Baurecht

Ermessensfehlerhafte Versagung der Baugenehmigung für den Dachgeschossumbau eines ensemblegeschützten Hauses

Aktenzeichen  M 9 K 15.1989

Datum:
13.7.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
DSchG Art. 1 Abs. 1, Abs. 3, Art. 6 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1, Abs. 3
BayBO BayBO Art. 55 Abs. 1, Art. 59 S. 1 Nr. 3, 68 Abs. 1 S. 1
BayVwVfG BayVwVfG Art. 40
VwGO VwGO § 114
GG GG Art. 20 Abs. 3

 

Leitsatz

1. Die Gerichte sind an die fachliche Beurteilung des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege rechtlich nicht gebunden. Die Gerichte haben deren Aussage- und Überzeugungskraft nachvollziehend zu überprüfen und sich aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens eine eigene Überzeugung zu bilden. Hierbei kommt den fachlichen Einschätzungen des Landesamts aber ein erhebliches Gewicht zu. (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Merkmal der gewichtigen Gründe des Denkmalschutzes ist ein der uneingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegender unbestimmter Rechtsbegriff auf Tatbestandsseite. (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Denkmaleigenschaft indiziert das Vorliegen gewichtiger Gründe für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands. Das bedeutet, dass bei Baudenkmälern im Regelfall von einem Erhaltungsinteresse auszugehen ist. Ensembles und Einzelbaudenkmäler sind in ihrem Schutzanspruch gleichzustellen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Bescheid des Landratsamtes Miesbach vom … April 2015 wird aufgehoben.
Der Beklagte wird verpflichtet, den Antrag des Klägers vom … Dezember 2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Die Kosten des Verfahrens haben der Kläger zu 1/3, der Beklagte zu 2/3 zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage hat nur zum Teil Erfolg.
Der Hauptantrag ist unbegründet, da dem Kläger ein gebundener Anspruch auf die beantragte Baugenehmigung nicht zusteht, weswegen keine Verpflichtung des Beklagten auszusprechen war, diese zu erteilen, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Hilfsantrag ist begründet, da der Kläger einen Anspruch auf erneute Bescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hat, weil das Landratsamt bei der Entscheidung über den Bauantrag das ihm eröffnete Ermessen nicht fehlerfrei ausgeübt hat, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO.
Einem auf Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO i. V. m. Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO beruhenden Anspruch auf die für das Vorhaben erforderliche (1.) Baugenehmigung stehen gewichtige Gründe des Denkmalschutzes nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG entgegen (2.). Der Anspruch auf erneute Bescheidung ergibt sich daraus, dass die Ablehnungsentscheidung des Beklagten ermessensfehlerhaft war (3.).
1. Das Vorhaben ist baugenehmigungspflichtig nach Art. 55 Abs. 1 BayBO, da der Einbau der Quergiebel eine bauliche Anlage ändert. Einer zusätzlichen denkmalschutzrechtlichen Genehmigung bedarf es nicht, da die beantragte Baugenehmigung diese ersetzt, Art. 6 Abs. 3 DSchG (VG München, U. v. 27.6.2012 – M 9 K 11.5262 – juris Rn. 13). Denkmalschutzrechtliche Vorschriften sind Bestandteil des Prüfprogramms nach Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO (BayVGH, U. v. 22.4.2016 – 1 B 12.2353 – juris Rn. 16).
2. Die Erlaubnis war nach dem zu prüfenden Art. 6 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Nr. 1 DSchG zu versagen, da gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen.
a) Eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis wäre vorliegend nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DSchG erforderlich. Wie aus der Stellungnahme des BayLfD vom … August 2015 hervorgeht, liegt das Vorhabengrundstück im Bereich des Ensembles …, das sich u. a. durch eine spezifische Dachlandschaft auszeichnet. Zwar sind die Gerichte rechtlich nicht an die fachliche Beurteilung des BayLfD gebunden; sie haben deren Aussage- und Überzeugungskraft nachvollziehend zu überprüfen und sich aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens eine eigene Überzeugung zu bilden. Hierbei kommt den fachlichen Einschätzungen des BayLfD aber ein erhebliches tatsächliches Gewicht zu (BayVGH, U. v. 18.7.2013 – 22 B 12.1741 – juris Rn. 27), weshalb aufseiten der Behörde de facto eine Einschätzungsprärogative besteht (Eberl u. a., BayDSchG, Stand 7. Auflage 2016, Art. 6 Rn. 43). Das Gericht sieht vorliegend keinen Anlass dazu, an der fachlichen Einschätzung des BayLfD zu zweifeln. Anhaltspunkte, die seine Bewertung erschüttern und dazu führen würden, dass die Ensembleeigenschaft im Bereich des …-platzes und darüber hinaus entfallen sein könnte, waren vorliegend weder nach Aktenlage noch im Augenschein ersichtlich. Mit dem Umbau des Hauses auf FlNr. … würde ein Baudenkmal, worunter nach Art. 1 Abs. 3 DSchG auch Ensembles fallen, verändert, da nicht nur ein Innenumbau vorgesehen ist, sondern auch der Einbau von zwei Quergiebeln.
b) Eine in diesem Zusammenhang vom Bevollmächtigten des Klägers vorgetragene Verfassungswidrigkeit von Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG im Hinblick auf den Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes, Art. 20 Abs. 3 GG, ist nicht erkennbar. Nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG bedarf derjenige, der ein Ensemble verändern will, der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis nur, wenn die Veränderung eine bauliche Anlage betrifft, die für sich genommen ein Baudenkmal ist, oder wenn sie sich auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken kann. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG stellt damit bereits dem Wortlaut nach nur eine Erleichterung für den Bauherren insofern dar, als reine Innenumbauten in einem Gebäude, das kein Einzeldenkmal ist und das zugleich in einem Ensemble nach Art. 1 Abs. 3 DSchG liegt, von der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnispflicht nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DSchG ausgenommen werden (BayVGH, U. v. 3.1.2008 – 2 BV 07.760 – juris). Reine Innenumbauten können sich auf das Erscheinungsbild eines Ensembles als Mehrheit von baulichen Anlagen bzw. als erhaltenswürdiges Orts-, Platz- oder Straßenbild nicht auswirken. Die Tatbestände aber, die die Erlaubnispflicht begründen, ergeben sich demgegenüber einheitlich sowohl für Ensembles als auch für Einzeldenkmäler – diese fallen beide unter den Oberbegriff des Baudenkmals, vgl. Art. 1 Abs. 2 und Abs. 3 DSchG – aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 DSchG, die sich mit genehmigungspflichtigen Maßnahmen an Baudenkmälern beschäftigen. Weiter dient Art. 6 Abs. 1 Satz 3 DSchG weder generell dazu, die Versagung einer Erlaubnis zu legitimieren noch hat das Landratsamt vorliegend seinen Ablehnungsbescheid auf diese Vorschrift gestützt. Der Bescheid stellt klar, dass die Ablehnung des Antrags darauf beruht, dass nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO zu prüfende Vorschriften dem Vorhaben entgegenstehen. Dass Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG dann nicht explizit genannt ist, ist unerheblich, da es sich bei den gewichtigen Gründen des Denkmalschutzes um ein Merkmal auf Tatbestandsseite handelt.
c) Gewichtige Gründe des Denkmalschutzes sprechen für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands, Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG, weswegen kein gebundener Anspruch auf die beantragte Baugenehmigung besteht.
Das Merkmal der gewichtigen Gründe ist ein uneingeschränkt gerichtlicher Überprüfung unterliegender unbestimmter Rechtsbegriff auf Tatbestandsseite (BayVGH, B. v. 8.5.1989 – 14 B 88.02426 – juris; U. v. 27.09.2007 – 1 B 00.2474 – juris). Der Prüfungsmaßstab bezieht sich vorliegend geographisch auf den Nahbereich um das Vorhabensgrundstück (BayVGH, B. v. 29.7.2013 – 14 ZB 11.398 – juris Rn. 3; B. v. 29.2.2016 – 9 ZB 15.1146 – juris Rn. 12). Gerade der historische …-platz steht nach Stellungnahme des BayLfD vom … August 2015 (Bl. 27ff. des Gerichtsakts) und nach Aussage des Vertreters des BayLfD in der mündlichen Verhandlung vom 13. Juli 2016 stellvertretend für den schützenswerten historischen Baustil bzw. Haustyp. Danach handele es sich hier um frühere Bauernanwesen und Häuser der ehemals bedeutenden … Zunfthandwerker. Die Gebäude wiesen auskragende Satteldächer auf, die unter dem Einfluss klassizistischer Bauideale und unter Federführung des Baumeisters Vorherr entstanden seien. Diese Dachform verfüge typischerweise über keine bzw. keine großen Dachaufbauten. Die Dachlandschaft stelle neben dem Ortsgrundriss das zentrale und konstituierende Element des Ensembles … dar.
Nach der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung, der sich die Kammer anschließt, indiziert die Denkmaleigenschaft das Vorliegen gewichtiger Gründe für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands. Das bedeutet, dass bei Baudenkmälern im Regelfall von einem Erhaltungsinteresse auszugehen ist (BayVGH, U. v. 27.09.2007 – 1 B 00.2474 – juris Rn. 70; B. v. 31.10.2012 – 2 ZB 11.1575 – juris Rn. 4; VG München, U. v. 21.1.2015 – M 9 K 13.2310 – juris Rn. 17) und dass es gerade keiner gegenüber der Denkmalbedeutung, Art. 1 Abs. 1 DSchG, gesteigerter Gründe des Denkmalschutzes bedarf, um eine Erlaubnis versagen zu können (BayVGH, B. v. 31.10.2012 – 2 ZB 11.1575 – juris Rn. 4; B. v. 4.9.2012 – 2 ZB 11.587 – juris Rn. 7; U. v. 27.09.2007 – 1 B 00.2474 – juris Rn. 70; Eberl u. a., BayDSchG, Stand 7. Auflage 2016, Art. 6 Rn. 45). Weiter sind Ensembles und Einzelbaudenkmäler in ihrem Schutzanspruch gleichzustellen (BayVGH, U. v. 3.1.2008 – 2 BV 07.760 – juris), weswegen diese Indizwirkung uneingeschränkt auch für Ensembles gilt.
Auch vorliegend sind gewichtige Gründe für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands gegeben, da mit der äußerlich wahrnehmbaren Veränderung des Gebäudes auf FlNr. … – Einbau von zwei Quergiebeln, die die Dachform erheblich umgestalten – das Ensemble … von der Umbaumaßnahme betroffen ist. Diese Beurteilung folgt der Auffassung, dass der Schutzanspruch des Ensembles vorrangig auf dessen Erscheinungsbild abzielt, das die Bedeutung vermittelt und in seiner Anschaulichkeit zu bewahren ist (BayVGH, B. v. 29.7.2013 – 14 ZB 11.398 – juris Rn. 3). Eine Verunstaltung o.ä. ist dabei nicht zu fordern, die denkmalschutzrechtlichen Maßstäbe sind insofern strenger (BayVGH, U. v. 18.11.2010 – 2 B 09.1497 – juris Rn. 32). Die vom Kläger geplante Maßnahme ist dabei nach den Feststellungen im Augenschein auch nicht unauffällig und ohne störenden Einfluss auf die Harmonie des Ensembles im betreffenden Bereich – wie es beispielsweise oberflächenbündig ausgeführte Kollektoranlagen oder auch kleinere Dachgauben sein können (vgl. BayVGH, B. v. 29.7.2013 – 14 ZB 11.398 – juris Rn. 6) -, sondern greift massiv in die Dachform des an exponierter Stelle befindlichen klägerischen Gebäudes ein. Die Umgestaltungen wären gerade vom …-platz aus durchgehend und hervorstechend wahrnehmbar. Sie würden den Gesamteindruck des Ensembles stören, gerade eingedenk dessen, dass sich der …-platz ansonsten durch flach- und steilgeneigte Satteldächer mit vortretendem Dachüberstand auszeichnet und somit – von zurückgesetzten oder kaum einsehbaren Dachaufbauten auf FlNr. …, …, … und … abgesehen – ein Paradebeispiel für den Charakter des Ensembles bietet. Dass dieses Ensemble völlig unbedeutend wäre, womit gewichtige Gründe für seine Konservierung ausscheiden könnten (BayVGH, B. v. 31.10.2012 – 2 ZB 11.1575 – juris Rn. 4), ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Der von der Rechtsprechung anerkannte Ausnahmefall (BayVGH, U. v. 27.9.2007 – 1 B 00.2474 – juris Rn. 72), wonach diese Regelwirkung unter verfassungskonformer Auslegung von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG nicht greift, wenn einem Antragsteller, der eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis für den Abbruch eines Gebäudes begehrt, dessen Erhaltung ihm unzumutbar ist, ist vorliegend nicht gegeben.
3. Der Bescheid vom … April 2015 war aufzuheben, da er an einem erheblichen Ermessensfehler leidet, der im Rahmen des § 114 VwGO gerichtlich überprüfbar war. Der Bauantrag vom … Dezember 2014 bedarf einer neuen Verbescheidung. Alleine die Feststellung, dass gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für eine unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprechen, rechtfertigt nicht die Ablehnung des Antrages. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG fordert vielmehr eine Ermessensentscheidung. Nach Art. 40 BayVwVfG ist das Ermessen dem Zweck der Ermächtigung entsprechend auszuüben. Die Behörde hat eine rechtsgestaltende Entscheidung zu treffen, welche die Belange des Denkmalschutzes auf der einen sowie die widerstreitenden öffentlichen Belange und insbesondere die betroffenen privaten Belange auf der anderen Seite ausgleichen muss. Hierfür müssen alle vom Vorhaben betroffenen Belange berücksichtigt und miteinander und gegeneinander abgewogen werden. Die Erlaubnis darf nur versagt werden, wenn die Gründe, die für die Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprechen, so viel Gewicht haben, dass sie die für das Vorhaben streitenden öffentlichen und privaten Belange überwiegen (BayVGH, U. v. 27.9.2007 – 1 B 00.2474 – juris Rn. 87; U. v. 11.1.2011 – 15 B 10.212 – juris Rn. 21ff.).
a) Anhaltspunkte für eine Ermessensreduzierung auf Null dahingehend, dass nur die Versagung der Erlaubnis ermessensgerecht gewesen wäre, sind nicht ersichtlich. Der Beklagte hat das ihm damit eröffnete Ermessen nicht fehlerfrei ausgeübt, § 114 Satz 1 VwGO. Der Bescheid vom 29. April 2015 leidet an einem Ermessensfehler in Form eines Ermessensdefizits. Ein Ermessensdefizit ist gegeben, wenn die Behörde nicht alle nach Lage des Falles betroffenen Belange in ihre Ermessensentscheidung einstellt (BayVGH, U. v. 28.6.2016 – 10 B 15.1854 – juris Rn. 53). Vorliegend beschränkt sich der Bescheid darauf, die knappe Stellungnahme des BayLfD vom … März 2015 (Bl. 19 des Behördenakts) nahezu wortgleich wiederzugeben. Ausführungen zu den betroffenen privaten Belangen des Klägers und auch zu Art und Intensität des Eingriffs fehlen gänzlich.
b) Bei der erneuten Bescheidung des Bauantrags wird Folgendes zu berücksichtigen sein (BayVGH, U. v. 11.1.2011 – 15 B 10.212 – juris Rn. 28):
Die Eigentümerinteressen des Klägers, vor allem sein Interesse daran, durch Quergiebel die Nutzungsmöglichkeiten des Dachgeschosses zu erweitern, sind im Rahmen des Ermessens zu würdigen. Dabei ist von der Sicht eines dem Denkmalschutz aufgeschlossenen Eigentümers auszugehen (BVerfG, B. v. 2.3.1999 – 1 BvL 7/91 – juris; BayVGH, U. v. 27.9.2007 – 1 B 00.2474 – juris).
Weiter müssen Art und Intensität des Eingriffs in das Ensemble zu den gewichtigen Gründen des Denkmalschutzes ins Verhältnis gesetzt und abgewogen werden. Die Bedeutung des Ensembles und vor allem die charakteristische Eigenheit des …-platzes sind zu würdigen. Eine Fokussierung auf besonders bedeutsame Plätze oder Straßen und damit eine Differenzierung im Ensemble ist nicht nur möglich, sondern kann in einem Fall wie dem Vorliegenden sogar angezeigt sein, wenn die vorzunehmende Einzelfallprüfung ergibt, dass eine gleichgelagerte Beeinträchtigung des Denkmalensembles in bestimmten Teilbereichen eher hingenommen werden kann als in anderen (BayVGH, B. v. 29.2.2016 – 9 ZB 15.1146 – juris Rn. 12). Dies muss sich aber im Bescheid niederschlagen. Es wird weiter sowohl auf die exponierte Stellung des klägerischen Gebäudes am …-platz und im Ensemblebereich einzugehen sein als auch auf die Größe und Situierung der geplanten baulichen Veränderungen (VG München, U. v. 21.11.2013 – M 11 K 13.105 – juris Rn. 21). Dabei ist nach dem Ergebnis des Augenscheins auch zu prüfen und gegebenenfalls zu berücksichtigen, ob bzw. dass der Blick auf das Gebäude von Süden aus Richtung …winkl und von Norden aus Richtung …-platz denkmalfachlich zu unterschiedlichen Bewertungen führen kann.
c) Ermessensdirektiven lassen sich dabei nicht aus den vom Kläger ins Feld geführten Vergleichsfällen herleiten. Es kann dahinstehen, ob im Ensemblebereich eine derartige Vorbildwirkung überhaupt anzuerkennen ist (zweifelnd VG München, U. v. 20.4.2015 – M 8 K 14.635 – juris Rn. 49).
Bei dem auf dem Gebäude, FlNr. …, befindlichen Quergiebel handelt es sich nach den Erkenntnissen des Augenscheins um einen kleinen, untergeordneten Quergiebel, der nicht zum …-platz hin orientiert ist und der mit dem geplanten Vorhaben des Klägers schon deshalb nicht vergleichbar ist (zum Differenzierungskriterium der Orientierung: BayVGH, B. v. 29.2.2016 – 9 ZB 15.1146 – juris Rn. 25). Die Dachlandschaft auf FlNr. …, …, … und … ist unregelmäßig, das hintere Gebäude vom …-platz aus kaum einsehbar. Das Haus auf FlNr. … ist vom …-platz aus gesehen zurückgesetzt und weist einen völlig anderen Zuschnitt als das klägerische Gebäude auf (vgl. BayVGH, U. v. 11.1.2011 – 15 B 10.212 – juris Rn. 35). Gleiches gilt für das Haus auf FlNr. … Letzteres stellt weiter auch einen anderen Bautyp dar, wie der Vertreter des BayLfD in der mündlichen Verhandlung vom 13. Juli 2016 schlüssig erläuterte. Es handele sich danach um den sog. Schweizer Stil, der sich gerade auch durch Quergiebel auszeichne, während das klägerische Gebäude ein sog. klassizistisches Haus (biedermeierlich) darstelle. Quergiebel seien für klassizistische Häuser nicht typisch und im Interesse des Erhalts des Gesamtensembles abzulehnen. Diese Ausführungen sind aus Sicht der Kammer nachvollziehbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1, § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich damit nicht in ein Kostenrisiko begeben, weswegen es der Billigkeit entspricht, ihre außergerichtlichen Kosten auch nicht für teilweise erstattungsfähig zu erklären. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 5.000 festgesetzt (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,– übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


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