Baurecht

Errichtung eines Einfamilienhauses mit Doppelcarport – Kein Verstoß gegen das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme

Aktenzeichen  W 5 S 18.394

Datum:
30.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 17179
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80a Abs. 3
BauGB § 34
BauNVO § 5 Abs. 2 Nr. 3, § 15 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Immissionsbelastungen, die von rechtswidrigen Zuständen herrühren, dürfen nicht dazu führen, dass ein Bauvorhaben auf dem Nachbargrundstück zurückgestellt werden muss. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der Frage, ob die Grenze des Zumutbaren im Sinne des § 15 Abs. 1 BauNVO überschritten wird, sind nur solche Emissionen zu berücksichtigen, die auch bei Einhaltung der Betreiberpflichten nach § 22 Abs. 1 BImschG entstehen würden. Schutzwürdig ist die Position als Betreiber einer Anlage nur, wenn er selbst die ihm als Betreiber obliegenden Pflichten nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz einhält. (Rn. 50) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Aufwendungen der Beigeladenen zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich als Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. … der Gemarkung R … gegen die den Beigeladenen mit Bescheid vom 13. November 2017 erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines Einfamilienhauses mit Doppelcarport auf dem Grundstück Fl.Nrn. …5 und … der Gemarkung R … (Baugrundstück) und begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung.
1. Die Beigeladenen sind Eigentümer des Baugrundstücks, das am nördlichen Ortsrand von R … gelegen ist. In östlicher Richtung grenzt das Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung R …, D … des Antragstellers an, das in seinem südlichen Bereich mit einem ursprünglich als Scheune errichteten Gebäude bebaut ist. In den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurden sowohl in westlicher als auch in nördlicher Richtung Anbauten an das Scheunengebäude vorgenommen. In dem nördlichen Anbau betreibt der Antragsteller wie schon zuvor sein Vater (wohl seit den 1970er Jahren) eine Brennerei. Für den nördlichen Anbau wurde dem Vater des Antragstellers mit Bescheid des Landratsamts Karlstadt vom 7. April 1970 die Baugenehmigung erteilt für eine „Futterküche“ (westlicher Teil) und einen „Geräteraum“ (östlicher Teil). In den Eingabeplänen war ein Teil der Scheune im Bestand als „Schweinestall“ bezeichnet. Mit Bescheid vom 9. Mai 1978 wurde dem Vater des Antragstellers durch das Landratsamt Karlstadt die Baugenehmigung zur Erneuerung des Scheunengiebels erteilt. In den Eingabeplänen wurden die Flächen der früheren Scheune – wie schon zuvor – teilweise als „Schweinestall“ und der nördliche Anbau als „Futterküche“ (westlicher Teil), „Abstellraum“ und „Geräteraum“ (östlicher Teil) im Bestand gekennzeichnet. Mit Bescheid vom 6. Juli 1988 wurde dem Vater des Antragstellers die „Baugenehmigung zum Scheunenumbau in R …“ erteilt. Dabei wurden die Flächen der früheren Scheune als „Lager“, „ehemaliger Stall“, „ehem. Dunglege“ und „Einfahrt“ sowie des westlichen Anbaus als „Garage“ bzw. „Holzhalle“ dargestellt. Der vom Antragsteller als Brennerei genutzte Bereich mit dem restlichen Anbau enthält in den genehmigten Eingabeplänen keinerlei Eintragungen hinsichtlich seiner Nutzung.
Südlich des Baugrundstücks bzw. des Grundstücks des Antragstellers – jenseits der R …e – befinden sich Grundstücke, die mit Wohnhäusern bebaut sind, in östlicher Richtung befindet sich ebenfalls Wohnbebauung. In östlicher bzw. südöstlicher Richtung (jenseits des D … ) befinden sich landwirtschaftlich genutzte Grundstücke sowie Wohnbebauung.
2. Mit Bauantrag vom 1. September 2017, eingegangen beim Landratsamt Main-Spessart am 11. September 2017, beantragten die Beigeladenen die Baugenehmigung für die Errichtung eines Einfamilienhauses mit Doppelcarport. Ausweislich der Planzeichnungen sollen das Wohnhaus und der Carport in der südlichen Grundstückshälfte errichtet werden, wobei der Carport an die östliche Grundstücksgrenze angrenzt.
Mit Bescheid vom 13. November 2017 erteilte das Landratsamt Main-Spessart den Beigeladenen im vereinfachten Genehmigungsverfahren die Baugenehmigung zur Errichtung eines Einfamilienhauses mit Doppelcarport auf dem Baugrundstück.
Der Antragsteller, der den Bauantrag nicht unterschrieben hatte, erhielt eine Ausfertigung der Baugenehmigung zugestellt (PZU vom 16.11.2017).
3. Mit der hiergegen am 14. Dezember 2017 erhobenen Klage (W 5 K 17.1446) begehrt der Bevollmächtigte des Antragstellers die Aufhebung des Bescheides vom 13. November 2017.
Der Antragsteller stellte durch seinen Bevollmächtigten am 26. März 2018 den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage des Antragstellers anzuordnen.
Zur Begründung des Antrags wie auch der Klage wurde vorgetragen: Der Eilantrag sei zulässig und auch begründet, weil das Suspensivinteresse des Antragstellers angesichts der Erfolgsaussichten in der Hauptsache deutlich überwiege.
Im südlichen Bereich des Grundstücks des Antragstellers stehe ein über 100 Jahre altes landwirtschaftliches Gebäude, ursprünglich eine Scheune, die nach wie vor landwirtschaftlichen Zwecken diene. In den siebziger Jahren sei nördlich der Scheune ein Anbau errichtet worden, in dem sich die nun streitgegenständliche Brennerei befinde, östlich daran angrenzend ein Abstellraum, oberhalb der Brennerei ein früheres Getreidelager, in dem jetzt ein Wassertank installiert sei, der für die Kühlung benutzt werde. Die Brennerei werde seit Ende 1973, Anfang 1974, ursprünglich vom Vater des Antragstellers und danach vom Antragsteller selbst betrieben. Beigefügt werde ein Belegheft, das einen Stempel des Zollkommissariats Karlstadt am Main vom 21. Dezember 1973 sowie des Hauptzollamtes Würzburg vom 27. Dezember 1973 trage, wonach die Brennerei geprüft und als richtig befunden bzw. genehmigt worden sei. Die Brennerei sei am 2. Oktober 1980 modifiziert worden. Ausweislich des Belegheftes habe das Hauptzollamt Würzburg der Aufstellung des neuen Brenngerätes zugestimmt. Dem Antragsteller sei nicht bekannt, wann der in den Plänen als solcher bezeichnete „Abstellraum“ ursprünglich errichtet worden sei. Jedenfalls sei er, wie das gesamte Gebäude, ausschließlich landwirtschaftlich genutzt worden. Wenn in diesem Raum ab 1974 eine Brennerei betrieben wurde, liege hierin keine genehmigungsbedürftige Nutzungsänderung. Durch die Nutzungsänderung statt Abstellraum nun Brennerei sei die Genehmigungsfrage nicht in bodenrechtlicher Hinsicht neu aufgeworfen worden. Es liege keine rechtserhebliche Nutzungsänderung vor, die das Gebäude in seiner sowohl bisherigen als auch jetzigen (landwirtschaftlichen) Funktion geändert habe. An der Gebäudehülle habe sich nichts verändert. Jedenfalls wäre die Brennerei genehmigungsfähig gewesen. Der Betrieb der Brennerei sei mit beträchtlichen Emissionen bzw. Immissionen verbunden, mit Rauch, u.U. auch Ruß, ferner mit olfaktorischen und akustischen Emissionen bzw. Immissionen. Die Maische werde mittels einer Holzfeuerung erhitzt. Beim Verbrennen harzhaltigen Kiefernholzes entwickele sich sehr schwerer, dunkler bis schwarzer Rauch, der beim Herabfallen auch ausflocke. Zu olfaktorischen Immissionen komme es insbesondere dann, wenn die gebrannte Maische gewechselt werde. Ein Konflikt mit den Beigeladenen sei also vorprogrammiert.
Die streitgegenständlichen Grundstücke lägen in einem unbeplanten Gebiet nach § 34 BauGB, wobei der Charakter dieses Gebiets demjenigen eines Dorfgebietes entspreche. Im Bereich östlich des D … gebe es noch landwirtschaftliche Gebäude bzw. Bauernhöfe, von denen aus auch noch Felder bewirtschaftet würden. Gegen die ohne Bauleitplanung durchgeführte „schleichende“ Umwandlung eines Dorfgebiets in ein Wohngebiet stehe einem gebietsansässigen Landwirt ein Abwehranspruch zu. Es bestehe hier ein Gebietserhaltungsanspruch. Das Vorhaben sei aber jedenfalls nicht nach § 34 Abs. 1 BauGB zulässig bzw. verstoße gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Bei der Abwägung seien sowohl die Schutzwürdigkeit des Nachbarn als auch die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen zu berücksichtigen. Nicht nur Vorhaben, von denen Belästigungen oder Störungen ausgingen, sondern auch solche, die an eine emittierende Anlage heranrückten und sich deren störenden Einwirkungen aussetzten, könnten gegen das Rücksichtnahmegebot verstoßen. Eine rechtmäßig errichtete Anlage, hier die Brennerei, könne den Gebietscharakter beeinflussen. Ein Vorhaben habe auf bereits vorhandene Nutzungen, die die örtliche Situation prägten, Rücksicht zu nehmen. Die Beantwortung der Frage, wann die Belastung durch Immissionen einer Anlage ein erhebliches Maß erreiche, hänge auch davon ab, ob der emittierende Betrieb an ein bereits vorhandenes Wohngebiet heranrücke, sich beide Gebiete gleichzeitig entwickelten oder ob – wie hier – ein geplantes Einfamilienhaus an einen bereits vorhandenen, gegebenenfalls auch Bestandsschutz genießenden emittierenden Betrieb in einem Dorfgebiet heranrücke. Erst recht sei das Bauvorhaben der Beigeladenen rücksichtslos, wenn die beabsichtigte Wohnbebauung eine Verschärfung immissionsschutzrechtlicher Anforderungen für den Betreiber der benachbarten Anlage nach sich ziehe.
Es sei nicht in Ordnung, wenn der Antragsgegner falsche Behauptungen aufstelle, so dass die streitgegenständliche Brennerei nicht dem Stand der Technik entsprechend betrieben werde.
4. Das Landratsamt Main-Spessart beantragte für den Antragsgegner, den Antrag abzuweisen.
Zur Begründung wurde vorgetragen: Der Antrag wie auch die Klage seien zulässig, aber unbegründet. Eine Verletzung einer drittschützenden Norm sei im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die Genehmigungsfähigkeit richte sich vorliegend nach § 34 BauGB. Im Rahmen des § 34 Abs. 2 BauGB könne sich ein Nachbar gegen die Zulässigkeit einer gebietswidrigen Nutzung im faktischen Plangebiet wenden, auch wenn er durch sie selbst nicht unzumutbar beeinträchtigt werde. Der Abwehranspruch werde grundsätzlich bereits durch die Zulassung eines mit der Gebietsart unvereinbaren Vorhabens ausgelöst. Dieser Gebietserhaltungsanspruch werde durch die angefochtene Baugenehmigung jedoch nicht verletzt. Die nähere Umgebung zum Bauvorhaben entspreche einem Dorfgebiet nach § 5 BauNVO. In diesem Gebiet stelle das Wohnen jedoch keine gebietswidrige Nutzung dar, sondern sei allgemein zulässig. Die Zulassung eines weiteren Wohnhauses im faktischen Plangebiet berge auch nicht die Gefahr, dass das vorliegende Dorfgebiet in ein allgemeines Wohngebiet kippen könnte. Die vorhandenen landwirtschaftlichen Gebäude prägten das Bauquartier nach wie vor als Dorfgebiet, ohne dass das Hinzutreten eines weiteren Wohnhauses zur Umwandlung in ein allgemeines Wohngebiet führen würde. Der Antragsteller könne sich somit nicht auf die Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs berufen. Die Errichtung des Einfamilienhauses mit Doppelcarport füge sich auch im Hinblick auf die übrigen Tatbestandsmerkmale des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung ein.
Auch das Gebot der Rücksichtnahme sei nicht verletzt. Es sei anzumerken, dass sich der Antragsteller auf den Schutz seiner Brennerei berufe, die baurechtlich gesehen am derzeitigen Standort illegal betrieben werde. Eine Brennerei sei auf dem Grundstück Fl.Nr. …7 nicht genehmigt. Im Jahr 1988 sei ein Scheunenumbau genehmigt worden. Allerdings sei in den Plänen keine Brennkammer oder dergleichen dargestellt worden. Eine weitere Genehmigung, die die Brennerei legalisieren würde, liege weder dem Landratsamt Main-Spessart noch der Stadt Karlstadt vor. Die untere Immissionsschutzbehörde am Landratsamt habe im Rahmen des Klageverfahrens eine Stellungnahme abgegeben. Danach seien gemäß § 22 BImSchG nicht genehmigungsbedürftige Anlagen – wie hier die Brennerei – so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen verhindert würden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar seien, sowie nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß zu beschränken. Nach Einschätzung der unteren Immissionsschutzbehörde und nach Rücksprache mit dem Bayerischen Landesamt für Umwelt entspreche die Ableitung von derartig geschaffenen, offensichtlich mit Ruß beladenen Rauchgasen nicht dem Stand der Technik und nicht dem Vermeidungsgrundsatz des § 22 BImSchG. Derartige Feuerungsabgase entstünden in der Regel bei unsachgemäßer Bedienung der Feuerungsanlage. Ein Abwehrrecht des Antragstellers gegen das geplante Wohnhaus könne aus immissionschutzrechtlicher Sicht daher nicht abgeleitet werden. Die vorbrachten Belange des Antragstellers, die auf eine ungestörte Nutzung seiner Brennerei abzielten, seien nicht schützenswert. Zum einen sei die Brennerei baurechtlich nicht genehmigt, zum anderen werde sie nicht dem Stand der Technik entsprechend betrieben. Die Erteilung der streitgegenständlichen Baugenehmigung sei für den Antragsteller nicht unzumutbar und damit auch nicht rücksichtslos. Ein bauaufsichtliches Einschreiten gegen die nicht genehmigte Nutzung der Scheune als Brennerei bleibe ausdrücklich vorbehalten.
5. Die Beigeladenen ließen durch ihren Bevollmächtigten den Antrag stellen, den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde vorgebracht: Die eingereichte Baunachbarklage enthalte nicht einmal ansatzweise die Wahrscheinlichkeit eines Erfolges, denn der Antragsteller argumentiere mit eigenem, zumindest derzeit noch offensichtlich rechtswidrigem Verhalten. Ausweislich der Bestätigung des Antragsgegners in diesem Rechtsstreit sei eine Brennerei auf dem Grundstück des Antragstellers nicht genehmigt worden. Hinzu komme, dass die nicht genehmigte Brennerei auch nicht dem Stand der Technik gemäß betrieben werde. Der Antragsteller übersehe auch, dass auch die übrigen Nachbarn aus der Bestandsbebauung im Emissionsbereich seiner Brennerei lägen und entsprechende Maßnahmen in die Wege leiten könnten. Die Hauptsacheklage könne auch deshalb keine Erfolgsaussichten haben, weil der Antragsgegner bereits bauaufsichtliches Einschreiten gegen die nicht genehmigte Nutzung der Scheune als Brennerei angekündigt habe.
6. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist zulässig.
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers (§ 80 Abs. 1 VwGO) entfällt vorliegend, weil er sich gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens wendet (§ 212a BauBG). In einem solchen Fall kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs ganz oder teilweise anordnen (§ 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO). Ein derartiger Antrag kann unmittelbar bei Gericht gestellt werden.
2. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist unbegründet.
Im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO normierten Kriterien. Hierbei ist das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage bzw. seines Widerspruchs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache dann von maßgeblicher Bedeutung, wenn nach summarischer Prüfung von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Verwaltungsakts und der Rechtsverletzung des Antragstellers auszugehen ist. Jedenfalls hat das Gericht die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs bei seiner Entscheidung mit zu berücksichtigen, soweit diese sich bereits übersehen lassen (vgl. BVerfG, B.v. 24.2.2009 – 1 BvR 165/09 – NVwZ 2009, 581; BayVGH, B.v. 17.9.1987 – 26 CS 87.01144 – BayVBl. 1988, 369; Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 68 und 73 ff.). Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vollkommen offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen.
So lässt sich vorliegend nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung anhand der Akten feststellen, dass die Anfechtungsklage des Antragstellers gegen die Baugenehmigung des Landratsamts Main-Spessart vom 13. November 2017 voraussichtlich in der Sache mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben wird, da der angefochtene Bescheid den Antragsteller nicht in nachbarschützenden Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Der Nachbar eines Vorhabens kann eine Baugenehmigung nur dann mit Erfolg anfechten, wenn öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt sind, die auch seinem Schutz dienen, oder wenn es das Vorhaben an der gebotenen Rücksichtnahme auf seine Umgebung fehlen lässt und dieses Gebot im Einzelfall Nachbarschutz vermittelt.
Nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 BayBO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Nach Art. 59 BayBO ist im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren der Prüfungsrahmen beschränkt. Die Übereinstimmung des Vorhabens mit den Vorschriften der Bayerischen Bauordnung wird grundsätzlich nicht mehr geprüft. Nach Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO hat die Bauaufsichtsbehörde aber die Übereinstimmung mit den Vorschriften über die baulichen Anlagen nach § 29 bis 38 BauGB zu prüfen. Allerdings spricht aus bauplanungsrechtlichen Gründen nach summarischer Prüfung nichts für einen Erfolg des Antragstellers im Hauptsacheverfahren. Im Einzelnen:
2.1. Das von den Beigeladenen mit Bauantrag vom 1. September 2017 begehrte und mit Bescheid des Landratsamts Main-Spessart vom 13. November 2017 genehmigte Vorhaben zur Errichtung eines Einfamilienhauses mit Doppelcarport ist seiner Art nach auf dem Baugrundstück zulässig.
Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens ist nach § 34 BauGB zu beurteilen, da für das Baugrundstück (und die Umgebungsbebauung) kein Bebauungsplan existiert und es auch nicht dem Außenbereich i.S.v. § 35 BauGB zuzuweisen ist.
Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des streitgegenständliche Wohnbauvorhabens richtet sich seiner Art nach nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO.
Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB muss sich das Vorhaben nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehört die Beachtung des nachbarschützenden Gebots der Rücksichtnahme zum Bestandteil des Einfügens i.S.v. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB.
Wenn die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der Baunutzungsverordnung bezeichnet sind, entspricht, beurteilt sich nach § 34 Abs. 2 BauGB die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Baunutzungsverordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre. § 34 Abs. 2 BauGB kommt über die Gleichsetzung faktischer Baugebiete mit den festgesetzten Baugebieten nachbarschützende Wirkung zu (BVerwG, U.v. 16.9.1993 – 4 C 28/91 – BVerwGE 94, 151; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, 128. Erg.Lief. 2017, Art. 66 Rn. 346 und 395; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB – BauNVO, 127. Erg.Lief 2017, § 34 BauGB Rn. 50a).
Im vorliegenden Fall sind der Antragsgegner wie auch die Antragstellerseite von einem Dorfgebiet ausgegangen. Aufgrund der in den Behörden- bzw. Gerichtsakten vorhandenen Lagepläne und Luftbilder ist auch die Kammer im Rahmen der durchgeführten summarischen Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei dem Bauquartier, in dem das streitgegenständliche Bauvorhaben errichtet werden soll bzw. in dem das Grundstück des Antragstellers liegt, um ein Dorfgebiet im Sinne von § 5 BauNVO handelt.
Nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO 1990 sind im Dorfgebiet u.a. sonstige Wohngebäude, also auch Wohngebäude, die nicht mit Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe bzw. Kleinsiedlungen i.S.d. Nrn. 1 und 2 im Zusammenhang stehen, zulässig. Damit ist das strittige Vorhaben seiner Art nach in dem hier gegebenen Dorfgebiet grundsätzlich zulässig.
2.2. Entgegen der Rechtsmeinung des Bevollmächtigten des Antragstellers ergibt sich keine Rechtsverletzung des Antragstellers durch die streitgegenständliche Baugenehmigung aus dem sog. Gebietsbewahrungsanspruch.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann ein Nachbar im Plangebiet sich gegen die Zulässigkeit einer gebietswidrigen Nutzung im Plangebiet wenden, auch wenn er durch sie selbst nicht unzumutbar beeinträchtigt wird. Der Nachbar hat also bereits dann einen Abwehranspruch, wenn das baugebietswidrige Vorhaben im jeweiligen Einzelfall noch nicht zu einer tatsächlich spürbaren und nachweisbaren Beeinträchtigung führt. Der Abwehranspruch wird grundsätzlich bereits durch die Zulassung eines mit der Gebietsfestsetzung unvereinbaren Vorhabens ausgelöst. Begründet wird dies damit, dass im Rahmen des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses jeder Planbetroffene das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des Baugebiets verhindern können soll (vgl. BVerwG, B.v. 2.2.2000 – 4 B 87/99 – NVwZ 2000, 679; U.v. 16.9.1993 – 4 C 28/91 – BVerwGE 94, 151). Derselbe Nachbarschutz besteht auch im unbeplanten Innenbereich, wenn die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der Baunutzungsverordnung entspricht, § 34 Abs. 2 BauGB (BVerwG, U.v. 16.9.1993 – 4 C 28/91 – BVerwGE 94, 151; Dirnberger in Simon/Busse, Art. 66 Rn. 347 und 395). § 34 Abs. 2 BauGB besitzt grundsätzlich nachbarschützenden Charakter (vgl. BVerwG, U.v. 16.9.1993 – 4 C 28/91 – BVerwGE 94, 151; Hofherr in Berliner Kommentar zum BauGB, § 34 Rn. 88). Danach hat der Nachbar in einem Gebiet, auf das § 34 Abs. 2 BauGB entsprechend Anwendung findet, einen Schutzanspruch auf Bewahrung der Gebietsart.
Hier scheitert der vom Antragsteller geltend gemachte Gebietsbewahrungsanspruch aber bereits daran, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Vorhaben auf Errichtung eines Einfamilienhauses mit Doppelcarport nicht um ein baugebietswidriges Vorhaben, sondern um ein nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO allgemein zulässiges Vorhaben handelt.
Auch kann hier entgegen der Meinung der Antragstellerseite nicht von einer „schleichenden“ Umwandlung eines Dorfgebiets in ein Wohngebiet die Rede sein. Es ist nicht das Geringste dafür vorgetragen oder sonst wie ersichtlich, dass durch die Genehmigung eines weiteren Wohngebäudes das Baugebiet im Umgriff des Vorhabens in ein Wohngebiet kippen würde. Denn die vorhandenen landwirtschaftlichen Gebäude östlich bzw. südöstlich des Baugrundstücks prägen das Bauquartier ebenso wie die vorhandene Wohnbebauung als Dorfgebiet.
2.3. Der Antragsteller kann sich auch nicht auf das in § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO verankerte nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme berufen. Im Einzelnen:
2.3.1. Das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme ist unabhängig davon zu beachten, nach welcher Vorschrift das Bauvorhaben der Beigeladenen bauplanungsrechtlich zu beurteilen ist. Richtet sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit – wie hier – nach § 34 Abs. 2 BauGB, weil die Eigenart der näheren Umgebung einem der in der BauNVO genannten Baugebiete, hier einem Dorfgebiet, entspricht, ergibt sich die Verpflichtung zur Rücksichtnahme aus § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO (BVerwG, U.v. 12.12.1991 – 4 C 5/88 – juris).
Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO sind Anlagen auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden. Ob ein Vorhaben das Rücksichtnahmegebot verletzt, hängt im Wesentlichen von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab und ist im Wege einer Gesamtschau zu ermitteln. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung derer ist, denen die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann an Rücksichtnahme verlangt werden. Umgekehrt braucht derjenige, der ein Vorhaben verwirklichen will, umso weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm verfolgten Interessen sind. Für die sachgerechte Beurteilung des Einzelfalls kommt es demnach wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem an, was einerseits dem Rücksichtnahmeberechtigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BVerwG, U.v. 25.2.1977 – IV C 22/75 – BVerwGE 52, 122). Bei der vorzunehmenden Abwägung sind sowohl die Schutzwürdigkeit des Nachbarn als auch die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen zu berücksichtigen. Beides muss in einer dem Gebietscharakter, der Vorprägung der Grundstücke durch die vorhandene bauliche Nutzung und der konkreten Schutzwürdigkeit entsprechenden Weise in Einklang gebracht werden (BayVGH, B.v. 26.1.2009 – 15 ZB 08.2934 – juris). In Bereichen, in denen Nutzungen unterschiedlicher Art mit unterschiedlicher Schutzwürdigkeit zusammentreffen, ist die Grundstücksnutzung mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet (BVerwG, B.v. 5.3.1984 – 4 B 171/83 – NVwZ 1984, 646; U.v. 22.6.1990 – 4 C 6/87 – NVwZ 1991, 64). Dies führt nicht nur zu einer Verpflichtung desjenigen, der Beeinträchtigungen verursacht, sondern auch zu einer Duldungspflicht desjenigen, der sich solchen Beeinträchtigungen aussetzt (vgl. BVerwG, U.v. 18.5.1995 – 4 C 20/94 – BVerwGE 98, 235).
Dabei können nicht nur Vorhaben, von denen Belästigungen oder Störungen ausgehen (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BauNVO), sondern auch solche, die an eine emittierende Anlage heranrücken und sich deren störenden Einwirkungen aussetzen (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BauNVO), gegen das Rücksichtnahmegebot verstoßen (BVerwG, U.v. 14.1.1993 – 4 C 19/90 – NVwZ 1993, 1184; B.v. 5.9.2000 – 4 B 56/00 – juris).
Bei der Überprüfung des konkreten Falles anhand des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, nämlich der Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen, ist grundsätzlich auf die Begriffsbestimmungen des Immissionsschutzrechts (Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen in § 3 Abs. 1 BImSchG) und die materiell-rechtlichen Maßstäbe des Immissionsschutzrechts (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) zurückzugreifen. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz legt diese Grenze und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereiches grundsätzlich allgemein fest (BVerwG, U.v. 23.9.1999 – 4 C 6/98 – BVerwGE 109, 314).
Allein die Tatsache, dass sich das Maß an Rücksichtnahme gegenüber der hinzutretenden Wohnbebauung erhöht, begründet jedoch für sich allein noch keine Verletzung des Rücksichtnahmegebots. Erforderlich ist vielmehr, dass infolge der erhöhten Rücksichtnahmepflicht des Betriebsinhabers mit Betriebseinschränkungen oder -belastungen von nicht nur unerheblichem Gewicht gerechnet werden muss. Denn andernfalls wird der Betriebsinhaber durch die heranrückende Wohnbebauung noch nicht in unzumutbarem, die Schwelle der Rücksichtslosigkeit überschreitendem Umfang betroffen (so ausdrücklich VGH Baden-Württemberg, U.v. 4.2.1992 – 3 S 1616/90 – juris).
Zieht allerdings eine beabsichtigte Wohnbebauung eine Verschärfung immissionsschutzrechtlicher Anforderungen für den Betreiber einer Anlage nach sich, wird das Vorhaben in der Regel rücksichtslos sein. Denn in den Fällen, in denen eine Situation entstünde, in der unter immissionsschutzrechtlichen Gesichtspunkten ein Einschreiten der Behörde gerechtfertigt wäre, muss der Betreiber der Anlage eine benachbarte Wohnbebauung abwehren können (BVerwG, B.v. 25.11.1985 – 4 B 202/85 – NVwZ 1986, 469; BayVGH, B.v. 25.1.1991 – 14 CS 90.3271 – BayVBl 1991, 694). Dagegen liegt bei einer Anlage, die die Grenzwerte nach den Vorgaben des Immissionsschutzrechts einhält, regelmäßig kein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot vor. Bei einer an eine emissionsträchtige Anlage „heranrückenden“ Wohnbebauung kommt es auch darauf an, ob die Anlage aufgrund einer schon vorhandenen schutzwürdigen Bebauung ohnehin schon Rücksicht nehmen muss.
Schließlich ist als wesentlich zu berücksichtigen, dass Nutzungen, die zwar ausgeübt werden, aber nicht genehmigt sind, im Rahmen des vom Gebot der Rücksichtnahme geforderten Interessenausgleichs allerdings nicht in Ansatz gebracht werden dürfen. Immissionsbelastungen, die von rechtwidrigen Zuständen herrühren, dürfen nicht dazu führen, dass ein Bauvorhaben zurückgestellt werden muss (BayVGH, B.v. 3.8.2000 – 1 CS 99.2116 und B.v. 29.4.2009 – 1 CS 08.2352 – beide juris; BVerwG, U.v. 14.1.1993 – 4 C 19/90 – juris; VGH BW, U.v. 9.12.2005 – 5 S 825/04 und U.v. 20.5.2003 – 5 S 2751/01 – beide juris).
2.3.2 Gemessen an diesen Grundsätzen liegt hier kein Verstoß gegen das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme vor.
Denn es fehlt an der Schutzwürdigkeit des Antragstellers, da die von ihm vorgebrachte Nutzung des nördlichen Anbaus an das Scheunengebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. …7 der Gemarkung R … als Brennerei nicht baurechtlich genehmigt ist.
Für die Nutzung des nördlichen Anbaus an das Scheunengebäude als Brennerei besteht keine Baugenehmigung. Für den nördlichen Anbau wurde dem Vater des Antragstellers mit Bescheid des Landratsamts Karlstadt vom 7. April 1970 die Baugenehmigung für eine „Futterküche“ (westlicher Teil) und einen „Geräteraum“ (östlicher Teil) erteilt. Mit Bescheid vom 9. Mai 1978 wurde dem Vater des Antragstellers durch das Landratsamt Karlstadt die Baugenehmigung zur Erneuerung des Scheunengiebels ausgesprochen. In den Eingabeplänen wurden die Flächen der früheren Scheune im Bestand – wie schon zuvor – teilweise als „Schweinestall“ und der nördliche Anbau als „Futterküche“ (westlicher Teil), „Abstellraum“ und „Geräteraum“ (östlicher Teil) gekennzeichnet. Mit Bescheid vom 6. Juli 1988 wurde dem Vater des Antragstellers die „Baugenehmigung zum Scheunenumbau in R …“ erteilt. Dabei wurden die Flächen der früheren Scheune als „Lager“, „ehemaliger Stall“, „ehem. Dunglege“ und „Einfahrt“ sowie des westlichen Anbaus als „Garage“ bzw. „Holzhalle“ dargestellt. Der vom Antragsteller als Brennerei genutzte Bereich mit dem restlichen nördlichen Anbau enthält in den genehmigten Eingabeplänen keinerlei Eintragungen hinsichtlich ihrer Nutzung.
Nach allem ist nichts dafür ersichtlich, dass für die vom Antragsteller betriebene Brennerei im nördlichen Anbau eine Baugenehmigung existieren würde. Von einer verfahrensfreien Nutzungsänderung i.S.d. Art. 57 Abs. 4 BayBO kann schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil für die Nutzung eines Gebäudes bzw. eines Raumes als Brennerei andere öffentlich-rechtliche Anforderungen nach Art. 60 Satz 1 und Art. 62 BayBO in Betracht kommen als für die bisherige Nutzung als Futterküche (oder als Abstellraum). So sind hier an die neue Nutzung andere Anforderungen in Bezug auf das Immissionsschutzrecht bzw. Umweltrecht (Geruchsbelastung, Lärmbelastung, Entwicklung von Rauchgasen, erhöhte Brand- bzw. Explosionsgefahr) zu stellen (vgl. Lechner/Busse in Simon/Busse, BayBO, Art. 57 Rn. 416 ff.). In bauplanungsrechtlicher Hinsicht stellt sich die Genehmigungsfrage jedenfalls neu. Dass die Zulassung der Brennanlage durch das Zollkommissariat Karlstadt am Main bzw. das Hauptzollamt in Würzburg keine baurechtliche Genehmigung darstellt oder eine solche ersetzt, bedarf keiner näheren Begründung.
2.3.3 Ohne dass es noch entscheidend darauf ankäme, fehlt es darüber hinaus auch aus einem weiteren Grund an der Schutzwürdigkeit des Antragstellers. Denn der Betrieb des Antragstellers wird (wohl) nicht dem Stand der Technik und dem Vermeidungsgrundsatz entsprechend betrieben, wie sich aus der immissionsschutzfachlichen Bewertung des Umweltingenieurs beim Landratsamt Main-Spessart ergibt. So entspricht die Ableitung der von Antragstellerseite geschilderten, offensichtlich mit Ruß beladenen Rauchgase nicht dem Stand der Technik und dem Vermeidungsgrundsatz des § 22 BImSchG. Derartige Feuerungsabgase entstehen in der Regel eher bei unsachgemäßer Bedienung der Feuerungsanlage, so zum Beispiel bei zu viel Brennstoff, falschem Brennstoff, zu geringer Luftzufuhr oder bei einem Defekt der Anlage (vgl. fachtechnische Stellungnahme des Umweltingenieurs vom 30.1.2018).
Beachtlich bei der Frage, ob die Grenze des Zumutbaren im Sinne des § 15 Abs. 1 BauNVO überschritten wird, sind weiter nur solche Emissionen, die auch bei Einhaltung der Betreiberpflichten nach § 22 Abs. 1 BImschG entstehen würden. Denn der Antragsteller kann bei der Bestimmung dessen, was jedem der beiden Nachbarn unter Berücksichtigung des Gebots der gegenseitigen Rücksichtnahme an Belästigungen zumutbar ist, in die vorzunehmende Abwägung der gegenläufigen Interessen nur solche (Rechts-) Positionen einbringen, die im Einzelfall schutzwürdig sind. Schutzwürdig ist seine Position als Betreiber der Brennerei aber nur, wenn er selbst die ihm als Betreiber obliegenden Pflichten nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz einhält. Zwar ist die Durchsetzung dieser Pflicht nicht ohne weiteres gewährleistet, weil insbesondere § 24 BImSchG ein Einschreiten gegen den die Grundpflichten nicht erfüllenden Betreiber in das Ermessen der zuständigen Behörde stellt. Jedoch wäre es nicht gerechtfertigt, demjenigen, der sein Grundstück in der baurechtlich allgemein zulässigen Weise bebauen will, dieses Recht nur deshalb vorzuenthalten, weil der Betreiber der emittierenden Anlage die ihm gesetzlich obliegenden Pflichten nicht erfüllt und die Behörde nichts tut, ihn dazu anzuhalten (vgl. BayVGH, B.v. 3.8.2000 – 1 CS 99.2116 – juris).
Der Umweltingenieur beim Landratsamt Main-Spessart kommt in einer fachlichen Stellungnahme vom 30. Januar 2018 zu der zusammenfassenden Feststellung, dass bei einem bestimmungsgemäßen Betrieb der Brennerei nach dem Stand der Technik und unter Berücksichtigung der Vorgaben des § 22 BImSchG keine unzumutbaren Immissionen auf das geplante Wohnhaus einwirken würden, die eine weitergehende Einschränkung des Brennereibetriebs bewirken würden. Damit kann – einen genehmigten Brennereibetrieb unterstellt, was hier aber angesichts der obigen Ausführungen nicht der Fall ist – nicht davon gesprochen werden, dass sich das Maß der durch den Antragsteller auszuübenden Rücksichtnahme gegenüber der hinzutretenden Wohnbebauung erhöhen würde.
3. Nachdem die Klage des Antragstellers nach allem voraussichtlich mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben wird, überwiegt das Interesse der Beigeladenen an einer baldigen Ausnutzung der Baugenehmigung das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage. Somit konnte der Antrag keinen Erfolg haben und war mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Da sich die Beigeladenen durch eigene Antragstellung am Prozesskostenrisiko beteiligt haben, entsprach es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Aufwendungen dem Antragsteller aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 i.V.m. § 154 Abs. 3 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2 und § 63 Abs. 2 GKG. Nachbarklagen werden nach Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 mit 7.500,00 EUR bis 15.000,00 EUR im Hauptsacheverfahren bewertet. Die Kammer hält im vorliegenden Fall in der Hauptsache einen Streitwert von 10.000,00 EUR für angemessen, der für das vorliegende Sofortverfahren zu halbieren ist (Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben