tisch sowie für Werkswohnungen. Außerdem zu erwähnen seien Flächen für Innenentwicklungspotenziale, u.a. für eine Energiezentrale für die Kälte- und Wärmeversorgung aus erneuerbarer Energie sowie weitere Regelungsmöglichkeiten, die mit einem städtebaulichen Vertrag angestrebt seien (Klima-, Natur- und Artenschutz, Transport und Verkehr). Eine Einstellung der aktuellen Bauleitplanung hätte zwangsläufig auch den Wegfall dieser Flächen zur Folge. Dies könne jedoch weder der Fragestellung noch der Begründung des Bürgerbegehrens auch nur ansatzweise entnommen werden, sodass die Bürgerinnen und Bürger unabhängig von eventuellen Vorkenntnissen über den aktuellen Planungsstand die Auswirkungen des Bürgerbegehrens nicht zureichend überblicken könnten. Es liege insoweit eine Irreführung der abstimmungsberechtigten Bürger vor, aus der sich die Unzulässigkeit der konkreten Fragestellung ergebe. In der Gesamtschau seien damit alle zentralen Aussagen des Bürgerbegehrens unrichtig. Die aufgezählten Mängel beträfen auch keineswegs unwichtige Detailfragen, sondern die tragenden Begründungselemente des Bürgerbegehrens.
Hierauf haben die Bevollmächtigten der Antragsteller – der benannten Vertreter des Bürgerbegehrens – am 31. August 2021 Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO gestellt und am 2. September 2021 Klage gegen den Bescheid vom 2. August 2021 erhoben (M 7 K 21.4683).
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, die Antragsteller begehrten die Sicherung eines von ihnen beantragten Bürgerbegehrens. Wie in der Begründung des Bürgerbegehrens ausgeführt, wolle die Antragsgegnerin mit der Neuaufstellung des Bebauungsplans Nr. … sowie der entsprechenden 1. Teiländerung des Flächennutzungsplans im Parallelverfahren die rechtliche Grundlage dafür schaffen, dass die Produktion des Chemieunternehmens UI ausgeweitet werden könne. Ausweislich der Zielstellung des Bauleitplanungsverfahrens plane das Unternehmen Änderungen der baulichen Nutzung und darüber hinaus Erweiterungen, die die Festsetzungen der bereits bestehenden Bebauungspläne Nr. … und Nr. … bisher nicht abdecken würden. Diesen Aspekten solle durch die Neuaufstellung des Bebauungsplans Nr. … sowie der damit einhergehenden Teiländerung des Flächennutzungsplans Rechnung getragen werden. Statt des bisher bauleitplanerisch festgesetzten Gewerbegebiets solle nun ein Industriegebiet festgesetzt werden. Bestehende bebaubare Flächen sollten deutlich vergrößert werden. Darüber hinaus weise die Begründung in Ziffer 4 richtigerweise darauf hin, dass eine Produktionsausweitung des Chemieunternehmens die Gesundheitsbelastung aller P. … Bürger weiter verschlechtern würde. Das Unternehmen produziere und lagere Gefahrstoffe. Es sei allgemein bekannt, dass das Unternehmen ein sog. Störfallbetrieb sei. Weitere Störfälle seien gerade bei Einlagerung größerer Gefahrstoffmengen nicht auszuschließen. Zudem gingen von dem Betrieb bereits bisher Immissionen von ca. 24.000 t CO2 und ca. 4 t NO2 jährlich aus. Dadurch bestehe die Gefahr von Atemwegserkrankungen. Das Chemieunternehmen UI habe beim Landratsamt München unterdessen bereits eine Genehmigung zur Erweiterung der Lagerkapazität für chemische Stoffe beantragt. Bei Erteilung dieser Genehmigung könnten künftig 3.340 t organischer Peroxide statt wie bisher 1.600 t eingelagert werden, also deutlich mehr als die doppelte Menge. Um eine Erteilung der Genehmigung zu ermöglichen, treibe die Antragsgegnerin das Verfahren zur Teiländerung des Flächennutzungsplans im Parallelverfahren zur Neuaufstellung des Bebauungsplans Nr. … weiter voran. Im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens sei bereits das Verfahren zur öffentlichen Auslegung und der Beteiligung von Behörden und Trägern öffentlicher Belange eingeleitet worden. Die Antragsgegnerin verfolge eine Ausweitung des Betriebs des Chemieunternehmens UI mit Nachdruck. Das streitgegenständliche Bürgerbegehren und der wachsende Widerstand in der P. Bevölkerung ließen sie unbeeindruckt. Ziel der Antragsgegnerin sei es, möglichst zeitnah Tatsachen und damit die bau- und planungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Genehmigung der Erweiterung der Lagerkapazität durch das Landratsamt zu schaffen. Unabhängig davon sei dem Chemieunternehmen UI mit Bescheid des Landratsamts München vom 12. Februar 2020 bereits eine wesentliche Änderung des Betriebs durch das Projekt „P.“ genehmigt worden, mit der unter anderem die bauliche Einrichtung einer neuen Produktion einhergehe. Daneben stehe die Entscheidung über weitere Bauanträge aus. Zur Verwirklichung ihrer Ausbaupläne habe das Chemieunternehmen UI allein im Jahr 2019 vier Bauanträge bei der Antragsgegnerin eingereicht. Schon nach aktueller Genehmigungslage habe das Chemieunternehmen am Standort P. … die rechnerische Möglichkeit, ihre Produktionsmenge von gut 60.000 t pro Jahr auf rund 136.000 t pro Jahr aufzustocken. Bereits für das Geschäftsjahr 2020 habe das Chemieunternehmen UI Investitionen in Sachanlagen, insbesondere den Bau neuer Produktionsanlagen und die Erweiterung bestehender Produktionskapazitäten, geplant.
Der Anordnungsanspruch der Antragsteller resultiere aus Art. 18 Abs. 8 Satz 1 GO. Die Antragsteller hätten einen Anspruch auf Zulassung des Bürgerbegehrens. Damit korrespondiere ein im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes durchsetzbarer Anspruch auf Unterlassung von Maßnahmen, die der Sicherstellung von Belangen des Bürgerbegehrens zuwiderliefen. Dem Bürgerbegehren liege eine hinreichend bestimmte Fragestellung zugrunde. Die gewählte Fragestellung lasse die Bürger erkennen, wofür und wogegen sie ihre Stimme abgeben würden und verdeutliche ihnen auch die Tragweite ihrer Entscheidung. Die von der Antragsgegnerin ohne weitere Darlegungen behauptete Unklarheit bestehe nicht. Bei der gebotenen wohlwollenden, bürgerbegehrensfreundlichen Auslegung der Fragestellung ergebe sich, dass das Bürgerbegehren sowohl darauf gerichtet sei, dass die Antragsgegnerin die derzeit in Aufstellung befindlichen Bauleitpläne einstelle, als auch – darüberhinausgehend – alle weiteren möglichen Maßnahmen ergreifen solle, um eine Ausweitung des Betriebs der Chemiefabrik von UI am Standort P. … zu verhindern. Das bestätige bereits die Formulierung. Einem Betrachter erschließe sich hierbei ohne weiteres, dass nicht nur die Einstellung laufender Bauleitplanungsverfahren gemeint sein könne, wenn ausgeführt werde, dass „alle rechtlich zur Verfügung stehenden sowie baurechtlichen und planungsrechtlichen Maßnahmen ergriffen werden sollten. Eine solche Formulierung sei schon ihrem Wortlaut nach nicht nur auf die Einstellung bisheriger Maßnahmen gerichtet, wenn davon gesprochen werde, dass alle Maßnahmen ergriffen werden sollten. Es ergebe sich daraus also etwa auch, dass das in den bereits rechtswirksamen Bebauungsplänen Nr. … und Nr. … ausgewiesene und noch nicht ausgeschöpfte Baurecht genommen werden solle, indem die Antragsgegnerin die Bebauungspläne ändere und dies bauleitplanerisch sichere oder ihr gemeindliches Einvernehmen entsprechend ausübe. Auch die Begründung des Bürgerbegehrens bestätige die klare Zielrichtung. Die Begründung sei im Vergleich zur Fragestellung nicht einschränkend und erhalte keinen Widerspruch. Nur weil die Begründung in Ziffer 1 auf die Teiländerung des Flächennutzungsplans im Parallelverfahren zur Neuaufstellung des Bebauungsplans Nr. … konkret Bezug nehme, heiße dies nicht, dass nur diese beiden Planungsvorhaben aufgegeben werden sollten. Vielmehr stellten die Antragsteller klar, dass sie darin die „Basis“ und nicht den einzigen Anknüpfungspunkt von künftigen Produktionsausweitungen sähen. Ziffer 2 der Begründung führe einen nicht aufzulösenden Widerspruch zur Fragestellung ebenfalls nicht herbei. Die Bezugnahme auf den „ausgeweiteten Flächennutzungsplan“ und den „vergrößerten Bebauungsplan“ nenne beispielhaft und nicht einschränkend, wodurch die angestrebte Betriebsausweitung verwirklicht werden könne. Sie benenne die beiden bauleitplanerischen Maßnahmen lediglich als Beleg für die Ermöglichung der Betriebsausweitung, nicht aber als einzige dahingehend zu verhindernde Maßnahme. Dass Ziffer 4 der Begründung von einer „geplanten“ Produktionsausweitung spreche, führe zu keinem anderen Ergebnis. Die Beschreibung der Produktionsausweitung als „geplant“ beschränke sich nicht auf die bauleitplanerischen Aktivitäten der Antragsgegnerin. Der Begriff „geplant“ sei – für jedermann erkennbar – nicht rechtlich zu verstehen. „Geplant“ meine vor dem Hintergrund der gebotenen wohlwollenden Auslegung lediglich, dass das Chemieunternehmen UI eine Produktionsausweitung am Standort Pullach vorhabe. Ein Bezug zur Bauleitplanung bestehe in Ziffer 4 überhaupt nicht, was auch daraus folge, dass diese mit keinem Wort auf Bauleitpläne der Antragsgegnerin Bezug nehme. Insgesamt bleibe festzuhalten, dass die Begründung die Fragestellung konkretisiere und nicht einschränke. Zudem bestehe die von der Antragsgegnerin entgegengehaltene Unklarheit nicht, weil nach den oben geschilderten Grundsätzen bei negativen Entscheidungen, wie dem Bürgerbegehren der Antragsteller, eine Abstimmungsfrage, wonach die Antragsgegnerin zur Ergreifung aller rechtlich zur Verfügung stehender Maßnahmen verpflichtet werde, nur dann zu unbestimmt sei, wenn sie sich nicht auf ein Zulassungsverfahren beziehe, dass der Antragsgegnerin eine selbständige Rechtsposition vermittle. Dies sei bei der Fragestellung der Antragsteller aber gerade der Fall. Dort werde auf das laufende Bauleitplanungsverfahren der Antragsgegnerin konkret Bezug genommen. Das Bürgerbegehren stelle in seiner Begründung die entscheidungsrelevanten Umstände richtig und in keiner Weise irreführend dar. Die Rechtslage werde zutreffend erläutert. Dies gelte insbesondere für Ziffer 1 der Begründung. Die Neuaufstellung des Bebauungsplans Nr. … und die entsprechende 1. Teiländerung des Flächennutzungsplans im Parallelverfahren bildeten die rechtlichen Grundlage für eine Ausweitung des Betriebs des Chemieunternehmens UI am Standort P. … Aus diesen bauleitplanerischen Maßnahmen ergebe sich gerade eine Baurechtsmehrung, die Grundlage einer Expansion der Betriebsproduktion sein könnte. Es sei unzutreffend, dass die Antragsgegnerin die vorgenannten Bauleitpläne ausschließlich als „Neuordnung“ einordne. So sehe die Neuaufstellung des Bebauungsplans Nr. … die Festsetzung eines Industriegebiets statt des bisher festgesetzten Gewerbegebiets vor. Bestehende bebaubare Flächen sollten deutlich vergrößert werden. Zudem weise die Antragsgegnerin in ihrer Internetinformation selbst darauf hin, dass das Chemieunternehmen UI plane, unter dem Projektnamen „B. W.“ am Standort P. die Logistikabläufe zum und auf dem Betriebsgelände zu verbessern, Lagerkapazitäten zu erhöhen und Versand und Umschlag zu modernisieren. Das Projekt „B. W.” beinhalte neben baulichen Veränderungen an Produktionsstätten und Verwaltungsgebäuden auch die Errichtung von Erschließungsanlagen zur Optimierung interner Verkehrsströme, die Verlegung technischer Infrastruktur sowie den Rück- und Neubau von Werkswohnungen. Ausweislich der Zielstellung des Bauleitplanverfahrens plane das Unternehmen Änderungen der baulichen Nutzung und darüber hinaus Erweiterungen, die die Festsetzungen der bereits bestehenden Bebauungspläne Nr. … und Nr. … bisher nicht abdeckten. Diesen Aspekten solle durch die Neuaufstellung des Bebauungsplans Nr. … sowie der damit einhergehenden Teiländerung des Flächennutzungsplans Rechnung getragen werden. In der Begründung ihres Bescheids spreche die Antragsgegnerin selbst davon, dass ihre aktuellen Bauleitplanungen zusätzliche Lagerkapazitäten auf dem Betriebsgelände ermöglichten. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin stelle schon die Erweiterung von Lagerkapazitäten eine Expansion dar. Eine Expansion sei jede Ausweitung des Betriebs im Sinne einer Produktionsausweitung und Produktionsmehrung. Werde die Lagerkapazität erweitert, ziehe dies zwangsläufig eine Produktionsmehrung nach sich, weil zusätzlich hergestellte Produkte vorgehalten und insgesamt mehr Stoffe und Materialien aufbewahrt werden könnten. Im Übrigen werde die Rechtslage auch vollständig erläutert. Es ergebe sich vorliegend keine unvollständige Erläuterung der Rechtslage, weil die Begründung des Bürgerbegehrens die weiteren Planungsziele der Antragsgegnerin nicht anspreche. Die Begründung müsse gerade keinen vorläufigen Überblick über die Ausgangssituation vermitteln, in den alle Planungsziele aufzunehmen wären. Auch würden in der Begründung zum Bürgerbegehren keine unzutreffenden Tatsachen behauptet. Die Darstellung des Chemiewerks als objektiv gesundheitsgefährdend sei richtig. Das Chemieunternehmen UI produziere und lagere Gefahrstoffe. Es sei allgemein bekannt, dass das Unternehmen ein sog. Störfallbetrieb sei. Weitere Störfälle seien gerade bei Einlagerung größerer Gefahrstoffmengen nicht auszuschließen. Zudem gingen von dem Betrieb bereits bisher Immission von ca. 24.000 t CO2 und ca. 4 t NO2 jährlich aus, wodurch die Gefahr von Atemwegserkrankungen bestehe. Ein Anordnungsgrund bestehe ebenfalls. Es drohe die erhebliche und nicht zu revidierende Beeinträchtigung von Rechten der Antragsteller. Dies resultiere daraus, dass die Antragsgegnerin die laufenden Bauleitplanungsverfahren mit Nachdruck vorantreibe, um Tatsachen zu schaffen. Im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens sei bereits das Verfahren zur öffentlichen Auslegung und der Beteiligung von Behörden und Trägern öffentlicher Belange eingeleitet worden. Zudem habe das Chemieunternehmen UI beim Landratsamt München bereits eine Genehmigung zur Erweiterung der Lagerkapazität für chemische Stoffe beantragt. Werde diese Genehmigung erteilt, weil die Antragsgegnerin die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen habe, könnten künftig 3.340 t organischer Peroxide statt wie bisher 1.600 t eingelagert werden. Mithin bestehe die Gefahr, dass die Antragsgegnerin weitere Maßnahmen ergreife, die der Zielsetzung des Bürgerbegehrens zuwiderliefen und seine Durchführung von vorneherein obsolet machten. Eine Vorwegnahme der Hauptsache drohe nicht. Die Antragsteller begehrten lediglich die Sicherung von Belangen des Bürgerbegehrens, welches andernfalls ins Leere laufen würde.
Mit Schriftsatz vom 21. September 2021 tragen die Bevollmächtigten der Antragsteller ergänzend vor, bereits in der Sitzung des Bauausschusses des Gemeinderats der Antragsgegnerin am 26. Juli 2021 sei in Tagesordnungspunkt 13 über einen Antrag auf Bau einer Umfahrung auf dem Betriebsgelände des Chemieunternehmens UI beraten worden. Dies sei ein weiterer Beleg dafür, dass die Antragsgegnerin eine Ausweitung des Betriebs des Chemieunternehmens Peroxid ohne jede Rücksicht auf den Widerstand innerhalb der P. Bevölkerung und das sich daraus ergebende streitgegenständliche Bürgerbegehren vorantreibe. Am 28. September 2021 finde die nächste Sitzung des Gemeinderats der Antragsgegnerin statt. Es sei keineswegs ausgeschlossen, dass dort bereits ein Beschluss des neuen Bebauungsplans Nr. … gefasst und die Satzung anschließend bekannt gemacht werde. Dies würde die Rechte der Antragsteller unwiederbringlich vereiteln. Es sei vollkommen unverständlich, dass die Antragsgegnerin sich bisher nicht zur Sache eingelassen habe. Die Antragsgegnerin habe bereits im Vorfeld ihrer Entscheidung über die Ablehnung des Bürgerbegehrens Rechtsbeistand gehabt. Dadurch, dass die Antragsgegnerin auch über drei Wochen nach der Einreichung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung durch die Antragsteller keine Stellungnahme abgegeben habe, verzögere sie das Verfahren. Die Antragsteller erachteten eine unverzügliche gerichtliche Entscheidung vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen als unumgänglich. Auf eine Stellungnahme der Antragsgegnerin könne nicht länger gewartet werden.
Die Antragsteller beantragen,
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, vorläufig, längstens bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache über die Zulässigkeit der Durchführung des am 9. Juli 2021 beantragten Bürgerbegehrens gegen insbesondere die Ausweitung des Betriebs des Chemieunternehmens P./U. I., alle bau- und planungsrechtlichen Maßnahmen zu unterlassen, die eine Ausweitung des Betriebs des Chemieunternehmens P. /U. I. ermöglichen, insbesondere die erste Teiländerung des Flächennutzungsplans „Industriegebiet D.-G.-A.-Straße“ im Parallelverfahren zur Neuaufstellung des Bebauungsplans Nr. … „Industriegebiet D.-G.-A.-Straße“ sowie die Neuaufstellung des vorgenannten Bebauungsplans.
Die Antragsgegnerin beantragt,
Der Antrag wird abgelehnt
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 23. September 2021 wird ausgeführt, die Antragsgegnerin beabsichtige keineswegs, in Kürze vollendete Tatsachen zulasten des Bürgerbegehrens zu schaffen. Die Frist zur öffentlichen Auslegung ende am Freitag, den 24. September 2021. Die Abwägung der Einwendungen werde frühestens in der Sitzung des Gemeinderats der Antragsgegnerin vom 23. November 2021 erfolgen. Es sei zudem nicht unwahrscheinlich, dass eine erneute Auslegung erforderlich werde. Nach Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs könne der auf Vermeidung vollendeter Tatsachen gerichtete Sicherungsanspruch der Antragsteller regelmäßig nur darauf gerichtet sein, die Bekanntmachung des Bebauungsplans Nr. … zu unterlassen. Vor diesem Hintergrund werde zugesichert, den Bebauungsplan Nr. … bis zu einer Entscheidung im hiesigen Verfahren nach § 123 VwGO nicht bekanntzumachen.
Mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2021 führten die Bevollmächtigten der Antragsgegnerin im Wesentlichen weiter aus, die Antragsteller könnten im vorliegenden Verfahren keinen Sicherungsanspruch glaubhaft machen. Zwar könne vor dem Eintritt der gesetzlichen Sperrwirkung des Art. 18 Abs. 9 GO, die mit der Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens durch den Gemeinderat beginne, durch eine verwaltungsgerichtliche Anordnung nach § 123 VwGO eine vorläufige Schutzwirkung aufgrund einer konkreten gerichtlichen Abwägung erreicht werden, wobei allerdings die Erfüllung der Zulässigkeitsvoraussetzung des Bürgerbegehrens gesichert erscheinen müsse. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Soweit die Antragsgegnerin verpflichtet werden solle, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens in der Hauptsache alle bau- und planungsrechtlichen Maßnahmen zu unterlassen, die eine Ausweitung des Betriebs des Chemieunternehmens UI ermöglichten, bestehe ein derart weit gefasster Sicherungsanspruch nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gerade nicht. Aber auch einen beschränkten Sicherungsanspruch könnten die Antragsteller nicht glaubhaft machen. Vorliegend seien bereits die Zulässigkeitsvoraussetzungen des Bürgerbegehrens nicht erfüllt. Das Bürgerbegehren genüge nicht den Anforderungen einer ausreichenden Bestimmtheit und enthalte in seiner Begründung in entscheidungsrelevanter Weise unzutreffende und irreführende Tatsachen, was im Wesentlichen unter Wiederholung der Bescheidsgründe weiter ausgeführt wurde. Ergänzend wurde vorgetragen, die weitergehende Auslegung der Fragestellung sei durchaus nicht fernliegend. So sei zumindest nach dem Vortrag der Bevollmächtigten der Antragsteller nach der Intention der Initiatoren des Bürgerbegehrens das Bürgerbegehren sowohl darauf gerichtet, dass die Antragsgegnerin die derzeit in Aufstellung befindlichen Bauleitpläne einstellen, als auch darüberhinausgehend alle weiteren möglichen Maßnahmen ergreifen solle, um eine Ausweitung des Betriebs der Chemiefabrik von UI am Standort P. zu verhindern. Im Hinblick auf den nicht auflösbaren Widerspruch zwischen der weitreichenden Fragestellung und der einschränkenden Begründung, der letztlich dazu führe, dass weder die zur Abstimmung berufenen Bürger noch die Gemeinde wüssten, welche konkreten Maßnahmen in Umsetzung des Bürgerbegehrens zu treffen wären, sei es als besonders unglücklich anzusehen, wenn in der Fragestellung des Bürgerbegehrens die Verhinderung einer weiteren Expansion durch die Gemeinde angestrebt werde, das Wort „weitere“ aber sodann in Klammern gesetzt werde. Zudem vermittelten alle zentralen Elemente des Bürgerbegehrens den unzutreffenden Eindruck, die Firma UI betreibe aktuell Expansionsbestrebungen im Sinne von Produktionsausweitungen, zu deren Realisierung die Antragsgegnerin aktuell die bauplanungsrechtlichen Grundlagen schaffe, die es deshalb zu verhindern gelte. Es werde in der Antragsbegründung fälschlich davon ausgegangen, dass die Neuaufstellung des Bebauungsplans Nr. … und die entsprechende 1. Teiländerung des Flächennutzungsplans im Parallelverfahren die rechtliche Grundlage für eine Baurechtsmehrung und somit einer Expansion der Betriebsproduktion sein könne. Eine Baurechtsmehrung betreffe die Aufnahme von Festsetzungen eines Bebauungsplans zum Maß der baulichen Nutzung, die im Vergleich zu den Festsetzungen der Bestandsbebauungspläne Nr. … und Nr. … künftig ein höheres Nutzungsmaß zulasse. Dabei könne das Maß der baulichen Nutzung in einem Bebauungsplan durch Vorgaben zur Baumassenzahl, zur Geschossfläche, zur Geschossflächenzahl, zur Grundfläche, zur Grundflächenzahl, zur Höhe der baulichen Anlagen und zur Zahl der Vollgeschosse festgesetzt werden. Solle überprüft werden, ob die Neufestsetzungen eines Bebauungsplans eine Baurechtsmehrung zur Folge hätten, sei ausschlaggebend, ob sich die zulässige Baumasse und/oder die zulässige Grundfläche im Vergleich zu den Bestandsbebauungsplänen erhöht hätten. Genau dies sei jedoch nachweislich nicht der Fall. Zur Veranschaulichung der Tatsache, dass sich weder in Bezug auf die Baumasse noch in Bezug auf die Grundfläche durch die Neuaufstellung des Bebauungsplans Nr. … und die entsprechende 1. Teiländerung des Flächennutzungsplans eine Baurechtsmehrung ergebe, die Grundlage einer Vergrößerung/Expansion des Chemiewerks von UI sein könne, wie es in der Begründung des verfahrensgegenständlichen Bürgerbegehrens behauptet werde, werde in der Anlage eine entsprechende Gegenüberstellung der bisher rechtsgültig festgesetzten Baumasse (rot dargestellt) und Grundfläche (blau dargestellt) sowie der konkret geplanten neu festzusetzenden Baumasse und Grundfläche vorgelegt. Daraus ergebe sich, dass sich die Baumasse im Vergleich zu den Bestandsbebauungsplänen nunmehr sogar geringfügig verringere. Dasselbe gelte für die Grundfläche. Soweit die Antragsteller letztlich ohne nähere Begründung behaupteten, schon die Erweiterung von Lagerkapazitäten stelle eine Expansion dar, so könne dem nicht gefolgt werden. Ausweislich der Begründung des Bürgerbegehrens werde dort nachweislich unrichtig behauptet, die bauleitplanerischen Verfahren hätten eine massive Produktionsausweitung zur Folge. Die weitere Aussage in der Antragsbegründung, wonach eine Erweiterung von Lagerkapazitäten zwangsläufig eine Produktionsmehrung nach sich ziehe, sei unrichtig. Es handele sich lediglich um eine logistische Erleichterung, bislang außerhalb des Betriebsgeländes gelagerte Materialien nun auf dem Betriebsgrundstück selbst lagern zu können. Die Gemeinde P. … könne durch Bauleitplanung lediglich Festsetzungen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung sowie des Maßes der baulichen Nutzung treffen. Sei ein Vorhaben danach grundsätzlich bauleitplanungsrechtlich zulässig, habe das Landratsamt über die weiteren, ausschließlich immissionsschutzrechtlich zu beurteilenden Fragen (Produktion/Herstellung mit maximaler Kapazität, anlagentechnische Ausstattung und Instrumentierung etc.) im immissionsschutzrechtlichen Zulassungsverfahren zu entscheiden. Auch diesbezüglich vermittle die Begründung des Bürgerbegehrens den zur Entscheidung berufenen Bürgerinnen und Bürgern ein falsches Bild. Weder der Flächennutzungsplan noch der Bebauungsplan Nr. … dürfe bzw. werde Darstellungen bzw. Festsetzungen zu Produktionskapazitäten enthalten. Dies sei ausschließlich staatliche Aufgabe des Landratsamts München und damit keine kommunale Aufgabe im eigenen Wirkungskreis der Gemeinde i.S.v. Art. 18a Abs. 1 GO. Der Antragsgegnerin werde ferner durch die Aussagen der Begründung „Die Gemeinde Pullach will mit einer Ausweitung des Flächennutzungsplans und einem vergrößerten Bebauungsplan die rechtlichen Grundlagen zur Vergrößerungsexpansion des Chemiewerks UI schaffen“, „Dazu sollen sowohl der ausgeweitet Flächennutzungsplan als auch der vergrößerte Bebauungsplan schnellstmöglich rechtskräftig werden“ und „durch die geplante Produktionsausweitung“ wahrheitswidrig das städtebauliche Ziel unterstellt, durch diese aktuellen Bauleitplanungsverfahren bauplanungsrechtlich die Grundlage für eine Produktionsausweitung des Chemiewerks schaffen zu wollen. Diese behaupteten Motive der Antragsgegnerin seien durch nichts belegt. Sofern die Antragsbegründung nun ausführe, dass weitere Störfälle bei der Einlagerung größere Gefahrstoffmengen nicht auszuschließen seien, so ändere dies nichts an der anders gewesenen Begründung des Bürgerbegehrens, in der gerade nicht etwa nur eine solche subjektive Besorgnis ausgedrückt, sondern eben konkret behauptet worden sei, dass es bereits jetzt Gesundheitsbelastungen gebe, die sich künftig verschlechtern würden. Die Begründung des Bürgerbegehrens stelle sich auch insoweit als defizitär dar, als es nur den einen unzutreffenden Einzelaspekt der betrieblichen Expansion der städtebaulichen Planung der Gemeinde herausgreife, ohne die weiteren Planungsziele der Gemeinde anzusprechen, nämlich insbesondere die zusätzliche Schaffung einer Gemeinbedarfsfläche für den Wertstoffhof, welche durch den zusätzlichen Abschluss eines städtebaulichen Vertrags abgesichert werden solle. Eine Einstellung der aktuellen Bauleitplanung hätte zwangsläufig auch den Wegfall dieser Fläche zur Folge. Dies könne jedoch weder der Fragestellung noch der Begründung des Bürgerbegehrens nur ansatzweise entnommen werden, sodass die Bürgerinnen und Bürger unabhängig von eventuellen Vorkenntnissen über den aktuellen Planungsstand die Auswirkung des Bürgerbegehrens nicht zureichend überblicken könnten. Soweit die Antragsbegründung jetzt ausführe, die Begründung des Bürgerbegehrens sei deshalb nicht in wesentlicher Hinsicht defizitär, da die einem Bürgerbegehren beigefügte Begründung einen vorläufigen Überblick über die Ausgangssituation vermitteln müsse, so sei die hierzu genannte Entscheidung nicht auf die verfahrensgegenständliche Situation übertragbar. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe dort ausgeführt, dass die fehlende Information über die Beschlusslage im Gemeinderat nicht zu einer wesentlichen Unvollständigkeit des Bürgerbegehrens führe. Dies sei nicht übertragbar auf fehlende Informationen zu maßgeblichen Bebauungsplaninhalten, deren Verwirklichung bei einem erfolgreichen Bürgerentscheid zwangsläufig ebenfalls nicht verwirklicht werden würden. Solche Inhalte müssten zumindest kurz erwähnt werden, damit die Bürgerinnen und Bürger in die Lage versetzt würden, sachgerecht über die Unterstützung eines Bürgerbegehrens zu entscheiden.
Hierauf erwiderten die Bevollmächtigten der Antragsteller mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2021 und führte ergänzend im Wesentlichen aus, es sei dringend über den Antrag zu entscheiden, da die Antragsgegnerin sich zum Überraschen der Antragsteller in keiner Weise an die Zusicherung vom 23. September 2021, den Bebauungsplan Nr. … nicht bekannt zu machen, gebunden fühle, was näher ausgeführt wurde. Der Antrag sei nicht darauf zu beschränken, nur die Bekanntmachung des Bebauungsplans bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu unterlassen. Bereits aufgrund der bestehenden Bebauungspläne drohe die konkrete Gefahr weitgehender Expansionen. Dies ergebe sich schon daraus, dass bereits auf Basis der bestehenden Bebauungspläne Nr. … und Nr. … Baugenehmigungen zur Erweiterung des Betriebs des Chemieunternehmens UI erteilt werden könnten. Zudem stünden bereits gestellte Bauanträge zur Entscheidung aus, auf die die Gemeinde durch Ausübung ihres Rechts zur Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens Einfluss nehmen könne. Die Antragsteller hätten auch ein den Antrag tragendes Sicherungsbedürfnis, da die Zusicherung nicht ausreichend sei. Die Antragsgegnerin habe nur zugesichert, den Bebauungsplan bis zum Abschluss des hiesigen Verfahrens nach § 123 VwGO nicht bekannt zu machen. Folglich sei das den Sicherungsanspruch tragende Sicherungsbedürfnis nicht entfallen, da keine Zusicherung bis zur Entscheidung in der Hauptsache bestehe. Vorliegend sehe die Antragsgegnerin auch trotz ihrer Zusicherung und der rechtshängigen Verfahren keine Hindernisse an einer Fortführung der Bauleitplanung. Die Antragsgegnerin sei jederzeit bereit, dem Bürgerbegehren entgegenstehende Maßnahmen vorzunehmen. Das Bürgerbegehren sei auch nach der Erwiderung durch die Antragsgegnerin nicht als materiell-rechtlich unzulässig einzuordnen. Insbesondere werde die Rechtslage weder unzutreffend noch unvollständig erläutert, was weiter vertieft wurde.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte im Klageverfahren M 7 K 21.4683 sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
Die Antragsteller haben einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 Abs. 1 ZPO sind dabei sowohl ein Anordnungsanspruch, d.h. der materielle Grund, für den der Antragsteller vorläufig Rechtsschutz sucht, als auch ein Anordnungsgrund, der insbesondere durch die Eilbedürftigkeit der Regelung begründet wird, bzw. die für diese maßgeblichen Tatsachen glaubhaft zu machen. Maßgebend sind dabei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. BayVGH, B.v. 29.6.2007 – 21 CE 07.1224 – juris Rn. 3; Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Auflage 2019, § 123 Rn. 6).
Eine solche vorläufige, gerichtlich angeordnete Schutzwirkung nach § 123 VwGO betreffend Bürgerbegehren kann vor dem Eintritt der gesetzlichen Sperrwirkung des Art. 18a Abs. 9 GO erreicht werden, wenn aufgrund einer konkreten Abwägung gesichert erscheint, dass das Bürgerbegehren zulässig ist und nicht im Einzelfall sachliche Gründe für ein alsbaldiges Handeln auf der Seite der Gemeindeorgane den Vorzug verdienen. Der Inhalt einer Sicherungsanordnung darf allerdings nicht über den Umfang der gesetzlichen Sperrwirkung des Art. 18a Abs. 9 GO hinausgehen (vgl. BayVGH, B.v. 25.6.2012 – 4 CE 12.1224 – juris Rn. 22 m.w.N.). Es gilt der Grundsatz, dass bei Bürgerbegehren, die sich gegen den Erlass einer Rechtsnorm wenden, eine auf Unterlassung der Bekanntmachung gerichtete Sicherungsanordnung ausreicht. Ein auf die Vermeidung vollendeter Tatsachen gerichteter Sicherungsanspruch der Vertreter des Bürgerbegehrens kann daher hier zutreffend nur darauf gerichtet sein, die Bekanntmachung von Bebauungsplänen bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu unterlassen. (vgl. BayVGH, B.v. 5.3.2020 – 4 CE 20.278 – juris Rn. 27 f. m.w.N.).
Ein Sicherungsanspruch des Bürgerbegehrens auf Durchführung des Bürgerentscheids besteht jedoch nicht, wenn das Bürgerbegehren unzulässig ist. Denn über ein unzulässiges Bürgerbegehren darf nicht durch Bürgerentscheid abgestimmt werden, Art. 18a Abs. 10 Satz 1 GO (vgl. BayVGH, B.v. 10.11.1997 – 4 CE 97.3392 – juris Rn. 17).
Hier dürfte von der Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens „Expansions-Stopp der Chemiefirma P. / U. I. P.“ auszugehen sein.
Es bestehen bereits Zweifel daran, ob das Bürgerbegehren eine ausreichend bestimmte Fragestellung enthält.
Da dem (erfolgreichen) Bürgerentscheid nach Art. 18a Abs. 13 GO die Wirkung eines Beschlusses des Gemeinderats zukommt, kann sich ein Bürgerbegehren grundsätzlich auf alles beziehen, was auch durch Gemeinderatsbeschluss bestimmt werden könnte (vgl. BayVGH, U.v. 10.12.1997 – 4 B 97.89 u.a. – BayVBl 1998, 242/243 m.w.N.). Auch Grundsatzentscheidungen, die noch der Ausführung und Ausfüllung durch spätere Detailentscheidungen bedürfen, können grundsätzlich durch Bürgerentscheid getroffen werden (vgl. BayVGH, U.v. 19.2.1997 – 4 B 96.2928 – BayVBl. 1997, 276/277; U.v. 21.3.2012 – 4 B 11.221 – juris Rn. 22).
Ein Bürgerbegehren kann jedoch nur zugelassen werden, wenn die mit ihm unterbreitete Fragestellung ausreichend bestimmt ist. Das bedeutet zwar nicht zwingend, dass es zum Vollzug des Bürgerentscheids nur noch der Ausführung durch den Bürgermeister im Rahmen der laufenden Angelegenheiten nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO bedarf, da mit einem Bürgerentscheid gerade auch Grundsatzentscheidungen getroffen werden können, die erst noch durch nachfolgende Detailregelungen des Gemeinderates ausgefüllt werden müssen, wie dies etwa bei einem Planaufstellungsbeschluss nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB der Fall ist. Die Fragestellung muss aber in jedem Fall so bestimmt sein, dass die Bürger zumindest in wesentlichen Grundzügen erkennen können, wofür oder wogegen sie ihre Stimme abgeben und wie weit die gesetzliche Bindungswirkung des Bürgerentscheids (Art. 18a Abs. 13 GO) im Falle eines Erfolgs reicht. Die auf eine Grundsatzentscheidung abzielenden Bürgerbegehren unterliegen damit strengeren Bestimmtheitsanforderungen als entsprechende Beschlussanträge im Gemeinderat, der an seine früheren Entscheidungen in keiner Weise gebunden ist und nicht vollzugsfähige Beschlüsse jederzeit präzisieren kann (vgl. BayVGH, U.v. 13.3.2019 – 4 B 18.1851 – juris Rn. 36 m.w.N.; U.v. 17.5.2017 – 4 B 16.1856 – juris Rn. 24; vgl. auch NdsOVG, B.v. 7.5.2009 – 10 ME 277/08 – juris Rn. 20; OVG NW, U.v. 23.4.2002 – 15 A 5594/00 – juris Rn. 24 und 30; Becker/Bomba, BayVBl 2002, 167/168). Es muss mit anderen Worten erkennbar sein, welchen Inhalt die spätere, durch den Bürgerentscheid herbeizuführende Entscheidung haben wird, denn nur dann ist sie hinreichend direktdemokratisch legitimiert. Eine klare und eindeutige Fragestellung ist auch im Hinblick auf die erforderliche Umsetzung notwendig (vgl. NdsOVG, B.v. 7.5.2009 – 10 ME 277/08 – juris Rn. 20; OVG NW, U.v. 23.4.2002 – 15 A 5594/00 – juris Rn. 20). Die Gemeindeorgane, die den (erfolgreichen) Bürgerentscheid später zu vollziehen oder jedenfalls zu beachten haben, müssen dem Abstimmungstext entnehmen können, inwieweit sie an das Bürgerbegehren gebunden sind (vgl. Zöllner, BayVBl 2013, 129/132). Da das Rechtsinstitut Bürgerbegehren/Bürgerentscheid so angelegt ist, dass die Fragestellung von Gemeindebürgern ohne besondere verwaltungsrechtliche Kenntnisse formuliert werden können soll, kann es notwendig sein und ist zulässig – wie bei Willenserklärungen und Gesetzen auch -, den Inhalt einer Frage durch Auslegung zu ermitteln. Bei der Auslegung hält die Rechtsprechung eine „wohlwollende Tendenz“ für gerechtfertigt, weil das Rechtsinstitut für die Bürger handhabbar sein soll, solange nur das sachliche Ziel des Begehrens klar erkennbar ist. Für die Auslegung gilt, dass nicht die subjektive, im Lauf des Verfahrens erläuterte Vorstellung der Initiatoren vom Sinn und Zweck und Inhalt des Bürgerbegehrens, sondern nur der objektive Erklärungsinhalt, wie er in der Formulierung und Begründung der Frage zum Ausdruck gebracht und von den Unterzeichnern verstanden werden konnte und musste, maßgeblich ist (vgl. BayVGH, U.v. 19.2.1997 – 4 B 96.2928 – BayVBl 1997, 276/277; B.v. 26.6.2012 – 4 CE 12.1224 – juris Rn. 27).
Gemessen an diesem Maßstab ergeben sich Zweifel, ob die Fragestellung des von den Antragstellern vertretenen Bürgerbegehrens sich als ausreichend bestimmt erweist. Selbst bei wohlwollender Auslegung dürfte unklar bleiben, was genau unter dem Begriff der „(weiteren) Expansion“ zu verstehen ist. Denn es kann der Formulierung der Fragestellung weder allein noch in Zusammenschau mit der Begründung mit der hinreichenden Klarheit entnommen werden, ob sich das Bürgerbegehren nur auf die in der Begründung ausdrücklich genannte „Produktions-Ausweitung“ bezieht oder ob mit „Vergrößerung/Expansion“ auch jede bauliche Ausweitung ohne Bezug zur Produktion gemeint ist. Ebenso bleibt unklar, ob jede vom status quo abweichende Ausweitung oder nur solche Ausweitungen erfasst sind, die auf Grundlage der aktuellen Bauleitplanung ggf. ermöglicht werden. Soweit die Bevollmächtigten der Antragsteller geltend machen, die Expansion eines Unternehmens bestehe nicht ausschließlich in einer baumäßigen Vergrößerung des Betriebsgeländes, sondern könne vielmehr auch darin liegen, dass das Unternehmen durch bauliche Änderungen mehr zu produzieren in der Lage sei, ist dem zwar grundsätzlich zuzustimmen. Jedoch wird auch an dieser Argumentation deutlich, dass der Begriff der „Expansion“ keinen eindeutigen Bedeutungsinhalt hat, sondern eine Vielzahl von Konstellationen – so etwa auch eine Produktionsmehrung ohne bauliche Veränderung infolge der Optimierung von Produktionsprozessen oder des Einsatzes neuer Technologien – umfasst. Es dürfte vorliegend mithin an der erforderlichen Konkretisierung des Begriffs der „(weiteren) Expansion“ fehlen, dessen Bedeutung im Kern die Zielsetzung und Reichweite des Bürgerbegehrens ausmacht.
Letztlich kann jedoch aus Sicht der Kammer offenbleiben, ob das Bürgerbegehren insoweit eine ausreichend bestimmte Fragestellung enthält und in der Folge auch auf ein legitimes, erreichbares und damit zulässiges Ziel gerichtet wäre. Denn das Bürgerbegehren dürfte bei einer Gesamtbetrachtung auch bei wohlwollender Auslegung jedenfalls schon nicht den Mindestanforderungen entsprechen, die bei einer verfassungskonformen Auslegung der Vorschriften über Bürgerbegehren und Bürgerentscheide an ein zulässiges Bürgerbegehren zu stellen sind. Es dürfte gegen das aus der verfassungsrechtlich gewährleisteten Abstimmungsfreiheit (Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 BV) folgende Täuschungs- und Irreführungsverbot verstoßen. Da das Bürgerbegehren die Antragsgegnerin zur Ergreifung aller „rechtlich zur Verfügung stehenden, sowie baurechtlichen und planungsrechtlichen Massnahmen“ verpflichten will, die eine Expansion der Chemiefirma UI verhindern, in der Begründung jedoch ausschließlich auf die aktuelle Bauleitplanung der Antragsgegnerin eingegangen wird, dürfte davon auszugehen sein, dass die Begründung insoweit defizitär und daher irreführend ist und die Bürger daher die Auswirkungen des Bürgerbegehrens nicht überblicken und die wesentlichen Vor- und Nachteile nicht abschätzen können.
Nach Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO muss ein Bürgerbegehren eine (auf allen Unterschriftenlisten gleichlautende) Begründung enthalten. Damit soll sichergestellt werden, dass die Gemeindebürger, wenn sie zur Unterschriftsleistung aufgefordert werden, schon in dieser ersten Phase des direktdemokratischen Verfahrens die Bedeutung und Tragweite der mit Ja oder Nein zu entscheidenden Fragestellung erkennen können (vgl. zum Volksgesetzgebungsverfahren BayVerfGH, E.v. 13.4.2000 – Vf.4-IX-00 – VerfGHE 53, 81/105). Da bereits mit der Unterzeichnung eines Bürgerbegehrens das Recht auf Teilhabe an der Staatsgewalt in Gestalt der Abstimmungsfreiheit (Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 BV) ausgeübt wird, ergeben sich aus der Bayerischen Verfassung auch Mindestanforderungen an die Richtigkeit der Begründung. Die Stimmberechtigten können sowohl bei der Frage, ob sie ein Bürgerbegehren unterstützen und diesem zur erforderlichen Mindestunterschriftenzahl verhelfen (Art. 18a Abs. 6 GO), als auch bei der nachfolgenden Abstimmung über den Bürgerentscheid nur dann sachgerecht entscheiden, wenn sie den Inhalt des Begehrens verstehen, seine Auswirkungen überblicken und die wesentlichen Vor- und Nachteile abschätzen können. Mit diesen Grundsätzen ist es nicht vereinbar, wenn in der Fragestellung oder in der Begründung eines Bürgerbegehrens in einer für die Abstimmung relevanten Weise unzutreffende Tatsachen behauptet werden oder die geltende Rechtslage unzutreffend oder unvollständig erläutert wird (vgl. BayVGH, U.v. 17.5.2017 – 4 B 16.1856 – juris Rn. 33 m.w.N., B.v. 20.1.2012 – 4 CE 11.2771 – juris Rn. 31 m.w.N.). Das Gleiche muss gelten, wenn die Folgen einer angestrebten Rechtsänderung so lückenhaft oder missverständlich dargestellt werden, dass die Bürger, soweit sie nicht über spezielle Vorkenntnisse verfügen, den eigentlichen Inhalt des Regelungsvorschlags nicht erfassen können (vgl. BayVGH, B.v. 20.1.2012 – 4 CE 11.2771 – juris Rn. 31).
In ähnlicher Weise verhält es sich auch hier. Die Begründung des streitgegenständlichen Bürgerbegehrens stellt weder die geltende Rechtslage vollständig dar noch lässt sie überhaupt erkennen, dass das Bürgerbegehren der Sache nach (auch) auf eine Rechtsänderung gerichtet ist. Zwar darf die Begründung auch entsprechend knapp gehalten werden, wenn der Gegenstand des Bürgerbegehrens aus sich heraus verständlich ist (vgl. Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern, Stand: September 2020, Art. 18a Abs. 4 GO, Nr. 13.04 Anm. 8 b). Dies ist jedoch hier angesichts der weitreichenden Fragestellung, die „alle rechtlich zur Verfügung stehenden, sowie baurechtlichen und planungsrechtlichen Massnahmen“ – und damit eine unbestimmte Vielzahl verschiedenster Maßnahmen – umfasst, gerade nicht der Fall. Bei einer entsprechend weit gefassten Fragestellung, deren Bedeutung und Tragweite nicht ohne weiteres erkennbar ist, muss die Begründung Inhalt und Auswirkungen des Bürgerbegehrens hinreichend konkret aufzeigen. Vorliegend enthält die Begründung jedoch keinerlei Elemente, die Aufschluss darüber geben könnten, welche Maßnahmen der Gemeinde im Einzelnen rechtlich zur Verfügung stehen und mit welcher rechtlichen wie tatsächlichen Konsequenz die jeweilige Maßnahme verbunden wäre. Die Begründung des Bürgerbegehrens, die ausschließlich auf die aktuelle Bauleitplanung der Antragsgegnerin – Erste Teiländerung des Flächennutzungsplans im Parallelverfahren zur Neuaufstellung des Bebauungsplans Nr. … „Industriegebiet D.-G.-A.-Straße“ – Bezug nimmt, geht auf den Inhalt der sonstigen „rechtlich zur Verfügung stehenden Maßnahmen“ und deren Konsequenz an keiner Stelle ein (vgl. zu einer insoweit vergleichbaren Fallgestaltung einer defizitären Begründung bezüglich eines gewichtigen Teils der Fragestellung auch BayVGH, B.v. 16.4.2012 – 4 CE 12.517 – juris Rn. 25 ff.). Dazu, dass die zur Abstimmung gestellte Frage etwa auch eine Änderung der bestehenden Rechtslage zur Folge haben soll, indem in den bestehenden Bebauungsplänen Nr. … und Nr. … enthaltenes, noch nicht ausgeschöpftes Baurecht wieder genommen wird, finden sich in der Begründung keinerlei Anhaltspunkte. Gleiches gilt für daraus resultierende Rechtsfolgen wie etwaige Entschädigungsansprüche der Chemiefirma UI (vgl. § 39 BauGB). Es dürfte mithin vorliegend nicht davon auszugehen sein, dass die zur Entscheidung berufenen Bürger den eigentlichen Inhalt des Regelungsvorschlags, seine Auswirkungen und die wesentlichen Vor- und Nachteile erkennen und abschätzen können.
Zu einem anderen Ergebnis dürfte insbesondere auch nicht der Umstand führen, dass auf der Unterschriftenliste auf Seite 3 und 4 weiterführende Informationen beigefügt sind, die den Inhalt des Bürgerbegehrens weiter konkretisieren könnten. Wie ausgeführt, gilt für die Auslegung allein der objektive Erklärungsinhalt, wie er in der Formulierung und Begründung der Frage zum Ausdruck gebracht und von den Unterzeichnern verstanden werden konnte und musste (vgl. BayVGH, U.v. 19.2.1997 – 4 B 96.2928 – BayVBl 1997, 276/277; B.v. 26.6.2012 – 4 CE 12.1224 – juris Rn. 27). Die Seiten 3 und 4 der Unterschriftenlisten dürften indes nicht als Teil der Begründung anzusehen sein und können daher im Rahmen der Auslegung nicht herangezogen werden. Dies ergibt sich insoweit eindeutig aus der konkreten Ausgestaltung der Unterschriftenliste. So ist die Begründung auf Seite 1 explizit als solche bezeichnet. Ein Hinweis oder Verweis auf die Informationen auf Seite 3 und 4 findet sich an keiner Stelle. Insbesondere genügt auch nicht die stoffliche Einheit der vier Seiten, um den erforderlichen Zusammenhang zu der Begründung auf Seite 1 herzustellen. Denn es wird dem unbefangenen Leser durch nichts kenntlich gemacht, dass er über die in den vor der Unterschriftenzeile enthaltenen Informationen hinaus, weitere Informationen zur Kenntnis nehmen müsste, um den wesentlichen Inhalt des Regelungsvorschlags erfassen zu können. Auch bilden die auf Seite 2 befindlichen Unterschriftenzeilen, in denen die Unterstützenden ihre Unterschrift zu leisten haben, eine deutliche Zäsur zwischen der Begründung auf Seite 1 und den weiteren Informationen auf Seiten 3 und 4. Insbesondere kann aufgrund der einer Unterschrift stets auch innewohnenden Abschlussfunktion nicht davon ausgegangen werden, dass jeder, der seine Unterschrift auf Seite 2 unter der mit „Bürgerbegehren“ überschriebenen Fragestellung nebst Begründung und Vertreternennung – einem nach den erforderlichen Mindestinhalten i.S.d. Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO vollständigen Bürgerbegehren – leistet, worauf unmittelbar der Hinweis folgt, das Dokument an die Anschrift des Bürgerbegehrens zurückzusenden, auch von den Informationen auf den nachfolgenden Seiten Kenntnis genommen hat bzw. deren Relevanz für den Regelungsinhalt des Bürgerbegehrens erkennen konnte. Es kann daher nicht angenommen werden, dass jeder Unterzeichnende seine Entscheidung über die Unterstützung des Bürgerbegehrens auf eine ggf. erst durch die zusätzlichen Informationen auf Seite 3 und 4 vermittelte Konkretisierung des Bürgerbegehrens gestützt hat und seiner Entscheidung einen entsprechenden Regelungsinhalt zugrunde legen wollte. Eine Berücksichtigung der weiteren Erläuterungen auf Seiten 3 und 4 der Unterschriftenlisten für die Auslegung des objektiven Erklärungsgehalts scheidet daher aus. Schließlich berufen sich auch die Antragsteller selbst nicht darauf, dass die nach den Unterschriftenzeilen beigefügten Informationen als Teil der Begründung anzusehen wären, die sich dann insgesamt wiederum am Maßstab der verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen an die Richtigkeit der Begründung messen lassen müssten.
Da sich das Bürgerbegehren danach als unzulässig erweisen dürfte, kommt es für die Entscheidung auch nicht mehr darauf an, ob es im Übrigen ggf. weitere durchgreifende formelle oder materielle Mängel aufweist, wie insbesondere die von den Bevollmächtigten der Antragsgegnerin geltend gemachte sachlich unzutreffende Begründung. Ebenso kommt es auch auf den – zwischen den Parteien streitigen – zulässigen Umfang des Sicherungsanspruchs vorliegend nicht mehr entscheidungserheblich an.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 159 Satz 2 VwGO abzulehnen.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und Nr. 22.6 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.


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