Baurecht

Erfolglose Nachbarklage gegen immissionsschutzrechtliche Genehmigung für Windkraftanlage – Schallimmissionen

Aktenzeichen  M 1 K 15.2087

Datum:
26.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO BayBO Art. 82 Abs. 1, Art. 83 Abs. 1
BauGB BauGB § 30, § 34, § 35 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 S. 1, Abs. 6, § 249 Abs. 3
BImSchG BImSchG § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 1
BNatSchG BNatSchG § 44 Abs. 1 Nr. 1

 

Leitsatz

1. Die Frage der objektiv-rechtlichen Zulässigkeit eines Vorhabens im Außenbereich ist regelmäßig kein Umstand, der von einem benachbarten Anwohner als Verletzung einer ihm gegenüber zu beachtenden, nachbarlichen Drittschutz verleihenden Bestimmung vorgetragen werden kann. (redaktioneller Leitsatz)
2. Im Rahmen des drittschützenden Gebots der Rücksichtnahme gilt als “Faustformel”, dass bei einem Abstand von mindestens dem Dreifachen der Anlagengesamthöhe zwischen einem Wohnhaus und einer Windkraftanlage in der Regel keine optisch bedrängende Wirkung zu befürchten ist. (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Impulshaltigkeitszuschlag von 3 dB(A) ist auch bei einer Messung unter Anwendung des Taktmaximal-Mittelungspegels auf Fälle beschränkt, bei denen nach dem subjektiven Höreindruck impulshaltige Geräusche vorliegen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Kläger haben nicht schon bei objektiver Rechtswidrigkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung der streitigen WKA einen Rechtsanspruch auf deren Aufhebung. Sie können den Bescheid vom 22. April 2015 vielmehr nur dann erfolgreich anfechten, wenn er rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zu einer Verletzung der Kläger in eigenen subjektiv-öffentlichen Rechten führt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO). Dies ist nur der Fall, wenn die verletzte Norm zumindest auch dem Schutz der Nachbarn zu dienen bestimmt ist, sie also drittschützende Wirkung hat (std. Rspr. z.B. BVerwG, U.v. 10.4.2008 – 7 C 39.07 – BVerwGE 131, 129 ff. – juris Rn. 19). Die Kläger können keine Verletzung drittschützender Normen geltend machen.
1. Die Berufung auf Art. 82 Abs. 1 BayBO in der seit 21. November 2014 geltenden Fassung, wonach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB auf Vorhaben, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dienen, nur Anwendung findet, wenn diese Vorhaben einen Mindestabstand vom 10-fachen ihrer Höhe zu Wohngebäuden in Gebieten mit Bebauungsplänen (§ 30 BauGB), innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile (§ 34 BauGB) – sofern in diesen Gebieten Wohngebäude nicht nur ausnahmsweise zulässig sind – und im Geltungsbereich von Satzungen nach § 35 Abs. 6 BauGB einhalten, verhilft der Klage nicht zum Erfolg.
Dabei kann dahinstehen, ob am 4. Februar 2014 ein vollständiger Antrag auf Genehmigung der WKA i.S.d. Art. 83 Abs. 1 BayBO vorlag, denn selbst wenn das nicht der Fall gewesen wäre und obwohl die WKA nicht den Abstand des Zehnfachen ihrer Höhe zum Anwesen der Kläger einhält, können die Kläger sich hierauf nicht berufen.
Art. 82 Abs. 1 BayBO in der geltenden Fassung beruht auf der Länderöffnungsklausel des § 249 Abs. 3 BauGB und enthält eine Regelung zur Einschränkung des Privilegierungstatbestands des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB (vgl. BayVerfGH, E.v. 9.5.2016 – Vf. 14-VII-14 – NVwZ 2016, 999 ff. – juris Rn. 120). Es handelt sich um eine Privilegierungsvorschrift, für die der Bund lediglich die Gesetzgebungszuständigkeit delegiert hat. Privilegierungsvorschriften haben rein städtebauliche Funktion und entfalten keine drittschützende Wirkung. Die Frage der objektiv-rechtlichen Zulässigkeit eines Vorhabens im Außenbereich ist regelmäßig kein Umstand, der von einem benachbarten Anwohner als Verletzung einer ihm gegenüber zu beachtenden, nachbarlichen Drittschutz verleihenden Bestimmung vorgetragen werden kann (BVerwG, U.v. 28.10.1993 – 4 C 5.93 – DVBl 1994, 697 – juris Rn. 19; VG München, U.v. 21.7.2015 – M 1 K 14.3793 – juris Rn. 30). Dass die Steuerung der Privilegierung von WKA im Außenbereich in Art. 82 Abs. 1 BayBO durch Mindestabstände zu Wohnbebauung erfolgt, ändert nichts an diesem Befund. Zum einen ist dies bereits in § 249 Abs. 3 BauGB angelegt, was für eine städtebauliche Zielsetzung der Abstandsregelung spricht. Zum anderen knüpft Art. 82 Abs. 1 BayBO nicht an die Entfernung der WKA von individueller Wohnbebauung an, sondern abstrakt an die Entfernung von städtebaulichen Gebieten, die zum Wohnen bestimmt sind. Auch dies untermauert den städtebaulichen Charakter der Bestimmung.
2. Auf eine eventuelle Verletzung des naturschutzrechtlichen Tötungsverbots des § 44 Abs. 1 Nr. 1 Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG) bezogen auf den Rotmilan und den Baumfalken können die Kläger als private Dritte sich nicht berufen, weil die Vorschrift das nicht drittschützende allgemeine ökologische Schutzziel des Erhalts der Artenvielfalt betrifft und sich aus den Tatbestandsmerkmalen der Norm kein von der Allgemeinheit unterschiedener Personenkreis bestimmen lässt (vgl. BayVGH, B.v. 16.3.2015 – 22 CS 15.310 – juris Rn. 36).
3. Eine Verletzung des grundsätzlich drittschützenden Rücksichtnahmegebots durch eine optisch bedrängende Wirkung der WKA wegen unzumutbarer Horizontverbauung liegt nicht vor.
Als „Faustformel“ gilt hierbei, dass bei einem Abstand von mindestens dem Dreifachen der Anlagengesamthöhe zwischen einem Wohnhaus und einer WKA in der Regel keine optisch bedrängende Wirkung zu befürchten ist. Zwar bedarf es auch bei Anwendung dieser Faustformel stets noch der Prüfung im konkreten Einzelfall dahingehend, ob womöglich trotz der (bei Anwendung der Faustformel) ausreichenden Abstände eine optisch belastende Wirkung, insbesondere durch den Rotor und dessen Drehbewegung, vorliegt (std. Rspr. des BayVGH, z.B. B.v. 30.4.2014 – 22 ZB 14.680 – juris Rn. 20 f.). Auch diese Prüfung führt hier aber zu keinem anderen Ergebnis. Der Abstand der 180,38 Meter hohen streitigen WKA zum Wohnhaus der Kläger beträgt ca. 840 Meter, also etwa das 4,5-fache der Anlagenhöhe. Es handelt sich nur um eine einzelne WKA, nicht um einen Windpark. Hinzu kommt, dass das genehmigte Vorhaben im Verhältnis zum Anwesen der Kläger nicht erhöht situiert ist; beide Grundstücke liegen auf etwa 560 Meter Höhe ü.N.N. Ferner liegt die streitige WKA im Norden des Klägergrundstücks; zwischen ihrem Anwesen und dem Vorhaben findet sich zudem auch Baumbewuchs. In der Gesamtwürdigung dieser Umstände ist eine optisch bedrängende Wirkung oder gar eine Horizontverbauung im Ergebnis zu verneinen (vgl. auch BayVGH, B.v. 20.11.2014 – 22 ZB 14.1828 – juris Rn. 22).
4. Auf eine Rechtsbetroffenheit durch schädliche Umwelteinwirkungen in Gestalt von Lärm und tieffrequentem Schall können die Kläger sich zwar als Dritte grundsätzlich berufen, § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG. Die streitige WKA ruft aber den Klägern gegenüber keine schädlichen Umwelteinwirkungen i.S.d. § 3 Abs. 1 BImSchG hervor.
Das Grundstück der Kläger liegt in dem Weiler O* … Das Schutzniveau entspricht gemäß der unbestrittenen Einschätzung des Beklagten und des Lärmgutachtens dem eines Dorf-/Mischgebiets, so dass gemäß Nr. 6.1 Buchst. c) der Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm) Immissionsrichtwerte von 60 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts einzuhalten sind. In dem Gutachten zu Schallimmissionsschutz und Schattenwurf der …-gesellschaft mbH vom … November 2011, das der Genehmigung zugrunde liegt und deren Bestandteil ist, wurde für die streitige Anlage ein Schallleistungspegel von 104 dB(A) zugrunde gelegt. Das am nordwestlichen Ortsrand von O* … und ca. 60 bis 70 m näher am Anlagenstandort liegende, den Klägern benachbarte Anwesen O* … 12 wurde als Immissionsort IO 6 untersucht. In Tabelle 5 des Gutachtens vom … November 2011 wird für den IO 6 als Ergebnis der Ausbreitungsberechnung ein nächtlicher Beurteilungspegel von 34,5 dB(A) angegeben. Ausgehend von einem i.S.d. Nr. 3.2.1. Abs. 2 TA Lärm reduzierten Immissionsrichtwert von 39 dB(A) und einem Zuschalg für die obere Vertrauensbereichsgrenze von 2 dB(A) kommt das Gutachten in nachvollziehbarer Weise zu dem Schluss, dass am IO 6 der Immissionsrichtwert für die Nachtzeit unter Heranziehung des Irrelevanzkriteriums bei 37 dB(A) liegt und unterschritten ist. Im angefochtenen Bescheid wird ferner ein Zuschlag für die Impulshaltigkeit gemäß Nr. A.2.5.3 Anhang TA Lärm von 3 dB(A) für notwendig erachtet. Der sich daraus ergebenden Überschreitung des reduzierten Immissionsrichtwerts begegnet der Beklagte mit der in Nr. II.1.3. angeordneten Reduzierung des Anlagenbetriebs zur Nachtzeit.
Die Kläger machen geltend, die WKA habe wegen der Impulshaltigkeit der Geräusche (a) sowie wegen des von ihr ausgehenden tieffrequenten Schalls (b) ihnen gegenüber schädliche Umwelteinwirkungen zur Folge. Dies ist unzutreffend.
a) Die maßgeblichen Immissionsrichtwerte werden nicht wegen der Notwendigkeit eines Impulshaltigkeitszuschlags überschritten.
Nach dem Datenblatt zu der genehmigten WKA des Typs … liegt die Impulshaltigkeit der von der Anlage verursachten Geräusche im gesamten Leistungsbereich bei 0 dB(A), die Tonhaltigkeit bei 0 bis 1 dB(A). Dies entspricht dem Ergebnis der Dreifachvermessung der K. … KG vom … Oktober 2011, wonach die Geräusche der WKA auch dem subjektiven Höreindruck zufolge nicht relevant impulshaltig sind.
Die immissionsschutzfachliche Stellungnahme des Landratsamts vom … Juli 2012 ebenso wie die Bescheidsgründe gehen indes davon aus, dass wegen der bei zwei Messungen dargestellten Differenz zwischen dem Taktmaximal-Mittelungspegel LAFTeq und dem Mittelungspegel LAeq von 1,6 bis 2,0 dB(A) ein Zuschlag gemäß Nr. A.2.5.3 Anhang zur TA Lärm von 3 dB(A) für die Impulshaltigkeit erforderlich ist, um auf der sicheren Seite zu liegen. Im Verhältnis zum Lärmgutachten vom … November 2011 seien die prognostizierten Beurteilungspegel zusätzlich zu einem nunmehr aufgrund der Dreifachvermessung errechenbaren Zuschlag für die obere Vertrauensbereichsgrenze von 2,2 dB(A) um weitere 3 dB(A) nach oben zu korrigieren. Das führe am IO 6, für den keine Vorbelastung ermittelt worden sei, zu einer Überschreitung des i.S.d. Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm reduzierten Immissionsrichtwerts um 1 dB(A).
Das Landratsamt geht somit von folgender Rechnung aus: Zu dem Beurteilungspegel von 34,5 dB(A), der sich laut dem Lärmgutachten vom … November 2011 am IO 6 ergibt, addiert das Landratsamt einen Zuschlag von 2,2 dB(A) für die obere Vertrauensbereichsgrenze und einen Impulshaltigkeitszuschlag von 3 dB(A). Es kommt so auf einen Wert von 39,7 dB(A), den es – insoweit zutreffend – auf 40 dB(A) aufrundet. Der Berechnung des Landratsamts ist aber nicht zu folgen, weil der Impulshaltigkeitszuschlag von 3 dB(A) zu Unrecht in Ansatz gebracht wurde. Denn entgegen der Auffassung des Landratsamts (Bescheid S. 32) ist auch im Anwendungsbereich von Nr. A.3.3.6 Anhang TA Lärm bei Messung unter Anwendung des Taktmaximal-Mittelungspegels der Zuschlag für die Impulshaltigkeit auf Fälle beschränkt, bei denen nach dem subjektiven Höreindruck impulshaltige Geräusche vorliegen (vgl. Feldhaus/Tegeder, TA Lärm Kommentar, Sonderdruck aus Feldhaus, BImSchR – Kommentar, März 2014, Rn. 68 zu Nr. 2.9 und Rn. 16 zu Nr. A.3.3.6). Dies ist bereits aus dem Wortlaut von Nr. A.3.3.6 zu schließen, der ausdrücklich für den Zuschlag voraussetzt, dass das zu beurteilende Geräusch Impulse enthält. Die Formulierung von Nr. 2.9 TA Lärm führt zu keinem anderen Befund (vgl. Feldhaus/Tegeder, a.a.O., Rn. 68 zu Nr. 2.9 TA Lärm). Nr. 2.9. TA Lärm enthält Definitionen des Taktmaximalpegels und des Taktmaximal-Mittelungspegels und gibt ferner einen Verwendungszweck für den Taktmaximal-Mittelungspegel an, nämlich die „Beurteilung impulshaltiger Geräusche“. Auch hieraus ist zu schließen, dass zunächst überhaupt eine Impulshaltigkeit wahrnehmbar sein muss und erst unter dieser Voraussetzung die Differenz zwischen LAFTeq und LAeq als Zuschlag definiert wird. Im Fall des streitgegenständlichen Anlagentyps … ist weder nach den Herstellerangaben noch nach den Wahrnehmungen der Gutachter bei der Dreifachvermessung eine Impulshaltigkeit der von der WKA verursachten Geräusche feststellbar. Allein der Umstand, dass bei zwei Messungen eine Differenz zwischen LAFTeq und LAeq von 1,6 bis 2,0 dB(A) gemessen wurde, ohne tatsächliche Wahrnehmung von Impulsen im Rahmen einer wirkungsbezogenen Wertung anhand des Höreindrucks (Feldhaus/Tegeder, a.a.O., Rn. 25 zu Nr. A.2 Anhang TA Lärm), rechtfertigt keinen Impulshaltigkeitszuschlag.
Bringt man somit nur den vom Landratsamt errechneten Zuschlag für die obere Vertrauensbereichsgrenze von 2,2 dB(A) in Ansatz und lässt den Impulshaltigkeitszuschlag weg, kommt man am IO 6 zu einem Beurteilungspegel von 37 dB(A), der somit unterhalb des reduzierten Immissionsrichtwerts von 39 dB(A) liegt. An den Immissionsorten IO 1 und IO 2 kommt man auf Beurteilungspegel von 45 dB(A) und 43 dB(A), und somit ebenfalls zu einer Einhaltung des Immissionsrichtwerts, der hier nicht reduziert zu werden braucht, weil die Vorbelastung ermittelt wurde.
Hinzu kommt, dass die Beigeladene gemäß der Auflage Nr. II.1.4 des angefochtenen Bescheids verpflichtet ist, an dem der WKA näher als das klägerische Anwesen gelegenen Anwesen O* … … einen Immissionsrichtwert von 39 dB(A) nachts einzuhalten. Daraus ergibt sich im Erst-Recht-Schluss eine Einhaltung mindestens dieses Werts bei den Klägern.
b) Die Kläger sind auch keinen unzumutbaren Einwirkungen durch tieffrequenten Schall ausgesetzt.
Nach Nr. 7.3 TA Lärm ist für Geräusche, die vorherrschende Energieanteile im Frequenzbereich unter 90 Hertz besitzen, die Frage, ob von ihnen schädliche Umwelteinwirkungen ausgehen, im Einzelfall nach den örtlichen Verhältnissen zu beurteilen. Schädliche Umwelteinwirkungen können hiernach insbesondere auftreten, wenn bei deutlich wahrnehmbaren tieffrequenten Geräuschen in schutzbedürftigen Räumen bei geschlossenen Fenstern die nach Nr. A.1.5 des Anhangs der TA Lärm ermittelte Differenz LCeq – LAeq den Wert 20 dB(A) überschreitet. Hierfür gibt es vorliegend keine Anhaltspunkte.
Soweit die Kläger rügen, es lägen keine konkreten Messergebnisse im Innenbereich ihres Wohnhauses oder eines benachbarten Wohnhauses vor, berufen sie sich möglicher Weise auf Nr. 7.3 TA Lärm, bedenken dabei aber nicht, dass Messungen bezogen auf den Betrieb der streitigen Anlage bislang nicht vorgenommen werden konnten, weil diese noch nicht errichtet ist. Ihre Behauptung, erfahrungsgemäß seien im Bereich bis zu 2.000 Metern Entfernung von einer WKA innerhalb von Gebäuden signifikante Überschreitungen im Frequenzbereich von 63 bis 125 Hertz gegeben, haben die Kläger durch nichts belegt oder untermauert; eine Quelle wurde nicht benannt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass diese Behauptung sich auf wissenschaftliche Grundlagen stützen würde.
Weder der Windkrafterlass vom 21. Dezember 2011 (Nr. 8.2.8), der zum maßgeblichen Zeitpunkt der Behördenentscheidung galt, noch die Neufassung vom 19. Juli 2016 (dort Nr. 7.7) gehen ab einer Entfernung von 250 Metern von einer regelhaften Beeinträchtigung aus. Die Schwelle, ab der Infraschall (zwischen 1 und 16 Hertz) durch technische Anlagen als schädliche Umwelteinwirkung im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes einzustufen ist, wird hiernach bei Abständen von mehr als 500 Metern zu Wohnbebauung nicht erreicht. Dem Windkrafterlass Bayern kommt als antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität, das (zumindest) auf landesweiten fachlichen Erkenntnissen und Erfahrungen beruht, eine besondere tatsächliche Bedeutung zu (BayVGH, U.v. 18.6.2014 – 22 B 13.1358 – juris Rn. 45; BayVGH, B.v. 6.10.2014 – 22 ZB 14.1079 u.a. – NuR 2014, 879/881 – juris Rn. 25; speziell zu Schall B.v. 10.8.2015 – 22 ZB 15.1113 – BayVBl 2016, 95 ff. – juris Rn. 21). Bei der vorliegenden, noch größeren Entfernung von 840 Metern zwischen dem Anwesen der Kläger und der geplanten WKA ist jedenfalls nicht von schädlichen Umwelteinwirkungen durch tieffrequenten Lärm und Infraschall auszugehen.
5. Aus diesen Gründen ist die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Kläger tragen die Kosten als Gesamtschuldner (§ 159 Abs. 2 VwGO). Da die Beigeladene einen eigenen Antrag gestellt und sich somit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat, erscheint es angemessen, dass die Kläger auch ihre außergerichtlichen Kosten tragen (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss
Der Streitwert wird auf EUR 15.000,– festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz – GKG – i.V.m. Nrn. 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkatalogs 2013
für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,– übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


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