Baurecht

Erfolgreiche Klage der Standortgemeinde gegen Windkraftanlage – Windkrafterlass Bayern

Aktenzeichen  22 B 15.2365

Datum:
30.6.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BayVBl – 2018, 379
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BNatSchG § 44 Abs. 1 Nr. 1
UVPG § 3a S. 4, § 3b Abs. 2, § 3c S. 1, S. 2, S. 6
BauGB § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5, § 36 Abs. 1 S. 1
BayBO Art. 6 Abs. 2 S. 3
BayVwVfG Art. 24 Abs. 1 S. 1, Art. 46
GG Art. 3 Abs. 1
BV Art. 118 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Wird ein Verwaltungsakt später geändert oder ergänzt, so kommt es zu einer Verschiebung des maßgeblichen Beurteilungsstichtags auf den Zeitpunkt, in dem der Änderungs- bzw. Ergänzungsbescheid ergangen ist, nur dann, wenn hierin der Sache nach ein Neuerlass des ursprünglichen Verwaltungsakts liegt. (Rn. 54) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Windkrafterlass Bayern 2011 verpflichtet als Verwaltungsvorschrift die den erlassenden Behörden nachgeordneten Stellen grundsätzlich dazu, ein ihnen eingeräumtes Ermessen sowie von Rechts wegen eröffnete Beurteilungsspielräume so auszuüben, wie dies von vorgesetzter Seite festgelegt wurde. (Rn. 81) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei einem Abweichen von den Aussagen des Windkrafterlasses Bayern 2011 muss gewährleistet sein, dass an ihrer Stelle eine Vorgehensweise gewählt wird, die in gleicher Weise die Gewinnung sachrichtiger Ergebnisse erwarten lässt. (Rn. 83) (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine durchgeführte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c S. 1 UVPG deckt eine lediglich gebotene standortbezogene Vorprüfung nach § 3c S. 2 UVPG vollumfänglich mit ab. (Rn. 107) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 11 K 14.01507 2015-03-12 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 12. März 2015 und der Bescheid des Landratsamts Ansbach vom 15. August 2014 in der Gestalt des Ergänzungsbescheids vom 24. Februar 2015 werden insoweit aufgehoben, als diese gerichtlichen bzw. behördlichen Entscheidungen die Genehmigung der Errichtung und des Betriebs einer Windkraftanlage auf dem Grundstück Fl.Nr. 336 der Gemarkung G. zum Gegenstand haben.
II. Die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug fallen zu je einem Achtel dem Beklagten und der Beigeladenen zur Last. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Beklagte und die Beigeladene jeweils zur Hälfte zu tragen.
III. Der Kostenausspruch ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor Vollstreckungsbeginn Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist begründet. Die durch Bescheid vom 15. August 2014 erfolgte Genehmigung der WKA 3 ist ebenso rechtswidrig wie die in diesem Bescheid vorgenommene Ersetzung des verweigerten Einvernehmens der Klägerin. Da diese Verwaltungsakte die Klägerin in ihrem subjektiven Recht darauf verletzen, dass im Außenbereich ihres Gemeindegebiets ein Vorhaben nur dann zugelassen wird, wenn ihm keine öffentlichen Belange entgegenstehen (vgl. zur Funktion der in § 35 BauGB normierten Zulassungsvoraussetzungen in Verbindung mit dem Einvernehmenserfordernis nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB, die gemeindliche Planungshoheit zu schützen, BVerwG, U.v. 1.7.2010 – 4 C 4.08 – BVerwGE 137, 247 Rn. 32), war dieser Bescheid ebenso aufzuheben wie das verwaltungsgerichtliche Urteil vom 12. März 2015, soweit diese behördlichen bzw. gerichtlichen Entscheidungen die Errichtung und den Betrieb der WKA 3 zum Gegenstand haben. Im Einzelnen:
1. Die Berufung ist nicht deshalb unzulässig, weil die Klägerin entgegen § 124a Abs. 3 Satz 4 i.V.m. Abs. 6 Satz 3 VwGO innerhalb offener Berufungsbegründungsfrist keinen ausdrücklichen Berufungsantrag gestellt hat. Die Missachtung dieses zwingenden prozessrechtlichen Erfordernisses (vgl. § 124a Abs. 3 Satz 5 i.V.m. Abs. 6 Satz 3 VwGO) bleibt im vorliegenden Fall deshalb folgenlos, weil sich anhand der Ausführungen in der fristgerecht eingereichten Berufungsbegründungsschrift des Bevollmächtigten der Klägerin vom 14. Dezember 2015 das Ziel dieses Rechtsmittels eindeutig entnehmen lässt (vgl. zur Unschädlichkeit des Fehlens eines ausdrücklichen Berufungsantrags unter dieser Voraussetzung OVG NRW, U.v. 23.5.2003 – 11 A 5503/99 – juris Rn. 44 – 50; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 95). Vor allem aus den Ausführungen auf Seite 4 unten jenes Schriftsatzes ergibt sich, dass die Klägerin bereits damals im Berufungsverfahren ausschließlich die Aufhebung der für die WKA 3 erteilten Genehmigung erreichen wollte, hinsichtlich derer allein der Verwaltungsgerichtshof die Berufung zugelassen hatte. Denn sie hat dort angemerkt, die einer Genehmigung entgegenstehenden naturschutzfachlichen Belange beträfen auch die drei weiteren Anlagen, „die nicht Gegenstand dieses Berufungsverfahrens sind“. Dass die Klägerin im Berufungsverfahren den Bescheid vom 15. August 2014 und das verwaltungsgerichtliche Urteil nur noch insoweit angreifen wollte, als sich diese Entscheidungen auf die WKA 3 beziehen, geht mit der erforderlichen Deutlichkeit ferner aus den Ausführungen auf Seite 8 der Berufungsbegründungsschrift hervor; dort unterschied sie zwischen der „Genehmigung für die streitgegenständliche Windkraftanlage“ und den „weiteren drei Anlagen des Windparks“.
Hat die Klägerin hierdurch aber zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht, dass sie im Berufungsverfahren die Aufhebung der vorgenannten behördlichen und gerichtlichen Entscheidungen nur insofern erstrebt, als diese Hoheitsakte die WKA 3 zum Gegenstand haben, gereicht es ihr nicht zum Nachteil, wenn auf Seite 11 der Berufungsbegründungsschrift davon die Rede ist, wegen der behaupteten Anwendbarkeit des Art. 82 BayBO in der seit dem 21. November 2014 geltenden Fassung des Gesetzes vom 17. November 2014 (GVBl S. 478) entfalle „eine Genehmigung der Anlagen“. Bereits die insoweit gewählte Ausdrucksweise lässt nämlich erkennen, dass die Klägerin an dieser Stelle nicht die Frage erörtert, inwieweit der Bescheid vom 15. August 2014 als Ergebnis der Berufungsverfahrens aus ihrer Sicht „aufgehoben“ (d.h. durch ein rechtsgestaltendes Urteil beseitigt) werden muss; wenn die Klägerin von einem „Entfallen“ der Genehmigung spricht, ist das vielmehr so zu verstehen, dass als Folge der Verschiebung des maßgeblichen Beurteilungszeitpunkts, zu dem es ihrer Auffassung nach wegen des 24. Februar 2015 erlassenen Ergänzungsbescheids gekommen sei, der materiellrechtliche Genehmigungsanspruch der Beigeladenen hinsichtlich aller vier Anlagen gleichsam rückwirkend erloschen sei.
2. Die Berufung ist begründet, weil das Landratsamt die Errichtung und den Betrieb der WKA 3 genehmigt hat, ohne dass – wie dies mit Blickrichtung auf § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG geboten wäre – positiv feststeht, diese Anlage werde das Risiko für Rotmilane, an ihr tödlich zu verunglücken, nicht signifikant erhöhen (vgl. zu diesem Erfordernis für die Verwirklichung des Tatbestands der letztgenannten Vorschrift z.B. BVerwG, U.v. 12.3.2008 – 9 A 3.06 – BVerwGE 130, 299 Rn. 219 f.; U.v. 9.7.2008 – 9 A 14.07 – BVerwGE 131, 274 Rn. 90; U.v. 27.6.2013 – 4 C 1.12 – BVerwGE 147, 118 Rn. 11). Damit aber kann auch nicht davon ausgegangen werden, dem Vorhaben der Beigeladenen stünden insoweit keine Belange des Naturschutzes im Sinn von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB entgegen (vgl. zu artenschutzrechtlichen Verboten als Bestandteil der „Belange des Naturschutzes“ im Sinn dieser Bestimmung BVerwG, U.v. 27.6.2013 a.a.O. Rn. 6). Beide Umstände haben zwar nur zur Folge, dass der Bescheid vom 15. August 2014 an einem Verfahrensmangel – nämlich an einem Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (Art. 24 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG) – leidet. Er zwingt gleichwohl zur Aufhebung dieses Verwaltungsakts, da es nicht offensichtlich im Sinn von Art. 46 BayVwVfG ist, dass dieser Verstoß die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat, und sich gegenwärtig nicht mehr aufklären lässt, ob die Genehmigung im Ergebnis zu Recht erteilt wurde. Aus den gleichen Gründen kann auch die im Bescheid vom 15. August 2014 erfolgte Ersetzung des verweigerten Einvernehmens der Klägerin keinen Bestand haben.
2.1 Bei der Beurteilung, ob die Genehmigung für die WKA 3 zu Recht erteilt wurde, ist auf die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse bei Erlass des Bescheids vom 15. August 2014 abzustellen (vgl. zur Maßgeblichkeit dieses Zeitpunkts im Rahmen der Anfechtungsklage eines Drittbetroffenen gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung BVerwG, B.v. 11.1.1991 – 7 B 102.90 – NVwZ-RR 1991, 236). Nichts anderes gilt hinsichtlich der Frage, ob das Landratsamt das verweigerte Einvernehmen der Beigeladenen rechtmäßig ersetzt hat (BVerwG, U.v. 9.8.2016 – 4 C 5.15 – UPR 2017, 29 Rn. 14).
Der am 24. Februar 2015 erlassene Ergänzungsbescheid ändert an der Maßgeblichkeit dieses Beurteilungszeitpunkts nichts. Denn die Rechtswirkungen, die dieser Ergänzungsbescheid zeitigt, können nicht weiter reichen als sein Regelungsgehalt. Dieser aber beschränkt sich, soweit er die WKA 3 betrifft, darauf, in Bezug auf fünf Wegegrundstücke Abweichungen von den ansonsten einzuhaltenden Abstandsflächen zuzulassen. Nur dieser Rechtsfolgenausspruch muss deshalb mit dem am 24. Februar 2015 geltenden einschlägigen Recht in Einklang stehen. Anhaltspunkte dafür, dass dies nicht der Fall ist, bestehen nicht. Insbesondere ist die Klägerin im Berufungsverfahren nicht mehr auf ihr erstinstanzliches Vorbringen zurückgekommen, der Ergänzungsbescheid sei zum einen deshalb rechtswidrig, weil er kein bestimmtes (gemeint erkennbar: in Metern oder in einer Relation zur Höhe der Anlage zum Ausdruck gebrachtes) Maß benennt, um das die Tiefe der einzuhaltende Abstandsfläche verkürzt wird, und weil die zugelassene Abweichung zum anderen zur Folge habe, dass sich Benutzer des im Eigentum der Klägerin stehenden, als öffentlicher Weg gewidmeten Grundstücks Fl.Nr. 339 deswegen einer Gefährdung durch Eisfall und Eiswurf ausgesetzt sähen. Es genügt deshalb, insoweit gemäß § 130b Satz 2 VwGO auf die Ausführungen im zweiten vollständigen Absatz auf Seite 37 der Gründe des angefochtenen Urteils zu verweisen. Den dortigen Erwägungen tritt der erkennende Senat mit der Maßgabe bei, dass die Anfechtungsklage einer Gemeinde, mit der sie sich gegen die zugunsten eines Dritten zugelassene Abweichung von der ansonsten einzuhaltenden Abstandsfläche wendet, – ihre Zulässigkeit dahingestellt – jedenfalls dann unbegründet ist, wenn das gemeindliche Grundstück, an das die genehmigte Anlage wegen der zugelassenen Abweichung näher heranrücken darf als das ansonsten statthaft wäre, nicht abstandsflächenrechtlich relevant bebaubar ist (vgl. Art. 6 Abs. 2 Satz 3 BayBO). Dass auf dem im Außenbereich verlaufenden Wegegrundstück Fl.Nr. 339 eine bauliche Anlage errichtet werden kann, der ihrerseits abstandsflächenrechtliche Bedeutung zukommen könnte, hat die Klägerin weder behauptet noch sprechen dafür auch nur entfernte Anhaltspunkte.
Wird ein Verwaltungsakt später geändert oder ergänzt, so kommt es zu einer Verschiebung des maßgeblichen Beurteilungsstichtags auf den Zeitpunkt, in dem der Änderungs- bzw. Ergänzungsbescheid ergangen ist, nur dann, wenn hierin der Sache nach ein Neuerlass des ursprünglichen Verwaltungsakts liegt (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 24.8.2015 – 22 ZB 15.1802 u.a. – NVwZ-RR 2016, 91 Rn. 22). Eine derartige konkludente „Novation“ des Ausgangsbescheids (vgl. Gerhardt in Schoch/Schneider/ Bier, VwGO, Stand Mai 1997, § 113 Rn. 89) ist vor allem dann anzunehmen, wenn dem ursprünglichen Verwaltungsakt ein derart schwerwiegender Fehler anhaftete, dass er seitens des Gerichts ohne die Änderung bzw. Ergänzung vollständig hätte aufgehoben werden müssen‚ oder wenn es durch die Änderung oder Ergänzung zu einer Wesensänderung des ursprünglichen Verwaltungsakts gekommen ist (vgl. OVG RhPf, U.v. 26.10.1989 – 12 Abs. 48/89 – NVwZ 1990, 1091; Gerhardt in Schoch/Schneider/Bier a.a.O. Rn. 89). Den Wesensgehalt einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung lässt ein Bescheid, der hinsichtlich einiger öffentlicher Verkehrsflächen Abweichungen von den einzuhaltenden Abstandsflächen zulässt, in jeder Hinsicht unberührt. Da sich Abstandsflächen gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 3 BayBO u. a. dann auf andere Grundstücke erstrecken dürfen, wenn rechtlich oder tatsächlich gesichert ist, dass sie nicht überbaut werden, kann auch nicht davon gesprochen werden, der Bescheid vom 15. August 2014 hätte ohne die am 24. Februar 2015 erfolgte Ergänzung keinesfalls Bestand haben können.
2.2 Verfahrensfehlerhaft zustande gekommen ist der erstgenannte Bescheid deshalb, weil die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung, deren Ergebnisse ihren Niederschlag im Gutachten der Ö.- … … … vom 28. Oktober 2013 gefunden haben, aus mehreren Gründen keine verlässliche Tatsachengrundlage für die seitens des Landratsamts anzustellende Prognose dafür bot, ob u. a. die WKA 3 während der gesamten Dauer ihres Betriebs nicht mit einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko für Rotmilane einhergehen würde und deshalb das sich aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ergebende Verbot der Erteilung der beantragten Genehmigung nicht entgegenstand.
2.2.1 Auf die im Rahmen der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung ermittelten Fakten durfte sich das Landratsamt zum einen deshalb nicht stützen, weil das Jahr 2013 wegen der während des damaligen Frühlings herrschenden ungewöhnlich schlechten Witterungsverhältnisse nicht geeignet war, um mittels einer im Lauf dieses Jahres durchgeführten avifaunistischen Untersuchung aussagekräftige (d.h. für die gesamte voraussichtliche Nutzungsdauer der Anlage repräsentative) Erkenntnisse darüber zu gewinnen, ob es innerhalb des rechtserheblichen Umgriffs der WKA 3 zu Brutvorgängen des Rotmilans kommt.
Da es sich beim Rotmilan ausweislich der Anlage 2 zum Windkrafterlass Bayern 2011 um eine kollisionsgefährdete Vogelart handelt und im Umfeld eines bebrüteten Horstes Flüge von Tieren dieser Spezies in besonderer Häufigkeit stattfinden, bedarf es im Vorfeld der Genehmigung einer Windkraftanlage u. a. einer Vergewisserung darüber, ob innerhalb eines kreisförmigen Gebiets um den Standort der geplanten Anlage, dessen Radius die Anlage 2 zum Windkrafterlass Bayern 2011 mit 1.000 m angegeben hat, ein Brutvorkommen von Rotmilanen zu verzeichnen ist. Bejahendenfalls greift eine – allerdings widerlegliche – Vermutung dahingehend ein, dass sich Tiere dieser Art durch (die Errichtung und) den Betrieb der Windkraftanlage einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko ausgesetzt sehen würden (BayVGH, U.v. 27.5.2016 – 22 BV 15.2003 – juris Rn. 38 und Rn. 45; U.v. 27.5.2016 – 22 BV 15.1959 – juris Rn. 33).
Eine sorgfältige diesbezügliche Sachverhaltsaufklärung war im gegebenen Fall umso weniger entbehrlich, als das Gebiet, in dem das Vorhaben der Beigeladenen verwirklicht werden soll, unstrittig von Rotmilanen frequentiert wird, und weil die Ö.- … bei den von ihr eigenem Bekunden nach am 2., 5., 6. und 11. März 2013 vorgenommenen Horstkartierungen sowie bei den am 4. Juni 2013 und 12. Juli 2013 durchgeführten Überprüfungen dieser Horste innerhalb eines Gebiets mit einem Radius von 1 km um die vier von der Beigeladenen geplanten Anlagen elf für eine Nutzung durch Greifvögel oder Eulen geeignete Nester festgestellt hatte; zwei weitere derartige Nester wurden in einem Waldstück gefunden, das im Nordosten der geplanten Anlagen etwas außerhalb des 1-km-Radius liegt. Hinweise auf eine aktuelle Brutnutzung durch „relevante Greifvögel“ ergaben sich nach Darstellung der Ö.- … hierbei nicht (vgl. Seite 23 oben des saP-Gutachtens sowie – speziell bezogen auf Rotmilane – Seite 26 der gleichen Ausarbeitung).
Diese Wahrnehmungen stellten keine taugliche Grundlage für die vom Landratsamt vorzunehmende Prognose darüber dar, u. a. die WKA 3 werde während der gesamten Dauer ihres Betriebs das Risiko von Rotmilanen, an ihr tödlich zu verunglücken, nicht signifikant erhöhen, weil nach ausdrücklichem Bekunden der Regierung von Mittelfranken – höhere Naturschutzbehörde – konkret damit gerechnet werden muss, dass im Jahr 2013 Bruten von Rotmilanen witterungsbedingt aufgegeben wurden. Aus diesem Grund ermöglichen die seinerzeit durchgeführten Beobachtungen diesbezüglich keine repräsentativen, auch für meteorologisch unauffällige Jahre gültigen Aussagen.
In dem Schreiben der Regierung von Mittelfranken, das auf den Seiten 8 ff. der Klageerwiderung des Landratsamts vom 17. Februar 2015 im Wortlaut wiedergegeben wurde, hat die höhere Naturschutzbehörde zu dem Vorbringen der Klägerin, u. a. Rotmilane seien wegen des bis in den Mai 2013 hinein andauernden, ungewöhnlich nassen und kalten Wetters entweder später als üblich oder gar nicht an ihre Brutplätze zurückgekehrt, und Bruten seien oft nicht aufgenommen oder abgebrochen worden (Seite 6 f. der Klagebegründungsschrift vom 9.1.2015), wie folgt Stellung genommen:
„Die Einwendung auf Seite 7 der Klagebegründung, insbesondere Rotmilan und Schwarzmilan seien später als üblich oder gar nicht zu den Brutplätzen zurückgekehrt und hätten dann die Brut abgebrochen oder gar nicht aufgenommen, ist nur teilweise richtig. Die Rotmilane waren zwar überwiegend pünktlich zurück, kritisch war jedoch, dass der Spätwinter dann hier etwas länger dauerte und das Frühjahr nass begann, sodass tatsächlich Bruten aufgegeben wurden.“
Diese Schilderung der höheren Naturschutzbehörde ist nicht zuletzt deshalb glaubhaft, weil die Angabe, die Rotmilane seien auch im Frühjahr 2013 zumeist pünktlich aus ihren Winterquartieren zurückgekehrt, in den Unterlagen, die die Klägerin zur Stützung ihrer gegenläufigen Behauptung vorgelegt hat, eine uneingeschränkte Bestätigung findet:
Aus den Aufsätzen im Mai- (Seite 180 – 184) und im Juliheft (Seite 274 – 279) des Jahrgangs 2013 der Zeitschrift „Der Falke“, die die Klägerin in dem zwischen den gleichen Beteiligten anhängig gewesenen einstweiligen Rechtsschutzverfahren 22 CS 15.1254 vorgelegt und auf die sie sich in der Berufungsbegründung bezogen hat, geht zunächst hervor, dass das Frühjahr 2013 in der Tat eine besondere klimatische Ungunst aufwies. Zwar betraf der im März jenes Jahres zu verzeichnende, mit Schneefällen einhergehende Kälteeinbruch vor allem Nord- und Ostdeutschland („Der Falke“, Jg. 2013, S. 180 sowie S. 274). Wenn das saP-Gutachten für den 2. März 2013 hinsichtlich der Zeit ab 10.00 Uhr eine Temperatur von 1,5°C, für den 27. März 2013 hinsichtlich der Stunden von 10.00 Uhr bis 13.00 Uhr eine Temperatur von -1,5°C und für den Nachmittag des 5. April 2013 eine Temperatur von 2°C angibt, so zeigt das jedoch, dass auch der Landkreis Ansbach von dieser Gegebenheit nicht unberührt geblieben ist.
Im Mai des gleichen Jahres stellte sich sodann die Wetterlage gerade in Süddeutschland überdurchschnittlich ungünstig dar: „Während sich der Osten häufig im Zustrom wärmerer Luft befand, gehörte der Westen, beeinflusst durch Tiefdruckzentren, oft zu den kältesten Gebieten Europas. … Die Südhälfte Deutschlands war zusammen mit der Schweiz bei Tagestemperaturen von höchstens 10 Grad der ‚Kältepol‘ Europas, selbst am Nordkap wurden zeitgleich 15 Grad gemessen. Der Monat verlief weiter mit wenig Sonnenschein, dafür deutlich feuchter, ja sogar extrem nass. Zahlreiche regionale Regenrekorde wurden gebrochen und zum Monatsende folgten ‚Jahrhundertniederschläge‘. Laut DWD kamen innerhalb von vier Tagen 22,75 Billionen Liter Wasser vom Himmel, die Anfang Juni im Süden und Osten Deutschlands die Flüsse teils auf Rekordniveau anschwellen ließ und zu verheerenden Überschwemmungen entlang von Donau, Elbe oder Saale führten“ („Der Falke“, Jg. 2013, S. 274 f.).
Aus den beiden vorerwähnten Aufsätzen geht jedoch auch hervor, dass diese Unbilden der Witterung – wie von der Regierung von Mittelfranken angegeben – keine nennenswerten Auswirkungen auf das Rückkehrverhalten der Rotmilane aus den Winterquartieren nach sich zogen. In der Zeitschrift „Der Falke“ (Jg. 2013, S. 183) heißt es hierzu: „Im Gegensatz zu vielen anderen Arten zeigten sich viele Greifvogelarten, wie Rotmilan, Rohrweihe oder Fischadler erstaunlich wenig beeindruckt von Schnee und kaltem Ostwind. Bei ihnen zeigten sich kaum Unterschiede im Auftreten zwischen 2012 und 2013. Teilweise dürften Greifvögel von den vielen geschwächten Kleinvögeln und somit von der Witterung sogar profitiert haben.“ In Übereinstimmung damit wurde auf Seite 275 des gleichen Jahrgangs dieser Zeitschrift ausgeführt: „Im Gegensatz dazu scheint die unwirtliche Witterung die Greifvogelarten weniger von der Rückkehr abgeschreckt zu haben, unabhängig davon ob ihre Überwinterungsgebiete in Europa oder in Afrika liegen: Erstaunlich früh und teils sogar (deutlich) früher als 2012 kehrten Rotmilan, Schwarzmilan, Fischadler und Rohrweihe in die Brutgebiete zurück. Durch die Massen der am Weiterzug gehinderten und oft geschwächten Kleinvögel fanden sie teilweise trotz verschneiter Landschaften reichlich Nahrung.“
Deckt sich die Darstellung der höheren Naturschutzbehörde über die im Vergleich zu anderen Jahren grundsätzlich unveränderte Präsenz von Rotmilanen im Jahr 2013 in Mittelfranken aber mit den vorstehend wiedergegebenen Stimmen aus dem Schrifttum, so spricht dieser Umstand zusätzlich für die Richtigkeit der sich daran anschließenden Angabe, die das normabweichende Brutverhalten dieser Spezies im Frühjahr jenes Jahres zum Gegenstand hat. Vor diesem Hintergrund muss ernsthaft mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass die Ö.- … bei ihrer Horstsuche nur deshalb in keinem der im Umgriff des Vorhabens der Beigeladenen zahlreich vorhandenen, für eine Nutzung durch Greifvögel geeigneten Nester den Brutvorgang eines Rotmilans festgestellt hat, weil in jenem Jahr Bruten aufgegeben wurden.
Die Gefahr, dass die seinerzeitigen Untersuchungen aus diesem Grund „falsch-negative“ Ergebnisse gezeitigt haben könnten, lässt sich nicht unter Hinweis darauf entkräften, auch für den Fall eines später abgebrochenen Brutvorgangs hätten Rotmilane beim An- und Abflug zu bzw. von dem Baum beobachtet werden müssen, auf dem sich der zunächst bebrütete Horst befand.
Nach den Angaben in den vom Bayerischen Landesamt für Umwelt herausgegebenen „Arteninformationen zu saP-relevanten Arten“, auf die der Windkrafterlass Bayern 2011 eingangs des Abschnitts 9.4 mittelbar verweist (vgl. zur Bedeutung der „Arteninformationen“ unter naturschutzfachlichem Blickwinkel und ihrer Berücksichtigungsfähigkeit und -pflichtigkeit auch in verwaltungsgerichtlichen Verfahren BayVGH, U.v. 29.3.2016 – 22 B 14.1875 u. a. – BauR 2016, 1872 Rn. 84; U.v. 27.5.2016 – 22 BV 15.1959 – juris Rn. 53), umfasst die Hauptbrutzeit von Rotmilanen in Bayern das zweite und dritte Drittel des April sowie die Monate Mai und Juni; erstrecken kann sich ein Brutvorgang danach aber auch auf die Monate März und Juli. Der Brutzeit voran geht die Legeperiode, deren Schwerpunkt der gleichen Quelle zufolge in der Zeit von Anfang bis Mitte April liegt, die jedoch bereits Ende März beginnen und bis Anfang Mai dauern kann.
Flüge von Rotmilanen zu und von Nestern, in denen ein Brutvorgang begonnen, später aber wieder aufgegeben wurde, hätten im Rahmen der durchgeführten avifaunistischen Erhebungen deshalb am ehesten im zweiten und dritten Aprildrittel 2013 sowie ggf. noch im Mai, eventuell aber auch bereits im März und im ersten Aprildrittel jenes Jahres beobachtet werden können. Während dieser gesamten Zeitspanne hat die Ö.- … Beobachtungen an Ort und Stelle an neun Tagen (nämlich am 27.3., am 5., 17., 24. und 29.4. sowie am 6., 13., 20. und 30.5.2013) durchgeführt. Hiervon genügten jedoch nur zwei Beobachtungstermine – nämlich der vom 17. und der vom 24. April 2013 – zweifelsfrei den Vorgaben, die sich aus der Anlage 6 zum Windkrafterlass Bayern 2011 dafür ergeben, welche Witterungsbedingungen erfüllt sein müssen, damit aussagekräftige Informationen über das Flugverhalten von Vögeln kollisionsgefährdeter Arten gewonnen werden können.
Die Anlage 6 bestimmt insoweit verbindlich, dass während der Beobachtungszeiten „warmes Wetter“ sowie „gute Thermik-/Flugbedingungen“ herrschen „müssen“. Die sachliche Gebotenheit dieser Vorgabe leuchtet unmittelbar ein, da Flüge mit durchnässtem, nicht alsbald wieder trocknendem Gefieder gerade für große Vögel mit erhöhtem Energieverbrauch einhergehen, und nur eine gute Thermik es ihnen ermöglicht, lange Zeit ohne großen Kraftaufwand in der Luft zu kreisen. Zweifelsfrei erfüllt waren diese Anforderungen während der von Ende März bis Ende Mai 2013 durchgeführten Raumnutzungsbeobachtungen nur am 17. April 2013, da damals bereits zwischen 9.20 Uhr und 12.20 Uhr sonniges Wetter bei einer zwischen 15 und 20 °C liegenden Temperatur herrschte, sowie am Nachmittag des 24. April 2013 angesichts des damals wolkenlosen Himmels und einer Temperatur von 19 °C. Zweifelsfrei nicht berücksichtigungsfähig waren demgegenüber der 27. März 2013 wegen des seinerzeit bewölkten Himmels sowie vor allem wegen der zwischen 10.00 Uhr und 13.00 Uhr nur bei -1,5 °C liegenden Temperatur sowie der 5. April 2013, da sich die Luft selbst am Nachmittag jenes Tages nicht über 2 °C erwärmte und der Himmel bedeckt war. Gleiches gilt für den 29. April 2013, da damals Nieselregen bei 10 °C herrschte, und den 13. Mai 2013, da sich angesichts der damals zwischen 15.30 Uhr und 18.30 Uhr zu verzeichnenden Temperatur von nur 9°C und des bedeckten Himmels keine die Flughäufigkeit von Rotmilanen begünstigende Thermik ausbilden konnte.
Ob an den verbleibenden drei Maitagen „erlasskonforme“ Beobachtungsbedingungen herrschten, kann auf sich beruhen. Sollte diese Frage zu bejahen sein, müsste nämlich berücksichtigt werden, dass zwei von ihnen – nämlich der 20. und der 30. Mai 2013 – so spät lagen, dass ernsthaft damit gerechnet werden muss, damals könnte eine Brut wegen des in jenem Monat überwiegend herrschenden, atypisch kalten und nassen Wetters bereits aufgegeben worden sein. Besonders häufige An- und Abflüge zu bzw. von bestimmten Bäumen, die ggf. den Schluss auf einen dort stattfindenden Brutvorgang erlaubt hätten, hätten sich damals deshalb nicht mehr mit dem erforderlichen Grad an Wahrscheinlichkeit feststellen lassen.
Die von der Regierung von Mittelfranken angestellte Erwägung, in Bezug auf einen etwa 4 km entfernten Windpark seien im Jahr 2012 Daten erhoben worden, die zusammen mit den im Jahr 2013 gewonnenen, das Vorhaben der Beigeladenen betreffenden Informationen „durchaus eine beurteilbare Datengrundlage“ geboten hätten (so die auf Seite 9 der Klageerwiderung vom 17.2.2015 wiedergegebene Stellungnahme der höheren Naturschutzbehörde), ist ungeeignet, das Erkenntnisdefizit auszugleichen, das sich aus der fehlenden Aussagekraft des Frühjahrs 2013 hinsichtlich der Nutzung der Umgebung der WKA 3 für Brutvorgänge des Rotmilans ergibt. Einer Berücksichtigung dieses Vorbringens steht vor allem entgegen, dass der Beklagte während des gesamten Rechtsstreits nie konkret dargestellt hat, welche Erkenntnisse er im Jahr 2012 in Bezug auf den seinerzeit begutachteten Windpark erlangt hat. Dunkel geblieben ist namentlich, ob damals ein Brutvorgang innerhalb des “engeren Prüfbereichs“ jenes Windparks festgestellt wurde, oder ob diese Informationen die unabhängig von einem in relevanter Nähe befindlichen, bebrüteten Horst zu würdigende Frequentierung des Gefahrenbereichs der dort geplanten (oder vorhandenen) Anlagen durch Rotmilane zum Gegenstand hatten. Nicht offengelegt wurde ferner, warum jenen Informationen – wie auch immer sie beschaffen sein mögen – Aussagekraft dafür zukommt, dass die Errichtung und der Betrieb der mehrere Kilometer entfernten WKA 3 mit keinem signifikant erhöhten Tötungsrisiko für Rotmilane einhergeht. Auch die diesbezügliche Nachfrage des Senats in der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte nicht zum Anlass genommen, um sein Vorbringen in diesem Punkt zu substantiieren.
Nichts anderes ergäbe sich, sollten sich die vorerwähnten Kenntnisse der höheren Naturschutzbehörde auf den östlich von N. bestehenden Rotmilanhorst beziehen, dessen Entfernung vom Vorhaben der Beigeladenen im Schreiben der Regierung von Mittelfranken an das Landratsamt vom 27. August 2015 allerdings mit ca. 5 km angegeben wurde. Denn der Beklagte hat auch insoweit nicht nachvollziehbar aufgezeigt, warum es die Existenz eines Brutplatzes dort ausschließt, dass Rotmilane in einem meteorologisch durchschnittlich (oder günstig) verlaufenden Frühjahr einen der Horste, die sich in beträchtlicher Zahl im näheren Umfeld des Vorhabens der Beigeladenen befinden, für Brutzwecke nutzen (bzw. sie dort ein neues Nest bauen) und das Brutpaar sowie ihr Nachwuchs deshalb u. U. durch die WKA 3 in rechtserheblicher Weise gefährdet werden.
Nur ergänzend ist vor diesem Hintergrund festzuhalten, dass nach den Vorgaben des Windkrafterlasses Bayern 2011 (Abschnitt 9.4.1, Unterabschnitt „Prüfung der Verbotstatbestände – Kollisionsgefährde Arten“) jeweils „orts- und vorhabensspezifisch entschieden werden“ muss, ob das Tötungsrisiko im Prüfbereich signifikant erhöht ist. Zu diesem Zweck muss plausibel dargelegt werden, ob es „in diesem Bereich der geplanten Anlage“ zu höheren Aufenthaltswahrscheinlichkeiten kommt oder ihr Nahbereich – z.B. bei Nahrungsflügen – signifikant häufiger überflogen wird. Die demnach erforderliche Untersuchung der Verhältnisse im näheren Umgriff des jeweils zu beurteilenden Vorhabens steht einem Rückgriff auf Feststellungen, die in Bezug auf einen 4 km entfernten Windpark getroffen werden, jedenfalls so lange entgegen, als nicht substantiiert nachgewiesen wird, dass die relevanten Gegebenheiten in einem derart hohem Ausmaß übereinstimmen, dass eine Übertragung von andernorts gewonnenen Erkenntnissen – mag sie auch nur zu dem Zweck erfolgen, Ermittlungsdefizite zu kompensieren, zu denen es wegen der Durchführung der avifaunistischen Untersuchungen in einem hinsichtlich der Brutphase nicht aussagekräftigen Jahr gekommen ist – sich ausnahmsweise innerhalb des naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraums bewegt.
Allein schon angesichts der Vielzahl der für eine Nutzung durch brütende Rotmilane geeigneten Horste, die sich im Umfeld u. a. der WKA 3 befinden, kann keinesfalls angenommen werden, es sei im Sinn von Art. 46 BayVwVfG offensichtlich, dass der unterlaufene Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (Art. 24 BayVwVfG) – er liegt darin, dass sich das Landratsamt auf die während eines nicht hinreichend aussagekräftigen Jahres getroffenen Feststellungen des Gutachters der Beigeladenen gestützt hat – die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Von einer dergestalt evident fehlenden Kausalität eines Aufklärungsmangels für das Ergebnis des Verwaltungsverfahrens könnte allenfalls dann ausgegangen werden, wenn Brutaktivitäten des Rotmilans innerhalb des rechtserheblichen Umgriffs der WKA 3 fernliegend erscheinen. Hiervon kann u. a. angesichts der Angaben des Zeugen K. indes nicht ausgegangen werden.
Er hat gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof bekundet, er habe im Laufe des Jahres 2014 einen Rotmilanhorst, der etwa 400 m von dieser Anlage entfernt gewesen sei, sowie zwei weitere Nester von Vögeln der gleichen Spezies gefunden, die eine größere Entfernung hierzu aufgewiesen hätten. Allerdings sind die Angaben dieses Zeugen nicht in einem Maße belastbar, als dass das Gericht es als feststehend ansehen dürfte, im Jahr 2014 hätten in relevanter Nähe zur WKA 3 tatsächlich Rotmilane gebrütet. Eine derartige Schlussfolgerung verbietet sich namentlich deshalb, weil der Zeuge selbst – wie er vor dem Verwaltungsgerichtshof eingeräumt hat – keine dieser Spezies angehörenden Jungvögel wahrgenommen hat, obwohl sie nach den Angaben in der den Rotmilan betreffenden „Arteninformationen zu saP-relevanten Arten“ jedenfalls am 9. August 2014, an dem der Zeuge einen der von ihm geschilderten Horstfunde getätigt habe (vgl. zu diesem von ihm zwar nicht im Rahmen seiner Zeugenaussage, wohl aber schriftlich genannten Datum Blatt 166 und Blatt 169 der Akte des Verfahrens AN 11 K 14.01507) bei einem erfolgreichen Brutvorgang bereits geschlüpft gewesen sein müssten. Nicht sicher erwiesen wird eine Brut des Rotmilans im Jahr 2014 in der näheren Umgebung der WKA 3 durch die Aussage des Zeugen K. ferner deshalb, weil die schriftlichen Angaben, die er während des Verwaltungs- und des erstinstanzlichen Gerichtsverfahrens gemacht hat, nicht uneingeschränkt konsistent sind. So wurde in dem Schreiben, das die damalige anwaltliche Bevollmächtigte dieses Zeugen am 8. Juli 2014 an das Landratsamt gerichtet hat, die Existenz eines einzelnen, von der WKA 3 ca. 1.400 m entfernten Rotmilanhorstes behauptet, der sich ausweislich der Anlagen zu diesem Schreiben am Nordrand jenes Waldstücks befunden habe, das westlich von W. und nördlich der Kreisstraße AN 58 liegt (es handelt sich um den Wald, der in den Ausarbeitungen des Parteigutachters F. der Klägerin als „Wald A“ bezeichnet wird). Nach dem als Blatt 166 in der Akte des Verfahrens AN 11 K 14.01507 befindlichen, mit dem Namen des Zeugen K. versehenen Schreiben in Verbindung mit den Eintragungen in den insoweit in Bezug genommenen Lageplan (Blatt 171 der gleichen Akte) will er demgegenüber bereits am 19. Juni 2014 in diesem Waldstück zwei Nester von Milanen gefunden habe; zum Fund eines weiteren, nur 400 m vom geplanten Windpark entfernten Horstes sei es sodann am 9. August 2014 gekommen. Hierzu in Widerspruch steht die Schilderung in der Auflistung, die sich als Blatt 169 in der Akte des Verfahrens AN 11 K 14.01507 befindet: Danach wurden am 19. Juni 2014 nur ein einziges, ca. 1.300 m entferntes Brutnest und am 9. August 2014 zwei derartige Nester in einer Distanz von ca. 450 m bzw. 1.300 m gefunden. Nicht außer Betracht bleiben darf bei der Würdigung der Angaben des Zeugen K. schließlich, dass er dem Vorhaben der Beigeladenen nicht leidenschaftslos gegenübersteht, sondern er mit gerichtlichen Rechtsbehelfen erfolglos gegen dieses Projekt vorgegangen ist, ihm nach Aktenlage ferner eine hervorgehobene Rolle innerhalb einer Gruppierung von Anwohnern zukam, die sich gegen das Vorhaben ausgesprochen haben.
All diese Umstände schließen es andererseits nicht aus, dass die Wahrnehmungen des Zeugen K. darüber, dass im Umgriff der in Aussicht genommenen Anlagenstandorte im Jahr 2014 Brutvorgänge des Rotmilans stattgefunden haben, den Tatsachen entsprechen können. Dies muss zum einen deshalb als Möglichkeit in Erwägung gezogen werden, weil sich Rotmilane anhand der auffallenden und charakteristischen Farbe ihres Gefieders sowie der typischen Kerbe im Schwanz (vgl. zu letzterem die Angabe des Vertreters der Staatlichen Vogelschutzwarte im Bayerischen Landesamt für Umwelt in der mündlichen Verhandlung) auch für Autodidakten mit einer gewissen Sicherheit in freier Wildbahn bestimmen lassen. Ein weiteres Indiz für die Richtigkeit jedenfalls eines Teils der Wahrnehmungen des Zeugen K. bildet der Umstand, dass nach den Feststellungen des von der Klägerin beauftragten Ornithologen F. im Jahr 2015 an einer Stelle, die etwas mehr als 1.000 m von der WKA 3 entfernt liegt, tatsächlich ein Rotmilan gebrütet hat. Diese Wahrnehmung, deren Richtigkeit seitens der Ö.- … ausdrücklich nicht in Zweifel gezogen wurde, da sie auf einer fachlich fundierten Untersuchung beruhe (vgl. Seite 2 Mitte der Stellungnahme dieses Sachverständigenbüros vom 11.1.2016), wurde zwar erst nach dem maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt getätigt. Fand jedoch im Jahr 2015 nachweislich eine Rotmilanbrut in der Umgebung des Vorhabens statt, so kann dies in Verbindung mit den zahlreich dort vorhandenen Greifvogelnestern als weiteres Indiz dafür herangezogen werden, dass der räumliche Umgriff u. a. der WKA 3 in Jahren mit nicht überdurchschnittlich ungünstiger Witterung als Bruthabitat für Vögel dieser Art genutzt zu werden pflegt. Die Eignung der Umgebung für diesen Zweck aber stellt einen Lebenssachverhalt dar, der auch schon im Jahr 2014 (und in den Jahren davor) bestand; es handelt sich insofern um eine bereits vor dem (und im) maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt bestehende tatsächliche Gegebenheit, die lediglich durch eine später getroffene Feststellung zusätzlich verifiziert wurde.
Das Landratsamt hätte nach alledem nicht davon absehen dürfen, auf eine Nachbesserung der im Jahr 2013 vorgenommenen, nicht hinreichend aussagekräftigen Erhebungen zu dringen. Denn belastbarer Feststellungen darüber, ob der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG der Errichtung und dem Betrieb einer Windkraftanlage entgegensteht, bedarf es immer dann, wenn „begründete Anhaltspunkte für das Vorkommen schlag- oder störungssensibler Arten“ vorliegen (so zu Recht Abschnitt 9.4.1, zweites Tiret des Windkrafterlasses Bayern 2011).
Da hier begründete Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass es in einem witterungsmäßig durchschnittlichen Jahr zu Brutvorgängen des Rotmilans auch in einem Umkreis von 1.000 m um die WKA 3 kommen kann (sie ergeben sich u. a. aus der Existenz zahlreicher geeigneter Brutplätze auch innerhalb dieses Gebiets und der Tatsache, dass es letztlich zufällig ist, ob in einem solchen Naturraum Tiere dieser Art inner- oder knapp außerhalb des 1-km-Radius um einen Anlagenstandort brüten), bedarf es keiner Entscheidung der Frage, welche Abmessungen das Gebiet, bei dem der Nachweis einer Rotmilanbrut die widerlegliche Vermutung der Unvereinbarkeit der Errichtung und des Betriebs einer Windkraftanlage mit dem sich aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ergebenden Verbot nach sich zieht, im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt aufwies. Auf sich beruhen kann namentlich, ob es bereits im August 2014 dem aktuellen, gesicherten Stand der ökologischen Wissenschaft entsprach, dass dieser „engere Prüfbereich“ mit 1.500 m anzusetzen ist, und ob gegenteilige Meinungen damals nicht mehr als vertretbar angesehen werden mussten (vgl. zu diesem Kriterium BVerwG, U.v. 21.11.2013 – 7 C 40.11 – NVwZ 2014, 524 Rn. 19).
2.2.2 Das saP-Gutachten vom 28. Oktober 2013 stellte zum anderen deshalb keine taugliche Grundlage für die vom Landratsamt vorzunehmende Prognose darüber dar, ob sich Rotmilane durch die Errichtung und vor allem durch den Betrieb der WKA 3 einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko ausgesetzt sehen würden, weil die Raumnutzungsbeobachtung, die im Vorfeld der Erstellung dieser Ausarbeitung mit dem Ziel durchgeführt wurde, die Häufigkeit sowie die näheren Modalitäten der Frequentierung des Gefahrenbereichs der geplanten Anlagen durch kollisionsgefährdete Vogelarten zu ermitteln, in mehrfacher Hinsicht nicht in Übereinstimmung mit den Vorgaben des Windkrafterlasses Bayern 2011 durchgeführt wurde, ohne dass die Abweichungen von dieser Verwaltungsvorschrift als rechtskonforme Wahrnehmung des naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraums angesehen werden können.
Wie jede andere Verwaltungsvorschrift auch, verpflichtet der Windkrafterlass Bayern 2011 die den erlassenden Behörden nachgeordneten Stellen grundsätzlich dazu, ein ihnen eingeräumtes Ermessen sowie von Rechts wegen eröffnete Beurteilungsspielräume so auszuüben, wie dies von vorgesetzter Seite festgelegt wurde. Diese prinzipielle Bindungswirkung von Verwaltungsvorschriften folgt aus dem hierarchischen Aufbau der Staatsverwaltung, die in Art. 5 Abs. 2, Art. 43 Abs. 1 und Art. 55 Nr. 2 Satz 2 der Verfassung des Freistaates Bayern (BV) positiv-rechtlichen Ausdruck gefunden hat. Die Befugnis, die Art und Weise der Wahrnehmung von Entscheidungsspielräumen zentral zu binden, die die Rechtsordnung der vollziehenden Gewalt einräumt, schließt jedenfalls dann auch das Recht ein, nachgeordneten Behörden für den Regelfall verbindlich vorzugeben, wie eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative auszuüben ist, wenn die Stelle, die eine diese Frage regelnde Verwaltungsvorschrift erlassen hat, ihrerseits über die fachliche Kompetenz verfügt, derartige Spielräume sachgerecht auszufüllen. In Ansehung der Anlage 6 zum Windkrafterlass Bayern 2011 ist dieses Erfordernis ersichtlich erfüllt, da diese Verwaltungsvorschrift u. a. vom (damaligen) Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit erlassen wurde, das nach § 9 Nr. 2 der Verordnung über die Geschäftsverteilung der Staatsregierung in der am 20. Dezember 2011 anzuwendenden Fassung der Bekanntmachung vom 5. April 2001 (BayRS 1102-2-S; GVBl S. 161), damals zuletzt geändert durch die Verordnung vom 14. Juli 2009 (GVBl S. 316), u. a. für Angelegenheiten des Naturschutzes zuständig ist und das über diesbezügliche Fachkräfte verfügt.
Nicht anders als bei sonstigen Verwaltungsvorschriften beansprucht auch die Verpflichtung der nachgeordneten Behörden, den Windkrafterlass Bayern 2011 zu beachten, keine uneingeschränkte Geltung. Die Befugnis – und ggf. sogar die Notwendigkeit -, von ihm abzuweichen, besteht dann, wenn seine Befolgung zu nicht rechtskonformen oder fachlich nicht zutreffenden Ergebnissen führen würde. Denn Verwaltungsvorschriften vermögen die umfassende Bindung der vollziehenden Gewalt an Recht und Gesetz und das diesem Grundsatz immanente Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 55 Nr. 1 BV) nicht einzuschränken. Damit sich eine Vollzugsbehörde von den in der Anlage 6 zum Windkrafterlass Bayern 2011 enthaltenen Vorgaben lösen kann, bedarf es deshalb, wie der Verwaltungsgerichtshof grundlegend bereits im Urteil vom 18. Juni 2014 (22 B 13.1358 – UPR 2015, 70 Rn. 45) festgehalten hat, eines fachlichen Grundes.
Da der grundsätzlich verpflichtende Charakter der im Windkrafterlass aufgestellten Postulate zudem einen landesweit gleichmäßigen Verwaltungsvollzug sicherstellt – er mithin die Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) gewährleistet -, er ferner der Vorhersehbarkeit und Kalkulierbarkeit staatlichen Handels und damit der Rechtssicherheit dient (vgl. zu diesen beiden Funktionen des Windkrafterlasses ebenfalls BayVGH, U.v. 18.6.2013 – 22 B 13.1358 – UPR 2015, 70 Rn. 45), muss bei einem Abweichen von den Aussagen dieser Verwaltungsvorschrift gewährleistet sein, dass an ihrer Stelle eine Vorgehensweise gewählt wird, die in gleicher Weise die Gewinnung sachrichtiger Ergebnisse erwarten lässt wie das „antizipierte Sachverständigengutachten von hoher Qualität“, das die Anlage 6 zum Windkrafterlass Bayern 2011 darstellt (siehe auch dazu BayVGH, U.v. 18.6.2013 a.a.O. Rn. 45)
2.2.2.1 Nicht in Übereinstimmung mit den Vorgaben des Windkrafterlasses Bayern 2011 stand es zunächst, dass die im Laufe des Jahres 2013 durchgeführten Raumnutzungsbeobachtungen grundsätzlich nur von einem einzigen Beobachtungspunkt aus stattfanden. Denn nach der Anlage 6 zu dieser Verwaltungsvorschrift sollten bei guter Einsehbarkeit des Geländes und kleinen Windparks wenigstens zwei Fixpunkte gewählt werden. Aufgrund der in großer Zahl bei den Verwaltungsvorgängen befindlichen Lichtbilder (vgl. u. a. Blatt 225 Rückseite, Blatt 227, Blatt 229 Rückseite und Blatt 230 der Akte „Planunterlagen II“ des Landratsamts) steht allerdings auch zur Überzeugung des Verwaltungsgerichtshofs fest, dass eine Person, die sich auf dem von West nach Ost verlaufenden Weg positioniert, an dem sich der von der Ö.- … gewählte „Hauptbeobachtungspunkt“ befand, das Areal, auf dem u. a. die WKA 3 entstehen soll, im Wesentlichen uneingeschränkt überblicken kann. Da Windparks in der Lebenswirklichkeit nicht selten eine zweistellige Zahl von Einzelanlagen umfassen, steht ferner nichts entgegen, einen Windpark, der aus nur vier vergleichsweise nahe zueinander angeordneten Anlagen bestehen soll, als „klein“ im Sinn der Anlage 6 zum Windkrafterlass Bayern 2011 einzustufen. Damit aber liegen im vorliegenden Fall exakt die Voraussetzungen vor, bei deren Erfüllung der Windkrafterlass Bayern 2011 davon ausgeht, dass die avifaunistische Raumnutzungsanalyse grundsätzlich von zwei Fixpunkten aus erfolgt.
Um hinter diesen Anforderungen zurückbleiben zu dürfen, hätte es nach dem Vorgesagten zum einen fachlicher Gesichtspunkte bedurft, die eine derartige Erleichterung zu rechtfertigen vermöchten. Solche Gründe hat der Beklagte während des gesamten Verfahrensgangs nicht benannt. Der Annahme, das zu beobachtende Gelände sei „besonders klein“, so dass eine Unterschreitung der nach der Erlasslage für den Regelfall vorgesehenen Mindestzahl von Beobachtungspunkten angängig sei, steht entgegen, dass sich bereits die Entfernung zwischen dem gewählten „Hauptbeobachtungspunkt“ und dem für den Masten der WKA 3 in Aussicht genommenen Standort auf ca. 550 m beläuft. Zu diesem Abstand kommen mindestens weitere in die Raumnutzungsanalyse einzubeziehende 468 m hinzu, da die Luftverwirbelungen, die die Rotoren von Windkraftanlagen erzeugen, erst ab dem Vierfachen des Rotordurchmessers (in einem Bereich von 30° beidseits der Hauptwindrichtung sogar erst ab dem Achtfachen des Rotordurchmessers) nicht mehr mit der Gefahr einhergehen, dass Greifvögel, die auf Luftströmungen segeln, in den hierdurch ausgelösten Sog geraten und so von den Rotoren erfasst werden (vgl. dazu Seite 30 f. der vom Vertreter der Staatlichen Vogelschutzwarte im Bayerischen Landesamt für Umwelt während der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof in Bezug genommenen Studie „Greifvögel und Windkraftanlagen: Problemanalyse und Lösungsvorschläge“). Hinzu kommt, dass sich der Beobachter nicht darauf beschränken durfte, ausschließlich in die Richtung des geplanten Standorts der WKA 3 zu blicken, sondern dass er seine Aufmerksamkeit in nicht geringerem Maß dem gleich großen Umfeld der drei weiteren Anlagen (von denen die WKA 2 fast ebenso weit vom Hauptbeobachtungspunkt entfernt errichtet werden soll wie die WKA 3) zuwenden musste. Der Annahme, die im gegebenen Fall zu bejahende gute Einsehbarkeit des Geländes von dem gewählten Hauptbeobachtungspunkt aus erlaube ein Zurückbleiben hinter den Regelanforderungen des Windkrafterlasses Bayern 2011, steht jedenfalls entgegen, dass es in einer – wie hier – durch die Flurbereinigung weitestgehend „ausgeräumten“ Landschaft (vgl. auch dazu die vorerwähnten Lichtbilder) an Orientierungspunkten fehlt, die es zuverlässig gestatten, die Stelle einer Vogelwahrnehmung dadurch genau zu lokalisieren, dass die Sichtung in Relation zu bestimmten auffallenden Punkten im Gelände gesetzt wird. Wenn der Mitarbeiter der Ö.- …, der die dem saP-Gutachten vorausgegangene Raumnutzungsanalyse durchgeführt hat, diesen Einwand in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof dadurch zu entkräften versuchte, er habe sich zu diesem Zweck an den Waldstücken orientiert, die das Vorhabens-areal umgäben, so ist das hinsichtlich der WKA 3 allenfalls insoweit nachvollziehbar, als zu diesem Zweck u. U. die im Westen, Südwesten und Süden dieser Anlage vorhandenen Waldstücke in Betracht kommen, die in den Ausarbeitungen des Ornithologen F. vom 11. September 2015 und vom 13. Oktober 2015 mit den Kennbuchstaben C, D und F versehen wurden. In dem Sektor, der sich zwischen dem Waldstück D und dem in der mündlichen Verhandlung außerdem als Orientierungsmarke genannten Kirchturm von W.- … erstreckt, fehlen – bezogen auf die WKA 3 – sowohl nach den vorerwähnten Lichtbildern als auch nach den zahlreich bei den Akten befindlichen Plänen derartige Orientierungspunkte demgegenüber zur Gänze.
Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob der Windkrafterlass Bayern 2011 durch die Wendung, unter den hier erfüllten Voraussetzungen „sollten“ wenigstens zwei Fixpunkte gewählt werden, zum Ausdruck bringen wollte, dass von dieser Vorgabe unter erleichterten Voraussetzungen abgewichen werden kann als dies bei Anforderungen der Fall ist, die sprachlich in der Gestalt strikter Postulate formuliert wurden. Denn selbst auf der Grundlage dieser Annahme sind weder Gesichtspunkte fachlicher Art erkennbar, die ein Zurückbleiben hinter den sich aus dieser Verwaltungsvorschrift ergebenden Anforderungen rechtfertigen konnten, noch bestand im konkreten Fall die Gewähr dafür, dass durch die gewählte Vorgehensweise gleich zuverlässige Ergebnisse erzielt wurden wie das bei einer Beobachtung von zwei Fixpunkten aus zu erwarten gewesen wäre. Gleichfalls auf sich beruhen kann, ob diese Forderung so zu verstehen ist, dass die Raumnutzungsbeobachtung nacheinander von zwei verschiedenen Stellen aus stattfinden muss, oder ob die Anlage 6 zum Windkrafterlass 2011 insoweit zum Ausdruck bringen will, regelmäßig bedürfe es zweier Personen, die das maßgebliche Gelände von zwei verschiedenen Orten aus gleichzeitig auf Flugbewegungen kollisionsgefährdeter Vögel hin in Augenschein nehmen (so der Vertreter der Staatlichen Vogelschutzwarte Bayern in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof). Denn auch eine synchrone Beobachtung von zwei unterschiedlichen Stellen aus hat – wie der Vertreter der Ö.- … in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof angab – zu keiner Zeit stattgefunden.
Durch die temporäre Wahl eines „Nebenbeobachtungspunkts“ wurde der Forderung nach zwei Fixpunkten – sollte sie im erstnannten Sinne zu verstehen sein – schon deshalb nicht in sachgerechter Weise entsprochen, weil sich dieser Ort an einer Stelle befand, von der aus gesehen sich die künftigen Standorte der Windkraftanlagen 1 und 4 nördlich und diejenigen der Windkraftanlagen 2 und 3 südlich des Betrachters befanden. Bei einem Blick in eine dieser Himmelsrichtungen lagen deshalb die Gefahrenbereiche jeweils zweier Anlagen außerhalb des Sichtfeldes des Beobachters. Richtete diese Person vom Nebenbeobachtungspunkt aus ihre Aufmerksamkeit nach Osten, war sie zudem nicht mehr in der Lage, zumindest den größten Teil des Gebiets zu überblicken, innerhalb dessen sich die WKA 3 zum Nachteil kollisionsgefährdeter Vogelarten auswirken konnte; eine Fokussierung auf dieses Areal ging andererseits mit einem Verlust der Möglichkeit einher, Flugbewegungen wahrzunehmen, die sich innerhalb des Gefahrenbereichs der drei anderen Anlagen abspielten. Eine solche Vorgehensweise ist augenscheinlich nicht geeignet, Ergebnisse zu zeitigen, die denjenigen gleichwertig sind, die bei Beachtung der Vorgaben der Anlage 6 zum Windkrafterlass Bayern 2011 typischerweise erzielt werden. Zwar kann der naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum auch die Art und Weise umfassen, wie der Bestand geschützter Arten zu erfassen ist (BVerwG, U.v. 21.11.2013 – NVwZ 2014, 524 Rn. 19). Hat eine vorgesetzte Behörde diesen Spielraum durch die Vorgabe einer bestimmten Erfassungsmethode jedoch in einer für nachgeordnete Stellen grundsätzlich verbindlichen Weise ausgefüllt, so steht es nicht in der Rechtsmacht dieser Stellen, hiervon in einem Ausmaß abzuweichen, das mit einer signifikanten Absenkung des von vorgesetzter Seite angestrebten qualitativen Niveaus und einer damit verbundenen spürbaren Einbuße hinsichtlich der Verlässlichkeit der Erhebungen einhergeht.
2.2.2.2 Zusätzliches Gewicht erlangt der im vorliegenden Fall von behördlicher Seite zugestandene Verzicht auf einen zweiten Beobachtungspunkt durch den Umstand, dass damit eine gravierende Verkürzung der vom Windkrafterlass Bayern 2011 geforderten Beobachtungsdauer einherging.
Die Anlage 6 zu dieser Verwaltungsvorschrift bestimmt – und zwar in Gestalt einer apodiktischen Aussage -, dass „pro Beobachtungspunkt“ 54 Stunden als Beobachtungszeit vorzusehen sind. Auch in diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob die in der gleichen Anlage aufgestellten Forderung, der zufolge die Raumnutzungsbeobachtung sogar bei gut einsehbarem Gelände und bei kleinen Windparks von wenigstens zwei Fixpunkten aus durchgeführt werden sollte, so zu verstehen ist, dass hintereinander mindestens zwei Beobachtungspunkte mit der Maßgabe bezogen werden müssen, dass die Gesamtaufenthaltsdauer des Beobachters in der Summe 108 Stunden erreicht, oder ob es genügt, dass an zwei verschiedenen Stellen im Gelände wenigstens zwei Beobachter 54 Stunden lang gleichzeitig anwesend waren. Denn im gegebenen Fall wurde weder der einen noch der anderen Auslegungsmöglichkeit Rechnung getragen. Von mehreren Personen, die untereinander in kommunikativer Verbindung stehen, synchron durchgeführte Beobachtungen begründen nach der Darstellung in der Anlage 6 zum Windkrafterlass Bayern 2011 u. a. die Erwartung, dass beobachtete Flugbewegungen präziser aufgezeichnet werden können, als das einer einzelnen Person typischerweise möglich ist; der Vertreter der Staatlichen Vogelschutzwarte im Bayerischen Landesamt für Umwelt hat in der mündlichen Verhandlung insoweit auf die Möglichkeit einer verbesserten Entfernungsabschätzung durch Kreuzpeilung hingewiesen. Die doppelte Vergünstigung, die der Beklagte der Beigeladenen und dem für sie tätig gewordenen Sachverständigenbüro dadurch zugestanden hat, dass nicht nur auf die selbst bei kleinen Windparks und gut einsehbarem Gelände im Regelfall erforderliche Durchführung der Raumnutzungsbeobachtung von zwei verschiedenen Stellen aus, sondern auch auf die Einhaltung des „108-Stunden-Kriteriums“ verzichtet wurde, bewirkt deshalb eine weitere Abschwächung der Verlässlichkeit des im vorliegenden Fall erstellten saP-Gutachtens. Eine irgendwie geartete, fachlich plausibel begründete Kompensation dieser Umstände hat vorliegend nicht stattgefunden.
Welch herausragende Bedeutung der Richtliniengeber einer Untersuchung des Flugverhaltens besonders kollisionsgefährdeter Vogelarten über eine ausreichend lange Zeitspanne hinweg beimisst, verdeutlicht im Übrigen – wie der Verwaltungsgerichtshof nachrichtlich anmerkt – der Umstand, dass die Anlage 5 zum Windenergie-Erlass Bayern vom 19. Juli 2016 (AllMBl S. 1642), der mit Wirkung ab dem 1. September 2016 an die Stelle des Windkrafterlasses Bayern 2011 getreten ist, ausdrücklich und zwingend sogar eine Mindestbeobachtungsdauer von 108 Stunden „pro Fixpunkt“ verlangt.
2.2.2.3 Vorliegend wurde jedoch selbst eine Beobachtungsdauer von 54 Stunden deutlich unterschritten.
Bereits in Abschnitt 2.2.1 der Entscheidungsgründe wurde aufgezeigt, dass von den neun Tagen, an denen die Ö.- … in den Monaten von März bis Mai 2013 Raumnutzungsbeobachtungen durchgeführt hat, jedenfalls vier – nämlich der 27. März, der 5. und 29. April sowie der 13. Mai – wegen des damals herrschenden kalten und/oder nassen Wetters keine „erlasskonformen“ Beobachtungszeiträume darstellten. Zu ergänzen ist der Kreis dieser Tage um den 25. Juni 2013, da während der damaligen Beobachtungsstunden nach der Darstellung auf Seite 20 des saP-Gutachtens Regenschauer niedergingen, sich die Temperatur nur auf 12 °C belief und der Himmel bedeckt war. Jedenfalls in der Zusammenschau dieser Faktoren kann ersichtlich keine Rede davon sein, seinerzeit habe warmes Wetter mit guten Thermik- bzw. Flugbedingungen geherrscht, wie die Anlage 6 zum Windkrafterlass Bayern 2011 dies zwingend fordert. Die Zahl der Stunden, während derer eine Raumnutzungsuntersuchung unter erlasskonformen Wetterbedingungen durchgeführt wurde, reduziert sich damit jedenfalls auf 39.
Die Einbeziehung auch regnerischer Tage und solcher mit niedrigen Temperaturen in die Raumnutzungsbeobachtung kann nicht – wie der Beklagte das in der mündlichen Verhandlung der Sache nach versucht hat – damit gerechtfertigt werden, derartige Untersuchungen dienten dazu, eine Prognose des avifaunistischen Gefährdungspotenzials der zu beurteilenden Windkraftanlage während ihrer gesamten Betriebsdauer zu ermöglichen; die Beobachtungsphase müsse deshalb – wie durch dieses Vorbringen erkennbar zum Ausdruck gebracht werden soll – die während dieser Zeit bestehenden Wetterverhältnisse, die ebenfalls nicht stets durch Wärme und gute Flugbedingungen für kollisionsgefährdete Vögel gekennzeichnet seien, widerspiegeln.
Die obersten Landesbehörden, die den Windkrafterlass Bayern 2011 herausgegeben haben, haben darin (ebenso wie überdies im Windenergie-Erlass vom 19.7.2016) besondere Beobachtungsvorgaben gewählt. Die von ihnen aufgestellte Forderung, dass die Beobachtungszeiten sich nach den Hauptaktivitätszeiten der betroffenen Arten zu richten haben und warmes Wetter sowie gute Thermik-/Flugbedingungen herrschen müssen, hat zur Folge, dass während der Untersuchungsphase Vögel kollisionsgefährdeter Arten mit gesteigerter Wahrscheinlichkeit wahrgenommen werden. Die anzustellende Prognose darüber, ob das zu beurteilende Vorhaben nicht in Widerspruch zu dem sich aus § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ergebenden Tötungsverbot steht, kann sich damit auf Anknüpfungstatsachen stützen, die keinen bloßen „Durchschnittsbefund“, sondern Gegebenheiten abbilden, die sich in gewissem Umfang bereits einem „Worst-Case-Szenario“ annähern. Einer Prognose, der eine derartige Tatsachenbasis zugrunde liegt, kommt ersichtlich ein gesteigerter Grad an Verlässlichkeit zu. Entscheiden sich oberste Landesbehörden für eine derartige Erhebungsmethode, ist hiergegen rechtlich nichts zu erinnern. Eine hiervon abweichende Praxis nachgeordneter Stellen, die es hinnimmt, dass eine der Ermittlung des Kollisionsrisikos betroffener Vogelarten dienende spezielle artenschutzrechtliche Prüfung auf Beobachtungen gestützt wird, die in nennenswerten Umfang an Tagen durchgeführt wurden, an denen witterungsbedingt nur mit verringerten Flugaktivitäten derartiger Tiere gerechnet werden musste, bietet nicht die Gewähr dafür, gleichermaßen „auf der sicheren Seite“ zu sein. Sie ist deshalb nicht vom naturschutzfachlichen Einschätzungsspielraum dieser Stellen gedeckt.
2.2.2.4 Aber auch die vorliegend erreichte Zahl von höchstens 39 berücksichtigungsfähigen Beobachtungsstunden verringert sich noch weiter, weil davon ausgegangen werden muss, dass die drei Stunden, während derer sich ein Mitarbeiter der Ö.- … am 17. April 2013 an Ort und Stelle aufgehalten hat, nicht zur Gänze der Erkundung des Auftretens und des Flugverhaltens kollisionsgefährdeter Vögel dienen konnten. Denn nach den Angaben in der Tabelle 3 des saP-Gutachtens wurde seinerzeit zwischen 9.20 Uhr und 12.20 Uhr außer einer Raumnutzungsbeobachtung zusätzlich eine Brutvogelkartierung durchgeführt. Zwar fanden auch an anderen Tagen, die der Raumnutzungsbeobachtung dienten, weitere Tätigkeiten statt. So wurden am 6. Mai 2013 und am 4. Juni 2013 ebenfalls Brutvogelkartierungen vorgenommen; am 29. April jenes Jahres fand ein gemeinsamer Ortstermin mit der unteren Naturschutzbehörde und Vertretern des Unternehmens statt, das das Vorhaben der Beigeladenen während der Projektierungs- und Genehmigungsphase betreut hat. Dem Umstand, dass es nach den Maßstäben praktischer Vernunft ausgeschlossen ist, ein und dieselbe Person könne gleichzeitig sowohl den Luftraum mit der erforderlichen Gründlichkeit auf das Auftreten kollisionsgefährdeter Vögel hin beobachten sowie deren Flugverhalten mit der gebotenen Präzision feststellen und synchron dazu in Baumkronen oder auf den Erdboden nach einem Brutvorkommen von Vögeln suchen, hat die Ö.- … … … dadurch Rechnung getragen, dass am 6. Mai 2013 und am 4. Juni 2013 die grundsätzlich dreistündige Phase der Raumnutzungsbeobachtung (vgl. die diesbezügliche Vorgabe in der Anlage 6 zum Windkrafterlass Bayern 2011) um eine weitere Stunde verlängert wurde. Hinsichtlich des 17. April 2013 verblieb es nach Aktenlage demgegenüber bei einem nur drei Stunden umfassenden Aufenthalt an Ort und Stelle. Je nachdem, in welchem Ausmaß der Mitarbeiter der Ö.- … an jenem Tag durch die Brutvogelkartierung in Anspruch genommen war, muss die vorgenannte Zahl von 39 berücksichtigungsfähigen Beobachtungsstunden deshalb weiter verringert werden. Hinsichtlich des 29. April 2013 (für diesen Tag wurde im saP-Gutachten trotz des gleichzeitig stattfindenden Ortstermins mit Vertretern der unteren Naturschutzbehörde und der G. ebenfalls eine drei Stunden dauernde Raumnutzungsbeobachtung angesetzt) bedarf es eines solchen Abzugs nicht, da dieser Tag bereits wegen des seinerzeit herrschenden nassen und kühlen Wetters unberücksichtigt bleiben muss.
2.2.2.5 Ein weiterer Mangel der Raumnutzungsbeobachtungen, die im Vorfeld des saP-Gutachtens durchgeführt wurden, ergibt sich daraus, dass sie sich in den weitaus meisten Fällen ganz oder teilweise auch auf die Stunden zwischen 12.00 Uhr und 14.00 Uhr erstreckten; lediglich am 29. April, am 13. Mai, am 16. Juni und am 12. August 2013 war dieser Zeitraum nicht eingeschlossen. Der Windkrafterlass Bayern 2011 enthielt zwar – anders als bei der Anlage 5 zum Windenergie-Erlass vom 19. Juli 2016 nunmehr der Fall ist – keine ausdrückliche Aussage dahingehend, dass diese beiden Stunden bei der Erfassung der Flugbewegungen kollisionsgefährdeter Vögel ausgeklammert werden müssen. Mittelbar ergab sich dieses Erfordernis jedoch bereits damals aus dem in der Anlage 6 zum Windkrafterlass Bayern 2011 aufgestellten Gebot, dass sich die Beobachtungszeiten nach den täglichen Hauptaktivitätszeiten der kollisionsgefährdeten Arten (speziell mit diesen Vögeln befasst sich die Anlage 6) zu richten haben. Der Vertreter der Staatlichen Vogelschutzwarte im Bayerischen Landesamt für Umwelt hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof bestätigt, diese Vögel zeigten eine erhöhte Aktivität am Vormittag bei beginnender Thermik und dann wieder in den Nachmittagsstunden; während der Mittagsphase weise ihre Flugaktivität – was in der Sitzungsniederschrift nicht festgehalten wurde – eine „Delle“ auf. Dies hätten telemetrische Untersuchungen ergeben, die zwischen 2007 und 2010 durchgeführt, allerdings erst 2014 veröffentlicht worden seien.
Da avifaunistische Erhebungen unabhängig davon in Einklang mit dem vogelkundigen Erkenntnisstand stehen müssen, ob sie bereits publiziert wurden und in die Erlasslage des jeweiligen Bundeslandes ausdrücklich Eingang gefunden haben, scheidet das saP-Gutachten auch unter diesem Blickwinkel als taugliche Grundlage für eine rechtskonforme Beurteilung der Frage aus, ob als Folge u. a. der Errichtung und des Betriebs der WKA 3 Verstöße gegen § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG zu erwarten sind. Dies gilt umso mehr, als die Studie „Greifvögel und Windkraftanlagen: Problemanalyse und Lösungsvorschläge“, auf die sich der Vertreter der Staatlichen Vogelschutzwarte in diesem Zusammenhang bezogen hat, ausweislich der Angaben auf der Seite 2 dieser Publikation bereits im Juni 2013 abgeschlossen wurde (mag ihre Veröffentlichung ggf. auch erst später erfolgt sein).
2.2.2.6 Sowohl angesichts der Vielzahl als auch der Art der Mängel, die der im vorliegenden Fall durchgeführten Raumnutzungsbeobachtung anhaften, verbietet sich die Annahme, es sei im Sinn von Art. 46 BayVwVfG offensichtlich, dass eine „erlasskonform“ durchgeführte und auch unabhängig hiervon dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand entsprechende Erhebung ebenfalls zu dem Ergebnis geführt hätte, Rotmilane sowie Vögel, die anderen kollisionsgefährdeten Arten angehören, würden den Gefahrenbereich der WKA 3 lediglich so selten frequentieren, dass sich für sie das Risiko, an dieser Anlage tödlich zu verunglücken, nicht signifikant erhöht. Vielmehr lässt es sich nicht ausschließen, dass Raumnutzungsbeobachtungen, die ausreichend lange und nur innerhalb solcher Zeiten durchgeführt worden wären, während derer eine hinreichend hohe Wahrscheinlichkeit für die Wahrnehmung solcher Tiere sprach, auch unabhängig von einem in relevanter Nähe vorhandenem Brutvorkommen eine höhere Raumnutzungsquote aufgezeigt hätten, als sie in dem von der Beigeladenen zur Verfügung gestellten saP-Gutachten genannt wird.
2.3 Erweist sich eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung deshalb als (formell) rechtswidrig, weil die Behörde den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht in der von Rechts wegen erforderlichen Weise aufgeklärt hat, so rechtfertigt dies für sich genommen die gerichtliche Aufhebung eines solchen Verwaltungsakts grundsätzlich nicht (BVerwG, U.v. 5.10.1990 – 7 C 55.89 u. a. – BVerwGE 85, 368/379). Das Gericht hat vielmehr das aufzuklären, was an tatsächlichen Feststellungen notwendig ist, um die Frage einer Verletzung materieller Rechte des Rechtsschutzsuchenden beurteilen zu können (BVerwG, U.v. 5.10.1990, a.a.O., S. 380).
Der Verwaltungsgerichtshof hat versucht, durch Einvernahme des Zeugen K. Gewissheit darüber zu gewinnen, ob vor dem 15. August 2014 innerhalb des relevanten Umgriffs um die WKA 3 ein Brutvorgang des Rotmilans stattfand. Angesichts der in Abschnitt 2.2.1 der Entscheidungsgründe dieses Urteils aufgezeigten Ambivalenz der Aussage dieses Zeugen muss zwar mit einer dahingehenden Möglichkeit gerechnet werden, ohne dass eine solche tatsächliche Gegebenheit indes zur Überzeugung des Gerichts feststünde.
Weitere Möglichkeiten, hinsichtlich der vorbezeichneten Frage heute noch zuverlässige Erkenntnisse zu gewinnen, sind dem Gericht nicht ersichtlich; auch die Beteiligten haben bezeichnenderweise keine diesbezüglichen Beweisanträge gestellt. Gleiches gilt für die Problematik, ob der Gefahrenbereich der WKA 3 vor dem 15. August 2014 durch Rotmilane oder Vögel anderer kollisionsgefährdeter Arten mit einer Häufigkeit sowie in einer Art und Weise (insbesondere was die Flughöhe anbetrifft) frequentiert wurde, angesichts derer ein Verstoß gegen das Tötungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG entweder bejaht oder verneint werden muss.
Der Annahme, hinsichtlich dieser Themen ließen sich gegenwärtig oder künftig noch zuverlässige Feststellungen – bezogen auf die Verhältnisse im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt – treffen, steht zunächst entgegen, dass sich dahingehende Maßnahmen erst im Frühjahr und Sommer 2018 durchführen ließen. Denn Erhebungen über das Flugverhalten kollisionsgefährdeter Vögel können sachgerecht nur zwischen dem Beginn der Balz bis zum Ende der Bettelflugperiode – d.h. von Mitte März bis Ende August – angestellt werden (vgl. die diesbezügliche Angabe in der Anlage 6 zum Windkrafterlass Bayern 2011). Auch Informationen darüber, ob ein Horst durch Tiere dieser Art für Brutzwecke genutzt wird, lassen sich am ehesten während dieser Zeitspanne gewinnen. Damit aber müsste ein ornithologischer Sachverständiger, den das Gericht mit der Klärung der vorbezeichneten Fragen beauftragen würde, avifaunistische Gegebenheiten rekonstruieren, die vier Jahre zurückliegen. Dies wäre nicht nur angesichts der langen inzwischen verstrichenen Zeitspanne nicht mehr mit dem erforderlichen Grad an Sicherheit möglich; zusätzlich beeinträchtigt würde die Aussagekraft künftig getroffener Feststellungen durch die Veränderungen tatsächlicher Art, die sich in dem betroffenen Gebiet inzwischen ergeben haben. Denn der Zeuge K. hat glaubhaft bekundet, dass im Laufe des Jahres 2016 in dem Bereich, in dem der Ornithologe F. im Jahr 2015 einen für Brutzwecke genutzten Rotmilanhorst vorgefunden hatte, Bäume – darunter derjenige, auf dem sich dieser Nist Platz befand – gefällt wurden. Weitere relevante Veränderungen ergäben sich, sollte die Beigeladene bis zum Tätigwerden eines vom Gericht beauftragten Sachverständigen mit der Errichtung der drei Windkraftanlagen beginnen, hinsichtlich derer die am 15. August 2014 erteilte Genehmigung bestandskräftig geworden ist, oder sollten diese Anlagen bis dahin bereits den Betrieb aufgenommen haben. Zwar meiden insbesondere Rotmilane derartige Objekte nicht. Es lässt sich jedoch nicht verhindern, dass bei Bauarbeiten für Windkraftanlagen (insbesondere wegen des Aushubs der Fundamente und wegen der Herstellung der notwendigen Zufahrten) die natürliche Beschaffenheit der Vegetation – sei es auch nur vorübergehend – beeinträchtigt wird und deshalb Nahrungsquellen für Vögel kollisionsgefährdeter Arten (zeitweilig) entfallen. Dies kann zur Folge haben, dass das betroffene Gebiet (vorübergehend) als Bruthabitat aufgegeben oder es unabhängig hiervon nicht mehr zum Zweck der Nahrungssuche angeflogen wird. Der Versuch einer auf das Jahr 2014 bezogenen Sachverhaltsaufklärung ginge deshalb mit der Gewissheit einher, erneut ein „falsch-negatives“, jedenfalls aber ein unter dem Blickwinkel der (Nicht-)Erfüllung des Verbotstatbestands nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG hochgradig angreifbares und letztlich nicht tragfähiges Ergebnis zu erzielen.
Diese Unaufklärbarkeit des Sachverhalts wirkt sich zu Lasten des Beklagten (und mittelbar zu Lasten der Beigeladenen) aus. Denn der Rechtsträger der Behörde, die einen eingreifenden Verwaltungsakt erlassen hat (er liegt hier nicht nur in der erfolgten Ersetzung des nach § 36 BauGB erforderlichen Einvernehmens der Klägerin, sondern auch wegen der insoweit berührten gemeindlichen Planungshoheit [vgl. BVerwG, U.v. 1.7.2010 – 4 C 4.08 – BVerwGE 137, 247 Rn. 32] in der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung als solcher), trägt die materielle Beweislast für das Vorliegen der Tatsachen, die nach dem einschlägigen materiellen Recht Voraussetzung für die durch den streitgegenständlichen Verwaltungsakt angeordnete Rechtsfolge sind (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 25.3.1964 – VI C 150.62 – BVerwGE 18, 168/173; U.v. 16.9.1975 – I C 44.74 – BVerwGE 49, 160/169; U.v. 27.9.1982 – 8 C 62.81 – BVerwGE 66, 168/170; U.v. 14.1.1998 – 11 C 11.96 – DVBl 1998, 339/341). Dies gilt auch, wenn über die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts zu befinden ist, der einen anderen als den Rechtsschutzsuchenden begünstigt (Höfling/Rixen in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 108 Rn. 124). Zu dem gleichen Ergebnis führt im vorliegenden Fall der Umstand, dass der Beklagte durch die von ihm unterlassene Beanstandung des von der Beigeladenen vorgelegten, methodisch in mehrfacher Hinsicht fehlerhaften saP-Gutachtens die maßgebliche Ursache für die nunmehr eingetretene Unaufklärbarkeit der Erfüllung oder Nichterfüllung des Verbotstatbestands nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG gesetzt hat.
3. Im Ergebnis keinen Bedenken begegnet die für die WKA 3 erteilte Genehmigung demgegenüber unter dem Blickwinkel des Vollzugs des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung.
Im vorliegenden Fall war nach der Nummer 1.6.3 der Anlage 1 zu diesem Gesetz eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles durchzuführen, da das Vorhaben der Beigeladenen die Errichtung und den Betrieb einer aus vier Windkraftanlagen bestehenden Windfarm zum Gegenstand hatte und sich die Gesamthöhe einer jeden dieser Anlagen auf mehr als 50 m beläuft. Diese vier Anlagen waren für Zwecke des Vollzugs des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung zusammenschauend zu betrachten, da sie ein „kumulierendes Vorhaben“ im Sinn von § 3b Abs. 2 UVPG darstellen. Sie erfüllen insbesondere das in dieser Vorschrift enthaltene Tatbestandsmerkmal des „engen Zusammenhangs“, da sich zum einen ihre Umweltauswirkungen (insbesondere in akustischer und optischer Hinsicht) überlagern und sie zum anderen funktional und wirtschaftlich aufeinander bezogen sind (vgl. zu dieser Auslegung des Begriffs des in § 3b Abs. 2 UVPG verwendeten Begriffs des „engen Zusammenhangs“ BVerwG, U.v. 18.6.2015 – 4 C 4.14 – BVerwGE 152, 219 Rn. 24 f.; U.v. 17.12.2015 – 4 C 7.14 u. a. – BVerwGE 153, 361 Rn. 18). Die Bejahung eines „funktionalen und wirtschaftlichen Bezugs“ setzt ein planvolles Vorgehen des Vorhabensträgers voraus, aufgrund dessen von einem nur zufälligen Zusammentreffen von Vorhaben derselben Art nicht mehr gesprochen werden kann (BVerwG, U.v. 17.12.2015 a.a.O. Rn. 18). Ineinander greifende betriebliche Abläufe sind hierfür zwar ausreichend, aber nicht zwingend erforderlich; es genügen Umstände, aus denen sich ein die Vorhaben koordinierendes und dem Betreiber zurechenbares Verhalten hinreichend verlässlich ableiten lässt (BVerwG, U.v. 17.12.2015 a.a.O. Rn. 18). Eine derartige Koordination liegt hier jedenfalls darin, dass die G*. … … … … … im Auftrag der Beigeladenen die Genehmigungsfähigkeit der vier geplanten Anlagen gebündelt (z.B. durch die Beibringung von, sich auf alle Anlagen gemeinsam beziehenden Gutachten, zu den Themen „Lärm“, „Schattenwurf“, „avifaunistische Auswirkungen“ etc.) vorangetrieben hat.
Nicht erfüllt sind die Voraussetzungen des § 3b UVPG demgegenüber im Verhältnis zwischen dem Vorhaben der Beigeladenen und den drei im Osten der hierfür vorgesehenen Fläche bereits vorhandenen Windkraftanlagen. Zwar überlagern sich – wie z.B. die im Genehmigungsverfahren vorgelegten „Untersuchungen zum Schallimmissionsschutz“ zeigen – die von ihnen ausgehenden Umwelteinwirkungen mit einem Teil der umweltbezogenen Folgen, die das Vorhaben der Beigeladenen hervorruft. Es fehlt jedoch an dem zusätzlich erforderlichen funktionalen und wirtschaftlichen Bezug zwischen den Bestandsanlagen und diesem Vorhaben. Denn weder greifen insoweit die betrieblichen Abläufe ineinander, noch haben die Beigeladene oder eine von ihr beauftragte Person nach Aktenlage in der Vergangenheit eine irgendwie geartete koordinierende Tätigkeit in Bezug auf die Errichtung und den Betrieb der Bestandsanlagen entfaltet; desgleichen fehlt es an Anhaltspunkten jedweder Art dafür, dass eine solche Koordination künftig stattfinden soll. Es handelt sich vielmehr um Vorhaben, die „beziehungslos und gleichsam zufällig nebeneinander“ verwirklicht werden. Dies reicht nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2015 (4 C 4.14 – BVerwGE 152, 219 Rn. 25) nicht aus, um die Rechtsfolgen des § 3b UVPG eintreten zu lassen.
Das Landratsamt ist zwar von der Notwendigkeit einer „Zusammenrechnung“ der Bestands- und der Neuanlagen im Rahmen des Vollzugs des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung ausgegangen und hat demgemäß eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles im Sinn von § 3c Satz 1 UVPG durchgeführt, wie dies auch der erkennende Senat bis zum Bekanntwerden der Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2015 (4 C 4.14 – BVerwGE 152, 219) und vom 17. Dezember 2015 (4 C 7.14 u. a. – BVerwGE 153, 361) bereits bei sich lediglich überlagernden Umweltauswirkungen von Vorhaben für geboten erachtet hat (vgl. BayVGH, B.v. vom 14.9.2015 – 22 ZB 15.1028 – juris Rn. 55; B.v. 21.9.2015 – 22 ZB 15.1095 – KommP BY 2016, 163/169; B.v. 13.10. 2015 – 22 ZB 15.1186 – juris Rn. 76). Dieser Umstand ist indes unschädlich. Denn nach § 3c Satz 1 UVPG ist bei einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalles der Frage nachzugehen, ob das Vorhaben unter Berücksichtigung aller in der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung aufgeführten Kriterien erhebliche, nach § 12 UVPG zu berücksichtigende nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Bei einer lediglich standortbezogenen Vorprüfung gilt nach § 3c Satz 2 UVPG Gleiches mit der Einschränkung, dass die Möglichkeit erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen nur mit Blickrichtung auf die in der Nummer 2 der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung aufgeführten „Schutzkriterien“ zu untersuchen ist. Den Begriff der „Schutzkriterien“ aber definiert die Nummer 2.3 der Anlage 2 zu jenem Gesetz dahingehend, dass hierunter die in den dortigen Nummern 2.3.1 bis 2.3.11 aufgeführten Gebiete bzw. Einzelobjekte zu verstehen sind. Eine durchgeführte allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls deckt deshalb eine standortbezogene Vorprüfung vollumfänglich mit ab (so bereits BayVGH, B.v. 25.8.2016 – 22 ZB 15.1334 – juris Rn. 36).
Etwaige nachteilige Auswirkungen eines Vorhabens auf besonders geschützte Tierarten im Sinn von § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG berühren, sofern sie außerhalb von Gebieten eintreten, die in der Nummer 2.3 der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (einschließlich der insoweit einschlägigen Unternummern) aufgeführt werden, kein „Schutzkriterium“ im Sinn von § 3c Satz 2 UVPG. Die vorstehend erörterte avifaunistische Problematik erforderte deshalb die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht.
Auswirkungen auf eines der in den Nummern 2.3.1 bis 2.3.11 der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung aufgeführten Schutzkriterien kann das Vorhaben der Beigeladenen lediglich wegen seines optischen Bezugs zu dem denkmalgeschützten Altstadtensemble von W.- … sowie ggf. zu dort befindlichen Einzeldenkmälern entfalten. Dieser Gesichtspunkt hat im Rahmen der durchgeführten Vorprüfung des Einzelfalles indes die gebührende Aufmerksamkeit gefunden. In dem Vermerk vom 27. März 2014, in dem das Landratsamt gemäß § 3c Satz 6 UVPG festhielt, warum eine Umweltverträglichkeitsprüfung im vorliegenden Fall aus seiner Sicht entbehrlich sei, hat es u. a. auf die Antragsunterlagen – insbesondere deren Abschnitt 7 – Bezug genommen. Dort wurde (vgl. Blatt 371 der Akte „Planunterlagen I“ des Landratsamts) ausgeführt, dass sich im näheren Bereich des Vorhabens Denkmäler und Denkmalensembles befänden; namentlich erwähnt wurde das ca. 1,9 km von der WKA 2 entfernte „landschaftsprägende Denkmal W.- …“. Dieses Denkmalensemble wurde in einem Plan dargestellt, der ebenfalls Bestandteil des Abschnitts 7 der Antragsunterlagen ist (Blatt 373 der Akte „Planunterlagen I“). Vor diesem Hintergrund und angesichts der Tatsache, dass die Klägerin die Frage, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung im Hinblick auf die Nummer 2.3.11 der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung geboten gewesen wäre, selbst zu keiner Zeit thematisiert hat, kann nicht davon gesprochen werden, die Entscheidung des Landratsamts, von einer Umweltverträglichkeitsprüfung abzusehen, stelle entgegen § 3a Satz 4 UVPG keine nachvollziehbare Ausübung des der Behörde insoweit zukommenden Einschätzungsspielraums dar.
Dies gilt namentlich angesichts der Eindrücke, die sich aus den in den Antragsunterlagen befindlichen „Visualisierungen“ (Blatt 228 – 230 der Akte „Planunterlagen II“) ergeben; sie wurden ausdrücklich auch im Hinblick auf die durch das Stadtensemble von W.- … aufgeworfenen denkmalpflegerischen Gesichtspunkte erstellt (vgl. dazu Blatt 223 der Akte „Planunterlagen II“). Im Vorblatt hierzu wurde ausgeführt, die Anlagen würden vom Ortskern von W.- … aus wegen der dortigen engen Bebauung nicht in Erscheinung treten; auch die touristischen Fotomotive würden durch das Vorhaben nicht weiter gestört. Zu sehen seien die Rotorspitzen der neuen – ebenso wie diejenigen der bereits vorhandenen – Anlagen zwar von dem Aussichtspavillon aus, der sich am Stadtweiher von W.- … befinde; ein Großteil hiervon werde jedoch durch den Baumbestand und durch Gebäude verdeckt. Auch würden sie von dieser Stelle aus deutlich niedriger als die den Ortskern prägende Bebauung erscheinen. Insgesamt sei die Sichtbarkeit auf einen schmalen, in nordwestliche Richtung verlaufenden Sektor beschränkt. Die Klägerin hat nicht behauptet, diese Darstellung sei unzutreffend oder unvertretbar; auch unabhängig hiervon sprechen dafür keine Anhaltspunkte.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Da das erstinstanzliche Urteil nur hinsichtlich einer der vier damals noch verfahrensgegenständlichen Windkraftanlagen keinen Bestand haben kann, war der Kostenausspruch des Verwaltungsgerichts nur im Umfang eines Viertels abzuändern; hinsichtlich der übrigen drei Viertel hat es bei der Nummer 2 des Tenors der angefochtenen Entscheidung sein Bewenden. Da die Beigeladene in beiden Rechtszügen Sachanträge gestellt hat, konnte sie gemäß § 154 Abs. 3 VwGO zu den Kosten des Berufungs- und, soweit über sie noch nicht rechtskräftig befunden wurde, zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens herangezogen werden. Die Kostenverteilung zwischen dem Beklagten und der Beigeladenen folgt aus § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit rechtfertigt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe im Sinn von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.


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