Baurecht

Erfolgreicher Normenkontrollantrag bzgl. Bebauungs- und Grünordnungsplan

Aktenzeichen  9 N 17.1046

Datum:
12.8.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 27361
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 47 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5
BauNVO § 1 Abs. 4 S. 1 Nr. 2, § 4, § 5, § 6, § 7, § 8, § 9

 

Leitsatz

1. Dem Tatbestandmerkmal des Gliederns von Baugebieten i.S.d. BauNVO wird nur Rechnung getragen, wenn das Baugebiet in einzelne Teilgebiete mit verschieden hohen Emissionskontingenten zerlegt wird. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Festsetzung eines eingeschränkten Gewerbegebiets ist grundsätzlich möglich und dient der Beschränkung der sonst in einem Gewerbegebiet zulässigen Arten von Nutzungen. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
3. Emissionskontingente sind keine baulichen oder technischen Vorkehrungen, weil sie nicht für sich geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen abzuwehren, sondern nur das Ziel des Immissionsschutzes festlegenund keine Aussage über die konkret zu treffenden Maßnahmen enthalten. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
4. Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, führen dann nicht zur Gesamtunwirksamkeit, wenn die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken können und die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Bebauungs- und Grünordnungsplan „Südlich der F.straße“ der Antragsgegnerin ist unwirksam.
II. Die Antragsgegnerin und der Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme ihrer außergerichtlichen Kosten, die sie jeweils selbst tragen, je zur Hälfte.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Der Normenkontrollantrag, der sich nach entsprechender Erklärung des Antragstellers ausdrücklich auf den nach ergänzendem Verfahren am 22. Februar 2019 bekannt gemachten Bebauungsplan erstreckt und über den der Senat im Einverständnis der Beteiligten nach § 101 Abs. 2 VwGO ohne weitere mündliche Verhandlung entscheidet, hat Erfolg.
I.
Der innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellte Normenkontrollantrag ist zulässig. Insbesondere ist der Antragsteller gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt.
Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann einen Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder verletzt zu werden. Ist ein Bebauungsplan Gegenstand der Normenkontrolle und der Betroffene nicht Eigentümer von Grundstücken im Plangebiet, so kann die Antragsbefugnis insbesondere aus dem subjektiven Recht auf gerechte Abwägung der eigenen Belange aus § 1 Abs. 7 BauGB folgen (BVerwG, B.v. 12.12.2018 – 4 BN 22.18 – juris Rn. 6 m.w.N.). Gleiches gilt, soweit sich ein Eigentümer innerhalb des Plangebiets nur gegen Festsetzungen wendet, die ein Nachbargrundstück betreffen (vgl. BVerwG, B.v. 20.9.2005 – 4 BN 46.05 – juris Rn. 6; BayVGH, U.v. 27.4.2010 – 1 N 08.2703 – juris Rn. 24; U.v. 16.7.2019 – 9 N 17.2391 – juris Rn. 15).
Der Antragsteller trägt danach hinreichend substantiiert Tatsachen vor, die es möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen des angefochtenen Bebauungsplans in einem subjektiven Recht verletzt wird. Mit seinen beiden im Plangebiet liegenden unbebauten Grundstücken und seinem mit einem Wohnhaus bebauten, unmittelbar an das Plangebiet angrenzenden Grundstück ist er jedenfalls im Hinblick auf mögliche planbedingte Lärmauswirkungen betroffen, die auch im Rahmen der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB als Abwägungsmaterial einzustellen sind.
Es erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, dass das Interesse des Antragstellers, von planbedingtem Gewerbe- und Verkehrslärm verschont zu bleiben, abwägungsbeachtlich war und fehlerhaft abgewogen wurde. Insoweit hat der Antragsteller konkrete Einwände gegen die von der Antragsgegnerin veranlasste Schallimmissionsprognose … erhoben und die zur Begründung der Antragsbefugnis ausreichende Möglichkeit einer nicht nur geringfügigen und auch sonst beachtlichen Veränderung der Immissionssituation zu seinen Lasten damit ausreichend dargelegt (vgl. BayVGH, U.v. 28.4.2017 – 9 N 14.404 – juris Rn. 17; vgl. auch BVerwG, B.v. 12.12.2018 – 4 BN 22/18 – juris Rn. 9 ff.).
II.
Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Der Bebauungs- und Grünordnungsplan „Südlich der F.straße“ ist ungültig und gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO für unwirksam zu erklären.
1. Nach Nr. 11 der textlichen Festsetzungen zum Bebauungsplan sind in den „einzelnen Bereichen“ des eingeschränkten Gewerbegebietes nur solche Betriebe zulässig, deren emissionswirksames, flächenhaftes Emissionsverhalten das für die betreffende „Baufläche“ angegebene zulässige flächenbezogene Emissionskontingent nicht überschreitet. Unter Hinweis auf „die Berechnungen des Büros …“ und die Orientierungswerte der DIN 18005-1 für ein Gewerbegebiet und ein allgemeines Wohngebiet wird für die „Bauflächen“ bzw. „Gewerbebereiche“ 1 und 2 jeweils ein Emissionskontingent von 62 dB(A) am Tag und 47 dB(A) in der Nacht sowie für die „Baufläche“ bzw. den „Bereich“ 3 eines von 60 dB(A) am Tag und 45 dB(A) in der Nacht festgelegt. Für die „Bereiche“ 4, 5 und 6 in Nachbarschaft zum allgemeinen Wohngebiet werden „geringere Emissionskontingente“ von 57 dB(A) tags und 42 dB(A) nachts („Bauflächen“ 4 und 5) bzw. 55 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts („Baufläche“ 6) festgelegt. Dieser Festlegung von Emissionskontingenten in Nr. 11 der textlichen Festsetzungen fehlt die erforderliche Rechtsgrundlage.
a) Nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO können für die in den §§ 4 bis 9 BauNVO bezeichneten Baugebiete im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet nach der Art der Betriebe und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften gliedern. Emissionskontingente nach der DIN 45691 sind geeignet, das Emissionsverhalten als Eigenschaft von Betrieben und Anlagen im Sinne des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO zu kennzeichnen (BVerwG, U.v. 7.12.2017 – 4 CN 7/16 – juris Rn. 8).
Vorliegend ergibt die Auslegung der planerischen Festsetzungen unter Rückgriff auf die im Textteil des Bebauungsplans unter Nr. 11 in Bezug genommene Schallimmissionsprognose …, dass im vorstehenden Sinne in den in der Planzeichnung enthaltenen Schablonen und in den textlichen Festsetzungen dazu flächenbezogene Emissionskontingente nach der DIN 45691 angegeben sind, die sich – trotz der Verwendung des Begriffs „Baufläche“ in der Planurkunde noch hinreichend bestimmt (vgl. BayVGH, U.v. 21.6.2016 – 9 N 12.218 – juris Rn. 44 ff.) – den in dieser Schallimmissionsprognose mit Flächenmaß angegebenen Gewerbeflächen 1 bis 6 als Bezugsflächen zuordnen lassen. Ohne Bezugnahme auf die Schallimmissionsprognose … wäre die Geräuschkontingentierung bereits mangels Angabe der Berechnungsmethode und -grundlagen zu unbestimmt (vgl. BayVGH, U.v. 25.10.2016 – 9 N 13.558 – juris Rn. 28 m.w.N.).
Dem Tatbestandmerkmal des Gliederns im Sinne des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Bau-NVO wird nur Rechnung getragen, wenn das Baugebiet in einzelne Teilgebiete mit verschieden hohen Emissionskontingenten zerlegt wird. Die Vorschrift ermöglicht eine räumliche Zuteilung von Emissionsrechten, nicht aber deren das gesamte Baugebiet erfassende Beschränkung. Die Voraussetzung für eine baugebietsübergreifende Gliederung nach § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO, dass neben dem emissionskontingentierten Gewerbegebiet noch (mindestens) ein Gewerbegebiet als Ergänzungsgebiet vorhanden ist, in welchem keine Emissionsbeschränkungen festgesetzt sind, gilt entsprechend für die interne Gliederung nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO (BVerwG, U.v. 7.12.2017 – 4 CN 7.16 – juris Rn. 15; vgl. auch B.v. 7.3.2019 – 4 BN 45.18 – juris Rn. 4 zur Gliederung eines Industriegebiets). Macht eine Gemeinde nur von dieser Norm Gebrauch und verzichtet auf eine baugebietsübergreifende Gliederung, muss gewährleistet bleiben, dass vom Typ her nicht erheblich belästigende Gewerbebetriebe aller Art im Gewerbegebiet ihren Standort finden können. Das bedeutet, dass es in einem nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO intern gegliederten Baugebiet ein Teilgebiet ohne Emissionsbeschränkung oder, was auf dasselbe hinausläuft, ein Teilgebiet geben muss, das mit Emissionskontingenten belegt ist, die jeden nach § 8 BauNVO zulässigen Betrieb ermöglichen. Geschuldet ist dies dem Umstand, dass auch bei Anwendung des § 1 Abs. 4 BauNVO die allgemeine Zweckbestimmung der Baugebiete zu wahren ist. Will eine Gemeinde eine oder mehrere Arten von Nutzungen aus dem gesamten Baugebiet ausschließen, steht ihr nur der Weg über § 1 Abs. 5 BauNVO zur Verfügung (BVerwG, U.v. 7.12.2017 a.a.O.; OVG NW, U.v. 11.10.2018 – 7 D 99/17.NE – juris Rn. 44 – 45; vgl. auch VGH BW, U.v. 6.6.2019 – 3 S 2350/15 – juris Rn. 91 zu einem Industriegebiet).
Die vorstehenden Anforderungen an die interne Gliederung eines Gewerbegebiets erfüllt der streitgegenständliche Bebauungsplan nicht, weil für jedes Teilgebiet im geplanten eingeschränkten Gewerbegebiet eine Emissionsbeschränkung festgelegt ist und keines der festgesetzten Emissionskontingente gewährleistet, dass sich Gewerbebetriebe aller Art – außer den hier im festgesetzten eingeschränkten Gewerbegebiet nach § 1 Abs. 5 BauNVO ausgeschlossenen Tankstellen – ansiedeln können.
aa) Die Frage, wie ein solches Emissionskontingent für die Tag- und Nachtzeit konkret beschaffen sein müsste, das jeden nach § 8 BauNVO zulässigen Gewerbebetrieb ermöglichen würde, ist bislang höchstrichterlich nicht entschieden. In Literatur und Rechtsprechung wird als Anhaltspunkt für die Bestimmung eines solchen Emissionskontingents die Regelung in Nr. 5.2.3 der DIN 18005-1 erwogen (vgl. Kuchler, jurisPR-UmwR 2018, 5 f.; OVG NW, U.v. 29.10.2018 – 10 A 1403/16 – juris Rn. 65 ff.; VGH BW, U.v. 6.6.2019 – 3 S 2350/15 – juris Rn. 94 m.w.N.). Diese sieht dann, wenn die Art der in einem ohne Emissionsbegrenzung geplanten Gewerbegebiet künftig betriebenen Anlagen nicht bekannt ist, für die Berechnung der in seiner Umgebung zu erwartenden Lärmimmissionen den Ansatz einer Flächenschallquelle mit flächenbezogenen Schallleistungspegeln von 60 dB(A) tags und nachts vor. Letztlich kann offenbleiben, ob der genannte Wert auch für die Nachtzeit die Richtschnur bilden kann. Der Senat geht jedenfalls davon aus, dass in Fällen, in denen der durchaus typische Nachtbetrieb eines nach § 8 BauNVO zulässigen Gewerbebetriebs wegen der Emissionsbeschränkungen nicht mehr möglich ist, ohne dass der Betrieb aufwändige Lärmschutzmaßnahmen ergreift, diese Voraussetzung nicht mehr erfüllt ist. So ist es hier angesichts der für die Nachtzeit im gesamten Gewerbegebiet geltenden Emissionsbeschränkungen auf maximal 47 dB(A). Würde man die Anforderung, dass auch bei einer Gliederung eines Gewerbegebietes nach Emissionskontingenten gemäß § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO gewährleistet bleiben müsse, dass sich dort nicht erheblich belästigende Gewerbebetriebe aller Art ansiedeln könnten, auf den Tagbetrieb reduzieren, liefe die Anforderung leer (vgl. OVG, U.v. 29.10.2018 a.a.O. juris Rn. 68; vgl. auch VGH BW, U.v. 6.6.2019 a.a.O. Rn. 94 zu einem Industriegebiet).
bb) Auch der Umstand, dass in dem angegriffenen Bebauungsplan ein eingeschränktes Gewerbegebiet („Ge-a“) festgesetzt wurde, führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Festsetzung eines eingeschränkten Gewerbegebiets ist grundsätzlich möglich und dient der Beschränkung der sonst in einem Gewerbegebiet zulässigen Arten von Nutzungen unter Zuhilfenahme der Regelung des § 1 Abs. 5 BauNVO (vgl. BVerwG, B.v. 15.4.1987 – 4 B 71.87 – juris Rn. 2). In diesem Rahmen unterliegt auch die Festsetzung eines eingeschränkten Gewerbegebiets, in dem die zulässige Nutzung auf gewerbliche oder handwerkliche Betriebe beschränkt wird, die das Wohnen nicht wesentlich stören, keinen rechtlichen Bedenken und entspricht seiner allgemeinen Zweckbestimmung nach noch dem Typus eines Gewerbegebiets (BVerwG, B.v. 14.4.1987 a.a.O.; B.v. 8.11.2004 – 4 BN 39.04 – juris Rn. 22). In einem solchen Fall mag auch erwägenswert sein, einen geringeren Emissionsansatz – insbesondere für die Nachtzeit – für ein festgesetztes Emissionskontingent als bei einem „normalen“ Gewerbegebiet zugrunde zu legen (vgl. OVG NW, U.v. 30.1.2018 – 2 D 102/14.NE – juris Rn. 167 ff.; Kohnen, UPR 2019, 81/86 m.w.N.).
Eine solche Beschränkung ist hier jedoch nicht erfolgt. Vielmehr sieht der angefochtene Bebauungsplan als zulässige Nutzungen für das eingeschränkte Gewerbegebiet „Gewerbebetriebe aller Art, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe“ (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO) sowie “Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude“ (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO) vor. Ausgeschlossen werden lediglich Tankstellen (§ 8 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO). Die Kategorie „Gewerbebetriebe aller Art“ umfasst dabei ihrem Wortlaut nach sämtliche gewerbliche Nutzungen, die mit Rücksicht auf das Wohnen wegen ihres Störgrades nicht mehr ohne weiteres mischgebietsverträglich sind, ohne andererseits so erheblich zu belästigen, dass sie nur in einem Industriegebiet im Sinne des § 9 BauNVO verwirklicht werden können (vgl. BVerwG, B.v. 8.11.2004 – 4 B 39.04 – juris Rn. 21). Will eine Gemeinde eine oder mehrere Arten von Nutzungen aus dem gesamten Baugebiet ausschließen, steht ihr nur der Weg über § 1 Abs. 5 BauNVO zur Verfügung, nicht der über § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO (vgl. BVerwG, U.v. 7.12.2017 – 4 CN 7.16 – juris Rn. 15).
b) Auf § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO kann die Festsetzung der Emissionskontingente ebenso wenig gestützt werden. Danach können die Festsetzungen nach Satz 1 auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden. Hierfür genügt es jedoch nicht, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses wenigstens ein festgesetztes Gewerbegebiet im Gemeindegebiet existiert, für das entweder keine Emissionskontingente oder nur solche festgesetzt sind, die die Ansiedlung eines jeden nach § 8 BauNVO zulässigen Gewerbebetriebs zulassen. Die Wirksamkeit einer gebietsübergreifenden Gliederung nach Emissionskontingenten hängt zusätzlich davon ab, dass ihr auch ein darauf gerichteter planerischer Wille der Gemeinde zugrunde liegt. Der Plangeber muss deshalb in geeigneter Weise im Bebauungsplan selbst oder in seiner Begründung dokumentieren, dass und wie er von der Ermächtigung in § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO Gebrauch gemacht hat (vgl. BVerwG, U.v. 7.12.2017 – 4 CN 7.16 – juris, Rn. 17 f.).
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Soweit die Antragsgegnerin im Zusammenhang mit dem in der Begründung zum Bebauungsplan benannten Planungsanlass und -ziel ausgeführt hat, durch Schließung der Gärtnerei des Beigeladenen freiwerdende Flächen neu ordnen und anschließend an das Gewerbegebiet nördlich der F.straße neue Gewerbeflächen ausweisen zu wollen, bzw. im Rahmen der Darstellungen zum Konzept der städtebaulichen Ordnung zum Ausdruck gebracht hat, das bestehende Gewerbegebiet im Norden durch neue Gewerbeflächen ergänzen und dadurch neue Nutzungsmöglichkeiten schaffen zu wollen, ist nicht ersichtlich, dass sie damit die bewusste Entscheidung verknüpft hätte, den unbeschränkten Gewerbeflächen nördlich der F.straße im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses und zukünftig die Funktion von Ergänzungsgebieten zuzuweisen (vgl. BVerwG, U.v. 7.12.2017 a.a.O. Rn. 17).
c) § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB scheidet als Ermächtigungsgrundlage ebenfalls aus. Emissionskontingente sind keine baulichen oder technischen Vorkehrungen im Sinne der Vorschrift, weil sie nicht für sich geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen abzuwehren, wie dies beispielsweise bei einer Lärmschutzwand oder Schallschutzfenstern der Fall ist. Sie legen nur das Ziel des Immissionsschutzes fest, enthalten aber keine Aussage über die konkret zu treffenden Maßnahmen (vgl. BVerwG, U.v. 7.12.2017 – 4 CN 7.16 – juris Rn. 19 m.w.N.).
2. Der festgestellte materielle Fehler führt zur Gesamtunwirksamkeit des Plans.
Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, führen dann nicht zur Gesamtunwirksamkeit, wenn die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB bewirken können und die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 14.9.2017 – 4 CN 6.16 – juris Rn. 29). Die Erklärung der Teilunwirksamkeit darf aber nicht zu einer Verfälschung des kommunalen Planungskonzepts beitragen. Vielmehr ist der Gemeinde im Zweifel die Möglichkeit zu einer neuen planerischen Gesamtentscheidung zu eröffnen (vgl. BVerwG, U.v. 26.3.2009 – 4 C 21.07 – juris Rn. 30. m.w.N.).
Vorliegend fehlen Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin die Satzung mit einem hier in Betracht zu ziehenden eingeschränkten Inhalt erlassen hätte. Es ist auszuschließen, dass sie ein (eingeschränktes) Gewerbegebiet ohne die darauf bezogenen Regelungen zur Lärmkontingentierung festgesetzt hätte, denn diese sind notwendiger Bestandteil der Bewältigung des planbedingten Lärmkonflikts mit der im Bebauungsplan zusätzlich geplanten und in der Umgebung bereits vorhandenen Wohnnutzung. Bei hieraus folgender Unwirksamkeit der Gewerbegebietsfestsetzung im Ganzen kann aber auch nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Antragsgegnerin den restlichen Teil des Bebauungsplans im Zweifel auch ohne die unwirksame Festsetzung eines eingeschränkten Gewerbegebiets beschlossen hätte.
Fraglich ist bereits, ob die Antragsgegnerin auch ohne die Gewerbegebietsausweisung Wohnnutzung im vorgesehenen Umfang geplant hätte. Nach der Begründung des Bebauungsplans wollte die Antragsgegnerin die Schließung der Gärtnerei des Beigeladenen zum Anlass nehmen, anschließend an das Gewerbegebiet nördlich der F.straße neue Gewerbeflächen auszuweisen (s. S. 5, 8). Zwar wurden auch mit der Wohngebietsfestsetzung eigenständige Ziele verfolgt, insbesondere soweit nach der Begründung die freiwerdenden Flächen der Gärtnerei innerhalb des Wohngebiets im Bebauungsplan „L.“ durch Wohnbebauung ersetzt und entsprechend überplant werden sollten. Die darüber hinaus vorgesehene Wohnbebauung sollte aber im Prinzip dem Lückenschluss zum Gewerbegebiet dienen, indem die freiwerdenden Flächen „im angrenzenden Bereich der Wohnbebauung nach Norden ergänzt werden“ (s. Begründung S. 5). Es kommt hinzu, dass der Standort für Wohnbebauung im Hinblick auf die vorhandenen Verkehrslärmbelastungen durch die umgebenden Straßen (A 45 und F.straße im Norden, St 2443 im Westen, L.straße im Osten) und die Bahnstrecke Frankfurt-Hanau im Süden ohnehin problematisch erscheint. Nach der Schallimmissionsprognose … ergibt sich für die untersuchten Immissionsorte eine durch bestehenden Verkehrslärm verursachte Überschreitung des nächtlichen Orientierungswertes der DIN 18005-1 für ein allgemeines Wohngebiet von 45 dB(A) um bis zu 8 dB(A) sowie entsprechend eine Überschreitung des nächtlichen Immissionsgrenzwertes der 16. BImSchV für ein allgemeines Wohngebiet von 49 dB(A), sodass eine Bewältigung dieser Lärmproblematik nur durch eine Festsetzung von Maßnahmen passiven Schallschutzes erreicht werden konnte.
Abgesehen davon kann aber auch nicht davon ausgegangen werden, dass die festgesetzten Maßnahmen zur Grünordnung bei Hinwegdenken der gewerblichen Festsetzungen nicht anders ausgestaltet worden wären. Der Grünstreifen zwischen Gewerbegebiet und allgemeinem Wohngebiet sollte ebenso wie die Lärmkontingentierung der Konfliktbewältigung bzw. der Wahrung des Trennungsgebots (vgl. § 50 BImSchG) dienen. Er wäre ohne Gewerbegebiet aller Wahrscheinlichkeit nach nicht geplant worden. Ebenso wurden das Entwässerungssystem und die Ausgleichsflächen, die den trennenden Grünstreifen einbeziehen, an die Dimensionen sowie Bedürfnisse der Gesamtplanung angepasst. Selbst der Verlauf der inneren Erschließungsstraßen im Wohngebiet dürfte auf diese abgestimmt sein.
3. Auf die weiteren Einwendungen der Antragsteller gegen die Gültigkeit des Bebauungs- und Grünordnungsplans kommt es daher nicht mehr entscheidungserheblich an. Im Hinblick auf die in der mündlichen Verhandlung erörterten Fragen und zukünftige Verfahrensschritte hält es der Senat aber für sachgerecht, auf einige Punkte noch ergänzend hinzuweisen.
a) Nach Durchführung eines ergänzenden Verfahrens und erneuter ggf. rückwirkender Bekanntmachung ist nunmehr in der Bebauungsplanurkunde – wenn auch unter der Überschrift „Verfahrensvermerke“ nicht an naheliegender und deshalb im Hinblick auf das Informationsbedürfnis eines Betroffenen eher ungünstiger Stelle – ein Hinweis auf den Auffindeort der im Bebauungsplan in Bezug genommenen nicht öffentlichen DIN-Vorschriften 45691 und 18005-1 enthalten. Die Antragsgegnerin wird damit bezüglich dieser DIN-Normen der Anforderung gerecht, dass der Plangeber bei Verweis in den textlichen Festsetzungen eines Bebauungsplans auf eine nicht öffentlich zugängliche DIN-Vorschrift, aus der sich ergibt, unter welchen Voraussetzungen ein Vorhaben planungsrechtlich zulässig ist, sicherzustellen hat, dass die Planbetroffenen sich auch vom Inhalt der DIN-Vorschrift verlässlich und in zumutbarer Weise Kenntnis verschaffen können. Dem genügt die Gemeinde, wenn sie – wie hier – die in Bezug genommene DIN-Vorschrift bei der Verwaltungsstelle, bei der auch der Bebauungsplan eingesehen werden kann, zur Einsicht bereithält und hierauf in der Bebauungsplanurkunde hinweist (BVerwG, B.v. 18.8.2016 – 4 BN 24/16 – juris Rn. 7 m.w.N.; BayVGH, B.v. 4.11.2015 – 9 NE 15.2024 – juris Rn. 6 f. m.w.N). Der entsprechende Hinweis ist hier auch hinsichtlich der im Bebauungsplan nicht ausdrücklich benannten DIN 45691 erforderlich, weil auf sie in Nr. 11 der textlichen Festsetzungen unter Hinweis auf die Schallimmissionsprognose … und die Begründung des Bebauungsplans Bezug genommen wird.
Im Hinblick auf die ebenfalls in Bezug genommene DIN 4109 „Schallschutz im Hochbau“, die nach Nr. 11 der textlichen Festsetzungen hinsichtlich der Schalldämmmaße der Außenbauteile einzuhalten ist, und die hierzu als Alternative benannte VDI 2719 erfolgt dagegen kein Hinweis darauf, wie ein Betroffener auch von diesen Vorschriften verlässlich und in zumutbarer Weise Kenntnis erlangen kann. Die DIN 4109-1: 2016-07 ist zwar durch das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr am 1. Oktober 2018 gemäß Art. 81a Abs. 1 Satz 1 BayBO als technische Baubestimmung eingeführt worden (s. AllMBl Nr. 12/2018, S. 577). Sie wurde hierbei aber nicht abgedruckt, sondern es wurde auf eine (kostenpflichtige) Bezugsquelle hingewiesen (vgl. OVG Lüneburg, U.v. 4.12.2014 – 1 KN 106/12 – juris Rn. 39; vgl. auch HessVGH, U.v. 18.5.2017 – 4 C 2399/15.N – juris Rn. 50; vgl. zur Vorgängerversion der DIN 4109: BayVGH, U.v. 25.10.2016 – 9 N 13.558 – juris Rn. 30). Hieraus könnte deshalb ggf. ein Bekanntmachungsmangel des Bebauungsplans resultieren.
b) In Bezug auf die festgesetzten Emissionskontingente für die im Bebauungs- und Grünordnungsplan ausgewiesenen Gewerbeflächen könnte – abgesehen von der fehlenden Rechtsgrundlage – zusätzlich fraglich sein, ob bei ihrer Ermittlung den bestehenden Lärmvorbelastungen durch die Gewerbegebiete im Bebauungsplan „Nördlich der F.straße“ in ausreichender Weise Rechnung getragen wurde (vgl. § 2 Abs. 3 BauGB).
Nach der Schallimmissionsprognose … wurde für die Berechnung der Emissionskontingente weder die „vorhandene Vorbelastung“ durch die bereits bestehenden Betriebe und Anlagen im Bereich des angrenzenden Bebauungsplans „Nördlich der F.straße“, der keine Emissionsbeschränkungen enthält, noch die „planerische Vorbelastung“ durch die dort noch nicht bestehenden Betriebe und Anlagen ermittelt (vgl. aber Nr. 3.4, 4.2 DIN 45691). Stattdessen wurden die „Emissionen der beiden (dortigen) Gewerbeflächen GE1 und GE2“ so festgelegt, „dass diese an den maßgeblichen Immissionsorten im angrenzenden allgemeinen Wohngebiet (WA) die Orientierungswerte (der DIN 18005-1) einhalten“ (Schallimmissionsprognose … S. 6). Dabei wurde am nächstgelegenen Wohngebäude von einer vollständigen Ausschöpfung der Orientierungswerte durch die bestehenden Gewerbe ausgegangen und „dort“ in Anlehnung an die TA Lärm für die neuen Flächen eine Unterschreitung des Orientierungswertes um 6 db(A) angestrebt (Schallimmissionsprognose … S. 5).
Die Ermittlung der in diesem Sinn zu verstehenden Vorbelastung ist somit in entsprechender Anwendung von Nr. 3.2.1 Abs. 2 der TA Lärm unterblieben. Auch wenn die entsprechende Heranziehung dieser Regelung auch im Rahmen der Lärmkontingentierung nach der DIN 45691 nicht grundsätzlich auf Bedenken stoßen dürfte (vgl. VGH BW, U.v. 6.6.2019 – 3 S 2350/15 – juris Rn. 68 ff.), ist hier jedenfalls fraglich, ob der Verzicht auf die Ermittlung der Vorbelastung nicht erfordert hätte, dass der vom Bebauungsplan ausgehende Immissionswertanteil an allen vier gewählten Immissionsorten um 6 dB(A) hinter den Immissionsrichtwerten der TA Lärm bzw. der Orientierungswerte der DIN 18005-1 (55/40 dB(A) tags/nachts für Gewerbelärm) für ein allgemeines Wohngebiet zurückbleibt (vgl. BVerwG, B.v. 12.12.2018 – 4 BN 22/18 – juris Rn. 9; VGH BW, U.v. 21.4.2015 – 3 S 2094/13 – juris Rn. 79). Dies ist bei den Immissionsorten 3 und 4 mit 53/38 dB(A) bzw. 54/39 dB(A) (tags/nachts) im Gegensatz zu den näher an der F.straße liegenden Immissionsorten 1 und 2 aber nicht der Fall (s. Schallimmissionsprognose …, Tabelle S. 7).
Nach Nr. 3.2.1 Abs. 2 der TA Lärm darf die Genehmigung für die zu beurteilende Anlage auch bei einer Überschreitung der Immissionsrichtwerte aufgrund der Vorbelastung aus Gründen des Lärmschutzes nicht versagt werden, wenn der von der Anlage verursachte Immissionsbeitrag im Hinblick auf den Gesetzeszweck als nicht relevant anzusehen ist. Hiervon ist in der Regel auszugehen, wenn die von der zu beurteilenden Anlage ausgehende Zusatzbelastung die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 der TA Lärm am maßgeblichen Immissionsort um mindestens 6 dB(A) unterschreitet. Eine Ermittlung der Vorbelastung ist unter dieser Bedingung entbehrlich. Hintergrund dieser Regelung ist der Umstand, dass die energetische Addition zweier Schallpegel, die sich um 6 dB(A) unterscheiden, einen Summenschallpegel ergibt, der um 1 dB(A) über dem größeren der beiden Schallpegel liegt. Änderungen des Schalldruckpegels bis zu etwa 1 dB(A) werden vom menschlichen Gehör im Allgemeinen subjektiv nicht wahrgenommen, soweit sich der Geräuschcharakter dabei nicht signifikant ändert (vgl. VGH BW, U.v. 6.6.2019 – 3 S 2350/15 – juris Rn. 70). Nr. 3.2.1 Abs. 2 TA Lärm markiert somit eine Irrelevanzschwelle, die hier jedoch an den Immissionsorten 3 und 4 überschritten wird.
c) Im Hinblick auf die Lärmbelastung durch die Erschließungsstraßen für das eingeschränkte Gewerbegebiet und das Wohngebiet könnte ein im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB beachtlicher Ermittlungs- und Bewertungsmangel im Hinblick auf die sich aus § 2 Abs. 3 BauGB ergebenden Pflichten der Antragsgegnerin vorgelegen haben.
Auch für Verkehrslärm gilt, dass Lärmschutzbelange grundsätzlich dann in die Abwägung einzubeziehen sind, wenn die Lärmbelastung infolge des Bebauungsplans ansteigt (vgl. BayVGH, U.v. 27.4.2016 – 9 N 13.1408 – juris Rn. 21; U.v. 24.11.2017 – 15 N 16.2158 – juris Rn. 24 m.w.N.). Nur wenn der Lärmzuwachs völlig geringfügig ist oder sich nur unwesentlich auf ein Grundstück auswirkt, muss er nicht in die Abwägung eingestellt werden, wobei die Schwelle der Abwägungsrelevanz bei Verkehrslärmerhöhungen sich nicht allein durch einen Vergleich von Lärmmesswerten bestimmen lässt und auch ein errechneter Dauerschallpegel, der für das menschliche Ohr kaum wahrnehmbar ist, zum Abwägungsmaterial gehören kann (vgl. BayVGH, B.v. 26.3.2014 – 9 NE 13.2213 – juris Rn. 13 m.w.N.). Es bedarf vielmehr stets einer einzelfallbezogenen, wertenden Betrachtung der konkreten Verhältnisse unter Berücksichtigung der Vorbelastung sowie der Schutzwürdigkeit des jeweiligen Gebiets (vgl. BVerwG, B.v. 12.1.2015 – 4 BN 18.14 – juris Rn. 23).
Der Aufwand, der zur Ermittlung möglicher Lärmbelastungen erforderlich ist, bestimmt sich dabei ebenfalls nach der Lage des einzelnen Falles. Ob Belange außer Betracht bleiben dürfen, die durch die Planungsentscheidung nicht mehr als geringfügig betroffen werden, ist eine Frage rechtlicher Wertung, die nur auf der Grundlage von tatsächlichen Erkenntnissen getroffen werden kann. Die planende Gemeinde muss zwar nicht stets umfangreiche gutachterliche Ermittlungen anstellen (lassen), um die konkrete Größenordnung der planbedingten Lärmauswirkungen exakt zu bestimmen. Dies gilt insbesondere dann, wenn schon eine grobe Abschätzung eindeutig erkennen lässt, dass wegen des ersichtlich geringen Ausmaßes zusätzlicher planbedingter Verkehrsbewegungen beachtliche nachteilige Lärmbeeinträchtigungen offensichtlich ausscheiden. Allerdings muss die Datenbasis hinreichend aussagekräftig sein, um die konkrete Planungssituation abwägungsgerecht beurteilen und entstehende Konflikte umfassend in ihrer Tragweite erkennen zu können. Nur dann ist der Satzungsgeber zu einer sachgerechten eigenen Problembewältigung im Rahmen der Abwägung in der Lage (BayVGH, U.v. 27.4.2016 – 9 N 13.1408 – juris Rn. 23 f.).
Hier wurden im Planaufstellungsverfahren zu dem von den Erschließungsstraßen im Plangebiet ausgehenden Verkehrslärm keine Daten ermittelt und für den beschließenden Gemeinderat bereitgestellt, obwohl es zumindest im Hinblick auf die Unsicherheiten bezüglich der für das Gewerbegebiet anzusetzenden Verkehrsbewegungen und auch wegen des Umstandes, dass hier gleich mehrere Erschließungswege in Bezug auf ihre Lärmauswirkungen für das bestehende und das geplante neue Wohngebiet zu betrachten waren, nicht auf der Hand gelegen haben dürfte, dass es trotz der erheblichen Verkehrslärmvorbelastung durch die umgebenden Straßen (A 45, St 2443, F.straße, L.straße) und die im Süden verlaufende Bahnstrecke zu keinen abwägungsrelevanten Lärmzuwächsen kommt. Es spricht daher einiges dafür, dass eine sachverständige Abschätzung des Ausmaßes planbedingter Verkehrsbewegungen auf den Erschließungsstraßen im Plangebiet und eine darauf basierende Verkehrslärmprognose sowie auch eine Betrachtung der zu erwartenden Gesamtverkehrslärmbelastung notwendig gewesen wäre (vgl. BayVGH, U.v. 24.11.2017 – 15 N 16.2158 – juris Rn. 25).
Das Fehlen der Abwägungsrelevanz einer ggf. zu prognostizierenden Lärmzunahme bzw. der Entscheidungserheblichkeit eines betreffenden Ermittlungs- und Bewertungsmangels dürfte sich im Übrigen auch nicht ohne weiteres aus dem Inhalt des im Verfahren 9 NE 18.1700 von der Antragsgegnerin vorgelegten Schreibens des Ingenieurbüros … vom 16. April 2019 ergeben. Nach der darin vorgenommenen Prognose des Verkehrsaufkommens für die Erschließungsstraße im Gewerbegebiet und der daran anknüpfenden Ermittlung der Verkehrsimmissionen, ergibt sich zwar am Wohngrundstück des Antragstellers durch die Erschließungsstraße im eingeschränkten Gewerbegebiet ein Beurteilungspegel von 43,5 dB(A) tags und 41,9 dB(A) nachts, der sich sogar unterhalb der (strengeren) Orientierungswerte nach der DIN 18005-1 (WA 55/45 dB(A) tags/nachts) bewegt. Nach den weiteren Betrachtungen des Büros … wird allerdings unter Einbeziehung der Erschließung des geplanten Wohngebiets über den F.weg und der Lärmvorbelastung durch den Verkehr außerhalb des Plangebiets ein Summenpegel von tags 56,3 dB(A) und nachts 51,1 dB(A) am Wohngrundstück des Antragstellers ermittelt, was einem planbedingten Lärmzuwachs um 1,0 dB(A) tags und 0,7 dB(A) nachts entspricht. Diese Lärmzunahmen mögen für den Antragsteller im Vergleich mit der Verkehrslärmvorbelastung an seinem Wohngrundstück nicht hörbar sein; sie führen jedoch zu einer gewissen Verschärfung der durch die Überschreitung des nächtlichen Immissionsgrenzwertes des § 2 der 16. BImSchV für ein allgemeines Wohngebiet von 49 db(A) und der Orientierungswerte der DIN 18005-1 ohnehin schon bestehenden Konfliktsituation und könnten deshalb im Rahmen der Abwägung von Bedeutung sein. Zwar hat der Antragsteller keinen Anspruch auf Lärmsanierung im Zuge einer Bauleitplanung, die sein Grundstück überhaupt nicht umfasst (vgl. BVerwG, B.v. 6.3.2013 – 4 BN 39/12 – juris Rn. 6); der Grundsatz, dass ein städtebaulicher Missstand nicht auch für die Zukunft festgeschrieben werden soll, muss allerdings in die Abwägung eingehen (vgl. BVerwG, B.v. 18.12.1990 – 4 N 6/88 – juris Rn. 22; BayVGH, U.v. 8.2.2008 – 2 N 06.244 – juris Rn. 22).
Vergleichbares gilt für die im Plangebiet vorgesehene Wohnbebauung, auf die im Schreiben des Ingenieurbüros … vom 16. April 2019 nicht näher eingegangen wird. Auch für diese kann aufgrund der Feststellungen zum Wohngrundstück des Antragstellers und im Hinblick darauf, dass bereits die isolierte Betrachtung der Verkehrslärmvorbelastung in der Schallimmissionsprognose … eine Überschreitung der Orientierungswerte der DIN 18005-1 für ein allgemeines Wohngebiet um bis zu 3 db(A) tags und 8 dB(A) nachts ergab, eine bei einer Gesamtbetrachtung des Verkehrslärms noch höherere Überschreitung nicht ausgeschlossen werden. Je weiter die Orientierungswerte der DIN 18005-1 überschritten werden, desto gewichtiger müssen aber die für die Planung sprechenden städtebaulichen Gründe sein, und desto mehr hat die Gemeinde die baulichen und technischen Möglichkeiten auszuschöpfen, die ihr zu Gebote stehen, um diese Auswirkungen zu verhindern (vgl. BVerwG, U.v. 22.5.2007 – 4 CN 2.06 – juris Rn. 15; BayVGH, U.v. 27.4.2016 – 9 N 13.1408 – juris Rn. 45). Vorliegend hätte es aufgrund der Einwendungen des Antragstellers zur Lage der Erschließungsstraße im Gewerbegebiet und zur Sinnhaftigkeit eines Lärmschutzwalls auch ganz konkreten Anlass für die Antragsgegnerin geben können, sich mit Maßnahmen zur Reduzierung einer nicht auszuschließenden planbedingten Verkehrslärmzunahme zu befassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).
Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO hat die Antragsgegnerin die Nr. I der Entscheidungsformel nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils in derselben Weise zu veröffentlichen, wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre.


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