Baurecht

Erfolgloser Berufungszulassungsantrag eines Nachbarn wegen Erweiterung eines Hofesum Wohnungenim Außenbereich

Aktenzeichen  15 ZB 19.2231

Datum:
26.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 14601
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 1

 

Leitsatz

1. Ein allgemeiner – dem Gebietserhaltungsanspruch im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder im unbeplanten Innenbereich vergleichbarer – bauplanungsrechtlicher Schutzanspruch des Nachbarn auf die Bewahrung des Außenbereichs und damit ein Abwehranspruch gegen Vorhaben, die im Außenbereich objektiv nicht genehmigungsfähig sind, besteht nicht (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Baugenehmigung kann durch den Eigentümer des benachbarten Grundstücks grundsätzlich wegen Unbestimmtheit mit Erfolg nur angefochten werden, wenn diese hinsichtlich nachbarrechtsrelevanter Fragen unter Verstoß gegen das im Verwaltungsverfahrensgesetz normierte Bestimmtheitsgebot unbestimmt ist und infolge dieses Mangels eine Verletzung von Nachbarrechten nicht auszuschließen ist (BayVGH BeckRS 2019, 2260) (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine heranrückende Wohnbebauung verletzt gegenüber einem bestehenden emittierenden (insbes. landwirtschaftlichen) Betrieb das Gebot der Rücksichtnahme, wenn ihr Hinzutreten die rechtlichen immissionsbezogenen Rahmenbedingungen, unter denen der Betrieb arbeiten muss, gegenüber der vorher gegebenen Lage verschlechtert. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 7 K 17.1302 2019-09-26 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Kläger wenden sich als Eigentümer eines benachbarten Grundstücks (Klägergrundstück, FlNr. …, Gemarkung …) gegen eine der Beigeladenen mit Bescheid des Landratsamts S.vom 19. Juli 2017 erteilte Baugenehmigung für das Vorhaben „Sanierung der Hofstelle und Einbau von zwei Wohnungen“ auf der westlich angrenzenden FlNr. …1 (Baugrundstück).
Mit Urteil vom 26. September 2019 wies das Verwaltungsgericht Regensburg die von den Klägern erhobene Anfechtungsklage mit dem Antrag, den Baugenehmigungsbescheid vom 19. Juli 2017 aufzuheben, ab. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt, die streitgegenständliche Baugenehmigung verletzte keine Rechte der benachbarten Kläger. Der Genehmigungsgegenstand beeinträchtige zwar als sonstiges Vorhaben im bauplanungsrechtlichen Außenbereich i.S. von § 35 Abs. 2 BauGB öffentliche Belange. Die Kläger besäßen aber keinen allgemeinen Gebietserhaltungsanspruch auf Abwehr von im Außenbereich nach § 35 BauGB nicht zulässigen Nutzungen. Die Baugenehmigung verstoße auch nicht zu Lasten der Kläger gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot unter dem Gesichtspunkt einer heranrückenden Wohnbebauung, weil das Vorhaben der Beigeladenen aufgrund einer zwischenzeitlichen Aufgabe des landwirtschaftlichen Tierhaltungsbetriebs der Kläger keinen von deren Grundstück ausgehenden schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt werde, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 BauGB.
Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgen die Kläger ihr Rechtsschutzbegehren weiter. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die von den Klägern geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3 VwGO), auf die sich die Prüfung des Senats beschränkt, liegen nicht vor bzw. sind nicht in einer Weise dargelegt worden, die den gesetzlichen Anforderungen gem. § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO genügt.
1. Nach Maßgabe des Vortrags in der Antragsbegründung ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils des Verwaltungsgerichts, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
Ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen dann, wenn gegen die Richtigkeit des Urteils gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (BayVGH, B.v. 27.8.2019 – 15 ZB 19.428 – juris Rn. 10 m.w.N.).
a) Soweit die Kläger vorbringen, das streitgegenständliche Vorhaben erfülle nicht die Voraussetzungen einer Privilegierung gem. § 35 Abs. 1 BauGB und es sei auch als sonstiges Vorhaben nicht gem. § 35 Abs. 2 i.V. mit § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 5 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig, weil es die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtige und ihm die Darstellungen des Flächennutzungsplan entgegenstünden, vermag dies mangels Entscheidungserheblichkeit keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts zu begründen.
Dritte – wie hier die Kläger als Nachbarn – können sich mit einer Anfechtungsklage nur dann mit Aussicht auf Erfolg gegen eine Baugenehmigung zur Wehr setzen, wenn diese rechtswidrig ist sowie die Rechtswidrigkeit auf der Verletzung einer Norm beruht, die gerade dem Schutz des betreffenden Dritten zu dienen bestimmt ist (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 22.1.2020 – 15 ZB 18.2547 – juris Rn. 4 m.w.N.; allg. zur Schutznormtheorie vgl. z.B. BayVGH, B.v. 30.7.2019 – 15 CS 19.1227 – juris Rn. 15; HessVGH, B.v. 3.3.2016 – 4 B 403/16 – NVwZ 2016, 1101 = juris Rn. 12; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 42 Rn. 89). Ein allgemeiner – dem Gebietserhaltungsanspruch im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder im Anwendungsbereich des § 34 Abs. 2 BauGB (vgl. BVerwG, U.v. 16.9.1993 – 4 C 28.91 – BVerwGE 94, 151 = juris Rn. 11 ff.; BayVGH, B.v. 24.2.2020 – 15 ZB 19.1505 – juris Rn. 6 m.w.N.) vergleichbarer – bauplanungsrechtlicher Schutzanspruch des Nachbarn auf die Bewahrung des Außenbereichs und damit ein Abwehranspruch gegen Vorhaben, die im Außenbereich objektiv nicht genehmigungsfähig sind, besteht nicht. § 35 BauGB kommt nicht die Funktion einer allgemein nachbarschützenden Norm zu. Die Kläger sind hinsichtlich des bauplanungsrechtlichen Nachbarschutzes von vornherein auf das Rücksichtnahmegebot beschränkt (vgl. z.B. BVerwG, B.v. 3.4.1995 – 4 B 47.95 – BRS 57 Nr. 224 = juris Rn. 2 f.; B.v. 28.7.1999 – 4 B 38.99 – NVwZ 2000, 552 = juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 13.1.2014 – 2 ZB 12.2242 – juris Rn. 12; B.v. 23.1.2018 – 15 CS 17.2575 – juris Rn. 20 m.w.N.).
b) Inwieweit sich – wie die Kläger meinen – bei einer Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft „nach der Europarechtsdogmatik“ etwas anderes ergeben soll, ist weder ersichtlich noch wird dies näher substantiiert ausgeführt. Soweit die Kläger auch insofern auf § 4 Abs. 1 i.V. mit Abs. 3 UmwRG rekurrieren sollten, ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass hierüber jedenfalls in der vorliegenden Fallkonstellation kein nachbarlicher Drittschutz allein wegen objektiv-rechtlicher Verletzung des § 35 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Nr. 5 BauGB vermittelt wird. Auf die Ausführungen unten zu 2. wird verwiesen.
c) Das Verwaltungsgericht hat eine Nachbarrechtsverletzung auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer von den Klägern behaupteten Unbestimmtheit der Baugenehmigung zu Unrecht abgelehnt.
Die Kläger sehen eine Unbestimmtheit der Baugenehmigung darin, dass mangels „belastbarer Informationen zu den Nutzungsabsichten“ sich nicht beurteilen lasse, ob die Voraussetzungen einer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 BauGB vorlägen (vgl. Seite 3 der Antragsbegründung vom 17. Dezember 2019). Eine Baugenehmigung kann durch den Eigentümer des benachbarten Grundstücks grundsätzlich wegen Unbestimmtheit mit Erfolg nur angefochten werden, wenn diese hinsichtlich nachbarrechtsrelevanter Fragen unter Verstoß gegen Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG unbestimmt ist und infolge des Mangels eine Verletzung von Nachbarrechten nicht auszuschließen ist (vgl. z.B. vgl. BayVGH, B.v. 6.2.2019 – 15 CS 18.2459 – NVwZ 2019, 1136 = juris Rn. 29 m.w.N.; B.v. 30.7.2019 – 15 CS 19.1227 – juris Rn. 16; B.v. 22.1.2020 – 15 ZB 18.2547 – juris Rn. 25). Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht mangels entsprechender Angaben der Beigeladenen resp. mangels inhaltlichen Bezugs zu ihrem Pferdehaltungsbetrieb – richtigerweise – eine landwirtschaftliche Privilegierung (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB) abgelehnt. Zudem spielt die Frage, ob das streitgegenständliche Vorhaben gem. § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert ist oder nicht, für die vom Verwaltungsgericht vertretene Verneinung des Nachbarschutzes keine Rolle. Damit kann auch eine diesbezügliche inhaltliche Unbestimmtheit – sollte sie dennoch vorliegen – keinen nachbarrechtlichen Abwehranspruch begründen. Auch im Übrigen vermag der Senat eine Unbestimmtheit hinsichtlich des genehmigten Gegenstands nicht zu erkennen. Insbesondere erschließt sich dem Senat nicht, inwiefern die Baugenehmigung unbestimmt sein könnte, weil – wie die Kläger vorbringen (vgl. Seite 7 der Antragsbegründung vom 17. Dezember 2019) – auf Seiten des Beklagten im Zeitpunkt ihrer Erteilung eine Fehleinschätzung im Hinblick auf die Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich passiert sei. Auch wenn das Landratsamt bei Erlass der Baugenehmigung § 34 BauGB als Maßstab der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des beantragten Vorhabens der Beigeladenen herangezogen hat, weil es den betroffenen Weiler als Innenbereich und nicht – wie das Verwaltungsgericht – als Außenbereich eingestuft hat, ist nicht ersichtlich, wie sich dies auf den Inhalt der Baugenehmigung und damit auch auf die Frage ihrer Bestimmtheit oder Unbestimmtheit auswirken könnte.
d) Soweit die Kläger vorbringen, sie seien unter dem Gesichtspunkt einer heranrückenden Wohnbebauung nachteilig und unzumutbar betroffen, weil sie ihre landwirtschaftliche Nutzung erst vor wenigen Jahren aufgegeben hätten und weil sie zudem weiterhin landwirtschaftlich nutzbare, womöglich später von ihnen wieder zu nutzende sowie derzeit von Dritten bewirtschaftete Außenbereichsflächen hätten (Seiten 4, 7 der Antragsbegründung vom 17. Dezember 2019), genügen sie mit ihrem diesbezüglich Vortrag nicht den Anforderungen, die § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO an die Geltendmachung des Berufungszulassungsgrunds des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO stellen.
Eine heranrückende Wohnbebauung verletzt gegenüber einem bestehenden emittierenden (insbes. landwirtschaftlichen) Betrieb das Gebot der Rücksichtnahme (zum Inhalt vgl. BayVGH, B. B.v. 4.12.2019 – 15 CS 19.2048 – juris Rn. 23 m.w.N.), das als nachbarschützender bauplanungsrechtlicher Genehmigungsmaßstab im vorliegenden Fall über § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB Anwendung findet (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2017 – 4 C 3.16 – BVerwGE 159, 187 = juris Rn. 11; BayVGH, U.v. 10.5.2016 – 2 B 16.231 – juris Rn. 26), wenn ihr Hinzutreten die rechtlichen immissionsbezogenen Rahmenbedingungen, unter denen der Betrieb arbeiten muss, gegenüber der vorher gegebenen Lage verschlechtert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Betrieb aufgrund der hinzutretenden Bebauung mit nachträglichen immissionsschutzrechtlichen Auflagen rechnen muss (vgl. BayVGH, B.v. 21.8.2018 – 15 ZB 17.2351 – juris Rn. 11 m.w.N.; U.v. 27.2.2020 – 2 B 19.2199 – Rn. 41, 42 m.w.N.). Das Verwaltungsgericht hat sich mit der diesbezüglichen Problematik und mit dem entsprechenden klägerischen Vortrag bereits in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils vom 26. September 2019 inhaltlich auseinandergesetzt und ausgeführt, die Kläger besäßen unter dem vorgenannten Gesichtspunkt keinen Abwehranspruch gegen das Vorhaben der Beigeladenen. Sie betrieben – wie eine Ortseinsicht des Landratsamts und eine E-Mail des AELF S.vom 18. September 2019 ergeben hätten – keine aktive Landwirtschaft und insbesondere keine Viehhaltung mehr auf ihrem Grundstück, von denen Emissionen auf das Baugrundstück ausgehen könnten. Auch auf gerichtliche Nachfrage habe der Kläger zu 2 in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass eine früher vorhandene Rinderhaltung nicht mehr betrieben werde und dass diese ca. fünf oder sechs Jahre vorher aufgegeben worden sei. Es spreche daher – so die Entscheidungsgründe der angegriffenen Entscheidung weiter – Vieles dafür, dass mittlerweile ein (passiver) Bestandsschutz für diese Nutzung erloschen sei. Mit der Wiederaufnahme einer bereits in der Vergangenheit erfolgten Nutzung sei nach Ablauf von zwei Jahren nach Nutzungsaufgabe nach der Verkehrsauffassung nicht mehr zu rechnen. Nach dem vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Zeitmodell müssten die Kläger hierfür besondere Gründe näher darlegen, um diese Vermutung zu entkräften. Die bloße Absichtserklärung, dass eine baldige Wiederaufnahme der Rindernutzung beabsichtigt sei und bisherige Genehmigungen noch nicht erloschen seien, sei ohne weitere konkrete Anhaltspunkte jedenfalls nicht hinreichend substantiiert.
Dem haben die Kläger auch in ihrer Antragsbegründung nichts Substantielles entgegengesetzt. Die nach § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO geforderte Darlegung des Zulassungsgrundes gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erfordert eine konkret fallbezogene und hinreichend substantiierte Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung; es muss konkret dargelegt werden, dass und weshalb das Verwaltungsgericht entscheidungstragende Rechts- und / oder Tatsachenfragen unrichtig entschieden hat. Eine schlichte, unspezifizierte Behauptung der Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung genügt nicht. Der Rechtsmittelführer muss vielmehr konkret bei der Berufung auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit falsch ist. „Darlegen“ bedeutet insoweit „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“. Erforderlich ist eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird; der Rechtsmittelführer muss im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen. Mit bloßer Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens wird dem Gebot der Darlegung im Sinn von § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO ebenso wenig genügt wie mit der schlichten Darstellung der eigenen Rechtsauffassung (BayVGH, B.v. 15.10.2019 – 15 ZB 19.1221 – juris Rn. 10 m.w.N.; B.v. 22.1.2020 – 15 ZB 18.2547 – juris Rn. 14 m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Kläger ersichtlich nicht. Der Senat weist darauf hin, dass das sog. „Zeitmodell“ (vgl. BVerwG, U.v. 18.5.1995 – 4 C 20.94 – BVerwGE 98, 235 = juris Rn. 15 m.w.N.) zwischenzeitlich zwar nicht mehr überall uneingeschränkt Zustimmung findet (krit. BayVGH, B.v. 6.2.2014 – 1 ZB 11.1675 – juris Rn. 3; OVG NRW, U.v. 7.5.2019 – 2 A 2995/17 – juris Rn. 126 ff.; offenlassend BVerwG, B.v. 5.5.2015 – 4 BN 2.15 – juris Rn. 18 m.w.N.) und dass sich stattdessen in der obergerichtlichen Rechtsprechung z.T. der Fokus auf die Frage verschoben hat, ob sich eine eventuell bestehende Baugenehmigung für eine vormalige gewerbliche oder landwirtschaftliche Nutzung gem. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG durch konkludenten Verzicht des vormaligen Berechtigten erledigt hat (vgl. VGH BW, B.v. 22.7.2016 – 8 S 969/16 – juris Rn. 13 ff. m.w.N.; OVG NRW, U.v. 7.5.2019 a.a.O.; zusammenfassend BayVGH, B.v. 22.1.2020 – 15 ZB 18.2547 – juris Rn. 16). Die Kläger haben sich aber in der Zulassungsbegründung mit diesbezüglichen dogmatischen und tatsächlichen Fragen nicht einzelfallbezogen auseinandergesetzt. Ebenfalls wird von ihnen nicht substantiiert dargelegt, inwiefern das streitgegenständliche Vorhaben der Beigeladenen aufgrund einer landwirtschaftlichen Nutzung bzw. Nutzbarkeit (welcher?) anderer Grundstücke in der Umgebung (welchen?) schädlichen Umwelteinwirkungen (in welcher Form und Intensität?) ausgesetzt werden könnte.
2. Die Berufung ist auch nicht wegen § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
Die Kläger halten den Berufungszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache für einschlägig, weil „wegen geltenden Europarechts“ in Frage zu stellen sei, ob „die nationale Drittschutzproblematik“ greife. Die Rechtsprechung OVG NRW, U.v. 25.2.2015 – 8 A 959/10 – BauR 2015, 1138 = juris Rn. 44 ff., wonach ein Verstoß gegen die in § 4 Abs. 1 i.V. mit Abs. 3 UmwRG aufgeführten Verfahrensvorschriften bei der Umweltverträglichkeitsprüfung auch für betroffene Nachbarn als Individualkläger Drittschutz entfalte und eine Klagebefugnis unabhängig von einer Betroffenheit in materiellen Rechtspositionen begründe, wenn der klagende Nachbar zur „betroffenen Öffentlichkeit“ im Sinne des UVPG gehöre, sei auch auf das materielle Baunachbarrecht zu übertragen, wenn Nachbarn aufgrund der räumlichen Nähe ihres Grundstücks den Immissionen der jeweils streitgegenständlichen genehmigten Anlage ausgesetzt sei. Was für das Verfahrensrecht gelte, müsse erst recht für materielles Recht gelten. Mit dieser Argumentation vermögen die Kläger die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht zu begründen.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie eine im angestrebten Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat, wobei zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage nicht nur auszuformulieren, sondern zudem auch substantiiert auszuführen ist, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr eine Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird (vgl. BayVGH, B.v. 28.1.2019 – 15 ZB 17.1831 – juris Rn. 30 m.w.N.; B.v. 24.2.2020 – 15 ZB 19.1505 – juris Rn. 19).
Geht man davon aus, dass die Kläger in der Sache die allgemeine Frage als grundsätzlich bedeutsam ansehen, ob ein Eigentümer eines Nachbargrundstücks, das aufgrund der räumlichen Nähe seines Grundstücks den Immissionen einer baurechtlich genehmigten Anlage ausgesetzt ist, wegen vorrangigen Europarechts die zugrundeliegende Baugenehmigung erfolgreich mit jedem objektiven Verstoß gegen materielles Baurecht und / oder materielles Umweltrecht anfechten können soll, sind sie mit ihrer Antragsbegründung den vorgenannten Anforderungen nicht gerecht geworden. Die von den Klägern aufgeworfene Problematik weist schon deshalb keine grundsätzliche Bedeutung auf, weil sie sich ohne Weiteres anhand des Gesetzeswortlauts lösen lässt (vgl. BayVGH, B.v. 9.6.2017 – 8 ZB 16.1841 – juris Rn. 14): Ein Aufhebungsanspruch eines Individualklägers gem. § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V. mit Abs. 1 und / oder Abs. 1a UmwRG kann – unabhängig von Einzelfragen – schon nach der insoweit eindeutigen Regelung allenfalls dann bestehen, wenn es um die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b UmwRG und zudem um einen Verfahrensfehler i.S. von § 4 Abs. 1 und / oder Abs. 1a UmwRG geht. Beides ist vorliegend nicht der Fall. Nach welchen sonstigen Normen des Gemeinschaftsrechts oder gemeinschaftsrechtlich initiierten Normen des nationalen Rechts es geboten sein soll, im Rahmen einer Nachbarklage die Vereinbarkeit eines Vorhabens über § 42 Abs. 2, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO hinaus mit jeglichen – auch rein objektiv-rechtlich ausgerichteten – materiellen Vorgaben des Umwelt- bzw. Baurechts richterlich zu überprüfen, legen die Kläger nicht dar. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs ist zudem geklärt (und auch deshalb nicht grundsätzlich klärungsbedürftig), dass – soweit keine sondergesetzlichen Regelungen wie § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V. mit Abs. 1 und / oder Abs. 1a UmwRG eingreifen – die Verletzung objektiven materiellen Rechts – hier die objektiven Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für eine Baugenehmigung gem. Art. 59, Art. 68 Abs. 1 BayBO i.V. mit § 35 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 BauGB – unabhängig von einer subjektiven Rechtsverletzung und außerhalb von § 42 Abs. 2, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht zur Aufhebung einer angefochtenen Genehmigung im Falle einer erhobenen Anfechtungsklage des Nachbarn führt. Insbesondere existiert – so die gefestigte Rechtsprechung – kein allgemeiner bauplanungsrechtlicher Anspruch des Nachbarn auf die Bewahrung des Außenbereichs und damit ein Abwehranspruch gegen Vorhaben, die im Außenbereich objektiv nicht genehmigungsfähig sind. Dem § 35 BauGB kommt vielmehr gerade nicht die Funktion einer allgemein nachbarschützenden Norm zu. Ein nachbarlicher Kläger ist vielmehr bei der Abwehr eines Außenbereichsvorhabens aus bauplanungsrechtlicher Sicht auf die Geltendmachung der Verletzung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots beschränkt [s.o. 1. a) mit diversen Nachweisen aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs]. Im Übrigen hat sich – ohne dass es darauf vorliegend noch ankommt – die von den Klägern zitierte und vormals im Urteil vom 25. Februar 2015 vertretene Rechtsansicht des nordrheinwestfälischen Oberverwaltungsgerichts, wonach ein Bescheid aufgrund eines Verstoßes gegen Verfahrensvorschriften bei der Umweltverträglichkeitsprüfung von einem benachbarten Individualkläger unabhängig von einer Betroffenheit in materiellen Rechtspositionen erfolgreich angefochten werden können soll, in der Rechtsprechung nicht durchgesetzt (vgl. BVerwG, B.v. 14.11.2018 – 4 B 12.18 – BRS 86 Nr. 182 = juris Rn. 4 m.w.N.; OVG Berlin-Bbg., U.v. 20.1.2020 – OVG 6 A 2.18 – juris Rn. 45; Schlacke, NVwZ 2019, 1392/400 m.w.N.).
3. Ein Berufungszulassungsgrund gem. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist ebenfalls nicht ersichtlich. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinne dieser Vorschrift weist eine Rechtssache dann auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sie sich also wegen der Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (vgl. BayVGH, B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 42 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind nach dem Zulassungsvortrag der Kläger vorliegend nicht erfüllt bzw. nicht substantiiert dargelegt, wie sich aus den voranstehenden Ausführungen zu 1. und 2. ergibt.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO). Denn ein Beigeladener setzt sich im Berufungszulassungsverfahren unabhängig von einer Antragstellung grundsätzlich keinem eigenen Kostenrisiko aus (vgl. BayVGH, B.v. 6.3.2017 – 15 ZB 16.562 – juris Rn. 18 m.w.N.). Ein Grund, der es gebieten würde, die außergerichtlichen Kosten aus Billigkeitsgründen ausnahmsweise als erstattungsfähig anzusehen, ist nicht ersichtlich. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 2 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt als Anhang in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019) und folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.
5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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