Baurecht

Dingliche Sicherung der Erfüllung der Stellplatzpflicht

Aktenzeichen  AN 3 K 18.01369

Datum:
20.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 55081
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 47 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Nr. 2

 

Leitsatz

1. Nach Art. 47 Abs. 3 Nr. 2 BayBO kann die Stellplatzpflicht erfüllt werden durch Herstellung der notwendigen Stellplätze auf einem geeigneten Grundstück in der Nähe des Baugrundstücks, wenn dessen Benutzung für diesen Zweck gegenüber dem Rechtsträger der Bauaufsichtsbehörde rechtlich gesichert ist. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Da es sich aber bei der Pflicht zur Schaffung von Stellplätzen um eine bauordnungsrechtliche Voraussetzung zur Genehmigung von Vorhaben handelt, bedarf sie einer auf Dauer angelegten Sicherung, die grundsätzlich nicht beseitigt werden kann. Bei der Erfüllung der Stellplatzflicht nach Art. 47 Abs. 3 Nr. 2 BayBO ist daher eine dingliche Sicherung notwendig (so auch VGH München, B.v. 3.11.2015 – 2 AS 15.1886). (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird hinsichtlich der Ziffern 1 und 2 der Klageanträge abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Die Kostenschuldnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Kostengläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Klagegenstand war, nachdem die Verfahren hinsichtlich der Auflagen A150, A154 und A161 eingestellt wurden, nur noch die Auflagen A466 und A467.
Ob der Klägerin hinsichtlich der Auflage A466 (Stellplatzanzahl beträgt 8) schon das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, da sie letztlich die von ihr beantragten 8 Stellplätze auch in der Auflage festgestellt bekommen hat und die Zahl entgegen ihres Antrags nicht erhöht wurde, kann dahinstehen, denn die Klage gegen die zwei Auflagen ist jedenfalls unbegründet.
Die von der Klägerin angefochtenen Nebenbestimmungen sind rechtmäßig und verletzen sie nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die Auflage A466 ist rechtmäßig, da die Anzahl der notwendigen Stellplätze wie von der Klägerin beantragt, aber auch unabhängig davon von der Beklagten richtig festgestellt wurde (dazu 1.). Die Auflage A467 ist ebenfalls rechtmäßig, da es bei Schaffung von Stellplätzen auf einem nicht im Eigentum der Klägerin stehenden Grundstücks einer dinglichen Sicherung bedarf (dazu 2.).
1. Nach Art. 47 Abs. 1 Satz 1 BayBO sind bei einem Bauvorhaben, das einen Zu- und Abfahrtsverkehr erwarten lässt, Stellplätze in ausreichender Zahl und Größe und in geeigneter Beschaffenheit herzustellen. Die Anzahl der notwendigen Stellplätze für die jeweilige Nutzung ergibt sich gemäß Art. 47 Abs. 2 Satz 2 BayBO in Verbindung mit der Stellplatzsatzung der Beklagten. Zunächst handelt es sich bei dem von der Klägerin beantragten Vorhaben (eine bauliche Anlage i.S.d. Art. 2 Absatz 1 S. 3 Nr. 2 BayBO) um ein solches, das Zu- und Abfahrtsverkehr erwarten lässt. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass die Klägerin selbst in ihrer Betriebsbeschreibung angibt, sie benötigt Stellplätze für Fahrzeuge der Firma und ihrer Angestellten. Mithin sind die in Auflage A466 festgestellten Stellplätze auch notwendig im Sinne des Art. 47 Abs. 1 Satz 1 BayBO.
Die Anzahl der notwendigen Stellplätze ergibt sich zum einen aus den Planunterlagen der beantragten Baugenehmigung und errechnet sich zudem aus § 2 Abs. 1 der Stellplatzsatzung in Verbindung mit Nummer 9.2 der Anlage 1 a. Danach liegt der Bedarf bei einem Stellplatz je 250qm Nutzfläche für Handwerks- und Industriebetriebe mit einer Nutzfläche von mehr als 1.000qm.
Die Kammer ist der Auffassung, dass der Betrieb der Klägerin (Produktlager für geprüfte, zertifizierte und güteüberwachte Baustoffe) aufgrund seiner Vergleichbarkeit mit derartigen Betrieben unter diese Regelung zu subsumieren ist. Würde man alleine diese Regelung anwenden, so beträgt der Stellplatzbedarf des klägerischen Vorhabens mit einer Nutzfläche von ca. 4.000qm eigentlich 16 Stellplätze.
Die Beklagte hat jedoch zu Gunsten der Klägerin von § 2 Abs. 3 der Stellplatzsatzung Gebrauch gemacht und die Anzahl der Stellplätze auf 8 reduziert.
Doch selbst wenn das Vorhaben der Klägerin nicht unter Nummer 9.2 der Anlage 1 a fallen sollte, so hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass sie sich auf § 2 Abs. 5 der Stellplatzsatzung beruft. Danach ist die Anzahl der notwendigen Stellplätze und Abstellplätze für Vorhaben, die in der Richtzahlenliste (hier Anlage 1 a) nicht erfasst sind, nach den besonderen Verhältnissen im Einzelfall unter sinngemäßer Berücksichtigung der Richtzahlen für Vorhaben mit vergleichbarem Bedarf zu ermitteln. Diesen Bedarf gibt die Klägerin in der mündlichen Verhandlung mit 8 an. Diese Entscheidung der Beklagten lässt keine Ermessensfehler erkennen, zumal, wie schon erläutert, die Klägerin selbst von einer Stellplatzanzahl von 8 ausging.
Die Anzahl der notwendigen Stellplätze wurde richtig ermittelt, weshalb die Auflage A466 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt.
2. Die Auflage A467 mit dem Inhalt, die Stellplätze auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung … zu Gunsten der Beklagten dinglich zu sichern, begegnet ebenfalls keinen Bedenken.
Nach Art. 47 Abs. 3 Nr. 2 BayBO kann die Stellplatzpflicht erfüllt werden durch Herstellung der notwendigen Stellplätze auf einem geeigneten Grundstück in der Nähe des Baugrundstücks, wenn dessen Benutzung für diesen Zweck gegenüber dem Rechtsträger der Bauaufsichtsbehörde rechtlich gesichert ist.
Die Klägerin hat in ihren Bauantragsunterlagen deutlich gemacht, dass sie die Stellplatzpflicht auf einem Grundstück in der Nähe des Vorhabens erfüllen will, das nicht in ihrem Eigentum steht. Hierzu werde sie einen Miet-/Pachtvertrag mit dem Eigentümer abschließen. Durch diese Angaben hat sich die Klägerin für die Variante des Art. 47 Abs. 3 Nr. 2 BayBO entschieden. Sinn und Zweck dieser Regelung machen es allerdings notwendig, dass es sich bei der rechtlichen Sicherung nicht nur um eine rein schuldrechtliche handelt, sondern um eine dingliche Sicherung. Schuldrechtliche Vereinbarungen können ohne weiteres in beiderseitigem Einvernehmen oder sogar einseitig aufgekündigt werden.
Da es sich aber bei der Pflicht zur Schaffung von Stellplätzen um eine bauordnungsrechtliche Voraussetzung zur Genehmigung von Vorhaben handelt, bedarf sie einer auf Dauer angelegten Sicherung, die grundsätzlich nicht beseitigt werden kann. Bei der Erfüllung der Stellplatzflicht nach Art. 47 Abs. 3 Nr. 2 BayBO ist daher eine dingliche Sicherung notwendig (so auch VGH München, B.v. 3.11.2015 – 2 AS 15.1886).
Die Auflage A467 ist demnach rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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