Baurecht

Einleitung eines Vergabenachprüfungsverfahrens

Aktenzeichen  RMF – SG 21-3194-4/48

Datum:
7.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 41782
Gerichtsart:
Vergabekammer
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VgV § 42, § 46 Abs. 3 Nr. 1, § 63 Abs. 1
GWB § 122, § 124 Abs. 1 Nr. 3, Nr. 7, § 167 Abs. 1 S. 1, § 182 Abs. 1 S. 2
BayNpV § 1 Abs. 2, § 2 Abs. 2 S. 2

 

Leitsatz

1. Eine Vergabestelle kann zur Beurteilung der Eignung eines Bieters die in §§ 122 GWB; § 42 ff. VgV vorgesehenen Maßnahmen ergreifen. Gemäß § 46 Abs. 3 VgV kann zur Prüfung der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit ausschließlich die Vorlage der dort genannten Unterlagen von den Bietern verlangt werden, unter anderem gemäß § 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV die Angabe von geeigneten Referenzen in Form einer Liste.
2. Nicht hingegen ist es der Vergabestelle gestattet, die Vorlage von Referenzbescheinigungen, ausgestellt durch die jeweiligen Auftraggeber, zu verlangen, da derartige Unterlagen nicht im Katalog des § 46 Abs. 3 VgV genannt sind.
3. Die in § 63 Abs. 1 VgV geschriebenen Aufhebungsgründe schränken das Recht des Auftraggebers, ein Vergabeverfahren ohne Zuschlag zu beenden, nicht ein. Sie haben vielmehr Bedeutung für die Abgrenzung einer rechtmäßigen Aufhebung von einer zwar wirksamen, aber rechtswidrigen Beendigung des Vergabeverfahrens. Notwendige Voraussetzung für eine wirksame Aufhebung ist lediglich, dass der öffentliche Auftraggeber für seine Aufhebungsentscheidung einen sachlichen Grund hat, so dass eine Diskriminierung ausgeschlossen und seine Entscheidung nicht willkürlich ist oder bloß zum Schein erfolgt.

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin durch die Aufforderung zur fristgerechten Vorlage von Referenzbescheinigungen verbunden mit der Androhung des Angebotsausschlusses sowie durch die Zurückversetzung des Vergabeverfahrens in den Stand der Auftragsbekanntmachung in ihren Rechten verletzt ist.
2. Im Übrigen wird der Nachprüfungsantrag, sofern er sich nicht durch die Teilrücknahme erledigt hat, abgelehnt.
3. Die Vergabestelle trägt 5/8 der Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin.
Die Antragstellerin trägt 3/8 der Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Vergabestelle.
4. Die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wird für notwendig erklärt.
Die Gebühr für dieses Verfahren beträgt …,- €. Auslagen sind nicht angefallen. Die Vergabestelle ist von der Zahlung der Gebühr befreit.

Gründe

Der Nachprüfungsantrag hat sich teilweise durch Rücknahme in der mündlichen Verhandlung erledigt, soweit die Antragstellerin die Rechtswidrigkeit der Anhörung in Bezug auf einen beabsichtigten Ausschluss nach § 124 GWB nicht länger beanstandet. Der ansonsten zulässige Nachprüfungsantrag, ist nur teilweise begründet. Es war festzustellen, dass die Antragstellerin durch die Aufforderung zur Vorlage der Referenzbescheinigungen und durch die nicht von § 63 Abs. 1 Nr. 4 VgV gedeckte Zurückversetzung in ihren Rechten verletzt ist.
Unbegründet und daher abzulehnen war der Antrag, die Aufhebung der Zurückversetzung anzuordnen.
1. a) Die Vergabekammer Nordbayern ist für das Nachprüfungsverfahren nach § 1 Abs. 2 und § 2 Abs. 2 Satz 2 BayNpV sachlich und örtlich zuständig.
b) Die Vergabestelle ist öffentlicher Auftraggeber nach § 99 Nr. 1 GWB.
c) Bei dem ausgeschriebenen Auftrag handelt es sich um einen öffentlichen Auftrag im Sinne von § 103 Abs. 2 GWB.
d) Die Kosten übersteigen den Schwellenwert nach Art. 4 der Richtlinie 2014/24/EU (§ 106 Abs. 2 Nr. 1 GWB).
fe) Die Antragstellerin hat die Aufforderung zur Vorlage der Referenzbescheinigungen mit Schreiben vom 05.09.2019 rechtzeitig gerügt. Auch die Zurückversetzung hat die Antragstellerin am 16.10.2019 fristgerecht gerügt.
f) Bezüglich der Feststellungsanträge betreffend die Verpflichtung zur Vorlage der Referenzbescheinigungen und der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Zurückversetzung ist ein Feststellungsantrag gem. § 168 Abs. 2 Satz1 GWB statthaft.
Das notwendige Feststellungsinteresse wurde glaubhaft gemacht.
Im Hinblick auf die Frage, ob die Antragstellerin Referenzbescheinigungen vorlegen muss, ist eine konkrete Wiederholungsgefahr zu befürchten, denn die Vergabestelle verlangt mit Formblatt L 124 erneut die Angabe von drei vergleichbaren Referenzleistungen mit dem Zusatz „Falls mein(e)/unser(e) Bewerbung/Angebot in die engere Wahl kommt, werde(n) ich/wir für die oben genannten Leistungen Bescheinigungen über die ordnungsgemäße Ausführung und das Ergebnis auf gesondertes Verlangen vorlegen“.
In Bezug auf den Antrag der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Zurückversetzung besitzt insoweit die Antragstellerin das erforderliche Feststellungsinteresse wegen möglicher Schadensersatzansprüche gegen die Vergabestelle.
g) Nicht präkludiert im Sinne des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 3 GWB ist die Antragstellerin mit ihrem Vorbringen, dass sie nicht zwingend verpflichtet sei, Referenzbescheinigungen vorzulegen. Diese Rechtslage ergab sich als eine Änderung im Zuge der Umsetzung der RL 24/2014 EU mit der Vergaberechtsreform 2016. Weder wurde von der Antragstellerin diese Problematik vorher erkannt (§ 160 Abs. 3 Nr. 1 GWB), noch war dies für einen durchschnittlichen Bieter erkennbar (§ 160 Abs. 3 Nr. 3 GWB). Für die Antragstellerin bestand zunächst kein Anlass, die „eingegangenen“ Verpflichtungen, die sich aus dem Formblatt L 124 ergaben, in Frage zu stellen. Erst als die Antragstellerin erkannte, dass sie weiterhin Probleme hat, rechtzeitig die Referenzbescheinigungen beibringen zu können, bestand für den anwaltlichen Bevollmächtigten die Notwendigkeit, sich mit dieser Rechtsfrage auseinanderzusetzen, ob Referenzbescheinigungen zwingend vorzulegen sind.
2. Der Nachprüfungsantrag ist begründet, soweit die Antragstellerin die Feststellung beantragt, dass die Vergabestelle die Vorlage von Referenzbescheinigungen nicht zwingend verlangen kann bzw. die Vergabestelle die Nichtvorlage der Bescheinigungen als Ausschlussgrund heranziehen darf (siehe dazu nachfolgend a).
Der Nachprüfungsantrag ist zudem begründet, soweit sie die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Vergabeverfahrens angreift (siehe dazu nachfolgend b).
Der Nachprüfungsantrag ist dagegen unbegründet, soweit die ASt die Aufhebung der Zurückversetzung verlangt. Die Zurückversetzung der Ausschreibung ist wirksam erfolgt und daher nicht aufzuheben (siehe dazu nachfolgend unter c).
a) Eine Vergabestelle kann zur Beurteilung der Eignung eines Bieters die in §§ 122 GWB, 42 ff. VgV vorgesehenen Maßnahmen ergreifen. Gemäß § 46 Abs. 3 VgV kann zur Prüfung der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit ausschließlich die Vorlage der dort genannten Unterlagen von den Bietern verlangt werden, unter anderem gemäß § 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV die Angabe von geeigneten Referenzen in Form einer Liste.
Nicht hingegen ist es der Vergabestelle gestattet, die Vorlage von Referenzbescheinigungen, ausgestellt durch die jeweiligen Auftraggeber, zu verlangen, da derartige Unterlagen nicht im Katalog des § 46 Abs. 3 VgV genannt sind (vgl. ausdrücklich: Summa, in: Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-VergR, 5. Aufl. 2016, § 46 VgV Rn. 19; Mager, in: Burgi/Dreher, Beck’scher Vergaberechtskommentar, Bd. 2, 3. Auflage 2019, § 46 VgV Rn. 23). Die Vergabekammer sieht deshalb die Verpflichtung zur Vorlage von Referenzbescheinigungen Dritter bei der Vergabe von Liefer- oder Dienstleistungsaufträgen durch die Bieter an sich bereits als vergaberechtswidrig an, so dass das Fehlen einer Vorlage der Referenzbescheinigungen auf Nachforderung hin nicht als Ausschlussgrund gem. § 57 Abs1 Nr. 2 VgV tauglich ist. Belegt wird diese Auffassung durch Anhang XII; Teil 2 a ii) RL 2014/24 EU. Hier wird nur von „Verzeichnissen“ ausgegangen, die der Bieter als Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit vorlegen muss. Bei Bauleistungen gem. Anhang XII Teil 2 a i) RL 2014/24 EU können hingegen für die „wichtigsten Bauleistungen Bescheinigungen über die ordnungsgemäße Ausführung und das Ergebnis“ verlangt werden. Bei Bauaufträgen kann der Auftraggeber die Vorlage einer Referenzbescheinigung verlangen, bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen ist dagegen die verpflichtende Vorlage von Referenzbescheinigungen nicht zulässig, zumindest darf die Vergabestelle nicht ein Angebot gem. § 57 Abs1 Nr. 2 VgV ausschließen, wenn die angeforderten Referenzbescheinigungen nicht (fristgerecht) vorgelegt werden.
Unberührt davon verbleibt einer Vergabestelle die Möglichkeit, die Eignung des jeweiligen Bieters aufgrund der in der Eigenerklärung gemachten Angaben durch eigene Recherche weiter zu überprüfen. Gegebenenfalls kann sie sich auch Ansprechpartner zur Prüfung der Referenzen nennen lassen (vgl. Burgi/Dreher, a.a.O., Rn. 22).
Der Vergabestelle ist es erlaubt, im Rahmen der materiellen Eignungsprüfung mittels einer Prognoseentscheidung ein Angebot wegen fehlender technischer und beruflicher Leistungsfähigkeit auszuschließen, wenn sich im Rahmen der Aufklärung herausstellt, dass die vorgelegten Referenzen nicht zur Zufriedenheit des damaligen Auftraggebers ausgeführt wurden und die Vergabestelle eine Prognose aufstellt, dass deshalb die technische und berufliche Leistungsfähigkeit nicht gegeben ist. So auch Summa in Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPKVergaberecht, 5. Aufl. 2016, § 122 GWB, Rn. 78f): “Bei der materiellen Eignungsprüfung muss der Auftraggeber alle bekanntgemachten Eignungskriterien (aber auch nur diese) und die vorgelegten Unterlagen berücksichtigen. Sie endet mit einer positiven oder negativen Eignungsprognose („Der kann’s“ oder „Der kann’s nicht“), die der Auftraggeber in eigener Verantwortung treffen muss.“.
b) Die ASt wird durch die Zurückversetzung der Ausschreibung in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB verletzt. Die Zurückversetzung erfolgt hier in vergaberechtswidriger Weise, weil die von der VSt für die Aufhebung des Vergabeverfahrens aufgeführten Gründe des § 63 Abs. 1 Nr. 4 VgV nicht durchgreifen.
Nach § 63 Abs. 1 VgV kann eine Ausschreibung nur dann rechtmäßig aufgehoben (bzw. hier als milderes Mittel zurückversetzt) werden, wenn die Umstände der Zurückversetzung nicht schuldhaft vom Auftraggeber herbeigeführt wurden (Lischka in Müller-Wrede, VgV/UVgO, § 63 VgV Rn. 36).
Die Vergabestelle hat unter III. der Auftragsbekanntmachung fehlerhaft ein unbearbeitetes Formblatt L 124 EU verlinkt. Somit hat die Vergabestelle die Eignungsanforderungen nicht wirksam bekannt gemacht (siehe dazu auch OLG München, Beschluss vom 25.02.2019, Verg 11/18)
Nachdem die Vergabestelle aber weiterhin im Rahmen der Eignungsprüfung insbesondere Referenzangaben für erforderlich erachtet, was sie gem. § 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV auch darf, war sie berechtigt, die Bekanntmachung insoweit zu korrigieren. Die vermeidbare Ursache der Zurückversetzung des Vergabeverfahrens lag daher ausschließlich im Verantwortungsbereich der Vergabestelle, so dass schon deshalb kein von § 63 Abs. 1 VgV gedeckter Aufhebungsgrund vorliegt.
Auf die Ermessenserwägungen der Vergabestelle kommt es somit nicht mehr an.
c) Dem Antrag, die Zurückversetzung rückgängig zu machen, kann nicht entsprochen werden. Wenn die Aufhebung bzw. die Zurückversetzung nicht aus rechtlich zu missbilligendem Gründen erfolgt (BGH v. 20.03.2014 – X ZB 18/13), ist die Zurückversetzung wirksam. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen Bieter die Aufhebung des Vergabeverfahrens nicht nur dann hinnehmen, wenn sie von einem der in § 63 Abs. 1 VgV aufgeführten Gründe gedeckt und deshalb von vornherein rechtmäßig ist. Ein öffentlicher Auftraggeber ist nicht gezwungen, ein Vergabeverfahren mit der Zuschlagserteilung abzuschließen, wenn keiner der zur Aufhebung berechtigenden Tatbestände erfüllt ist (BGH v. 05.11.2002 – X ZR 232/00).
Die in § 63 Abs. 1 VgV geschriebenen Aufhebungsgründe schränken das Recht des Auftraggebers, ein Vergabeverfahren ohne Zuschlag zu beenden, nicht ein. Sie haben vielmehr Bedeutung für die Abgrenzung einer rechtmäßigen Aufhebung von einer zwar wirksamen, aber rechtswidrigen Beendigung des Vergabeverfahrens (Summa in: Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-Vergaberecht, 5. Aufl. 2016, § 63 VgV, Rdnr. 18).
Notwendige Voraussetzung für eine wirksame Aufhebung ist lediglich, dass der öffentliche Auftraggeber für seine Aufhebungsentscheidung einen sachlichen Grund hat, sodass eine Diskriminierung ausgeschlossen und seine Entscheidung nicht willkürlich ist oder bloß zum Schein erfolgt (VK Brandenburg, Beschluss vom 11.10.2017-VK 8/17).
Ansatzpunkte für eine diskriminierende Scheinaufhebung sind vorliegend nicht zu erkennen.
Der Vortrag der Antragstellerin unter Bezugnahme auf von ihr vorgetragene Rechtsprechung, dass die Vergabestelle auf der Basis eines geringeren Niveaus der Eignungsprüfung den Zuschlag erteilen könne, betrifft einen anderen Sachverhalt, nämlich wenn die Vergabestelle den Zuschlag an einen Bieter erteilen möchte. Im verfahrensgegenständlichen Vergabeverfahren hält die Vergabestelle aber an ihrer Absicht fest, dass im Rahmen der Eignungsprüfung als Beleg für die technische und berufliche Leistungsfähigkeit mindestens drei geeignete Referenzen gem. § 46 Abs. 3 Nr.1 VgV vom Bieter benannt werden müssen. Wie die Vergabestelle zutreffend vorgetragen hat, bestand zwischen dem verlinkten Formblatt L 124 der Auftragsbekanntmachung und dem Formblatt L 124, das den Vergabeunterlagen beilag, ein Widerspruch. In ihrem Schriftsatz vom 07.10.2019 hat die Antragstellerin selbst auf die unzureichende Bekanntmachung der Eignungskriterien hingewiesen. Nachdem die Vergabestelle durch die Zurückversetzung ihren Fehler korrigieren möchte, damit sie in vergaberechtlich nicht zu beanstandender Weise die Referenzen der Bieter überprüfen kann, liegt somit ein nachvollziehbarer Sachgrund für die Zurückversetzung vor. Nicht beizupflichten ist der Argumentation der Antragstellerin, dass unklar sei, ob die Vergabestelle überhaupt entsprechende Referenzen habe fordern wollen. Die Vergabestelle hat in dem mit der Auftragsbekanntmachung verlinkten Formblatt L 124 an keiner Stelle einen entsprechenden Platzhalter angekreuzt. Dagegen war das mit den Vergabeunterlagen herunterladbare Formblatt L 124 unter IV. gekennzeichnet. Damit ist offensichtlich, dass die Vergabestelle ein unbearbeitetes Formblatt L 124 in der Auftragsbekanntmachung mit dem Link zur Verfügung gestellt hat. Somit kann im Rahmen einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der Vergabeunterlagen der eindeutige Wille der Vergabestelle festgestellt werden, dass sie geeignete Referenzen als Beleg der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit fordern wollte. Diesen Nachweis kann die Vergabestelle gemäß § 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV auch verlangen. Lediglich Referenzbescheinigungen darf sie nicht erzwingen, wenn sie damit gleichzeitig bei Nichtvorlage der Bescheinigungen den Ausschluss des Angebotes androht (siehe dazu oben unter a).
Der Antrag der Antragstellerin, die Anordnung der Zurückversetzung rückgängig zu machen, war daher abzulehnen, denn die Zurückversetzung beruhte auf einem nachvollziehbaren Grund. Die Vergabestelle wollte mit der Zurückversetzung einen Bekanntmachungsfehler korrigieren und das Vergabeverfahren so durchführen, wie sie es von Anfang an geplant hat.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 182 GWB.
a) Die ASt hat 3/8 der Kosten des Verfahrens zu tragen, die VSt 5/8. Nachdem beide Parteien teilweise unterlegen sind (§ 182 Abs. 3 Satz 1 GWB) bzw. die Antragstellerin ihren Antrag in Bezug auf die behauptete fehlerhafte Anhörung in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen hat, entsprach die verfügte Kostenverteilung unter Berücksichtigung von § 182 Abs. 3 Satz 4 GWB der Billigkeit. Der Antrag in Bezug auf die Anhörung wäre unzulässig gewesen, wurde aber in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen. Der Antrag betreffend die Anordnung zur Vorlage der Referenzbescheinigungen war auch nach der Erledigung als Feststellungsantrag erfolgreich.
Der Antrag der Antragstellerin, die Rechtswidrigkeit der Zurückversetzung festzustellen, war ebenfalls erfolgreich, dagegen war der Antrag abzulehnen, soweit die Antragstellerin die Aufhebung der Zurückversetzung verfolgte. In der Summe erachtet die Vergabekammer deshalb die verfügte Kostentragung für angemessen.
b) Die angeordnete Kostenerstattungspflicht gegenüber der ASt und der VSt ergibt sich aus § 182 Abs. 4 Satz 1 GWB.
c) Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war für die ASt notwendig (§ 182 Abs. 4 Satz 4 GWB i.V.m. Art. 80 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG entspr.). Es handelt sich um einen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nicht einfach gelagerten Fall, so dass es der ASt nicht zuzumuten war, das Verfahren vor der Vergabekammer selbst zu führen.
d) Die Gebühr war nach § 182 Abs. 2 und 3 GWB festzusetzen. Die Antragstellerin hat zwar zwei Nachprüfungsanträge gestellt, die aber das gleiche Vergabeverfahren und die identischen Beteiligten betrafen. Diese wurden von der erkennenden Kammer zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung durch Beschluss verbunden. Deshalb bemisst die Vergabekammer die Verfahrensgebühr nach der Angebotssumme der ASt. Im Hinblick auf die Angebotssumme der ASt und unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen personellen und sachlichen Aufwands der Vergabekammer errechnet sich entsprechend der Tabelle des Bundeskartellamtes eine Gebühr in Höhe von …,.. €. Da keine Beiladung erforderlich war, wird die Gebühr um …,.. € auf …,.. € reduziert. Die ASt hat somit 3/8 der Verfahrensgebühr, d.h. …,.. € zu entrichten.
Die Kostenbefreiung der Vergabestelle beruht auf § 182 Abs. 1 Satz 2 GWB i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 2 des Verwaltungskostengesetzes (VwKostG) in der am 14.08.2013 geltenden Fassung.
Der von der ASt geleistete Kostenvorschuss von …,.. € (für die zwei gestellten Nachprüfungsanträge) wird mit der zu zahlenden Gebühr verrechnet.
Der Betrag von …,.. € wird der Antragstellerin nach Bestandskraft zurückerstattet.


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