Baurecht

Feststellung eines Bebauungszusammenhanges

Aktenzeichen  M 11 K 15.1183

Datum:
14.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB BauGB § 29 Abs. 1, § 34 Abs. 1 S. 1, § 35 Abs. 2, Abs. 3
BayBO BayBO Art. 58, Art. 59

 

Leitsatz

Für die Beurteilung der Frage ob eine bauliche Anlage einem Bebauungszusammenhang zuzurechnen ist, ist eine umfassende Wertung und Bewertung der konkreten Gegebenheiten des Einzelfalles vorzunehmen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung des beantragten Vorbescheids, da hinsichtlich der gestellten Frage nach der grundsätzlichen Bebaubarkeit des streitgegenständlichen Grundstücks mit Wohnbebauung dem Bauvorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind (Art. 71 Satz 4, Art. 68 Bayerische Bauordnung – BayBO, § 113 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf den Bescheid vom 23. April 2015 verwiesen (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Im Übrigen wird angemerkt:
Das klägerische Grundstück liegt im Außenbereich. Die landwirtschaftliche Lager-/Maschinenhalle auf Fl.Nr. …, Gemarkung …, vermittelt keinen Bebauungszusammenhang. Sie dient nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen.
Dabei ist zu beachten, dass nicht jede bauliche Anlage im Sinne von § 29 Absatz 1 BauGB geeignet ist, an der Entstehung eines Bebauungszusammenhangs im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB mitzuwirken, sondern dass es sich insoweit um eine maßstabbildende Bebauung handeln muss, mithin grundsätzlich um Anlagen und Flächen, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen; hingegen fehlt Baulichkeiten, die ausschließlich landwirtschaftlichen Zwecken dienen, Wochenend- und Gartenhäusern für sich genommen die maßstabbildende Kraft, um ein die Siedlungsstruktur prägendes Element zu bilden. Gleichwohl können auch solche Bauten gegebenenfalls an einem vorhandenen Bebauungszusammenhang teilnehmen. Dies kann zum einen der Fall sein, wenn sie sich in einer Baulücke oder in einem Bereich befinden, der wegen seiner Lage vor einer aus den topografischen Verhältnissen erkennbar hervorgehenden Grenze noch zum Innenbereich zu zählen ist.
Ein Bebauungszusammenhang kann sich jedoch zum anderen auch noch über den Baukörper der letzten maßstabbildenden baulichen Anlage hinaus auf eine Baulichkeit oder einen Bereich erstrecken, die oder der dieser letzten maßstabbildenden baulichen Anlage erkennbar zugeordnet sind. Insoweit wird teilweise von den Grundstücksteilen gesprochen, die am letzten Baukörper anschließen und als Hof-, Garten oder Erholungsraum genutzt werden. Ferner kann ein zu einem benachbarten Anwesen gehörendes, für sich genommen nicht maßstabbildendes Nebengebäude als letztes Bauwerk eines Ortsteils noch zum Innenbereich gezählt werden (BVerwG, B. v.2.3.2000 – 4 B 15.00, ; VG München, U. v. 12.6.2007 – M 1 K 06.4755, ).
Maßgeblich, ob eine bauliche Anlage einem Bebauungszusammenhang zuzurechnen ist, ist jedenfalls immer, wie weit eine aufeinanderfolgende Bebauung nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche selbst diesem Zusammenhang angehört. Das ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben zu entscheiden, sondern bedarf einer umfassenden Wertung und Bewertung der konkreten Gegebenheiten im Einzelfall. Grundlage sind allein die äußerlich erkennbaren (optisch wahrnehmbaren) tatsächlichen und örtlichen Gegebenheiten (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Komm. zum BauGB, Bd. 2, § 34 Rn. 19 ff).
Das landwirtschaftliche Nebengebäude auf der Fl.Nr. …, Gemarkung …, ist erkennbar keinem Hauptgebäude zugeordnet und erweckt auch nicht den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit. Es nimmt deshalb nicht am Bebauungszusammenhang teil. Vielmehr handelt es sich um eine „normale“ landwirtschaftliche Lager- und Maschinenhalle mit Photovoltaik.
Selbst wenn jedoch die Lagerhalle als maßstabsbildendes Gebäude anzusehen wäre, stellt das klägerische Grundstück keine Baulücke dar, da es dann lediglich von zwei Seiten und nicht von drei Seiten bebaut wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 162 Abs. 3 VwGO, § 154 Abs. 3 VwGO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 40.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. dem Streitwertkatalog).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


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