Baurecht

Erschließungsbeitrag für eine Außenbereichsanlage und Abgrenzung des Außenbereichs vom Innenbereich

Aktenzeichen  6 CS 21.887

Datum:
10.11.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 36750
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayKAG Art. 5a
BauGB § 34, § 35, § 131 Abs. 1 S. 1, § 133 Abs. 1

 

Leitsatz

Unter den Begriff der Bebauung, die einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bilden und damit auch einen Bebauungszusammenhang am Ortsrand fortsetzen kann, fallen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen. Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt zu werden pfle-gen, sind dagegen unabhängig davon, ob sie landwirtschaftlichen Zwecken (zB Scheunen, Ställe oder Maschinenhallen), Freizeitzwecken (zB kleine Wochenendhäuser, Gartenhäuser) oder sonstigen Zwecken dienen, in aller Regel keine Bauten, die einen Bebauungszusammenhang vermitteln können. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 2 S 20.2690 2021-03-02 Bes VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 2. März 2021 – Au 2 S 20.2690 – die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Erschließungsbeitragsbescheid der Antragsgegnerin vom 6. November 2020 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 7. Dezember 2020 angeordnet.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 9.154,50 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragsgegnerin zog den Antragsteller mit Bescheid vom 6. November 2020 und Änderungsbescheid vom 7. Dezember 2020 als Eigentümer der aneinandergrenzenden Grundstücke FlNr. 243 und 243/2 für die erstmalige endgültige Herstellung der Verkehrsanlage „Ölmühlhang“ zu Erschließungsbeiträgen in Höhe von insgesamt 36.680,- € heran (21.598,- € für FlNr. 243 und 15.082,- € für FlNr. 234/2). Der Antragsteller erhob dagegen Widerspruch und beantragte bei der Antragsgegnerin ohne Erfolg die Aussetzung der Vollziehung.
Seinen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gemäß § 80 Abs. 5 VwGO hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 2. März 2021 abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt: An der Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung bestünden weder dem Grunde nach noch in der Höhe ernstliche Zweifel. Die abgerechnete Erschließungsanlage „Ölmühlhang“ bestehe zwar schon länger, sei aber erst durch die im Jahr 2018 bautechnisch abgeschlossenen Straßenbaumaßnahmen und den durchgeführten Grunderwerb erstmalig endgültig hergestellt worden. Mit Eingang der letzten Rechnung bei der Antragsgegnerin am 15. Juni 2020 sei die sachliche Beitragspflicht entstanden. Beide zum Beitrag herangezogenen Grundstücke des Antragstellers seien zum Teil dem unbeplanten Innenbereich gemäß § 34 BauGB zuzuordnen und gehörten damit gemäß § 133 Abs. 1 BauGB grundsätzlich zum Kreis der durch die Verkehrsanlage „Ölmühlhang“ erschlossenen und damit beitragspflichtigen Grundstücke. Die Antragsgegnerin habe bei der Beitragsbemessung auch die jeweiligen Innenbereichsflächen zutreffend bestimmt.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, auf deren Begründung Bezug genommen wird.
Die Antragsgegnerin verteidigt den angefochtenen Beschluss.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und begründet.
Aus den mit der Beschwerdeschrift fristgerecht dargelegten Gründen (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO) bestehen ernstliche Zweifel im Sinn von § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erschließungsbeitragsbescheids.
Nach der das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kennzeichnenden summarischen Prüfung dürfte das Grundstück FlNr. 243/2 insgesamt dem bauplanungsrechtlichen Außenbereich im Sinn des § 35 BauGB zuzuordnen sein und daher nicht zum Kreis derjenigen Grundstücke gehören, die auf der Grundlage von Art. 5a KAG in Verbindung mit den §§ 127 ff. BauGB und der Straßenerschließungsbeitragssatzung – SEBS – vom 25. April 2012 (ABl. Nr. 7/2012), zuletzt geändert durch Satzung vom 24. Juli 2019 (ABl. Nr. 16/2019) zu Erschließungsbeiträgen für die Herstellung der Straße „Ölmühlhang“ herangezogen werden dürfen (1.). Das westlich angrenzende Grundstück FlNr. 243 gehört zwar dem Bebauungszusammenhang (noch) teilweise an und ist damit grundsätzlich beitragspflichtig, seine dem Innenbereich zuzurechnende und damit beitragspflichtige Fläche wurde jedoch bei der Beitragsberechnung – wohl -zu groß angesetzt (2.). Vor diesem Hintergrund begegnet der angefochtene Beitragsbescheid erheblichen rechtlichen Bedenken, die zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hinsichtlich beider Grundstücke führen.
1. Das 9.763 m2 große Grundstück FlNr. 243/2 dürfte – entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts – insgesamt nicht mehr dem (unbeplanten) Innenbereich (§ 34 BauGB), sondern bereits dem bauplanungsrechtlichen Außenbereich im Sinn des § 35 BauGB zuzuordnen und deshalb nicht erschließungsbeitragspflichtig sein.
Nach Aktenlage sprechen gute Gründe dafür, dass der durch die Bebauung am „Ölmühlhang“ gebildete Ortsteil in Richtung Osten auf beiden Seiten der Straße auf der Linie endet, die durch die östlichen Grenzen der mit Wohnhäusern bebauten Grundstücke FlNr. 243 (südlich der Straße) und 120/45 (nördlich der Straße) gebildet wird. Das östlich an FlNr. 243 anschließende Grundstück FlNr. 243/2 dürfte – ebenso wie das nördlich der Straße gelegene Grundstück FlNr. 1220 – bereits dem Außenbereich zuzuordnen sein.
Ein Grundstück ist Bestandteil des Bebauungszusammenhangs im Sinn von § 34 BauGB, wenn die tatsächlich vorhandene Bebauung trotz bestehender Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zu beurteilende Fläche diesem Zusammenhang angehört. Maßgeblich ist die tatsächlich vorhandene Bebauung, die Gründe für deren Genehmigung sind unerheblich. Jedoch ist „Bebauung“ im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht jede beliebige bauliche Anlage. Unter den Begriff der Bebauung, die einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bilden und damit auch einen Bebauungszusammenhang am Ortsrand fortsetzen kann, fallen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (vgl. BVerwG, B.v. 5.4.2017 – 4 B 46.16 – juris Rn. 6). Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt zu werden pflegen, sind dagegen unabhängig davon, ob sie landwirtschaftlichen Zwecken (z. B. Scheunen, Ställe oder Maschinenhallen), Freizeitzwecken (z.B. kleine Wochenendhäuser, Gartenhäuser) oder sonstigen Zwecken dienen, in aller Regel keine Bauten, die einen Bebauungszusammenhang vermitteln können (vgl. BayVGH, B.v. 6.7.2015 – 1 B 14.1715 – juris Rn. 15 m.w.N.; B.v. 16.2.2015 – 6 ZB 13.896 – juris Rn. 8 m.w.N.). Soweit in der Rechtsprechung von diesem Grundsatz Ausnahmen zugelassen wurden, handelt es sich um Gebäude, die zumindest vorübergehend dem Aufenthalt von Menschen dienen und darüber hinaus weitere Besonderheiten aufweisen (vgl. BVerwG, B.v. 2.4.2007 – 4 B 7.07 – juris; B.v. 11.7.2002 – 4 B 30.02 – juris).
Von diesen Grundsätzen ausgehend dürfte das Grundstück FlNr. 243/2 bereits dem Außenbereich zuzuordnen sein. Es ist zwar im nördlichen Bereich zur Straße hin bebaut, gleichwohl aber insgesamt geprägt durch die landwirtschaftliche, dem Außenbereich zuzuordnende Nutzung. Die darauf befindliche – privilegiert errichtete (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB) – Maschinenhalle ist eine Nebenanlage des landwirtschaftlichen Betriebs des Antragstellers und dient nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen im oben dargelegten Sinn. Diese bauliche Anlage ist in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts deshalb – bei summarischer Prüfung – nicht geeignet, den Bebauungszusammenhang bis zu dem östlich angrenzenden, mit einem ehemaligen Austragshaus bebauten Grundstück FlNr. 243/4 fortzuführen. Anhaltspunkte für die Annahme eines Ausnahmefalls sind von der Antragsgegnerin nicht vorgetragen worden und sind auch sonst nicht ersichtlich. Mit einer Breite von ca. 45 m und einer Tiefe von bis zu ca. 150 m ist das Grundstück FlNr. 243/2 so groß, dass man auch nicht von einer den Bebauungszusammenhang nicht unterbrechenden „Baulücke“ ausgehen kann. Dies gilt umso mehr, als auch die Bebauung auf der gegenüberliegenden Straßenseite in etwa auf Höhe des westlich des Grundstücks FlNr. 243/2 angrenzenden, mit dem Wohnhaus des Antragstellers bebauten Grundstücks FlNr. 243 endet.
Erschließungsbeitragsrechtlich hat eine Außenbereichslage zur Folge, dass das Grundstück FlNr. 243/2 aus dem Kreis der nach § 131 Abs. 1 Satz 1, § 133 Abs. 1 BauGB erschlossenen und damit beitragspflichtigen Grundstücke vollständig herausfällt (und die übrigen erschlossenen Grundstücke entsprechend höher zu belasten sind). Denn zum einen sind Grundstücke im Außenbereich kein Bauland im Sinn von § 133 Abs. 1 BauGB und deshalb selbst dann nicht erschließungsbeitragspflichtig, wenn sie tatsächlich und rechtmäßig bebaut sind. Zum anderen grenzt das Grundstück nicht an eine beitragsfähige Erschließungsanlage, weil die Straße „Ölmühlhang“ auf seiner Höhe nicht mehr diese Eigenschaft aufweist; denn ein Straßenzug verliert seine Bestimmung zum Anbau im Sinn von § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB und damit zugleich seine Eigenschaft als Erschließungsanlage dort, wo er beidseitig endgültig in den Außenbereich oder einen durch planerische Festsetzungen der Bebauung entzogenen Bereich übergeht (BayVGH, B.v. 16.2.2021 – 6 CS 20. 3153 – juris Rn. 11).
2. Das (Nachbar-)Grundstück FlNr. 243, das insgesamt 5.851 m² groß und im nördlichen Teil zum „Ölmühlhang“ hin mit einem Wohnhaus bebaut ist, gehört zwar teilweise noch dem unbeplanten Innenbereich an und unterliegt deshalb grundsätzlich der Erschließungsbeitragspflicht. Allerdings hat die Antragsgegnerin die dem Innenbereich zuzurechnende Fläche mit 3.240 m² wohl deutlich zu groß bemessen und deshalb bei Anwendung des kombinierten Grundstücksflächen- und Geschossflächenmaßstabs nach Maßgabe von § 4 SEBS einen zu hohen Beitrag angesetzt.
Aus den vom Verwaltungsgericht angeführten Gründen wird das Grundstück FlNr. 243 von der abgerechneten Straße im Sinn des § 131 Abs. 1, § 133 Abs. 1 BauGB erschlossen und zählt deshalb – der Fläche nach teilweise – zum Abrechnungsgebiet. Dieses Grundstück schließt sich unmittelbar östlich an die im Zusammenhang bebauten Grundstücke des Ortsteils an. Es ist mit einem Wohnhaus sowie Nebengebäuden bebaut und setzt damit den Bebauungszusammenhang fort. Im Süden geht es allerdings – unstreitig – in den Außenbereich über.
a) Für die auch insoweit gebotene Abgrenzung von Innen- und Außenbereichsflächen kommt es wiederum maßgeblich darauf an, wie weit sich das Grundstück noch in einem Bebauungszusammenhang befindet, der einem Ortsteil angehört. Das hängt allein von den tatsächlichen Gegebenheiten ab. Aus der Sicht des Erschließungsbeitragsrechts steht dabei weniger der Grundsatz im Vordergrund, dass der Bebauungszusammenhang in der Regel am letzten Baukörper der Ortslage endet. Entscheidend ist vielmehr, dass die typische wohnakzessorische Nutzung bebauter Grundstücke, insbesondere ein angemessener Hausgarten, regelmäßig noch ganz oder teilweise zum Innenbereich gehört (vgl. BVerwG, U.v. 12.11.2014 – 9 C 7.13 – juris Rn. 25 f.). Daraus folgt für den Fall eines in den Außenbereich übergehenden Grundstücks: Das Erschlossensein endet nicht unmittelbar an der in Richtung Außenbereich zeigenden Hauswand; es umfasst vielmehr auch den angrenzenden Hausgarten mit seiner ortsüblichen Ausdehnung, und zwar sowohl in der Breite, als auch in der Tiefe. Die Grenzziehung kann im Einzelfall aufwändige Ermittlungen erfordern und bewegt sich naturgemäß innerhalb einer gewissen Bandbreite (Schmitz, Erschließungsbeiträge, 2018, § 13 Rn. 32). Um zu beurteilen, ob ein Grundstück innerhalb des Bebauungszusammenhangs liegt, bedarf es einer „echten Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts“ durch den Tatrichter (BVerwG, U.v. 16.9.2010 – 4 C 7.10 – juris Rn. 12). Eine derartige Bewertung des konkreten Einzelfalls ist in einem auf summarische Prüfung angelegten Eilverfahren grundsätzlich nur nach Aktenlage möglich.
Gemessen an diesem Maßstab sprechen gute Gründe dafür, dass das insgesamt 5.851 m² große, vom unbeplanten Innenbereich in den Außenbereich übergehende Grundstück FlNr. 243 lediglich im Umgriff seiner mit dem Wohnhaus bebauten Flächen einschließlich eines wohnakzessorischen typischen Hausgartens nach Süden hin noch dem Innenbereich zugeordnet werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 12.11.2014 – 9 C 9.13 – juris Rn. 27 m.w.N.). Das dürfte – entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts – eine deutlich kleinere Fläche umfassen als von der Antragsgegnerin bei ihrer Beitragsberechnung zugrunde gelegt wurde. Denn die im südlichen Grundstücksteil vorhandene Wagenremise vermag einen Bebauungszusammenhang nicht herzustellen. Bei ihr handelt es sich um eine untergeordnete bauliche Nebenanlage, die nicht für den ständigen Aufenthalt von Menschen bestimmt ist; damit ist sie nicht geeignet, die Ausdehnung des Innenbereiches bis dorthin zu rechtfertigen. Auch die in den Akten befindlichen Luftbilder und Pläne sprechen deutlich für die Auffassung, dass lediglich eine wesentlich kleinere Fläche des Grundstücks FlNr. 243 als wohnakzessorisch typischer Hausgarten dem Innenbereich zuzuordnen ist.
b) Entgegen der Sichtweise der Antragsgegnerin kann sich aus ihrer Straßenerschließungsbeitragssatzung kein anderer Abgrenzungsmaßstab ergeben. Nach § 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. b) SEBS gilt in Übereinstimmung mit der gesetzlichen Vorgabe aus § 131 Abs. 1 Satz 1, § 133 Abs. 1 BauGB als Grundstücksfläche bei Grundstücken im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB), die – wie hier – in den Außenbereich (§ 34 BauGB) übergehen und bei denen sich die Grenze zwischen Innen- und Außenbereich nicht aus einer Satzung nach § 34 Abs. 4 BauGB ergibt, die Grundstücksfläche im Innenbereich. Zwar ist nach § 4 Abs. 2 Satz 3 SEBS für den Fall, dass die bauliche oder gewerbliche Nutzung über diese Grenze hinausreicht, die Grundstücksfläche maßgebend, die durch die hintere Grenze der Nutzung bestimmt wird. Das hat indes keine eigenständige, den Abgrenzungsmaßstab erweiternde Bedeutung. Eine solche Vorschrift ergänzt üblicherweise eine Tiefenbegrenzungsregelung (vgl. Schmitz, Erschließungsbeiträge, 2018, § 13 Rn. 47), wie sie die Satzung der Beklagten jedoch nicht – mehr – vorsieht. Mit ihr soll lediglich sichergestellt werden, dass im Einzelfall ein Grundstück, das über die pauschal bestimmte Tiefengrenze hinaus baulich oder gewerblich genutzt wird, auch im Hinblick auf diese „übergreifend genutzten“ Flächen bei der Aufwandsverteilung berücksichtigt wird. Ihr kann aber schon deshalb nicht entnommen werden, der Satzungsgeber wolle auch Außenbereichsflächen erschließungsbeitragsrechtlich berücksichtigen, weil § 132 BauGB hierfür keine Ermächtigung enthält.
c) Die ernstlichen Zweifel an der Beitragsbemessung rechtfertigen es, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs auch für das Grundstück FlNr. 243 in vollem Umfang anzuordnen, weil im Beschwerdeverfahren die Einholung einer Vergleichsberechnung regelmäßig ausscheidet (BayVGH, B.v. 15.5.2001 – 6 CS 99.2783 – juris). Das vorläufige Verfahren ist seiner Natur nach für derartige Umrechnungen nicht geeignet. Es bleibt deshalb Aufgabe des Hauptsacheverfahrens, die Rechtmäßigkeit des Beitragsanspruchs im Hinblick auf das Grundstück FlNr. 243 nach Maßgabe einer neuen Berechnung im Einzelnen zu überprüfen.
Darüber hinaus bleibt dem Hauptsacheverfahren auch die abschließende Beurteilung der weiter aufgeworfenen Fragen vorbehalten, wie weit die abgerechnete Erschließungsanlage „Ölmühlhang“ reicht und ob es sich um eine historische Straße handelt oder wann sie die Qualität einer erstmalig endgültig hergestellten A.straße erlangt hat. Der Senat weist in diesem Zusammenhang allerdings darauf hin, dass das Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss zutreffend darauf abgestellt hat, dass sich die räumliche Ausdehnung einer Erschließungsanlage grundsätzlich nicht nach Straßennamen, Grundstücksgrenzen oder dem zeitlichen Ablauf von Planung und Bauausführung bestimmt, sondern maßgeblich auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen ist, die sich einem unbefangenen Beobachter bei natürlicher Betrachtungsweise darstellen. Davon ausgehend dürfte der im Jahr 1986 im Zuge des Ausbaus der K3. Straße technisch mit hergestellte 94 m lange Teil des (jetzigen) „Ölmühlhangs“, an dem auch das Grundstück FlNr. 243 anliegt, keine eigenständige Erschließungsanlage darstellen, unabhängig davon, ob dieser Teil zum damaligen Zeitpunkt noch zur Ortsverbindungsstraße K3. Straße gehörte.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG, wobei der Senat im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO in ständiger Rechtsprechung ein Viertel des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts ansetzt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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