Baurecht

Denkmalschutzrechtliche Erlaubnis für den Einbau von Kunststofffenstern – Ensembleschutz

Aktenzeichen  9 ZB 21.521

Datum:
23.9.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 30918
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayDSchG Art. 6 Abs. 1 S. 3, Abs. 2

 

Leitsatz

1. Der Austausch von Fenstern, sei es auch der von alten Kunststofffenstern gegen neue, ist als relevante Veränderung der Substanz des Gebäudes anzusehen, die sich als von außen sichtbare Änderung auf das Erscheinungsbild eines Ensembles auswirken kann. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das überlieferte Erscheinungsbild eines Ensembles wird durch das erhaltungswürdige Orts-, Platz- oder Straßenbild, das nicht nur aus einzelnen Teilen baulicher Anlagen, sondern aus einem Gesamteindruck besteht, geprägt, zu dem auch Fenster und Türen als wesentliche gestalterische Merkmale beitragen. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Grundsatz der Materialgerechtigkeit ist auch hinsichtlich des Ensembleschutzes anwendbar und gilt unabhängig von der Frage der Verunstaltung. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine denkmalrechtliche Genehmigung für eine Maßnahme kann nur entsprechend dem jeweiligen Denkmalschutzrecht und den aktuellen Standards der Denkmalverträglichkeit erteilt werden. Für Bestandsschutz für Bausünden besteht nach dem bayerischen Denkmalschutzrecht kein Raum. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 9 K 19.1350 2020-11-25 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 17.300,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin begehrt die Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis für den Einbau von Kunststofffenstern in ein Gebäude auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung S* … (L* …gasse, N* …*), welches zu dem denkmalgeschützten Ensemble Altstadt gehört, und wendet sich gegen die entsprechende Versagung mit Bescheid der Beklagten vom 15. Februar 2019. Die betreffende Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 25. November 2020 abgewiesen. Hiergegen richtet sich der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem sich die Klägerin auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie auf besondere rechtliche Schwierigkeiten und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache beruft (vgl. (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 und 3 VwGO), hat keinen Erfolg.
1. Ob ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Klägerin innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel hier nicht.
a) Im angefochtenen Urteil geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass der Einbau von Kunststofffenstern auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung S* … einer Erlaubnis gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayDSchG bedarf. Dies ist entgegen dem Zulassungsvorbringen nicht zu beanstanden. Wer ein gemäß Art. 1 Abs. 3 BayDSchG denkmalgeschütztes Ensemble verändern will, bedarf nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayDSchG der Erlaubnis, wenn die Veränderung eine bauliche Anlage betrifft, die für sich genommen ein Baudenkmal ist, oder wenn sie sich auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken kann. Letzteres hat das Verwaltungsgericht für den Einbau neuer Kunststofffenster im Ergebnis zutreffend bejaht.
Der Klägerin ist zwar grundsätzlich darin beizupflichten, dass hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der Veränderung eines denkmalgeschützten Ensembles die Zustände vor und nach einer Maßnahme zu vergleichen sind (vgl. Viebrock in Martin/Krautzberger, Denkmalschutz und Denkmalpflege, beck-online, 4. Aufl. 2017, Teil E. Denkmalrechtliche Ge- und Verbote und deren Durchsetzung, I. Erlaubnisverfahren Rn. 5 m.w.N.). Angeknüpft wird dabei an den bestehenden Zustand, der nach dem Verständnis des Denkmalrechts insgesamt das geschützte Denkmal ausmacht, auch wenn dieser nicht der Originalzustand ist, auch wenn er rechtswidrig zustande gekommen ist und auch wenn sonstige „Vorbelastungen“ bestehen (Martin in PdK Bay G-11, Denkmalschutzrecht in Bayern, beck-online, 2. Fssg. 2018, 5.2.3.1; Eberl/Spennemann/Schindler-Friedrich/Gerstner, BayDSchG, 8. Aufl. 2019, Art. 6 Rn. 8). Auf die Frage, ob im ursprünglichen Zustand – wie zuletzt vor dem streitgegenständlichen Fensterwechsel nicht mehr – eine Ausstattung des Gebäudes mit Holzfenstern bestand, kann es aber danach insoweit nicht ankommen. Vielmehr ist der Austausch von Fenstern, sei es auch der von alten Kunststofffenstern gegen neue, als relevante Veränderung der Substanz des Gebäudes anzusehen, die sich als von außen sichtbare Änderung auch auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken kann (Martin in PdK Bay G-11 a.a.O.; Eberl/Spennemann/Schindler-Friedrich/Gerstner a.a.O. Rn. 22). Das überlieferte Erscheinungsbild eines Ensembles wird durch das erhaltungswürdige Orts-, Platz- oder Straßenbild (Art. 1 Abs. 3 BayDSchG), das nicht nur aus einzelnen Teilen baulicher Anlagen, sondern aus einem Gesamteindruck besteht, geprägt, zu dem auch Fenster und Türen als wesentliche gestalterische Merkmale beitragen (vgl. BayVGH, B.v. 29.2.2016 – 9 ZB 15.1146 – juris Rn. 10; B.v. 8.1.2020 – 1 ZB 19.1540 – juris Rn. 6; B.v. 12.12.2012 – 15 ZB 11.736 – juris Rn. 4 m.w.N.). Es genießt vor dem Hintergrund, dass ein denkmalrechtlich geschütztes Ensemble selbst Baudenkmal ist, insoweit keinen geringeren Schutz vor Veränderungen als ein Einzeldenkmal (vgl. BayVGH, B.v. 8.1.2021 – 9 ZB 19.282 – juris Rn. 9 m.w.N.).
b) Das Verwaltungsgericht hat auch den Versagungsgrund des insoweit auslegungsbedürftigen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG zu Recht auf Ensembles übertragen (vgl. BayVGH, B.v. 8.1.2021 – 9 ZB 19.282 – juris Rn. 12 m.w.N). Es hat unter der von ihm angenommenen Prämisse, dass das betreffende Gebäude im Originalzustand mit Holzfenstern ausgestattet war, das Vorliegen gewichtiger Gründe, die für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands, hier im Ergebnis der vorhandenen Fenster, so sie nicht durch originalgetreue Holzfenster ersetzt werden, sprechen, darauf gestützt, dass Kunststofffenster mit dem Charakter des denkmalgeschützten Ensembles grundsätzlich nicht vereinbar seien, sofern nicht – wie bei modernen Gebäuden, die bereits bauzeitlich mit Kunststofffenstern errichtet wurden – fachliche Argumente für Kunststofffenster sprächen. Die nach den Angaben des Landesamts für Denkmalpflege zu fordernde Materialgerechtigkeit könne nur durch traditionelle Materialien wie Holz gewahrt werden. Dementsprechend habe die Beklagte 2015 in einem Leitfaden festgelegt, dass zur Herstellung des bauzeitlichen Zustands im Ensemblebereich keine Kunstoffenster mehr zuzulassen seien, sofern sich diese nicht als bauzeitlich darstellten oder es sich um Neubau handele. Auch der Augenschein habe bestätigt, dass die eingebauten Kunststofffenster einen nach Art und Intensität erheblichen Eingriff in das Erscheinungsbild des denkmalgeschützten Ensembles darstellten. Alldem setzt die Klägerin weder damit, dass sie einen nicht genehmigten bzw. genehmigungspflichtigen Austausch der Fenster in den siebziger Jahren bestreitet noch sonst mit ihrem Vorbringen Durchdringendes entgegen.
aa) Das Vorbringen der Klägerin weckt keine ernstlichen Zweifel daran, dass das Verwaltungsgericht von einem Originalzustand des Gebäudes mit Holzfenstern ausgehen durfte. Das Verwaltungsgericht hat sich dabei ersichtlich darauf gestützt, was die Beklagte in ihrem Bescheid ausführte, nämlich, dass in den ausgehenden 1950er Jahren – die Eingabeplanung stammt demnach und nach der vorgelegten Bauakte von 1957/58 – Holzfenster üblich waren. Die Klägerin sieht dagegen zwar den Nachweis einer Errichtung des Gebäudes mit Holzfenstern angesichts des Umstands, dass Kunststofffenster seit 1954 entwickelt worden seien, nicht als erbracht an. Sie hat mit diesem Vorbringen, welches sie insbesondere auch nicht um die Schilderung einer nachvollziehbaren Historie der seit der Errichtung des Gebäudes eingesetzten Fenster ergänzt, die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, dass im Originalzustand des Gebäudes wegen des Zeitpunkts seiner Errichtung von Holzfenstern auszugehen ist, aber nicht substantiiert in Frage gestellt.
bb) Dass das Verwaltungsgericht hier hinsichtlich gewichtiger Gründe des Denkmalschutzes auf die aus fachlicher Sicht gebotene Materialgerechtigkeit abstellt, zumal es seiner Entscheidung auch zugrunde gelegt hat, was die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid unter Hinweis auf die Auffassung der übergeordneten staatlichen Fachbehörden und Verbände ausführlich erläutert hat, nämlich dass sich Kunststofffenster von Holzfenstern hinsichtlich konstruktionsspezifischer Details, wie beispielsweise Regenschutzschienen, unterscheiden und mit zunehmendem Zeitablauf immer stärker von den natürlichen Fassadenmaterialien abheben, da sie nicht altern, sondern verschmutzen (UA S. 12 f.), ist nicht zu beanstanden (vgl. BayVGH, B.v. 29.2.2016 – 9 ZB 15.1146 – juris Rn. 6 m.w.N.; B.v. 8.1.2020 – 1 ZB 19.1540 – juris Rn. 4 m.w.N.). Indem die Klägerin sinngemäß geltend macht, eine Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des Ensembles komme nicht in Betracht, weil kein hässlicher, unästhetischer Zustand oder eine Verunstaltung entstehe, und Kunststofffenster von gewarteten und instandgehaltenen Holzfenstern kaum zu unterscheiden seien, wozu sie die Einholung eines Sachverständigengutachtens anregt, setzt sie sich damit nicht auseinander, sondern stellt ihre Einschätzung der Beurteilung des Verwaltungsgerichts lediglich gegenüber (vgl. BayVGH, B.v. 8.1.2020 a.a.O.). Der Grundsatz der Materialgerechtigkeit, der auch im Ensemble anwendbar ist, gilt zudem unabhängig von der Frage der Verunstaltung (Martin, BayDSchG, 2019, Art. 6 Rn. 93, Eberl/Spennemann/Schindler-Friedrich/Gerstner, BayDSchG, 8. Aufl. 2019, Art. 6 Rn. 38; Viebrock in Martin/Krautzberger, Denkmalschutz und Denkmalpflege, beck-online, 4. Aufl. 2017, Teil E. Denkmalrechtliche Ge- und Verbote und deren Durchsetzung, I. Erlaubnisverfahren Rn. 73).
Nicht durchzudringen vermag die Klägerin dementsprechend auch mit ihrer Auffassung, dass die Vorgabe von Holzfenstern funktionslos geworden sei, dem Fenstermaterial wegen der Mischung von Materialien und Arten von Fenstern in der Umgebung im konkreten Einzelfall jedenfalls keine ausschlaggebende Bedeutung für den Denkmalwert zukomme und kein intensiver Eingriff erfolge, oder darauf hinweist, dass bereits in den 1970iger Jahren Kunststofffenster im streitgegenständlichen Gebäude eingebaut gewesen seien. Das Verwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung wiederholt und tragend auf die Bauzeitlichkeit des jeweils verwendeten Fenstermaterials abgestellt. Es hat zudem zu Recht betont, dass bestehende Vorbelastungen die Schutzwürdigkeit des Ensembles nicht schmälern und weitere Beeinträchtigungen nicht rechtfertigen können. Maßgebend ist das ü b e r l i e f e r t e Erscheinungsbild des Baudenkmals „Ensemble“ (vgl. Art. 6 Abs. 2 Satz 2 DSchG; BayVGH, B.v. 20.2.2016 – 9 ZB 15.1146 – juris Rn. 10 m.w.N.; vgl. auch U.v. 9.8.1996 – 2 B 94.3022 – BayVBl 1997, 633 f. m.w.N.; BayVerfGH, E.v. 17.3.1999 – Vf. 23-VI-98 – juris Rn. 14). Es kann im Hinblick auf die Gewichtigkeit der Gründe des Denkmalschutzes somit hier nicht darauf ankommen, dass die Klägerin das Fehlen von Genehmigungen für bauzeitwidrige Einbauten von Kunststofffenstern in den siebziger Jahren oder später, sei es im streitgegenständlichen Anwesen oder in Nachbaranwesen, bestreitet oder darüber hinaus unter Hinweis auf eine Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg vom 21. Februar 2008 (Az. OVG 2 B 12.06 – juris) in Frage stellt, dass zum Zeitpunkt der Unterschutzstellung noch schützenswerte Substanz vorhanden war. Bei der Entscheidung über die denkmalschutzrechtliche Entscheidung ist auf den Rechtsstand zum Zeitpunkt der Entscheidung “ex nunc“ abzustellen. Dementsprechend kann eine denkmalrechtliche Genehmigung für eine Maßnahme nur entsprechend dem jeweiligen Denkmalschutzrecht und den aktuellen Standards der Denkmalverträglichkeit erteilt werden. Für Bestandsschutz für Bausünden besteht jedenfalls nach dem bayerischen Denkmalschutzrecht kein Raum (vgl. Martin, BayDSchG, 2019, Art. 6 Rn. 145; Viebrock in Martin/Krautzberger, Denkmalschutz und Denkmalpflege, 4. Aufl. 2017, Teil E. Denkmalrechtliche Ge- und Verbote und deren Durchsetzung, I. Erlaubnisverfahren Rn. 66).
c) Das Zulassungsvorbringen weckt auch keine ernstlichen Zweifel an der Beurteilung des Verwaltungsgerichts, dass die Versagung der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis ermessensfehlerfrei ergangen sei (vgl. § 114 Satz 1 VwGO).
Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Versagung einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG vor, hat der Antragsteller – hier die Klägerin – einen Rechtsanspruch darauf, dass bei Versagung der Erlaubnis vom nach dem Gesetzeswortlaut eingeräumten Ermessen pflichtgemäß Gebrauch gemacht wird (vgl. BayVGH, B.v. 8.1.2021 – 9 ZB 19.282 – juris Rn. 16 m.w.N.). Das Verwaltungsgericht hat entgegen dem Zulassungsvorbringen die Ermessensentscheidung der Beklagten einer Prüfung unterzogen. Mit deren Ergebnissen setzt sich die Klägerin im Zulassungsantrag auch auseinander. Das Verwaltungsgericht ist dabei zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte ausweislich der Begründung zu ihrem Bescheid ihr Ermessen und die Nutzungsinteressen der Klägerin erkannt, letzteren allerdings gegenüber dem Erhaltungsgebot des Denkmalschutzgesetzes Nachrang eingeräumt hat. Somit bestand für die Beklagte auch die grundsätzliche Möglichkeit, ihre Erwägungen nachträglich im gerichtlichen Verfahren zu ergänzen (vgl. BayVGH, B.v. 23.3.2021 – 9 ZB 20.2909 – juris Rn. 12), wovon das Verwaltungsgericht bezüglich der entstehenden Mehrkosten sowie der bestehenden Mietverträge, wonach die Wohnungen mit Kunststofffenstern beschrieben seien, ausging und wogegen die Klägerin sich mit ihrem Zulassungsvorbringen nicht wendet. Die der Klägerin entstehenden Mehrkosten sowie die bestehenden Mietverträge seien dem Verwaltungsgericht zufolge im Wege einer schriftsätzlich sowie im Rahmen der mündlichen Verhandlung erfolgten Ergänzung der Ermessenserwägungen in die Abwägung eingestellt und abgewogen worden. Die nach den Angaben der Klägerin zu erwartenden Mehrkosten von 17.300,00 Euro lägen im Hinblick auf den Gebäudewert im Rahmen des Hinnehmbaren; angesichts des Antrags der Klägerin vom 13. Februar 2019, wonach ihr die denkmalschutzrechtliche Relevanz bewusst gewesen sein müsse, sei der bereits erfolgte Einbau der Kunststofffenster ohne Erlaubnis allein von ihr zu vertreten. Da die Fenster sowohl auf der Straßen- als auch auf der Hofseite vom Straßenraum aus einsehbar seien, sei eine fehlende Differenzierung zwischen den Gebäudeseiten nicht ermessensfehlerhaft. Es sei auch nicht aus Gründen der Gleichbehandlung von einer Ermessensbindung im Hinblick auf Bezugsfälle mit Kunststofffenstern auszugehen, da der Einbau von Kunststofffenstern in der Umgebung zum Teil in den siebziger und achtziger Jahren ohne Genehmigung erfolgt oder bereits der Neubau in den siebziger Jahren oder später entsprechend der Bauzeit mit Kunststofffenstern genehmigt worden sei. Nach dem glaubhaften und nicht substantiiert bestrittenen Vortrag aufgrund des Leitfadens aus dem Jahr 2015 sei seit 2016 konsequent die Wiederherstellung des bauzeitlichen Zustands gefordert worden. Die angestellten Ermessenserwägungen genügten den gesetzlichen Vorgaben.
Die Richtigkeit dieser Erwägungen zieht die Klägerin mit ihren hiergegen gerichteten Einwendungen nicht ernstlich in Zweifel. Abgesehen davon, dass die Beklagte die sachlichen Gründe für die Änderung ihrer Erlaubnispraxis seit 2015/16 im Hinblick auf Änderungen bei den denkmalfachlichen Beurteilungskriterien plausibel erläutert hat und die Klägerin auch in ihrem Zulassungsvorbringen keine nachvollziehbaren Hinweise darauf gegeben hat, dass die Beklagte dennoch seitdem davon abgewichen ist, ist die denkmalschutzrechtliche Ermessensentscheidung regelmäßig eine Frage des Einzelfalls, aus der sich keine allgemeine Verwaltungspraxis ableiten lässt (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2021 – 9 ZB 18.2091 -juris Rn. 8 m.w.N.). Dass dies hier anders zu beurteilen wäre, lässt sich dem Zulassungsvorbringen, mit dem die Vergleichbarkeit von Maßnahmen selbst bei konkret benannten Bezugsfällen (L* …gasse … … und **) nicht näher erläutert, sondern bloß bestritten wird, dass die dort eingebauten Kunststofffenster überhaupt ungenehmigt sind, nicht entnehmen.
Soweit die Klägerin sich dagegen richtet, dass die Beklagte nicht gegen ungenehmigte Fenstereinbauten vorgehe, ist ein solcher Einwand in Bezug auf das Erlaubnisverfahren unerheblich (vgl. BayVGH, B.v. 8.1.2021 – 9 ZB 19.282 – juris Rn. 18; B.v. 12.11.2018 – 1 ZB 17.813 – juris Rn. 4). Gleiches gilt mit Blick auf Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG und in Folge der besonderen Sozialbindung ihres dem denkmalrechtlichen Ensembleschutz unterliegenden Eigentums auch für den Einwand, dass die Beklagte die Kunststofffenster 40 Jahre lang geduldet habe, weshalb sie nicht gewusst habe, dass Kunststofffenster unzulässig sein könnten. Mietmindereinnahmen, für die die Klägerin schon nicht nachvollziehbar dargelegt hat, warum aus dem erstinstanzlich exemplarisch vorgelegtem Mietvertrag mit Übergabeprotokoll und dem dortigen Vermerk „Sonstiges: Schallschutz-Kunststofffenster (straßenseitig mit Außenrollo)“ eine Beschaffenheitsvereinbarung resultieren sollte, die noch dazu allein wegen des Materialwechsels zu Holz zu berechtigten Mietminderungen führen könnte, hätte die Klägerin jedenfalls selbst zu verantworten, wenn sie denkmalschutzrechtswidrige Vereinbarungen zu ihrem dem Ensembleschutz unterfallenden Gebäude getroffen haben sollte. Ebenso hat die Klägerin auch den finanziellen Schaden selbst zu vertreten, der daraus resultiert, dass sie vor der Erteilung der erforderlichen denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis Aufträge für den Einbau neuer Kunststofffenster vergeben hat oder den Einbau sogar bereits hat ausführen lassen. Die Klägerin hat im Zulassungsverfahren auch nicht nachvollziehbar dargetan, dass die Forderung nach dem Einbau von Holzfenstern die Modernisierung des Anwesens verhindern würde, z.B. weil Fenster aus diesem Material den heutigen energetischen Anforderungen nicht genügen könnten oder ein erforderlicher Schallschutz nicht zu gewährleisten sei. Sie hat es im Übrigen grundsätzlich hinzunehmen, dass ihr eine möglicherweise rentablere Nutzung des Grundstücks aufgrund denkmalschutzrechtlicher Vorgaben verwehrt ist (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2021 – 9 ZB 18.2091 – juris Rn. 8 m.w.N.).
2. Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf.
Besondere Schwierigkeiten im Sinne offener Erfolgsaussichten eines Berufungsverfahrens ergeben sich aus dem Zulassungsvorbringen nicht; die unterschiedliche Bewertung des vorliegenden Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht und die Beklagte genügt hierfür nicht (vgl. BayVGH, B.v. 14.7.2021 – 9 ZB 20.2610 – juris Rn. 26, juris m.w.N.). Die Rechtssache weist auch keine entscheidungserheblichen Fragen auf, die in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereiten, sich also wegen der Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren herausheben (vgl. BayVGH, B.v. 28.7.2021 – 9 ZB 20.3160 – juris Rn. 12 m.w.N.). Die Voraussetzungen einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis nach Art. 6 BayDSchG sind in der Rechtsprechung – auch hinsichtlich der Veränderung eines Ensembles – hinreichend geklärt. Über das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen sowie die Frage der ermessensfehlerfreien Abwägung der widerstreitenden Interessen bei Vorliegen eines Versagungsgrundes ist im Einzelfall vom Verwaltungsgericht zu entscheiden. Besondere tatsächliche Schwierigkeiten sind insoweit im vorliegenden Fall nicht erkennbar (vgl. BayVGH, B.v. 8.1.2021 – 9 ZB 19.282 – juris Rn. 20).
3. Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete, noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr eine allgemeine, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zugemessen wird (vgl. BayVGH, B.v. 26.10.2020 – 9 ZB 18.172 – juris Rn. 8). Dem wird das Zulassungsvorbringen, dem weder mittels einer konkreten Rechts- oder Tatsachenfrage noch sonst entnommen werden kann, worin hier die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache zu sehen sein könnte, nicht gerecht.
4. Die Berufung ist auch nicht wegen eines nicht ausdrücklich geltend gemachten Verfahrensfehlers zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
Die Klägerin trägt im Rahmen ihres Zulassungsvorbringens zwar in mehrfacher Hinsicht vor, das Verwaltungsgericht habe keine ausreichenden Sachverhaltsfeststellungen getroffen und macht damit sinngemäß eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (§ 86 Abs. 1 VwGO) geltend. Die Aufklärungsrüge kann ihrem Zulassungsantrag aber nicht zum Erfolg verhelfen.
Die Rüge mangelnder Sachaufklärung erfordert nach ständiger Rechtsprechung die substantiierte Darlegung, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts aufklärungsbedürftig waren, welche für erforderlich und geeignet gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts zu einer für die Klägerin günstigeren Entscheidung hätten führen können. Die Frage, ob das vorinstanzliche Verfahren an einem Mangel leidet, ist vom materiell-rechtlichen Standpunkt der Vorinstanz zu beurteilen, selbst wenn dieser Standpunkt verfehlt sein sollte (vgl. BVerwG, B.v. 30.12.2016 – 9 BN 3.16 – juris Rn. 4 m.w.N.).
Bei Berücksichtigung dieser Maßgaben ist ein Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht nach dem materiell-rechtlichen Standpunkt des Verwaltungsgerichts nicht darin zu erkennen, dass das Verwaltungsgericht nicht weiter aufgeklärt hat, ob im Originalzustand des streitgegenständlichen Gebäudes bereits Kunststofffenster eingebaut waren, inwieweit der Umtausch von Holzzu Kunststofffenstern im Ensemble genehmigt bzw. nicht genehmigungspflichtig war, die Genehmigungspraxis seit 2015 geändert wurde, (auf Dauer) erhebliche Unterschiede zwischen Holz- und Kunststofffenstern bestehen oder welche Kosten neben den Einbau- und Materialkosten für Holzfenster insgesamt anfallen, nachdem die Klägerin die neuen Kunststofffenster bereits eingebaut hat. Auf die Ausführungen zum Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung unter 1. wird hierzu verwiesen. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung musste sich dem Verwaltungsgericht danach nicht aufdrängen. Die Klägerin hat es darüber hinaus auch versäumt, auf aus ihrer Sicht erforderliche Beweiserhebungen hinzuwirken. Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat. Die Aufklärungsrüge dient nicht dazu, Versäumnisse eines anwaltlich vertretenen Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren und insbesondere Beweisanträge zu ersetzen, die ein Beteiligter zumutbar hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2014 – 4 B 45/13 – juris Rn. 5; B.v. 20.12.2012 – 4 B 20.12 – juris Rn. 6 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG und entspricht der erstinstanzlichen Festsetzung, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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