Baurecht

Erfolglose Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung für zwei großflächige Werbeanlagen im allgemeinen Wohngebiet

Aktenzeichen  AN 9 K 17.01193

Datum:
9.5.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 9914
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 34 Abs. 1 S. 2, Abs. 2
BauNVO § 4 Abs. 3 Nr. 2
BayBO Art. 8 S. 2

 

Leitsatz

1 Zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit von zwei großflächigen Werbeanlagen im allgemeinen Wohngebiet (hier wegen der optisch störenden Wirkung verneint). (Rn. 19 – 20) (redaktioneller Leitsatz)
2 Zur Verunstaltung des Straßen- und Ortsbildes nach Art. 8 S. 2 BayBO durch zwei großflächige Werbeanlagen (hier bejaht). (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung. Die Ablehnung des gegenständlichen Bauantrags durch den Bescheid des Beklagten vom 27. September 2017 war im Ergebnis rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Das Baugrundstück liegt hier in einem Bereich, der sich innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile befindet, für den aber kein Bebauungsplan besteht. Wie sich aus den vorgelegten Unterlagen und insbesondere dem Ergebnis des vom Gerichts durchgeführten Augenscheins ergibt, entspricht die Eigenart der näheren Umgebung um das Baugebiet einem allgemeinen Wohngebiet im Sinne des § 4 BauNVO. Damit ist die vorliegende Werbeanlage, die eine eigenständige Hauptnutzung als Gewerbebetrieb zum Gegenstand hat (vgl. BVerwG U.v. 3.12.1992 – 4 C 97/91), nicht allgemein zulässig, sondern kann nur nach § 34 Abs. 2, § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zugelassen werden. Die Gebietseinschätzung beruht darauf, dass sich in der hier maßgeblichen Umgebung nördlich der Hauptstraße, beidseits des … und beidseits der Vorstadt fast ausschließlich wohngenutzte Gebäude befinden. Die Fernmeldeanlage der Deutschen Telekom auf dem Baugrundstück fällt aufgrund ihrer Größe, ihrer unauffälligen Erscheinung sowie der Tatsache, dass dort keinerlei Kunden- und Betriebsverkehr entsteht, sondern es sich lediglich um eine technische Anlage in einem unauffälligen, einem kleinen Einfamilienhaus entsprechenden Baukörper handelt, nicht als Gewerbebau auf und ist nach § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulässig. Dasselbe gilt für den kleinen EDV-Betrieb im Anwesen …, auf den nur eine kleine Tafel am Eingang hinweist, der ebenfalls keinen Publikumsverkehr auslöst und nach außen nicht in Erscheinung tritt. Sonstige gewerbliche Nutzungen sind nach den Feststellungen im Augenschein wie nach den Angaben der Behörden im gesamten Baugebiet beidseits des …, in dem zudem durch die Bebauungspläne … und … Allgemeines Wohngebiet für den Bereich nördlich des Anwesens … festgesetzt wurde, nicht vorhanden, ebenso wenig wie eine landwirtschaftliche Nutzung.
Ein Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung für das streitgegenständliche Vorhaben auf Grundlage des § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO i.V.m § 34 Abs. 2 BauGB scheitert hier insbesondere daran, dass es sich bei dem gegenständlichen Vorhaben um einen insbesondere optisch störenden Gewerbebetrieb handelt. Auch optische Auswirkungen können zur planungsrechtlichen Unverträglichkeit führen, (vgl. BVerwG v. 10.7.2006, 4 B 45.06, BayVGH v. 9.8.2007 25 B 05.1339). Das gegenständliche Vorhaben besteht aus zwei sogenannten Eurotafeln, d.h. nebeneinander zu errichtenden Großflächenwerbetafeln mit einer Größe von jeweils ca. 3,70 m Breite und 2,70 m Höhe. Diese beiden Werbetafeln sollen in einer Höhe ab 1,60 m über dem Baugrundstück auf Stützen befestigt errichtet werden. Sowohl aufgrund ihrer Größe als auch aufgrund des erhöhten Anbringungsorts würden diese auffälligen gewerblichen Nutzungen, die zudem direkt an der Einfahrt zur nördlich folgenden Wohnsiedlung situiert sind, zu einer nicht hinnehmbaren optischen Beeinträchtigung der ansonsten homogen und deutlich auf das Wohnen bezogenen Bebauung in der Umgebung führen. Damit ist das Bauvorhaben bauplanungsrechtlich unzulässig, weshalb auch die beigeladene Gemeinde … im Ergebnis zu Recht ihr Einvernehmen verweigert hat.
Darüber hinaus würde die Errichtung der geplanten Werbetafeln am geplanten Standort zwar wohl nicht zu einer Verunstaltung des planungsrechtlichen Ortsbilds im Sinn des § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB führen, allerdings würde hier Straßen- und Ortsbild im Sinne des Art. 8 Satz 2 BayBO verunstaltet. Dies ergibt sich aus der Größe der Anlagen, der erhöhten Anbringung, dem Standort, der geprägt ist durch das kleine mit Satteldach versehene Gebäude auf dem Baugrundstück, welches im übrigen begrünt und mit einem hölzernen Lattenzaun umgrenzt ist, also einen ruhigen, einem Wohngrundstück entsprechenden Eindruck macht.
Damit war die Klage abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und deshalb keinen Anspruch auf Erstattung eventueller Kosten.
Der Streitwert ergibt sich aus § 52 Abs. 1 GKG, er lehnt sich an Nr. 9.1.2.3.1 des Streitwertkatalogs 2013 an.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben