Baurecht

Erfolglose Streitwertbeschwerde: Bodenwertsteigerung zu berücksichtigen bei Vorbescheid?

Aktenzeichen  9 C 20.215

Datum:
16.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BayVBl – 2020, 425
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GKG § 51 Abs. 1, § 68 Abs. 1

 

Leitsatz

Auch wenn sich Anhaltspunkte für eine Bodenwertsteigerung durch einen Vorbescheid ergeben, kommt eine Festsetzung der Bodenwertsteigerung oder eines Bruchteils davon im Rahmen der Nr. 9.2 des Streitwertkatalogs nicht in Betracht, wenn der Vorbescheid ebenso wie eine Baugenehmigung der Verwirklichung des konkreten Vorhabens dient (unter Hinweis auf BayVGH BeckRS 2015, 56358). (Rn. 4) (red. LS Alexander Tauchert)

Verfahrensgang

AN 3 K 18.1687 2019-12-05 Bes VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

Die von den Bevollmächtigten der Kläger im eigenen Namen eingelegte Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Nach § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Der Senat legt hierbei regelmäßig den jeweils aktuellen Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zugrunde, derzeit in der Fassung vom 18. Juli 2013 (Streitwertkatalog). Bei Klagen auf Erteilung eines Vorbescheids – wie hier – ist nach Nr. 9.2 des Streitwertkatalogs ein Bruchteil des Streitwerts für eine Baugenehmigung festzusetzen, sofern keine Anhaltspunkte für eine Bodenwertsteigerung bestehen.
Die Klägerbevollmächtigten sind der Ansicht, dass der Streitwert, den das Verwaltungsgericht betreffend die Verpflichtungsklage auf Erteilung eines Vorbescheids zu dem Bauvorhaben „Abbruch der bestehenden Garagen, Neubau einer Gewerbehalle“ auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung … mit Beschluss vom 5. Dezember 2019 auf 50.000,00 Euro festgesetzt hat, unter Berücksichtigung von Nr. 9.1.2.6 des Streitwertkatalogs entsprechend einer anzunehmenden Bodenwertsteigerung von 250.000,00 Euro in dieser Höhe zu bemessen sei. Sie führen weiter aus, dass die Rohbaukosten der Hälfte des mit 750.000,00 Euro zu veranschlagenden Bauvorhabens entsprächen. Mit einem Streitwert von 50.000,00 Euro sei die Bedeutung des Vorbescheids nicht angemessen erfasst, sodass nach der Vorbemerkung zu Nr. 9 des Streitwertkatalogs das geschätzte wirtschaftliche Interesse bzw. der Jahresnutzwert zu gelten habe. Dieses Beschwerdevorbringen führt nicht zu einer vom Beschluss des Verwaltungsgerichts abweichenden Streitwertbestimmung.
Den Klägerbevollmächtigten ist darin zu folgen, dass mit dem Vorbescheid über die planungsrechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens und zugleich darüber entschieden wird, ob das Vorhabengrundstück entgegen der durch den Bebauungsplan Nr. 310 festgesetzten Verkehrsfläche (Straßenfläche) sowie der Baugrenze im betreffenden räumlichen Bereich überhaupt bebaubar ist. Somit ergeben sich Anhaltspunkte für eine Bodenwertsteigerung durch den Vorbescheid. Der Bodenwertsteigerung ist aber nur in der Weise Rechnung zu tragen, als vom vollen Streitwert für die entsprechende Baugenehmigung auszugehen ist. Eine Festsetzung der Bodenwertsteigerung oder eines Bruchteils davon kommt im Rahmen der Nr. 9.2 des Streitwertkatalogs nicht in Betracht, weil der Vorbescheid ebenso wie eine Baugenehmigung der Verwirklichung des konkreten Vorhabens dient (vgl. BayVGH, B.v. 16.11.2015 – 1 C 15.2348 – juris Rn. 2 m.w.N.; VGH BW, B.v. 28.11.2019 – 5 S 1704/19 – juris Rn. 5 ff. m.w.N.).
In der Folge ist den Bevollmächtigten der Kläger zwar auch insoweit zuzustimmen, als hinsichtlich des Streitwerts für eine entsprechende Baugenehmigung Nr. 9.1.2.6 des Streitwertkatalogs anzuwenden ist. Danach ist der Streitwert bei Klagen auf die Erteilung einer Baugenehmigung für sonstige, nicht unter 9.1 aufgezählte bauliche Anlagen je nach Einzelfall nach einem Bruchteil der geschätzten Rohbaukosten oder Bodenwertsteigerung zu bemessen. Dem wird das Verwaltungsgericht hier aber mit der Festsetzung eines Streitwertes von 50.000,00 Euro gerecht. Der Betrag entspricht einem Bruchteil der im Rahmen der Beschwerde angegebenen Rohbaukosten von 375.000,00 Euro bzw. Bodenwertsteigerung von 250.000,00 Euro und steht im Hinblick auf seine Höhe mit der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zur Bestimmung eines angemessenen Bruchteils im Einklang (vgl. BayVGH, B.v. 17.11.2016 – 15 ZB 15.469 – juris Rn. 22; 29.9.2014 – 9 ZB 11.1122 – juris Rn. 19; B.v. 15.12.2010 – 9 ZB 09.1779 – juris Rn. 13; B.v. 16.6.2004 – 14 B 03.615 – juris Rn. 1; B.v. 20.3.2002 – 1 C 00.3396 – juris Rn. 8).
Der Ansatz der vollen Bodenwertsteigerung (oder der vollen Rohbaukosten) kann dagegen auch nicht damit begründet werden, dass die Bedeutung des Vorbescheids betreffend den Neubau einer Gewerbehalle für die Kläger im Sinne der Vorbemerkung zu Nr. 9 des Streitwertkatalogs mit dem Streitwert in Höhe von 50.000,00 Euro nicht angemessen erfasst und deshalb auf das geschätzte wirtschaftliche Interesse bzw. den Jahresnutzwert abzustellen wäre. Es ist nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass wegen Besonderheiten des Falles, etwa wegen einer erheblichen Diskrepanz zwischen der Bodenwertsteigerung (oder den Rohbaukosten) und dem wirtschaftlichen Interesse der Kläger an der Errichtung einer Gewerbehalle eine von Nr. 9.1.2.6 abweichende Bemessung geboten wäre. Der Jahresnutzwert ist von den Klägerbevollmächtigten nicht näher konkretisiert worden und das wirtschaftliche Interesse der Kläger an ihrem Bauvorhaben kann im Hinblick auf Nr. 9.1.2.6 grundsätzlich nicht mit den vollen Rohbaukosten oder der vollen Bodenwertsteigerung gleichgesetzt werden. Die dortige Berücksichtigung nur eines Bruchteils entspricht vielmehr dem im Streitwertkatalog auch ansonsten weitgehend durchgehaltenen Prinzip, auf einen festen Betrag oder nur auf den Bruchteil einer maßgeblichen Berechnungsgröße abzustellen, wie sich beispielsweise anhand der Vorbemerkung zu Nr. 9 und der darin vorgesehen Berücksichtigung des Jahresnutzwertes oder den weiteren Empfehlungen unter Nr. 9.1 ersehen lässt (vgl. OVG Hamburg, B.v. 18.6.2019 – 2 Bf 212/18.Z – juris Rn. 8 f.; vgl. BayVGH, B.v. 19.5.2010 – 1 B 10.255 – juris Rn. 17).
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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