Baurecht

Erfolglose Klage einer Gemeinde gegen Verlegung und Ausbau einer Bundesstraße

Aktenzeichen  8 A 17.40010

Datum:
20.12.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 37555
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 28 Abs. 2
FStrG § 17 S. 2
BayVwVfG Art. 74

 

Leitsatz

1 Unter Verfahrensfehlern sind nach herkömmlichem Rechtsverständnis nur Verstöße gegen Rechtsvorschriften zu verstehen, die die äußere Ordnung des Verfahrens, dh den Verfahrensablauf als solchen betreffen, nicht dagegen Mängel bei dem durch materiell-rechtliche Vorgaben gesteuerten Prozess der Willens- und Entscheidungsbildung. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Vorschriften des Artenschutzrechts sowie die naturschutzrechtlichen Eingriffsregelungen dienen allein dem Schutz von Gemeinwohlbelangen, nicht dagegen dem Schutz des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts. In Bezug auf die Vorschriften zum Schutz der öffentlichen Wasserversorgung kommt ebenfalls keine Rechtsverletzung einer Gemeinde in Betracht. (Rn. 28 – 30) (redaktioneller Leitsatz)
3 Bei der fachplanerischen Abwägung zwischen mehreren Trassenvarianten ist auf die konkreten Umstände des Einzelfalls abzustellen, wobei die Situationsgebundenheit, der eine Gemeinde unterliegt, ebenso zu berücksichtigen ist wie der Umstand, dass eine Fachplanung nur so konkret auf eine gemeindliche Planung Rücksicht nehmen kann, wie diese (selbst) konkret ist. (Rn. 48) (redaktioneller Leitsatz)
4 Bei der Abwägungsentscheidung zur Dimensionierung einer Straßentrasse ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn der Umstand, dass ein Vorhaben dem Bedarfsplan des Fernstraßenausbaugesetzes entspricht, als gewichtiger Belang in die Abwägung eingestellt wird. (Rn. 63 – 65) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberfranken vom 27. Januar 2017 verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO.
A. Die Klage ist zulässig.
Die Klägerin ist klagebefugt. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt es für die Annahme einer Klagebefugnis, wenn eine Betroffenheit in abwägungsrelevanten Belangen nicht von vornherein nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen werden kann. Die Beachtlichkeit der geltend gemachten Belange betrifft danach in aller Regel nicht die Zulässigkeit des eingelegten Rechtsmittels, sondern dessen Begründetheit (BVerwG, U.v. 27.4.2017 – 9 A 30.15 – BVerwGE 159, 1 = juris Rn. 12; U.v. 28.11.2017 – 7 A 17.12 – NVwZ 2018, Beilage Nr. 1, S. 29 = juris Rn. 16 m.w.N.). Dies gilt auch bei der Berufung einer Gemeinde auf eine Verletzung ihrer Planungshoheit. Es reicht regelmäßig aus, dass die Fachplanung möglicherweise wehrfähige Rechtspositionen der Gemeinde abwägungsfehlerhaft hintangestellt hat. Ob die geltend gemachten Belange tatsächlich abwägungsbeachtlich sind und ob sie fehlerfrei berücksichtigt wurden, spielt im Rahmen der Zulässigkeit in der Regel keine Rolle (vgl. BVerwG, U.v. 27.4.2017 – 9 A 30.15 – BVerwGE 159, 1 = juris Rn. 12).
Nach diesen Maßstäben ist die Klagebefugnis gegeben. Es erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Klägerin durch das Vorhaben in ihrer gemeindlichen Planungshoheit nachteilig betroffen wird. Eine Verletzung des gemeindlichen Selbstgestaltungsrechts ist ebenfalls in Betracht zu ziehen, weil sich die Gemeinde auf nachteilige Auswirklungen auf die künftige Siedlungsentwicklung beruft und solche nicht offensichtlich auszuschließen sind.
B. Die Klage ist im Haupt- und Hilfsantrag unbegründet. Der auf der Grundlage von § 17b FStrG, Art. 74 BayVwVfG (vgl. zur Anwendbarkeit der landesrechtlichen Verfahrensvorschriften BayVGH, U.v. 17.5.2018 – 8 A 17.40016 – juris Rn. 31) erlassene Planfeststellungsbeschluss leidet weder an formellen Fehlern (dazu unten 1.) noch an materiellen Fehlern in Form von Verstößen gegen zwingendes Recht (dazu unten 2. und 3.) oder in Form von Abwägungsmängeln (dazu unten 4.), die zu seiner Aufhebung oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führen.
Die Klägerin kann sich als Gemeinde in einem Rechtsstreit gegen einen Planfeststellungsbeschluss auf das aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG folgende gemeindliche Selbstverwaltungsrecht, vor allem in der Form der gemeindlichen Planungshoheit, berufen. Dieses Recht vermittelt ihr aber keinen Anspruch auf Vollüberprüfung des Planfeststellungsbeschlusses. Sie ist vor allem nicht befugt, als Sachwalterin von Rechten Dritter oder des Gemeinwohls Belange ihrer Bürger, wie etwa deren Lärmschutzinteressen, geltend zu machen (vgl. BVerwG, U.v. 15.12.2016 – 4 A 4.15 – BVerwGE 157, 73 = juris Rn. 13. m.w.N.)
1. Beachtliche Verfahrensfehler, auf die sich die Klägerin nach den Bestimmungen des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes berufen könnte (vgl. BVerwG, U.v. 9.11.2017 – 3 A 2.15 – NVwZ 2018, Beilage Nr. 1, 51 = juris Rn. 21), hat sie nicht geltend gemacht und sind im Übrigen auch sonst nicht ersichtlich. Darunter sind nach herkömmlichem Rechtsverständnis nur Verstöße gegen Rechtsvorschriften zu verstehen, die die äußere Ordnung des Verfahrens, d.h. den Verfahrensablauf als solchen betreffen, nicht dagegen Mängel bei dem durch materiell-rechtliche Vorgaben gesteuerten Prozess der Willens- und Entscheidungsbildung, der sich – namentlich im Fachplanungsrecht – regelmäßig auf der Grundlage von Fachgutachten vollzieht (vgl. BVerwG, U.v. 28.11.2017 – 7 A 17.12 – NVwZ 2018, Beilage Nr. 1, S. 29 = juris Rn. 29 f.). Daher zielt die Rüge, Planungsalternativen seien zu Unrecht nicht oder nicht hinreichend geprüft worden, auf einen materiellen Fehler ab.
2. Die Planrechtfertigung für das Vorhaben ist gegeben.
2.1 Das Vorhaben ist im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen (Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 2 des Fernstraßenausbaugesetzes – FStrAbG – i.d.F. des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes vom 23. Dezember 2016 [BGBl I S. 3354] – 6. FStrAbÄndG) unter Nr. 324 mit dem Bauziel N 4 (= vierstreifiger Neubau) aufgeführt (wie bereits im früheren Bedarfsplan, vgl. Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG i.d.F. vom 20.1.2005 [BGBl I S. 201] und Planfeststellungsbeschluss [PFB] S. 105) und damit gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 FStrAbG gemessen an den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG vernünftigerweise geboten (vgl. dazu und zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt BVerwG, U.v. 11.10.2017 – 9 A 14.16 – BVerwGE 160, 78 = juris Rn. 20 m.w.N.). Das Vorbringen, für den planfestgestellten Straßenabschnitt bestehe kein Bedarf, ist damit durch die gesetzgeberische Entscheidung grundsätzlich ausgeschlossen. Diese gesetzliche Feststellung des Verkehrsbedarfs ist sowohl für das Planfeststellungsverfahren (§ 17 Satz 1 FStrG) als auch für das gerichtliche Verfahren bindend (stRspr, vgl. nur BVerwG, U.v. 28.4.2016 – 9 A 9.15 – BVerwGE 155, 91 = juris Rn. 53 f.; U.v. 11.10.2017 – 9 A 14.16 – a.a.O., jeweils m.w.N.). Die Bindungswirkung (§ 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG) umfasst auch die Dimensionierung des Vorhabens, hier als vierstreifig auszubauende Bundesstraße (vgl. BVerwG, U.v. 14.11.2002 – 4 A 15.02 – BVerwGE 117, 149 = juris Rn. 17 f.; U.v. 19.3.2003 – 9 A 33.02 – NVwZ 2003, 1120 = juris Rn. 23 m.w.N.).
Die klägerischen Einwendungen gegen den Ausbauquerschnitt sind von vornherein nicht geeignet, die Grundlagen der gesetzlichen Bedarfsfeststellung und Bedarfsüberprüfung in Frage zu stellen. Die angeordnete Bindungswirkung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung zielt darauf ab, das straßenrechtliche Planfeststellungsverfahren und damit ebenso einen anschließenden Verwaltungsprozess von einem Gutachterstreit über die „richtigere“ Verkehrsprognose zu entlasten. Dieser Zweck des § 1 Abs. 2 FStrAbG schließt es somit aus, den Abwägungsvorgang, den der Gesetzgeber auf dieser Stufe vollzogen hat, unter dem Blickwinkel fachlich zu überprüfen, ob eine andere Verkehrsprognose vorzugswürdig sein könnte. Entscheidend ist allein, ob das Ergebnis der Normsetzung den anzulegenden verfassungsrechtlichen Maßstäben genügt (stRspr, vgl. nur BVerwG, U.v. 17.1.2007 – 9 A 20.05 – BVerwGE 128, 1 = juris Rn. 26; U.v. 28.4.2016 – 9 A 9.15 – BVerwGE 155, 91 = juris Rn. 54 f.; BayVGH, U.v. 17.5.2018 – 8 A 17.40016 – juris Rn. 68 m.w.N.).
Anhaltspunkte dafür, dass die Bedarfsfeststellung für den vierstreifigen Ausbau der B 173 fehlerhaft und verfassungswidrig sein könnte, bestehen nicht. Voraussetzung wäre hierfür, dass die Bedarfsfeststellung evident unsachlich wäre, weil es für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung oder auf die verkehrliche Erschließung eines zu entwickelnden Raumes an jeglicher Notwendigkeit fehlte oder sich die Verhältnisse seit der Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers so grundlegend gewandelt hätten, dass das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd erreicht werden könnte (stRspr BVerwG, U.v. 28.4.2016 – 9 A 5.15 – BVerwGE 155, 91 = juris Rn. 54; U.v. 11.10.2017 – 9 A 14.16 – BVerwGE 160, 78 = juris Rn. 21).
Davon ist beim geplanten Vorhaben nicht auszugehen. Hiergegen spricht schon der Umstand, dass das Projekt in den neuen Bedarfsplan (i.d.F. des 6. FStrAbÄndG vom 23.12.2016, BGBl I S. 3354), der nach eingehender Prüfung und Diskussion auf der Grundlage des Bundesverkehrswegeplans 2030 und damit unter Zugrundelegung der Verkehrsprognose bis 2030 erstellt wurde (vgl. BR-Drs 434/19, S. 49 ff. und zum Diskussionsprozess BT-Drs. 18/10524), wiederum als vordringlicher Bedarf aufgenommen wurde. Damit liegt eine aktuelle Bestätigung des Bedarfs vor. Die Klägerin vermag mit ihrer Kritik, ein dreispuriger „2+1 – Ausbau“ sei ausreichend, nicht darzulegen, dass es an jeglichem Verkehrsbedarf für das Vorhaben fehlt. Soweit sie einwendet, es habe sich ein solcher Ausbau aufdrängen müssen, stellt dies nicht die Planrechtfertigung infrage, sondern spricht allenfalls die Frage an, ob die Dimensionierung des Vorhabens den Geboten der fachplanerischen Abwägung entspricht (vgl. BayVGH, U.v. 17.5.2018 – 8 A 17.40016 – juris Rn. 71 m.w.N.).
2.2 Darüber hinaus greifen die klägerischen Einwände gegen das der Planfeststellung zugrunde liegende Verkehrsgutachten nicht durch. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unterliegen Verkehrsprognosen nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Sie sind lediglich daraufhin zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist (stRspr, vgl. nur BVerwG, U.v. 9.6.2010 – 9 A 20.08 – NuR 2010, 870 ff. = juris Rn. 73; U.v. 28.11.2013 – 9 B 14.13 – NuR 2014, 361 = juris Rn. 7, jeweils m.w.N.).
Die Klägerin beruft sich lediglich auf einzelne tatsächlich ermittelte Werte an der Zählstelle M* …Z* …, ohne systemische Mängel des Verkehrsgutachtens darzulegen. Ihre Einwände sind daher nach den aufgezeigten Maßstäben nicht geeignet, das Gutachten in Frage zu stellen. Der Beklagte hat die Kritik zudem mit schlüssiger Begründung zurückgewiesen. Es handelt sich bei den von Klägerseite zitierten Zählergebnissen um nicht repräsentative Einzelwerte. Auch der Einwand bezüglich der fehlenden aktualisierten Werte greift nach den schlüssigen Darlegungen des Beklagten nicht durch. Im Planfeststellungsbeschluss konnten die Ergebnisse aus dem Jahr 2015 nicht einbezogen werden, weil die endgültigen Daten noch nicht vorlagen. Der Vorhabenträger hat das Verkehrsgutachten zudem anhand der Verkehrszählungen nach durchgängiger Verkehrsfreigabe der A 73 geprüft und verifiziert (vgl. PFB S. 126).
3. Der Planfeststellungsbeschluss verstößt auch sonst nicht gegen zwingendes Recht.
3.1 Soweit sich der klägerische Vortrag hinsichtlich der Beeinträchtigung einzelner Arten auf die Verletzung zwingender Vorschriften des Artenschutzrechts sowie auf die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung beziehen sollte, fehlt es schon an einer Rechtsverletzung. Eine Gemeinde kann sich im Rechtsstreit gegen einen Planfeststellungsbeschluss auf das durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG garantierte gemeindliche Selbstverwaltungsrecht berufen, das ihr allerdings keinen Anspruch auf volle Überprüfung vermittelt. Gemeinden sind im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes auch nicht befugt, als Sachwalterin von Rechten Dritter oder von Belangen des Gemeinwohls aufzutreten (BVerwG, U.v. 9.11.2017 – 3 A 2.15 – NVwZ 2018, Beilage Nr. 1, 51 = juris Rn. 26 f. m.w.N.). Die Vorschriften des Artenschutzrechts sowie die naturschutzrechtlichen Eingriffsregelungen dienen allein dem Schutz von Gemeinwohlbelangen, nicht dagegen dem Schutz des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts (BVerwG, U.v. 9.11.2017 – 3 A 2.15 – a.a.O.). Die Klägerin kann daher solche Verstöße nicht als Verletzung eigener Rechte geltend machen. Soweit sie dies in Frage stellt, ist sie auf ihre Planungsinstrumente zu verweisen, die es ihr grundsätzlich auch ermöglichen, Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft festzusetzen. Im Übrigen soll es nach den Grundentscheidungen des Gesetzgebers auf europäischer und auf nationaler Ebene nur den anerkannten Vereinigungen im Sinn des § 3 UmwRG und nicht den Gemeinden möglich sein, Rechtsbehelfe im Wege einer Umweltverbandsklage einzulegen ohne dabei eine Verletzung eigener Rechte geltend machen zu müssen.
Im Übrigen geht die Klägerin zu Unrecht davon aus, dass die Auswirkungen auf die Vogelarten Wachtelkönig und Weißstorch nicht geprüft worden seien. Diese Arten wurde im Planfeststellungsbeschluss vielmehr ausführlich gewürdigt (vgl. PFB S. 135 f.), was sich aus der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung (Planunterlage 12.4 S. 92 und S. 97) sowie aus den Unterlagen zur Vogelschutz-Verträglichkeitsprüfung (Planunterlage 12.6 S. 55 und S. 62 f.) ergibt. Danach sind keine erheblichen Beeinträchtigungen in Bezug auf beide Arten zu befürchten. Hinsichtlich der Art Wachtelkönig (Crex Crex) wird ausgeführt, dass bei allen Bestandserhebungen kein Brutnachweis erbracht worden sei und gelegentlich Rufbeobachtungen auf dem Zug vorgekommen seien. Von dem Vorhaben seien keine potenziell geeigneten Brutplätze bzw. keine potenziell geeigneten Lebensräume betroffen (Planunterlage 12.4 S. 92; Planunterlage 12.6 S. 62 f.). Es kommt daher keine Beeinträchtigung (auch nicht beim Durchzug) in Betracht. Die Gesamtbeeinträchtigung der Art Weißstorch wird mit nachvollziehbarer Begründung, nicht zuletzt angesichts der Maßnahmen zur Konfliktvermeidung, als gering eingeschätzt (Planunterlage 12.4 S. 97; Planunterlage 12.6 S. 55 f.).
3.2 In Bezug auf die Vorschriften zum Schutz der öffentlichen Wasserversorgung sowie auf Bewirtschaftungsziele für betroffene Oberflächenwasser- und Grundwasserkörper kommt ebenfalls keine Rechtsverletzung einer Gemeinde in Betracht (vgl. BVerwG, U.v. 9.11.2017 – 3 A 2.15 – NVwZ 2018, Beilage Nr. 1, 51 = juris Rn. 28). Die Klägerin rügt insofern nur mögliche Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit durch Veränderungen des Grundwasserhaushalts, weshalb sie sich auf keine wehrfähige Rechtsposition berufen kann.
Hinzu kommt, dass die Klägerin eine Verletzung der maßgeblichen wasserrechtlichen Vorschriften nicht substantiiert dargelegt hat. Aus dem Gutachten des Wasserwirtschaftsamts Kronach vom 17. Juli 2012 (Behördenakte S. 161 ff.) geht hervor, dass „bei Beachtung der vorgeschlagenen Auflagen und Bedingungen“ nach damaligem Kenntnisstand „durch die geplanten Grundwasserbenutzungen eine Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit“ nicht zu befürchten ist. Dem ist die Klägerseite nicht substanziiert entgegengetreten. Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass keine hinreichenden Aufklärungsmaßnahmen erfolgt sind. Dies gilt schon deshalb, weil der TÜV Rheinland ein umfangreiches hydrogeologisches Gutachten erstellt hat, das sich mit den möglichen Auswirkungen des Bauvorhabens auf das Grundwasserregime befasst (vgl. Gutachten vom 3.8.2011, Behördenakte S. 62 ff.). Im Planfeststellungsbeschluss (S. 295 ff.) wird – unter Verweis auf die gutachterlichen Stellungnahmen – nachvollziehbar dargelegt, dass etwaige Beeinflussungen des Grundwasserleiters durch die Neubautrasse als gering einzustufen sind.
4. Der Planfeststellungsbeschluss leidet nicht an Abwägungsmängeln zu Lasten der Klägerin. Das Bundesverwaltungsgericht hat zum Abwägungsgebot sowie zu den Belangen, auf die sich eine Gemeinde berufen kann, folgendes ausgeführt (BVerwG, U.v. 28.11.2017 – 7 A 17.12 – NVwZ 2018, Beilage Nr. 1, S. 29 = juris Rn. 63 f.):
„Das Abwägungsgebot verlangt, dass – erstens – eine Abwägung überhaupt stattfindet, – zweitens – in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und – drittens – weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Diese beschränkt sich im Rahmen des Abwägungsgebots daher auf die Frage, ob die Verwaltungsbehörde die abwägungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt hat und ob sie – auf der Grundlage des derart zutreffend ermittelten Abwägungsmaterials – die aufgezeigten Grenzen der ihr obliegenden Gewichtung eingehalten hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2016 – 4 A 4.15 – BVerwGE 157, 73 Rn. 23 f.).
Eine Gemeinde kann, vergleichbar einem von dem Vorhaben mittelbar Betroffenen, eine gerichtliche Kontrolle der planerischen Abwägungsentscheidung nur hinsichtlich ihrer eigenen Rechte und schutzwürdigen Belange und – wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung – der ihren Belangen gegenüber gestellten, für das Vorhaben streitenden öffentlichen Belange verlangen (BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 – 9 A 9.12 – Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 165 Rn. 18). Als eigene Rechtspositionen kommen – neben dem einfachgesetzlichen Eigentum – nur Belange in Betracht, die sich dem Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG zuordnen lassen (BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2008 – 9 A 19.08 – juris Rn. 28). Welches Gewicht diesen Belangen zukommt, wird auch davon bestimmt, ob ihr Träger sich vernünftigerweise auf die mit dem geplanten Vorhaben verbundenen Änderungen einstellen musste und deswegen nicht auf den Fortbestand einer bestimmten Situation vertrauen durfte (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. März 2007 – 9 A 17.06 – Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 64 Rn. 19). Je stärker eine Gemeinde schon von ihrer geographischen Lage oder ihrem sonstigen Ausstattungspotenzial her einer Situationsgebundenheit unterliegt, desto eher sind ihr daher Eingriffe, die an dieses Merkmal anknüpfen, zumutbar (BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2000 – 4 C 13.99 – BVerwGE 112, 274 ).“
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe liegt keine Verletzung der Klägerin, die keine Eigentumsbetroffenheit geltend gemacht hat, in ihren durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG geschützten Rechten vor. Der Planfeststellungsbeschluss weist keine Abwägungsfehler zu ihren Lasten auf.
4.1 Das Vorhaben verletzt die Klägerin nicht in ihrer Planungshoheit (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG). Es fehlt ihr bereits an einer wehrfähigen, in die Abwägung einzubeziehenden Rechtsposition. Das Bundesverwaltungsgericht hat zu den anzuwendenden Maßstäben Folgendes ausgeführt (BVerwG, U.v. 28.11.2017 – 7 A 17.12 – NVwZ 2018, Beilage Nr. 1, S. 29 = juris Rn. 69):
„Die gemeindliche Planungshoheit vermittelt nach ständiger Rechtsprechung eine wehrfähige, in die Abwägung einzubeziehende Rechtsposition gegen fremde Fachplanungen auf dem eigenen Gemeindegebiet, wenn das Vorhaben nachhaltig eine bestimmte Planung der Gemeinde stört, wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren gemeindlichen Planung entzieht oder gemeindliche Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich beeinträchtigt (BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 – 9 A 9.12 – Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 165 Rn. 19). Zudem ist die Planungshoheit betroffen, wenn ein Vorhaben die Umsetzung bestehender Bebauungspläne faktisch erschwert oder die in ihnen zum Ausdruck kommende städtebauliche Ordnung nachhaltig stört (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. März 2005 – 4 A 18.04 – BVerwGE 123, 152 ); unter dieser Voraussetzung kann auch die Beeinträchtigung bereits verwirklichter Bebauungspläne einen abwägungserheblichen Belang darstellen (Neumann/Külpmann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 74 Rn. 112) …“
Vorliegend wird die Beeinträchtigung gemeindlicher Einrichtungen nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich. Auch sonst kommt ein Eingriff unter keinem dieser Gesichtspunkte in Betracht.
4.1.1 Das Vorhaben stört keine konkreten und verfestigten Planungen der Klägerin nachhaltig. Es erschwert weder die Umsetzung bestehender Bebauungspläne noch beeinträchtigt es die in ihnen zum Ausdruck kommende städtebauliche Ordnung nachhaltig. Es liegt schließlich auch kein Fall vor, in dem auf noch nicht verfestigte, aber konkrete Planungsabsichten einer Gemeinde abwägend dergestalt Rücksicht zu nehmen ist, dass durch die Fachplanung von der Gemeinde konkret in Betracht gezogene städtebauliche Planungsmöglichkeiten nicht unnötigerweise „verbaut“ werden (vgl. BVerwG, U.v. 15.12.2016 – 4 A 4.15 – BVerwGE 157, 73 = juris Rn. 58 m.w.N.; U.v. 27.4.2017 – 9 A 30.15 – BVerwGE 159, 1 = juris Rn. 19).
Die Plantrasse verläuft zwischen dem Hauptort und dem rund 400 m südlich von diesem gelegenen Ortsteil W … entweder in einem Geländeeinschnitt oder wird durch einen zu errichtenden Erdwall gegenüber der vorhandenen bzw. der geplanten Bebauung abgeschirmt (vgl. Unterlage 7.1, Blatt Nr. 4 – Lageplan; Unterlage 7.2, Bauwerksverzeichnis, Nr. 146). Die Trasse selbst liegt außerhalb der von der Klägerin beplanten Bereiche. Ausweislich der immissionstechnischen Untersuchungen, die in der mündlichen Verhandlung nochmals von Beklagtenseite erläutert wurden, sind auch keine Störungen durch den vorhabenbedingten Lärmzuwachs zu erwarten, weder für die in diesem Bereich bestehenden oder durch Bebauungsplan ausgewiesenen Wohngebiete noch für die im Flächennutzungsplan dargestellten Wohnbauflächen. Die maßgeblichen Immissionsgrenzwerte gemäß § 2 der 16. BImSchV werden an den Immissionsorten durchgehend eingehalten (vgl. zur Lärmvorsorge PFB S. 168 ff. und Unterlage 11.1, Ergebnisse schalltechnische Berechnungen). Dies lässt den Schluss zu, dass nicht nur die vorhandene Bebauung keinen schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt sein wird, sondern auch die im Bereich des Hauptorts in Bebauungsplänen festgesetzten und vom Vorhabenträger berücksichtigten Wohngebiete (vgl. Übersichtslageplan, Planunterlage 3, Blatt Nr. 3; Unterlage 7.1, Blatt Nr. 4 – Lageplan). Gleiches gilt für die lediglich im Flächennutzungsplan dargestellten Wohnbauflächen (etwa im Bereich zwischen H … und P …straße). Der Gutachter hat mit dem Immissionsort 54 sogar eine Berechnung (mittels fingierten Gebäudes) für den Fall vorgenommen, dass die ebenfalls nur im Flächennutzungsplan der Klägerin dargestellte Wohnbaufläche „Erweiterung W …“ bebaut wird (vgl. PFB S. 171). Der gewählte Immissionsort weist den geringsten Abstand der Erweiterungsfläche zur Plantrasse auf. Die Berechnungen ergeben einen Immissionswert von 57 dB(A) tags und 49 dB(A) nachts, so dass die gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV maßgeblichen Grenzwerte von 59 dB(A) und 49 dB(A) eingehalten wären (vgl. zur Maßgeblichkeit dieser Grenzwerte BVerwG, U.v. 6.11.2013 – 9 A 9.12 – UPR 2014, 223 = juris Rn. 22).
Im Planfeststellungsbeschluss wird im Übrigen darauf hingewiesen, dass selbst die für den Straßenbau nicht maßgeblichen Grenzwerte für allgemeine Wohngebiete nach DIN 18005 mit wenigen Ausnahmen in den Ortschaften W …, B … und H … eingehalten werden. Diese sind lediglich bei der Aufstellung von gemeindlichen Bauleitplänen als Orientierungswerte heranzuziehen und liegen niedriger als die hier maßgeblichen Grenzwerte nach der 16. BImSchV (vgl. dazu auch PFB S. 175).
4.1.2 Das planfestgestellte Vorhaben entzieht auch nicht wesentliche Teile des klägerischen Gemeindegebiets einer durchsetzbaren gemeindlichen Planung.
Es mag zutreffen, dass künftig aufgrund der Trassenführung die Schaffung einer Verbindung der Wohngebiete im Süden des Hauptorts mit dem Ortsteil W … (zusätzlich) erschwert sein dürfte. Das Vorhaben entzieht aber keine wesentlichen Teile des klägerischen Gemeindegebiets einer Planung. In diesem Bereich verläuft nämlich – ebenfalls in Ost-West-Richtung – die 380 kV – Hochspannungsfreileitung W … – R … (vgl. Unterlage 7.1, Blatt Nr. 4; Unterlage 7.2, Bauwerksverzeichnis Nr. 150), die einen 80 m breiten Schutzkorridor beinhaltet, der Baubeschränkungen beinhaltet. Den städtebaulichen Entwicklungsmöglichkeiten in Bezug auf ein Zusammenwachsen des Ortsteiles W* … mit dem Hauptort durch Wohnbebauung sind daher von vornherein Grenzen gesetzt.
Hinzu kommt, dass die Klägerin auch in Zukunft hinreichende Planungsmöglichkeiten hat, auch in Bezug auf die Ausweisung neuer Baugebiete. Im Planfeststellungsbeschluss wird zutreffend darauf hingewiesen, dass sowohl im Süden des Hauptorts als auch im Norden von W … bebaubare Flächen vorhanden sind, die noch unbebaut sind. Dazu wurde nachvollziehbar dargelegt, dass parallel zur künftigen Trasse zur Bebauung geeignete Bereiche vorhanden sind. Bestehende Bauflächen können daher erweitert werden, wofür allerdings aktuell keine konkretisierten Überlegungen der Klägerin bestehen (vgl. PFB S. 140). Aus den schalltechnischen Berechnungen ergibt sich (vgl. oben), dass etwa auf den im Flächennutzungsplan dargestellten Wohnbauflächen nördlich von W … sowie im Anschluss an den Hauptort die maßgeblichen Emissionsgrenzwerte eingehalten werden.
Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, warum in anderen Gemeindeteilen, etwa südöstlich von W …, eine Ausweisung von Baugebieten nicht mehr möglich sein soll. Dem kann – entgegen der klägerischen Einwände – auch der Regionalplan Oberfranken-West nicht entgegengehalten werden. Zum einen weist dieser etwa im genannten Bereich keine landschaftlichen Vorbehaltsgebiete aus, zum anderen stehen diese einer gemeindlichen Bauleitplanung ohnehin nicht zwingend entgegen. Die Beklagtenvertreter haben in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass die Bedeutung derartiger Vorbehaltsgebiete laut Regionalplan ohnehin nur darin liegen soll, dass bei einer Abwägung die Belange von Natur und Landschaft durch den jeweiligen Planungsträger besonders gewichtet werden müssen (Regionalplan Oberfranken-West, Natur und Landschaft, Begründung 2004/2011 – B I 3.1 – S. 13).
4.2 Selbst wenn dessen ungeachtet (vgl. oben 4.1) in der gemeindlichen Planungsabsicht, die städtebauliche Entwicklung auf eine Ausweitung der Wohnbebauung zwischen dem Hauptort und dem Ortsteil W … auszurichten und eine Beeinträchtigung durch eine Straßentrasse zu verhindern, ein gegenüber der Fachplanung „wehrfähiger“, weil die Planungshoheit mehr als geringfügig beeinträchtigender Belang zu sehen sein sollte (vgl. BVerwG, B.v. 2.8.2006 – 9 B 9.06 – BayVBl 2007, 26 = juris Rn. 6), trägt der Planfeststellungsbeschluss dem hinreichend Rechnung. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Entscheidung, der Südtrasse den Vorzug gegenüber der von Klägerseite befürworteten Alternativtrassen zu geben (dazu unter 4.2.1) als auch im Hinblick auf die Dimensionierung der Neubautrasse (dazu unter 4.2.2). Die klägerischen Belange wurden erkannt (vgl. PFB S. 345 ff.) und rechtsfehlerfrei abgewogen.
4.2.1 Es begegnet keinen Bedenken, dass bei der Trassenwahl den klägerischen Belangen nicht der Vorrang eingeräumt wurde und dass sich die Planfeststellungsbehörde nach einer Gesamtabwägung (vgl. etwa PFB S. 347) für die Plantrasse und gegen die von der Klägerseite befürwortete Variante „Mitte“ entschieden hat.
Bei der Prüfung der Abwägung ist auf die konkreten Umstände des Einzelfalls abzustellen, wobei etwa die Situationsgebundenheit, der eine Gemeinde unterliegt, ebenso zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.2000 – 4 C 13.99 – BVerwGE 112, 274/291 f.) wie der Umstand, dass eine Fachplanung nur so konkret auf eine gemeindliche Planung Rücksicht nehmen kann, wie diese (selbst) konkret ist (vgl. BVerwG, U.v. 21.3.1996 – 4 C 26.94 – BVerwGE 100, 388/394 f.).
Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung sind bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials alle ernsthaft in Betracht kommende Alternativlösungen zu berücksichtigen und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange einzustellen (BVerwG, U.v. 18.3.2009 – 9 A 39.07 – BVerwGE 133, 239 Rn. 131). Die Planfeststellungsbehörde muss den Sachverhalt allerdings nur so weit klären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Bei der Trassenprüfung ist ihr ein gestuftes Vorgehen gestattet, bei dem sich die Anforderungen an den Umfang der Sachverhaltsermittlung und -bewertung jeweils nach dem erreichten Planungsstand und den bereits gewonnenen Erkenntnissen richten (BVerwG, U.v. 18.3.2009 – 9 A 39.07 – BVerwGE 133, 239 Rn. 131). Dies gilt vor allem für Fragen, die in der Regel erst auf der Grundlage einer Detailplanung geklärt werden können. Eine gleichermaßen tiefgehende Prüfung aller in Betracht kommenden Alternativen ist dagegen grundsätzlich nicht geboten (BVerwG, U.v. 14.11.2002 – 4 A 15.02 – BVerwGE 117, 149/160 = juris Rn. 46). Die jeweilige Untersuchungstiefe hängt dabei vor allem vom Grad der Beeinträchtigung öffentlicher und privater Belange ab (BVerwG, U.v. 14.11.2002 – 4 A 15.02 – a.a.O.), hier der bisher wenig konkretisierten Vorstellungen der Klägerin in Bezug auf eine zukünftige Entwicklung von Wohnbauflächen zwischen dem Hauptort und dem Ortsteil W* … Verfährt die Planfeststellungsbehörde in dieser Weise, so handelt sie nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn sich herausstellt, dass die von ihr verworfene Lösung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern erst dann, wenn sich ihr die ausgeschiedene Lösung als die vorzugswürdige hätte aufdrängen müssen (BVerwG, U.v. 26.3.1998 – 4 A 7.97 – UPR 1998, 382 = juris Rn. 17 ff.; U.v. 28.1.2009 – 7 B 45.08 – NVwZ 2009, 521 = juris Rn. 31; U.v. 18.3.2009 – 9 A 39.07 – BVerwGE 133, 239 Rn. 131; BayVGH, U.v. 4.4.2017 – 8 B 16.43 – juris Rn. 32, jeweils m.w.N.).
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe leidet die Variantenauswahl – entgegen der klägerischen Einwände – mit Blick auf die gemeindliche Planungshoheit an keinen durchgreifenden Abwägungsmängeln. Die Klägerin kann mit ihrem Einwand, die Wahl der Plantrasse sei abwägungsfehlerhaft, nicht durchdringen. Die Planfeststellungsbehörde hat die ernsthaft in Betracht kommenden Alternativen geprüft (vgl. PFB S. 149 ff., 204 ff.), wobei die Trassenalternativen „Nord“ und „Mitte“ hinreichend detailliert untersucht wurden (hinsichtlich Trassenverlauf, Dimensionierung, Ausgestaltung der Bauwerke, vgl. PFB S. 205), vor allem im Hinblick auf die Umweltauswirkungen (vgl. PFB S. 73 ff., 149 ff.; Unterlagen 16.1 und 16.2), und ohne Abwägungsfehler der Trasse „Süd“ den Vorzug gegeben (vgl. dazu 4.2.1.1). Weitergehende Vergleiche waren nicht anzustellen (vgl. dazu 4.2.1.2). Der Planfeststellungsbehörde musste sich auch keine andere Variante aufdrängen (vgl. dazu 4.2.1.3).
4.2.1.1 Die durchgeführte Variantenprüfung weist keine Abwägungsfehler hinsichtlich der gemeindlichen Planungshoheit der Klägerin auf. Das klägerische Interesse an einer Entwicklung des Bereichs zwischen dem Ortsteil W … und dem Hauptort wurde bei der Variantenauswahl zutreffend erkannt. Aufgrund der bestehenden Verhältnisse (vgl. zum Verlauf der Hochspannungsleitung oben 4.1.2) kommt diesem aber kein überwiegendes Gewicht zu. Im Übrigen hat die Klägerin ihre Planungsvorstellungen nicht näher konkretisiert. Der Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es für die im Außenbereich gelegenen Flächen, die von der Plantrasse in Anspruch genommen werden, an konkreten Planungsabsichten fehlt.
Die Planfeststellungsbehörde hat in ausreichendem Umfang Variantenüberlegungen angestellt (vgl. PFB S. 204 ff.) und die drei Hauptvarianten („Nord“, „Mitte“, „Süd“) einer eingehenden, hinreichend vertieften Untersuchung unterzogen (vgl. PFB S. 75 f., 79, 83 f., 86, 88 f., 91, 92 f, 95 ff., 120 f., 130 ff., 144 ff., 211 ff.; Unterlage 12.7.1 S. 28 ff.; Unterlage 16.1 – Erläuterungsbericht Umweltverträglichkeitsstudie; Unterlage 16.2 – Planunterlagen zur Umweltverträglichkeitsstudie). Trassenverlauf, Dimensionierung und Ausgestaltung der Bauwerke wurden dabei berücksichtigt. Die Umweltauswirkungen der drei Hauptalternativen sind in der Umweltverträglichkeitsstudie im Einzelnen dargelegt und einander gegenüber gestellt worden, auch in Kartenform (vgl. Unterlagen 16.1 und 16.2). Die Planfeststellungsbehörde hat dabei die maßgeblichen Belange ermittelt und einen umfangreichen Vergleich der jeweiligen Beeinträchtigungen durchgeführt (vgl. Unterlage 16.1 S. 56 ff., insbes. 78 f.; Unterlage 16.2, Blatt Nr. 9 ff.). Bei der Entscheidung für die Plantrasse sind ihr – entgegen der klägerischen Einwände – keine Abwägungsfehler unterlaufen.
Die Planfeststellungsbehörde hat die maßgeblichen Belange zutreffend erkannt und gewichtet. Zu diesen zählt vor allem, dass das Vorhaben zwar zu einer erheblichen Verbesserung der Lärmsituation im Bereich der klägerischen Ortsdurchfahrt führt (vgl. PFB S. 168, 217 f.), dass die im Süden verlaufende Plantrasse aber die Belange der Menschen nach ruhigem Wohnen und Wohnumfeld am meisten beeinträchtigt (PFB S. 150) und dass siedlungsnaher Freiraum durchschnitten wird, was zu einer deutlichen Beeinträchtigung führt (PFB S. 74 f.). Die nachteiligen Wirkungen für die bauliche Entwicklung bzw. die Siedlungsentwicklung der Klägerin (PFB S. 134, 140, 155) sowie für ein Naherholungsgebiet (PFB S. 139) wurden ebenfalls gesehen und einbezogen. Die Trasse weist aber Vorteile in Bezug auf die Verkehrssicherheit auf und beeinträchtigt das Schutzgut Tiere und Pflanzen weniger als die anderen Varianten (PFB S. 151, 153 f. 211 ff.). Hinsichtlich des Schutzguts Boden verursacht sie im Vergleich zur Variante Mitte zwar eine größere Neuversiegelung und verbraucht mehr Flächen mit hoher Ertragsfunktion; sie beansprucht aber die wenigsten wertvollen Auenböden (PFB S. 152). Die Variante Süd erweist sich auch bezüglich der Auswirkungen auf das Schutzgut Wasser als diejenige mit den geringsten Eingriffen in wasserwirtschaftliche Schutzgüter und Belange (PFB S. 152). Weiterhin bringt sie im Vergleich den kürzesten Verlauf im Kaltluftsammelgebiet Mainaue mit sich, hemmt aber südlich von Hochstadt einen Kaltluftabfluss (PFB S. 152). Die Plantrasse ist schließlich insgesamt die wirtschaftlichste Lösung (PFB S. 155).
Die Gesamtabwägung zugunsten der Südvariante weist keine Abwägungsfehler auf (PFB S. 155 ff., 346 f.). Wesentliche Gründe für die Ablehnung der Trasse „Mitte“ (gleiches gilt für die Trasse „Nord“) waren die Umweltauswirkungen (einschließlich der Beeinträchtigungen der Natura 2000 – Gebiete). Der Planfeststellungsbeschluss geht zutreffend davon aus, dass beim Vergleich der Auswirkungen auf Schutzgüter nach dem UVP-Gesetz der Komplex der Tiere und Pflanzen von besonderem Gewicht ist, weil die betroffene Mainaue entsprechend ihrer Ausweisung als FFH-Gebiet und als Vogelschutzgebiet europaweite Bedeutung im Schutzsystem Natura 2000 hat (PFB S. 153 ff.). Die Entscheidung für die Südtrasse als verträglichste Alternative ist aber nicht ausschließlich aufgrund der geringsten Eingriffe in die bestehenden Natura 2000-Gebiete gefallen, sondern auch im Vergleich und unter Abwägung der durch diese Trasse bedingten Eingriffe in andere Schutzgüter (PFB S. 131 ff.). Es wurde schließlich auch ohne Abwägungsfehler einbezogen, dass die Nachteile der Variante Süd im Hinblick auf die Lärmbeeinträchtigung durch die geplante Trassierung in einem Einschnitt, durch die Anordnung von Erdwällen als Seitendeponien sowie durch die Ausbildung von erforderlichen Spritzschutzwänden als Lärmschutzwände, deutlich gemindert werden konnten (PFB S. 157).
Entgegen der klägerischen Einwendungen ist kein Abwägungsfehler darin zu sehen, dass die Beeinträchtigungen in Bezug auf das Schutzgut Tiere und Pflanzen durch die Variante Mitte höher bewertet wurden als durch die Plantrasse (PFB S. 153 f.; Unterlage 16.1 S. 56 ff., insbes. S. 78). Es trifft nicht zu, dass einzelne Vogelarten (Weißstorch und Wachtelkönig) nicht berücksichtigt wurden (vgl. oben 3.1). In den Planungsunterlagen finden sich Stellungnahmen zur Betroffenheit des Weißstorchs (vgl. Unterlage 16.2 – Blatt Nr. 9) und des Wachtelkönigs, bei dem allerdings Auswirkungen mangels potenzieller Lebensräume bzw. Brutplätze im Trassenbereich verneint wurden (vgl. oben 3.1). Soweit der Planfeststellungsbeschluss davon ausgeht, dass in Bezug auf die Arten Drosselrohrsänger und Blaukehlchen durch die Variante Mitte stärkere Beeinträchtigungen zu erwarten sind (PFB S. 214 f.), wird dies durch den klägerischen Vortrag nicht in Abrede gestellt. Die Planfeststellungsbehörde konnte dies der Abwägung ohne Rechtsfehler zugrunde legen. Angesichts der erheblichen Ermittlungstiefe bedurfte es – entgegen der klägerischen Einwendungen – in diesem Zusammenhang keiner weitergehenden Ausführungen, etwa zu Fragen des Ausgleichs in Bezug auf einzelne Tierarten oder der genauen Dauer einzelner Beeinträchtigungen.
Abwägungsfehler liegen auch bei der Bewertung der durch das Vorhaben beeinträchtigten Lebensraumtypen (LRT) nicht vor. Im Planfeststellungsbeschluss wird nachvollziehbar dargelegt, dass die Plantrasse den LRT 91E0* – Auenwälder – stärker beeinträchtigt als die Alternativtrassen (PFB S. 212). Die Variante Mitte weist jedoch aufgrund der deutlich größeren Beeinträchtigung des LRT 6510 – Flachlandmähwiesen – bei gleichzeitig ungünstiger Bestandsprognose dieses LRT einen schwerwiegenden Nachteil auf. Die Planvariante hat vor allem Vorteile durch die geringste Beeinträchtigung des landesweit bedeutsamen Schwerpunktvorkommens der FFH-Art. 1061 (Dunkler Wiesenkopf-Ameisenbläuling) und damit in Zusammenhang stehend des Erhaltungsziels Nr. 1 des FFH-Gebiets („Erhaltung bzw. Wiederherstellung der störungsarmen und wenig zerschnittenen Talaue des Mains zwischen Theisau und Lichtenfels mit …einem landesweit bedeutsamen Schwerpunkt-Vorkommen der beiden Ameisenbläulinge…“, vgl. PFB S. 190 f. und Unterlage 12.5 S. 10) sowie aufgrund des günstigen Zustands des LRT 91E0 (im Gegensatz zum tendenziell ungünstigen Zustand des LRT 6510, vgl. zum Ganzen PFB S. 212 ff.). Dabei wurde auch berücksichtigt, dass nur bei der Plantrasse „Verluste des LRT 3150 – natürliche eutrophe Seen – in einer Größenordnung von 0,064 ha und des LRT 6430 – feuchte Hochstaudenflur – in der Größenordnung von 0,043 ha“ auftreten. Dass diese Nachteile in Relation zu den wesentlich höheren Flächenverlusten der Variante Mitte bei den LRT 6510 – Magere Flachlandmähwiesen – sowie zu der größten Stickstoffbelastung des LRT 6510 gesetzt wurden (PFB S. 213 f.), lässt ebenso wenig relevante Abwägungsfehler erkennen wie die Gesamtabwägung, wonach die Variante Süd im Vergleich zur Variante Mitte als die Alternative mit den geringsten Beeinträchtigungen eingestuft wurde.
Der Beklagte hat nachvollziehbar ausgeführt, dass der insofern erhobene klägerische Einwand, im Planfeststellungsbeschluss sei verkannt worden, dass der LRT 6510 – Flachlandmähwiesen – relativ einfach wiederherzustellen sei, nicht durchgreift. Zwar lassen sich extensive Grünflächen im Allgemeinen relativ leicht herstellen; dies gilt jedoch nicht für die besondere Ausprägung des LRT 6510. Hierfür sind bestimmte Pflanzenarten in bestimmter Häufigkeit erforderlich, deren Ansiedlung entscheidend von weiteren Faktoren abhängt, etwa der Bodenbeschaffenheit, dem ph-Wert, der Besonnung und dem Nährstoffangebot (u.a.). Zudem wurden die Ausführungen in der Abwägung auch im Übrigen nochmals nachvollziehbar untermauert.
4.2.1.2 Der Einwand der Klägerseite, die Planfeststellungsbehörde habe die Alternativvarianten Nord und Mitte nicht nur als vierstreifige Variante, sondern mit einer geringeren Dimensionierung (dreistreifiger Neubau, 2+1) prüfen müssen, vermag ebenfalls keinen Abwägungsfehler hinsichtlich der gemeindlichen Planungshoheit zu begründen. Der Planfeststellungsbeschluss legt nachvollziehbar dar, dass sich auch bei einer geringeren Dimensionierung des gesamten Vorhabens nichts Wesentliches an der Auswahlentscheidung ändert, weil die Variante Süd weiterhin die geringsten Beeinträchtigungen in Bezug auf die Umweltbelange aufweist (PFB S. 346). Dazu wird ausgeführt:
„Ein geringerer Ausbauquerschnitt als die vorgesehene und planerisch auch notwendige bzw. gerechtfertigte Vierstreifigkeit würde bei allen Varianten (Nord, Mitte und Süd) zu geringeren Eingriffen in ökologisch wertvolle Flächen führen. Jedoch würden die Eingriffe durch alle Varianten trotzdem über der Erheblichkeitsschwelle liegen. Die Auswirkungen auf FFH-Lebensraumtypen durch die Varianten Nord und Mitte würden im Vergleich mit Variante Süd weiterhin größer ausfallen. Im Hinblick auf die Auswirkungen auf das Vogelschutzgebiet wären die raumwirksamen Beeinträchtigungen der geschützten Vögel bei einem geringeren Ausbauquerschnitt bei allen Varianten fast ebenso groß wie bei dem geplanten vierstreifigen Ausbau, so dass weiterhin die Variante Süd die geringeren Auswirkungen auf das bestehende Vogelschutzgebiet aufweisen würde.“
Die Klägerin kann dagegen nicht mit Erfolg einwenden, dass der Vergleich der dreistreifig zu planenden Variante Mitte mit der vierstreifigen Plantrasse zu einem abweichenden Ergebnis führe. Dies wäre in sich widersprüchlich. Selbst wenn man unterstellt, das klägerische Vorbringen sei zutreffend, wonach zum einen das Verkehrsaufkommen zu hoch prognostiziert worden sei und dies zum anderen eine geringere Dimensionierung zur Folge haben müsste (vgl. dazu aber unten 4.2.2), hätte dies zur Konsequenz, dass die Variante Süd ebenfalls nur dreistreifig hätte geplant werden dürfen. Es liegt daher kein Abwägungsfehler darin, dass die vierstreifige Plantrasse nicht ausführlich mit einer geringer dimensionierten Alternativtrasse „Mitte“ oder „Nord“ verglichen wurde. Eines weiteren Eingehens auf diese Fragen bedarf es auch deshalb nicht, weil die klägerischen Einwendungen gegen die Verkehrsprognose nicht durchgreifen (vgl. oben 2.2).
Die diesbezüglichen Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss sind im Übrigen nachvollziehbar. Die Zerschneidungseffekte sowie die Länge der Durchquerungen schutzwürdiger Gebiete, auf die bei der Beurteilung der Auswirkungen auf das Schutzgut „Tiere und Pflanzen“ maßgeblich abgestellt wurde (vgl. etwa PFB S. 79), wären im Grunde dieselben, ebenso die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes (vgl. PFB S. 91). Die insofern nachvollziehbaren Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss wurden durch das klägerische Vorbringen nicht erschüttert.
4.2.1.3 Der Planfeststellungsbehörde musste sich aus den genannten Gründen auch keine andere Alternative aufdrängen. Im Hinblick auf die klägerischen Belange hat sie die in Betracht kommenden Alternativen hinreichend geprüft. Eine Verletzung der Klägerin in eigenen Rechten ist nicht ersichtlich.
4.2.2 Schließlich ist in Bezug auf die Abwägungsentscheidung zur Dimensionierung der Trasse bei Heranziehung der oben dargelegten Maßstäbe (vgl. oben) ebenfalls keine Verletzung der klägerischen Belange ersichtlich. Diese wurden fehlerfrei abgewogen. In die Abwägung wurde die Feststellung im Bedarfsplan, dass ein verkehrlicher Bedarf besteht, zu Recht als gewichtiger Belang eingestellt (vgl. BVerwG, U.v. 19.3.2003 – 9 A 33.02 – DVBl 2003, 1069 = juris Rn. 23; U.v. 17.1.2007 – 9 A 20.05 – BVerwGE 128, 1 = juris Rn. 135, jew. m.w.N.). Auch sonst sind keine Abwägungsfehler erkennbar.
4.2.2.1 Der Bedarfsplan stellt zwar nur ein globales und grobmaschiges Konzept dar, das von vornherein nicht detailgenau ist und für die Ausgestaltung im Einzelnen dem nachfolgenden Planfeststellungsverfahren noch weite planerische Spielräume zulässt (vgl. BVerwG, U.v. 15.1.2004 – 4 A 11.02 – BVerwGE 120, 1 = juris Rn. 18 m.w.N.); er entfaltet aber Bindungswirkung (auch für das gerichtliche Verfahren) hinsichtlich der Dimensionierung (als zwei- oder – wie hier – vierstreifige Bundesstraße) und im Hinblick auf die erkennbare Netzverknüpfung (BVerwG, U.v. 19.3.2003 – 9 A 33.02 – a.a.O.). Allerdings schließt diese Bindung an die gesetzliche Bedarfsregelung nicht aus, dass ein Vorhaben als Ganzes oder in der vorgesehenen Dimensionierung an Belangen scheitert, die nach den Anforderungen des Abwägungsgebots größeres Gewicht haben als die Erfüllung des festgestellten Bedarfs (BVerwG, U.v. 26.3.1998 – 4 A 7.97 – UPR 1998, 382 = juris m.w.N.). Im Hintergrund steht, dass der Bedarfsplan das zusammenhängende Verkehrsnetz zwar nicht nur linienmäßig festsetzt, sondern auch in Bezug auf die Kapazität der Straßen und unter Berücksichtigung des prognostizierten Bedarfs (vgl. BVerwG, U.v. 21.3.1996 – 4 C 19.94 – BVerwGE 100, 370 = juris Rn. 44; U.v. 15.1.2004 – 4 A 11.02 – a.a.O.). Die Bedarfsplanung ist aber – auch mangels Detailgenauigkeit – nicht zur verbindlichen Vorabklärung geeignet, ob ein bestimmtes Vorhaben unter Berücksichtigung aller berührten Belange letztlich ganz oder teilweise verworfen werden muss (vgl. BVerwG, B.v. 30.6.2003 – 4 VR 2.03 – Buchholz 407.4 § 1 FStrG Nr. 10 = juris Rn. 3).
Es ist danach grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn der Umstand, dass ein Vorhaben dem Bedarfsplan des Fernstraßenausbaugesetzes entspricht, als gewichtiger Belang in die Abwägung eingestellt wird (vgl. BVerwG, U.v. 21.3.1996 – 4 C 1.95 – DVBl 1996, 915 = juris Rn. 37). Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung verleiht die gesetzliche Bedarfsfeststellung dem Planungsvorhaben einen besonderen Stellenwert (vgl. BVerwG, U.v. 17.1.2007 – 9 A 20.05 – BVerwGE 128, 1 = juris Rn. 135 m.w.N.).
4.2.2.2 Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist hier kein Abwägungsfehler zulasten der Klägerin zu erkennen.
Die Planfeststellungsbehörde hat die Möglichkeit eines dreistreifigen Ausbaus – auf den die Klägerin im Kern abzielt – gesehen und mit nachvollziehbaren Gründen im Rahmen der Abwägung verworfen. Sie hat dabei zutreffend erkannt, dass die Bindungswirkungen des Fernstraßenausbaugesetzes aufgrund der Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan sie nicht von einer Abwägung entbinden (PFB S. 106). Nach den oben dargelegten Maßstäben liegen auch sonst keine relevanten Fehler vor. Im Planfeststellungsbeschluss werden erhebliche Belange für die gewählte Dimensionierung angeführt, in erster Linie solche des Verkehrsbedarfs. Der Bedarfsplan führt den vierstreifigen Ausbau bzw. Neubau der B 173 Lichtenfels – Kronach nicht nur im hier streitgegenständlichen Abschnitt als vordringlichen Bedarf auf, sondern auch in weiteren Abschnitten (vgl. Bedarfsplan Nr. 324 BY: Lichtenfels [A 73] – Z* … [B 289], Nr. 325 BY: OU Z* … – Oberlangenstadt, Nr. 327 BY: Johannisthal – Kronach). Mit dem Vorhaben werden somit überregional bedeutsame verkehrliche Ziele verfolgt (vgl. dazu auch BVerwG, U.v. 6.11.2013 – 9 A 14.12 – BVerwGE 148, 373 = juris Rn. 69 f.). Im Planfeststellungsbeschluss (S. 48 f., 109) wird dementsprechend dargelegt, dass die Straße eine der wichtigsten überregionalen Verkehrsachsen in Oberfranken bildet und hohe verkehrliche und gebietsstrukturelle Bedeutung hat (PFB S. 110). Sie erfüllt nicht nur die Funktion im Straßennetz, das Mittelzentrum Kronach und das möglichen Oberzentrum Kulmbach (mittlerweile Oberzentrum, vgl. LEP, Stand 1.3.2018, Anhang 1 zu 2.1.2) an die großräumige Bundesfernstraßenverbindung Bamberg-Lichtenfels-Coburg-Erfurt anzubinden, sondern dient auch der Verbindung des (möglichen) Oberzentrums Kulmbach und des Mittelzentrums Kronach mit dem Mittelzentrum Lichtenfels. Darüber hinaus wird im Regionalplan Oberfranken-West der zweibahnige Ausbau der Verbindung Lichtenfels-Kronach als vorrangig und aus regionalplanerischer Sicht als besonders bedeutsam bezeichnet (Ziel B V, Ziffer 1.4.1 des Regionalplans, vgl. PFB S. 49, 109). Damit liegt auch ein regionales Planungsziel vor (vgl. BVerwG, U.v. 6.11.2013 – 9 A 14.12 – BVerwGE 148, 373 = juris Rn. 70). Für das Vorhaben in seiner geplanten Form wird weiterhin die hohe Unfallrate im hier streitgegenständlichen Abschnitt nachvollziehbar als gewichtiger Belang angeführt (vgl. PFB S. 110 f.), die durch einen (nur) dreistreifigen Ausbau der Umgehungsstraße nicht in gleicher Weise gesenkt werden könnte (PFB S. 110 f., 163). Diese Belange behalten das ihnen vom Beklagten beigemessene Gewicht im Übrigen auch dann, wenn eine geringere Verkehrsbelastung, wie sie die Klägerin behauptet, eintreten sollte (vgl. BVerwG, U.v. 30.1.2008 – 9 A 27.06 – NVwZ 2008, 678 = juris Rn. 40). Darüber hinaus beruht die Entscheidung auch auf dem hohen Schwerverkehrsanteil, der nach den plausiblen Darlegungen im Planfeststellungsbeschluss über dem bayerische Durchschnitt liegt (PFB S. 112 f.).
Unter Zugrundlegung dieser Umstände ergibt sich nach den Darlegungen im Planfeststellungsbeschluss der gewählte Querschnitt aus den maßgeblichen Richtlinien (vgl. PFB S. 48 f., 158 ff.). Dies wurde von Klägerseite nicht in Frage gestellt. Soweit sich eine Straßenplanung aber an den Vorgaben derartiger Richtlinien orientiert, dürfte sie nur in Ausnahmefällen gegen das fachplanerische Abwägungsgebot verstoßen (vgl. BVerwG, U.v. 19.3.2003 – 9 A 33.02 – DVBl 2003, 1069 – juris Rn. 36 f.).
Dessen ungeachtet sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass ein Fall vorliegen könnte, in dem entgegenstehende Belange, auf die sich die Klägerin berufen kann, ein derartiges Gewicht besitzen, dass die Belange des Verkehrsbedarfs sowie die weiteren für das Vorhaben sprechenden Belange (vgl. oben) aus Rechtsgründen zurückgedrängt werden (vgl. BVerwG, U.v. 26.3.1998 – 4 A 7.97 – UPR 1998, 382 = juris Rn. 27 f.) und entgegen der gesetzlichen Festlegung im Bedarfsplan ein Ausbauquerschnitt als vierstreifiger Neubau abwägungsfehlerhaft (gegenüber der Klägerin) wäre. Die Beeinträchtigung der klägerischen, auf ihr kommunales Selbstverwaltungsrecht zurückzuführenden Belange wurde erkannt und in die Abwägung zutreffend eingestellt (vgl. oben). Es ist nicht abwägungsfehlerhaft, dass dem Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens als vierstreifige Kraftfahrstraße der Vorrang gegeben wurde. Der Zerschneidungseffekt, auf den die Klägerin im Wesentlichen abstellt, ist auch bei einem geringeren Ausbauquerschnitt gegeben (vgl. auch BVerwG, B.v. 6.4.2011 – 9 VR 1.11 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 217 = juris Rn. 13; U.v. 30.5.2012 – 9 A 35.10 – NVwZ 2013, S. 147 = juris Rn. 45), ohne dass es auf die Verwirklichung als drei- oder vierspurige Straße ankommt.
4.3 Das Selbstgestaltungsrecht der Klägerin wird ebenfalls nicht beeinträchtigt.
4.3.1 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 27.4.2017 – 9 A 30.15 – BVerwGE 159, 1 = juris Rn. 29 f.) erwachsen aus diesem in den Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG fallenden Recht allenfalls dann Abwehransprüche, wenn die Gemeinde durch Maßnahmen betroffen wird, die das Ortsbild entscheidend prägen und hierdurch nachhaltig auf das Gemeindegebiet und die Entwicklung der Gemeinde einwirken (vgl. BVerwG, U.v. 30.5.2012 – 9 A 35.10 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 225 = juris Rn. 36; U.v. 6.11.2013 – 9 A 9.12 – UPR 2014, 223 = juris Rn. 25 ff.; U.v. 15.12.2016 – 4 A 4.15 – juris Rn. 59).
Die Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Das Ortsbild der Klägerin wird in dem hier interessierenden Zusammenhang bereits bisher durch die in Ost-West-Richtung verlaufende 380 kV – Höchstspannungsleitung W … – R … maßgeblich geprägt, die zwischen dem Hauptort und dem Ortsteil W* … verläuft (vgl. oben). Daher erreicht die Planung des Beklagten schon nicht die erforderliche Erheblichkeitsschwelle. Durch die geplante Straßentrasse wird die Trenn- und Zerschneidungswirkung in funktionaler Hinsicht nicht wesentlich verstärkt.
4.3.2 Selbst wenn dem nicht gefolgt würde, wäre die Klägerin nicht in eigenen Rechten verletzt. Die Betroffenheit im Selbstgestaltungsrecht führt nicht zur Abwägungsfehlerhaftigkeit. Vielmehr kann die Planfeststellungsbehörde im Rahmen des Abwägungsgebotes unter dem Vorbehalt der Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegenläufigen Belangen den Vorrang einräumen (BVerwG, U.v. 6.11.2013 – 9 A 9.12 – UPR 2014, 223 = juris Rn. 26; U.v. 27.4.2017 – 9 A 30.15 – BVerwGE 159, 1 = juris Rn. 30).
Die Klägerin beruft sich im Wesentlichen darauf, dass die Plantrasse den Hauptort und den Ortsteil W … trennt und dass ihr dadurch die Entwicklungsmöglichkeit für eine künftige Siedlungsentwicklung genommen wird. Dabei gesteht sie aber selbst die trennende Wirkung der in diesem Bereich vorhanden Hochspannungsleitung ein. Es gilt insofern das oben Ausgeführte entsprechend. Die Planfeststellungsbehörde hat die gemeindlichen Interessen erkannt und fehlerfrei abgewogen (vgl. 4.2). Es begegnet – auch vor dem Hintergrund des klägerischen Selbstgestaltungsrechts – aus den genannten Gründen keinen Bedenken, dass den für das Vorhaben sprechenden Belangen der Vorrang eingeräumt wurde.
C. Die Klägerin trägt als unterliegender Teil nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens.
D. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 ZPO.
E. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.


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