Baurecht

Erfolglose Nachbarklage gegen Baugenehmigung für Heizzentrale mit Verbrennung von Hackschnitzeln

Aktenzeichen  M 1 K 16.1699

Datum:
24.10.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 144291
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVwVfG Art. 37
WEG § 10 Abs. 6
DSchG § 6 Abs. 2, Abs. 3

 

Leitsatz

1 Eine Baugenehmigung ist aufzuheben, wenn wegen Fehlens oder Unvollständigkeit der Bauvorlagen Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt werden können und aus diesem Grund eine Verletzung von Nachbarrechten nicht eindeutig ausgeschlossen werden kann (BayVGH BeckRS 2015, 45082 Rn. 7 mwN). (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
2 Vom Rücksichtnahmegebot sind nur solche Einwirkungen erfasst, die bei der bestimmungsgemäßen Nutzung einer baulichen Anlage typischerweise auftreten und bodenrechtlich relevant sind, um als städtebaulicher Gesichtspunkt bei der Prüfung des Nachbarschutzes Beachtung zu finden. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
3 Art. 6 Abs. 2 S. 2 DSchG vermittelt grundsätzlich drittschützende Wirkung, da auch der Eigentümer eines geschützten Kulturdenkmals durch die Errichtung eines benachbarten Vorhabens in der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG verletzt sein kann (BayVGH BeckRS 2011, 33644 Rn. 4 mwN). (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid vom 10. März 2016 in Form des Ergänzungs- bzw. Änderungsbescheides vom 19. Juli 2016 sowie des Tekturbescheids vom 12. Juni 2017 verletzt die Klägerin nicht in drittschützenden Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
Die Klage ist zulässig, insbesondere bestehen an der Klagebefugnis der Klägerin keine Zweifel, § 42 Abs. 2 VwGO. Gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Inhaberin u.a. der als Gemeinschaft gesetzlich begründeten Rechte und Pflichten; sie kann vor Gericht klagen und verklagt werden (§ 10 Abs. 6 Satz 5 WEG). Auch wurden der Ergänzungs- bzw. Änderungsbescheid vom 19. Juli 2016 sowie der Tekturbescheid vom 12. Juni 2017 fristgerecht in das Klageverfahren einbezogen, § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO.
II.
Die Klage ist jedoch unbegründet, da die Klägerin durch das genehmigte Vorhaben in keinen drittschützenden Rechten verletzt ist, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Ein Nachbar kann sich als Dritter gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (vgl. BayVGH, B.v. 24.1.2001 – 1 ZS 00.3650 – juris Rn. 5; B.v. 29.4.2015 – 2 ZB 14.1164 – juris Rn. 4; VG München, U.v. 3.11.2015 – M 1 K 15.3173 – juris Rn. 21).
Zwar ist bei Nachbarklagen maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage grundsätzlich der Zeitpunkt der Genehmigungserteilung (BayVGH, U.v. 4.10.1991 – 2 B 88.284 – juris). Aus Gründen der Prozessökonomie sind jedoch nachträgliche Änderungen zugunsten des Bauherrn zu berücksichtigen, weil ihm aufgrund der veränderten Umstände im Falle der Aufhebung der Baugenehmigung ein Anspruch auf erneute Genehmigungserteilung zustünde (BayVGH, a.a.O; BVerwG, B.v. 22.4.1996 – 4 B 54/96 – juris Rn. 4). Maßgeblich ist somit auf die Baugenehmigung vom 10. März 2016 in Form des Ergänzungs- bzw. Änderungsbescheides vom 19. Juli 2016 sowie des Tekturbescheids vom 12. Juni 2017 abzustellen.
Die streitbefangenen Bescheide ergingen im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO, da es sich bei dem Vorhaben nicht um einen Sonderbau im Sinne von Art. 2 Abs. 4 BayBO handelt. Eine Verletzung einer drittschützenden Rechtsposition der Klägerin käme daher nur dann in Betracht, wenn zulasten der Klägerin gegen das von Art. 59 BayBO unabhängig zu prüfende Bestimmtheitsgebot in nachbarrechtsrelevanter Weise verstoßen würde [1], drittschützende Rechtspositionen des Bauplanungsrechts, d.h. der bauplanungsrechtliche Gebietsbewahrungsanspruch oder das Recht auf Beachtung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots, verletzt wären (Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO i.V.m. §§ 29 ff. BauGB) [2] oder gegen drittschützende Rechtspositionen des Denkmalschutzrechts verstoßen würde (Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO i.V.m. Art. 6 Abs. 3 DSchG) [3], doch sind keine dieser Rechtspositionen verletzt.
1. Die Baugenehmigung vom 10. März 2016 in Gestalt der Bescheide vom 19. Juli 2016 und 12. Juni 2017 ist hinreichend bestimmt.
Nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss eine Baugenehmigung hinreichend bestimmt sein, d.h. die im Bescheid getroffene Regelung muss für die Beteiligten – gegebenenfalls nach Auslegung – eindeutig zu erkennen und einer unterschiedlichen subjektiven Bewertung nicht zugänglich sein (BayVGH, B.v. 28.10.2015 – 9 CS 15.1633 – juris Rn. 18; B.v. 16.4.2015 – 9 ZB 12.205 – juris Rn. 7). Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls, wobei Unklarheiten zu Lasten der Behörde gehen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2014, § 37 Rn. 6, 7). Nachbarn müssen zweifelsfrei feststellen können, ob und in welchem Umfang sie betroffen sind (vgl. Lechner in Simon/Busse, BayBO, Stand Mai 2015, Art. 68 Rn. 472). Eine Verletzung von Nachbarrechten liegt vor, wenn die Unbestimmtheit der Baugenehmigung ein nachbarrechtlich relevantes Merkmal betrifft. Eine Baugenehmigung ist daher aufzuheben, wenn wegen Fehlens oder Unvollständigkeit der Bauvorlagen Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt werden können und aus diesem Grund eine Verletzung von Nachbarrechten nicht eindeutig ausgeschlossen werden kann (BayVGH, B.v. 16.4.2015 – 9 ZB 12.205 – juris Rn. 7 m.w.N.). Der Inhalt der Baugenehmigung bestimmt sich nach der Bezeichnung und den Regelungen im Baugenehmigungsbescheid, der durch die in Bezug genommenen Bauvorlagen konkretisiert wird (Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 68 Rn. 34).
Gemessen an diesen Maßstäben ist die Baugenehmigung in der ergänzten Fassung hinreichend bestimmt. Die von der Kammer gesehenen Bestimmtheitsmängel der Baugenehmigung vom 10. März 2016 sind durch Erlass des „Ergänzungs- bzw. Änderungsbescheids“ vom 19. Juli 2016 behoben. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen der Kammer im Beschluss vom 26. September 2016 – M 1 S7 16.3391 – unter Nr. II.3. verwiesen.
2. Eine Verletzung drittschützender Normen des Bauplanungsrechts ist nicht ersichtlich.
a) Die Baugenehmigung verletzt die Klägerin nicht in ihrem Gebietserhaltungsanspruch. Dieser Anspruch schützt einen Nachbarn in einem durch Bebauungsplan festgesetzten oder in einem faktischen Baugebiet unabhängig von tatsächlich spürbaren und nachweisbaren Beeinträchtigungen gegen eine von der jeweils zulässigen Nutzungsart abweichende gebietswidrige Nutzung (vgl. BVerwG, B.v. 27.8.2013 – 4 B 39.13 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 26.10.2009 – 9 CS 09.2104 – juris Rn. 4; B.v. 10.08.2016 – 9 ZB 16.944 – juris Rn. 11). Der Abwehranspruch gegen die Zulassung „gebietsfremder“ Vorhaben wird grundsätzlich bereits durch die Zulassung eines mit der Gebietsfestsetzung unvereinbaren Vorhabens ausgelöst, weil hierdurch das nachbarliche Austauschverhältnis gestört und eine Verfremdung des Gebiets eingeleitet wird (BVerwG, B.v. 27.8.2013 – 4 B 39.13 – juris Rn. 4).
Das klägerische Grundstück liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Aufgrund der im Rahmen des Augenscheins getroffenen Feststellungen zu den einzelnen Nutzungen in der näheren Umgebung, insbesondere dem in Sicht- und Hörweite gelegenen örtlichen Bauhof auf der FlNr. 87/4, der Feuerwehr auf der FlNr. 87/5, den gewerblichen Nutzungen auf den FlNrn. 95 und 98/9, der Gaststättennutzung auf der FlNr. 93 und der Wohnnutzung auf dem klägerischen Grundstück ist von einer Gemengelage auszugehen, in der es keinen Gebietserhaltungsanspruch gibt. Die Straße westlich des klägerischen Anwesens hat aufgrund ihrer Breite und starken Befahrenheit trennende Wirkung, so dass die westlich des Anwesens der Klägerin ausgeübten Nutzungen bei der Bestimmung des Gebietscharakters nicht zu berücksichtigen sind.
In einem faktischen Mischgebiet i.S.v. § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO wäre die Heizzentrale ebenfalls ohne weiteres zulässig. Selbst wenn man – wie von der Klägerin geltend gemacht – von einem faktischen allgemeinen Wohngebiet i.S.v. § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO ausginge, würde dem Bauvorhaben des Beigeladenen der Gebietserhaltungsanspruch nicht entgegenstehen, da es als nicht störender Gewerbebetrieb einzustufen ist und damit gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO jedenfalls ausnahmsweise zulässig wäre.
b) Ein Verstoß gegen das im Innenbereich in § 34 Abs. 1 BauGB („Einfügen“) und in § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 BauGB verankerte Gebot der Rücksichtnahme ist nicht gegeben (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 16.9.1993 – 4 C 28/91 – juris; VG München, B.v. 7.4.2004 – M 1 SN 04.1339, juris Rn. 30).
Das Rücksichtnahmegebot zielt darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Gegenläufige Nutzungsinteressen sollen in rücksichtsvoller Weise zugeordnet und unter Beachtung des jeweils widerstreitenden Interesses ausgeübt werden (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 25.2.1977 – 4 C 22.75 – BVerwGE 52, 122). Über die Vereinbarkeit eines Vorhabens mit dem Gebot der Rücksichtnahme ist auf der Grundlage einer nachvollziehenden Abwägung der im konkreten Fall widerstreitenden Interessen zu entscheiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängt von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung derer ist, denen die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, umso mehr kann an Rücksichtnahme verlangt werden. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Für die sachgerechte Beurteilung des Einzelfalls kommt es also wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem an, was einerseits dem Rücksichtnahmeberechtigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten zuzumuten ist (vgl. BVerwG, U.v. 23.9.1999 – 4 C 6.98 – BauR 2000, 234 – juris Rn. 18 m.w.N.; U.v. 25.2.1977 – IV C 22.75 – BVerwGE 52, 122). Vom Rücksichtnahmegebot sind nur solche Einwirkungen erfasst, die bei der bestimmungsgemäßen Nutzung einer baulichen Anlage typischerweise auftreten. Sie müssen bodenrechtlich relevant sein, um als städtebaulicher Gesichtspunkt bei der Prüfung des Nachbarschutzes Beachtung zu finden.
Dies zugrundgelegt stellt sich aufgrund einer Gesamtwürdigung der Interessen der Klägerin einerseits und der Interessen des Beigeladenen andererseits das genehmigte Vorhaben nicht als rücksichtlos dar. Es ist nicht ersichtlich, dass die Auswirkungen der streitgegenständlichen Bebauung bzw. Nutzung auf das klägerische Grundstück die Grenze der Zumutbarkeit überschreiten und somit rücksichtlos sind. Infolge der konkretisierten Nebenbestimmungen zum Lärmschutz und ihrer tatsächlichen Einhaltbarkeit sind unzumutbare Lärmimmissionen nicht zu erwarten.
Hinsichtlich des Anlieferungs- und Abholungsverkehrs bzgl. der Hackschnitzel- und Aschecontainer hat sich das Gericht im Rahmen des Augenscheins davon überzeugt, dass die Hackschnitzelcontainer von der Südseite über die Erschließungsstraße angeliefert und abgeholt werden. Auf der Ostseite des im Nordteil des Gebäudes gelegenen Heizraums befindet sich eine Tür, durch die Mitarbeiter des Beigeladenen den Heizraum betreten, den Aschecontainer herein- oder heraustransportieren und ggf. Wartungsarbeiten vornehmen können. Ein Zugang zum Heizraum durch das Nordtor im laufenden Betrieb ist nicht erforderlich. Es wurde auch durch die Klägerin nicht geltend gemacht, dass seit Inbetriebnahme der Heizzentrale das Nordtor benutzt worden wäre. Der Vortrag des Beigeladenen, dass das Nordtor lediglich für das Einbringen und ggf. Entfernen der Maschinen benötigt werde, erscheint plausibel. Im Hinblick auf den allein auf der von der Klägerin abgewandten Südseite erfolgenden Lieferverkehr sind unter Berücksichtigung der immissionsschutzfachlichen Stellungnahmen des Landratsamts keine unzumutbaren Lärmbelästigungen zu erwarten.
Dies gilt insbesondere auch für die vom Betrieb der Heizzentrale ausgehenden Geräuschimmissionen. Diese sind selbst in unmittelbarer Nähe der Heizzentrale kaum zu hören, so dass plausibel ist, dass es bei dem 75 m entfernten klägerischen Anwesen, auch unter Berücksichtigung von dessen erheblicher Vorbelastung durch den Verkehr auf der westlich gelegenen Straße sowie durch den Bauhof, nicht zu unzumutbaren Beeinträchtigungen kommt.
Auch unzumutbare Beeinträchtigungen durch Gerüche oder Luftverunreinigungen sind nicht zu erwarten. Aus den Kaminen des Bauvorhabens entweicht in erster Linie Wasserdampf, dessen CO2-Konzentration nicht höher ist als der Wert, der im verheizten Holz selbst gebunden ist. Der bei der Verbrennung entstehende Feinstaub wird durch moderne Elektrofilter abgesondert und somit nicht durch die Kamine freigesetzt. Auch insofern ist nicht von unzumutbaren Immissionen in Bezug auf das klägerische Grundstück auszugehen. Wie der Vertreter der Immissionsschutzbehörde des Landratsamts in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, muss gemäß § 14 Abs. 1 der 1. BImSchV der Bezirkskaminkehrer vor Inbetriebnahme der Anlage eine Abnahmemessung bezüglich der Abgasentwicklung durchführen und darf den Betrieb der Anlage nur bei Einhaltung der höchstzulässigen Abgaswerte den Betrieb freigeben. Hierdurch wird die Vermeidung unzumutbarer Beeinträchtigungen der Klägerin durch Luftverunreinigungen sichergestellt.
3. Die Baugenehmigung verstößt auch nicht gegen drittschützende denkmalschutzrechtliche Normen. Die denkmalschutzrechtlichen Anforderungen sind im vereinfachten Genehmigungsverfahren zu prüfen, weil die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis wegen des Erfordernisses einer Baugenehmigung entfällt, Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO i. V. m. Art. 6 Abs. 3 DSchG.
Nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 DSchG kann die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis versagt werden, soweit das Vorhaben zu einer Beeinträchtigung des Wesens, des überlieferten Erscheinungsbilds oder der künstlerischen Wirkung eines Baudenkmals führen würde und gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen. Bei dieser Beurteilung ist insbesondere auf den Wissens- und Kenntnisstand sachverständiger Kreise abzustellen (BayVGH, B.v. 4.8.2011 – 2 CS 11.997 – juris Rn. 6). Art. 6 Abs. 2 Satz 2 DSchG vermittelt grundsätzlich drittschützende Wirkung, da auch der Eigentümer eines geschützten Kulturdenkmals durch die Errichtung eines benachbarten Vorhabens in der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG verletzt sein kann (BayVGH, B.v. 4.8.2011 – 2 CS 11.997 – juris Rn. 6 m.w.N.). Dies ist aber nur dann der Fall, wenn das genehmigte Vorhaben die Denkmalwürdigkeit des Anwesens des Nachbarn erheblich beeinträchtigt (BVerwG, U.v. 21.4.2009 – 4 C 3/08 – juris Rn. 9; BayVGH, a.a.O.). Eine solche erhebliche Beeinträchtigung der Denkmalwürdigkeit des klägerischen Anwesens ist jedoch nicht gegeben.
Das Gericht konnte im Rahmen des Augenscheins keine solche Beeinträchtigung feststellen. Auch die Untere Denkmalschutzbehörde hat keine denkmalfachliche Beeinträchtigung des Anwesens der Klägerin durch das Bauvorhaben festgestellt und dem Bauvorhaben zugestimmt. Allein die Blickbeziehung zwischen dem klägerischen Anwesen und dem Bauvorhaben per se entwertet entgegen der Auffassung der Klägerin nicht den Denkmalcharakter ihres Anwesens. Insbesondere spricht gegen eine erhebliche Beeinträchtigung der Denkmalwürdigkeit des klägerischen Anwesens durch das Bauvorhaben auch der Umstand, dass der Denkmalcharakter des klägerischen Anwesens auf der Ostseite bereits durch die modernen Balkonanbauten, den Treppenhausanbau sowie die modernen Fertiggaragen im Innenhof durch die Klägerin selbst relativiert worden ist. Auch die Höhe des Kamins beeinträchtigt die Denkmalwürdigkeit des klägerischen Anwesens nicht erheblich. Im Übrigen ist anzumerken, dass die Höhe des Kamins zur Einhaltung des § 19 Abs. 1 Nr. 2 der 1. BImSchV, wonach der Kamin die Lüftungsöffnungen, Fenster und Türen der benachbarten Gebäude um mindestens 1 m überragen muss, erforderlich ist. Es erscheint widersprüchlich, wenn sich die Klägerin einerseits auf vermeintlich unzulässige Luftverunreinigungen beruft, andererseits sich gerade gegen die diese vermeidende Kaminhöhe wendet.
4. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Da der Beigeladene einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, der Klägerin auch seine außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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