Baurecht

Eine Außenbereichssatzung bedarf der städtebaulichen Erforderlichkeit

Aktenzeichen  1 N 17.1389

Datum:
11.8.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BayVBl – 2021, 241
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 35 Abs. 6
VwGO § 47 Abs. 2, § 67 Abs. 4 S. 3
BayBO Art. 53 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Bei der Beurteilung der Frage des bebauten Bereichs im Sinn des § 35 Abs. 6 Satz 1 BauGB hat eine noch vorhandene Bebauung, für die eine bestandskräftige Beseitigungsanordnung besteht, außer Betracht zu bleiben. (Rn. 17)
2. Eine Außenbereichssatzung bedarf der städtebaulichen Erforderlichkeit. Dabei kann dahinstehen, ob die städtebauliche Erforderlichkeit für den Erlass der Satzung von dem Merkmal „geordnete städtebauliche Entwicklung“ nach § 35 Abs. 6 Satz 4 Nr. 1 BauGB miterfasst oder hiervon gesondert in entsprechender Anwendung des § 1 Abs. 3 BauGB zu prüfen ist. (Rn. 18)

Tenor

I. Die Außenbereichssatzung „S* … …“ vom 7. Februar 2017, zuletzt bekanntgemacht am 28. September 2017, ist unwirksam.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Der Normenkontrollantrag hat Erfolg.
1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist der Antragsteller antragsbefugt (§ 47 Abs. 2 VwGO). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist für die Antragsbefugnis einer Behörde nach § 47 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 VwGO erforderlich, aber auch ausreichend, dass die antragstellende Behörde – so wie hier das Landratsamt als untere Bauaufsichtsbehörde nach Art. 53 Abs. 1 BayBO – die umstrittene Rechtsvorschrift bei der Aufgabenwahrnehmung zu beachten hat (BVerwG, B.v. 8.7.2019 – 7 BN 5.18 – juris Rn. 7). Dass der Schriftsatz vom 10. Juli 2017 entgegen § 67 Abs. 4 Satz 3 VwGO nicht von einem Beschäftigten mit der Befähigung zum Richteramt unterzeichnet wurde, ist innerhalb der offenen Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO mit dem von der Baujuristin des Landratsamts unterzeichneten Schriftsatz vom 30. August 2017 unter Wiederholung der Antragstellung mit Wirkung für die Zukunft geheilt worden. Der am 21. Juli 2017 beim Verwaltungsgerichtshof erhobene Normenkontrollantrag und der mit Schriftsatz vom 30. August 2017 „wiederholte“ Normenkontrollantrag stellen rechtlich einen einheitlichen Antrag dar, die beide auf dasselbe Ziel gerichtet sind (vgl. BayVGH, U.v. 10.5.2006 – 9 N 03.389 – juris Rn. 41).
2. Der Antrag ist auch begründet. Die angegriffene Außenbereichssatzung ist unwirksam, weil die Tatbestandsvoraussetzungen für den Erlass einer Außenbereichssatzung nach § 35 Abs. 6 BauGB nicht gegeben sind. Die Bebauung im südlichen Teil des Satzungsgebiets lässt bereits keine Zusammengehörigkeit zur Bebauung im nördlichen Bereich erkennen (2.1). Auch bei isolierter Betrachtung stellt jedenfalls der südliche Bereich keinen bebauten Bereich im Sinn von § 35 Abs. 6 Satz 1 BauGB dar (2.2). Zudem fehlt es an einer geordneten städtebaulichen Entwicklung bzw. städtebaulichen Erforderlichkeit (2.3). Dies führt zur Gesamtunwirksamkeit der Satzung (2.4).
2.1 Nach § 35 Abs. 6 Satz 1 BauGB kann die Gemeinde für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinn des § 35 Abs. 2 BauGB nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Ein „bebauter Bereich“ im Sinn des § 35 Abs. 6 Satz 1 BauGB ist nur gegeben, wenn und soweit bereits eine vorhandene Bebauung dazu führt, dass der Außenbereich seine Funktion, als Freiraum oder als Fläche für privilegiert zulässige Vorhaben zu dienen, nicht mehr oder nur noch mit wesentlichen Einschränkungen erfüllen kann. Die vorhandene Bebauung muss auf eine weitere Bebauung im Wege der baulichen Verdichtung hindeuten; erforderlich hierfür ist, dass die Bebauung eine gewisse Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit erkennen lässt, die sie als Weiler, Splittersiedlung oder sonstigen Siedlungsansatz qualifiziert. Die vorhandene Bebauung muss nicht das Gewicht einer Splittersiedlung erreichen; auch kleinere Siedlungsansätze können die genannten Voraussetzungen erfüllen. Die Erweiterung einer Splittersiedlung durch Ausdehnung in den Außenbereich hinein wird durch den Erlass einer Außenbereichssatzung hingegen nicht erleichtert; nur eine zu befürchtende Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung schadet einem Vorhaben nicht. Die vorhandene Bebauung muss deshalb in einem der Verdichtung zugänglichen Zusammenhang stehen; die Freiflächen dürfen diesen Zusammenhang nicht unterbrechen (vgl. BVerwG, U.v. 13.7.2006 – 4 C 2/05 – BVerwGE 126, 233; BayVerfGH, E.v. 11.1.2017 – Vf. 7-VII-16 – juris Rn. 42). Ob eine Unterbrechung des Zusammenhangs vorliegt oder nicht, lässt sich ebenso wenig wie bei einem Bebauungszusammenhang im Sinn des § 34 Abs. 1 BauGB oder einer Splittersiedlung im Sinn des § 35 Abs. 3 Nr. 7 BauGB unter Anwendung von geographisch-mathematischen Maßstäben bestimmen. Zur Beurteilung bedarf es vielmehr einer Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts. Ausschlaggebend ist, inwieweit die aufeinander folgende Bebauung trotz vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt. Letztlich maßgebend für die Betrachtungsweise ist die Verkehrsauffassung mit der Folge, dass es entscheidend jeweils auf die Lage des Einzelfalles ankommt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Bebauung eines bebauten Bereichs im Außenbereich verglichen mit einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil weniger dicht und der Eindruck der Geschlossenheit der Bebauung deshalb von vornherein weniger stark sein kann. Je nach den Umständen des Einzelfalles können deshalb zwischen den Gebäuden auch gewisse größere, einen Bebauungszusammenhang im Sinn des § 34 Abs. 1 BauGB möglicherweise bereits unterbrechende Freiflächen liegen. Die Gebäude dürfen jedoch nicht so weit voneinander entfernt liegen, dass der Eindruck der Zugehörigkeit zu einem Weiler, einer Splittersiedlung oder einem sonstigen Siedlungsansatz nicht aufkommen kann (vgl. BVerwG, U.v. 13.7.2006 a.a.O.; BayVGH, B.v. 4.7.2011 – 1 ZB 09.1049 – juris Rn. 8).
Gemessen an diesen Maßstäben steht die Bebauung im nördlichen und südlichen Satzungsbereich in keinem baulichen Zusammenhang. Sie lässt vielmehr eine hinreichende Geschlossenheit im Sinn der Zusammengehörigkeit zu einem gemeinsamen Siedlungsansatz nicht erkennen. Denn die beiden Bereiche sind nach dem Eindruck, den der Senat bei der Ortsbesichtigung gewonnen hat und der auch im vorhandenen Kartenmaterial zum Ausdruck kommt, lediglich durch die K* …straße, eine Kies straße, im Bereich der östlich der K* …straße liegenden Hausnummer 47 (Grundstück FlNr. … und …*) miteinander verbunden. Westlich der K* …straße befindet sich zwischen den nächstgelegenen Wohngebäuden im nördlichen Satzungsbereich (Grundstücke FlNr. … und …*) und dem nördlichsten Wohngebäude im südlichen Satzungsbereich (Grundstück FlNr. …*) die naturbelassene großflächige, teils bewachsene Grünfläche auf dem Grundstück FlNr. …, die eine großflächige Verbindung zu den westlich gelegenen Waldflächen schafft und den nördlichen von dem südlichen Satzungsbereich erkennbar abgrenzt. Im nördlichen Satzungsbereich schließen östlich der K* …straße teilweise dicht bewachsene Grünflächen an (Grundstücke … … … und …*), die bis zum Wohngebäude K* …straße … reichen. In der Zusammenschau der vorhandenen Freiflächen mit dem ebenfalls teilweise dicht bewachsenen Park des westlich liegenden Anwesens auf dem Grundstück FlNr. … wird die Abgrenzung zwischen dem nördlichen und dem südlichen Satzungsbereich erkennbar. Zudem liegen die im nördlichen Satzungsgebiet vorhandenen Wohngebäude alle westlich der K* …straße deutlich erhöht auf zum See abfallenden Grundstücken. Dass es sich bei der Bebauung im Satzungsgebiet um eine ehemalige Künstlerkolonie mit großen Grundstücken handelt, vermag an der fehlenden Zusammengehörigkeit der Bebauung des nördlichen und des südlichen Satzungsbereichs nichts zu ändern, zumal gerade im nördlichen Satzungsgebiet auch zahlreiche kleinere Grundstücke anzutreffen sind.
2.2 Aber auch bei isolierter Betrachtung der beiden Satzungsbereiche sind die Voraussetzungen für eine Außenbereichssatzung nicht gegeben. Während der nördliche Teil des Satzungsgebiets nach dem Eindruck, den der Senat bei der Ortsbesichtigung gewonnen hat und der auch im vorhandenen Kartenmaterial zum Ausdruck kommt, eine relativ dichte Wohnbebauung aufweist, ist der südliche Bereich mit den großen Grundstücken FlNr. … … … (mit …*), … und … und der vorhandenen lockeren Bebauung kein bebauter Bereich im Sinn des § 35 Abs. 6 BauGB. Die Einbeziehung des südlichen Bereichs in die Außenbereichssatzung stellt sich aufgrund der Ausdehnung in den Außenbereich vielmehr als unzulässige Erweiterung der Splittersiedlung im nördlichen Bereich dar. Dabei hat das Wohngebäude auf der FlNr. … aufgrund der bestandskräftigen Beseitigungsanordnung (s. Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 22.5.2014 – 1 B 14.196 – sowie nachfolgend BVerwG, B.v. 17.3.2015 – 4 B 45.14) außer Betracht zu bleiben. Zwar ist ausgehend vom Wortlaut des § 35 Abs. 6 Satz 1 BauGB bei der Beurteilung der Frage des bebauten Bereichs – ebenso wie bei der Feststellung eines Bebauungszusammenhangs im Anwendungsbereich des § 34 Abs. 1 BauGB – grundsätzlich auf die tatsächlich vorhandene Bebauung abzustellen. Jedoch ist eine nicht genehmigte Bebauung nur zu berücksichtigen, wenn sie in einer Weise geduldet wird, die keinen Zweifel daran lässt, dass sich die zuständigen Behörden mit dem Vorhandensein der Bauten abgefunden haben (vgl. BVerwG, B.v. 23. 11.1998 – 4 B 29.98 – NVwZ-RR 1999, 364; BVerwG, U.v. 6.11.1968 – 4 C 31.66 – BVerwGE 31, 22 zur vergleichbaren Bewertung im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB). Nebengebäude bleiben dabei ebenfalls unberücksichtigt (BVerwG, B.v. 2.8.2001 – 4 B 26/01 – juris Rn. 5 zum Begriff der Bebauung im Sinn des § 34 Abs. 1 BauGB), sofern ihnen jedenfalls – so wie hier im Satzungsgebiet – nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt. Für die Beurteilung, ob ein bebauter Bereich im südlichen Teil des Satzungsgebiets besteht, sind ausschließlich die drei Gebäude auf den Grundstücken FlNr. … … und … (mit …*) in den Blick zu nehmen. Das Gebäude auf dem Grundstück FlNr. … (mit …*) stellt sich dabei nach seinem äußeren Erscheinungsbild als ein Gebäude dar, da nach den Planunterlagen die beiden Gebäudeteile, die dem Wohnen dienen, durch ein Nebengebäude verbunden sind. Ein baulicher Zusammenhang dieser drei zu berücksichtigenden Wohngebäude im südlichen Satzungsgebiet ist nicht erkennbar. Während sich das Wohngebäude auf dem Grundstück FlNr. … deutlich erhöht westlich der K* …straße befindet und von den weitgehend naturbelassenen Grundstücken FlNr. … und … bzw. Waldflächen umgeben ist, befindet sich östlich der K* …straße die tiefer am Seeufer gelegene Bebauung auf den großzügigen Grundstücken FlNr. … (mit …*) und … Von dem Wohngebäude auf dem Grundstück FlNr. … ist das isoliert westlich der K* …straße befindliche Wohngebäude nach der Messung im BayernAtlas (Plus) rund 110 m entfernt. Eine Zusammengehörigkeit dieser drei Gebäude zu einem gemeinsamen Siedlungsansatz ist auch nach den Eindrücken der Ortsbesichtigung nicht erkennbar. Dies gilt aber auch für die unmittelbar am See gelegenen Wohngebäude auf den Grundstücken FlNr. … und … (mit …*), die durch das ca. 7000 m² große Seeufergrundstück FlNr. … getrennt werden. Bei diesem Grundstück handelt es sich aufgrund der großen Entfernung der beiden Wohngebäude auf den Grundstücken … und … nicht lediglich um eine Baulücke. Die von der Antragsgegnerin in den Blick genommene Siedlungsstruktur, die durch großzügige Grundstücke und eine aufgelockerte Streubebauung geprägt sei, vermag auch unter Berücksichtigung, dass die Bebauung im Uferbereich weniger dicht und der Eindruck der Geschlossenheit der Bebauung von vornherein weniger stark sein kann, nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung nicht mehr den Eindruck einer Zusammengehörigkeit zu vermitteln. Dies gilt umso mehr als sich weder in nördlicher noch in südlicher Richtung in der weiteren Umgebung eine Wohnbebauung unmittelbar am Seeufer befindet. Bei den drei Gebäuden handelt es sich vielmehr um eine verstreute Ansammlung einzelner Bauten, die nicht miteinander im Sinn einer Zusammengehörigkeit verklammert sind. Selbst wenn hinsichtlich der drei Wohngebäude noch von einem bebauten Bereich auszugehen wäre, nähme jedenfalls das Grundstück FlNr. … an diesem Bebauungszusammenhang nicht mehr teil, da es sich – wie dargestellt – auch bei einer großzügigen Betrachtungsweise nicht mehr als Baulücke darstellt. Die Frage, ob im südlichen Satzungsbereich eine Wohnbebauung von einigem Gewicht im Sinn des § 35 Abs. 6 Satz 1 BauGB vorliegt, muss daher nicht entschieden werden (vgl. BVerwG, B.v. 13.7.2006 – 4 C 2/05 – BVerwGE 126, 233).
2.3 Die Außenbereichssatzung ist zudem mangels städtebaulicher Erforderlichkeit nicht mit einer städtebaulichen Entwicklung nach § 35 Abs. 6 Satz 4 Nr. 1 BauGB vereinbar. Dabei kann dahinstehen, ob die städtebauliche Erforderlichkeit für den Erlass der Satzung von dem Merkmal „geordnete städtebauliche Entwicklung“ miterfasst oder hiervon gesondert in entsprechender Anwendung des § 1 Abs. 3 BauGB zu prüfen ist (so BayVGH, U.v. 12.8.2003 – 1 BV 02.1727 – juris Rn. 27; offengelassen OVG NW, U.v. 18.11.2004 – 7 A 4415/03 – juris Rn. 103). Denn nach beiden Auffassungen bedarf auch eine Außenbereichssatzung der städtebaulichen Erforderlichkeit. Danach haben die Gemeinden Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Was in diesem Sinn erforderlich ist, bestimmt sich nach der planerischen Konzeption der Gemeinde. Der Gesetzgeber ermächtigt die Gemeinden, diejenige Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Entwicklungs- und Ordnungsvorstellungen entspricht. Nicht erforderlich sind danach Pläne, die nicht dem wahren Willen der Gemeinde entsprechen, bei denen also zwischen Planungswillen und Planungsinhalt eine Diskrepanz besteht, Pläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind, sowie Pläne, die aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehren.
Gemessen an diesen Grundsätzen lässt sich der von der Antragsgegnerin mit dem Erlass der Außenbereichssatzung beabsichtigte Erhalt des sogenannten W* …-Hauses auf dem Grundstück FlNr. …, das die Antragsgegnerin ungeachtet des Wegfalls der Denkmaleigenschaft als städtebaulichen und historischen Orientierungspunkt ansieht, mit dem Instrument einer Außenbereichssatzung nicht erreichen. Der Regelungsgehalt einer Außenbereichssatzung erschöpft sich ausschließlich in einer positiven, die Zulässigkeit bestimmter nicht-privilegierter Vorhaben unterstützender Wirkung (vgl. BVerwG, B.v. 29.10.2019 – 4 BN 36/19 – juris Rn. 4). Sie vermag jedoch nicht den Eigentümer daran zu hindern, das Erscheinungsbild des von der Antragsgegnerin als erhaltenswert anzusehenden Gebäudes nachhaltig zu verändern oder das Gebäude gar vollständig zu beseitigen. Im Übrigen muss sich der Eigentümer des Grundstücks FlNr. … im Zusammenhang mit § 35 Abs. 2 BauGB so behandeln lassen, als wenn er an der vorgesehenen Stelle erstmalig ein Gebäude errichten wollte (vgl. BayVGH, U.v. 22.5.2014 – 1 B 14.196 – juris Rn. 26). Die Zulässigkeit eines etwaigen Vorhabens im Gebiet einer Satzung nach § 35 Abs. 6 Satz 1 BauGB wäre weiterhin an den einschlägigen öffentlichen Belangen zu messen. Auch insoweit kann der Erhalt des sogenannten W* …-Hauses nicht erreicht werden. Zudem ist Zweck einer Außenbereichssatzung die Nachverdichtung im Sinn einer Schließung von Baulücken. Eine solche Nachverdichtung ist hier aber allein in Bezug auf das Grundstück FlNr. … beabsichtigt. Angesichts der vorstehenden Ausführungen kann daher dahingestellt bleiben, ob darin zugleich eine unzulässige Gefälligkeitsplanung zu sehen ist.
Es kommt weiter nicht mehr entscheidend darauf an, ob die Außenbereichssatzung angesichts der Darstellung im Flächennutzungsplan als Grünfläche dazu führt, dass sie auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt und es auch deshalb an der Erforderlichkeit der Satzung fehlt. Gleichermaßen muss nicht entschieden werden, welche Auswirkungen die Landschutzschutzgebietsverordnung auf die Wirksamkeit der Außenbereichssatzung hat.
2.4. Das Fehlen der Voraussetzungen des § 35 Abs. 6 Satz 1 BauGB – auch soweit nur auf den südlichen Bereich abgestellt wird – führt zur Gesamtunwirksamkeit der Außenbereichssatzung. Die Ungültigkeit eines Teils einer bauplanungsrechtlichen Satzung führt nur dann nicht zur Gesamtnichtigkeit, wenn die übrigen Festsetzungen auch ohne den unwirksamen Teil sinnvoll bleiben und nach dem mutmaßlichen Willen des Normgebers mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wäre (BVerwG, U.v. 23.4.2009 – 4 CN 5/07 – BVerwGE 133, 377; BayVGH, U.v. 3.12.2014 – 1 N 12.1228 – BayVBl. 2015, 564). Daran fehlt es hier. Anlass für den Satzungserlass war erkennbar der Erhalt des sogenannten W* …-Hauses im südlichen Bereich des Satzungsgebiets. Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin allein für den nördlichen Satzungsbereich eine Außenbereichssatzung erlassen hätte, sind weder vorgetragen noch erkennbar.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO hat die Antragsgegnerin die Entscheidung in Nummer I der Urteilsformel nach Eintritt der Rechtskraft dieses Urteils in derselben Weise zu veröffentlichen wie die angegriffene Satzung (§ 35 Abs. 6 Satz 6, § 10 Abs. 3 BauGB).


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