Baurecht

Gerichtliche Überprüfung eines Abmarkungsbescheides

Aktenzeichen  Au 4 K 17.1325

Datum:
14.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 3840
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AbmG Art. 2, Art. 7, Art. 21

 

Leitsatz

1. Die verwaltungsgerichtliche Überprüfung der Abmarkung beschränkt sich auf die Frage, ob die Abmarkung mit den Vermessungsfeststellungen des Liegenschaftskatasters bzw. der Katasternachweise übereinstimmt. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
2. Streitigkeiten über den Verlauf der Eigentumsgrenze fallen in die Zuständigkeit der Zivilgerichte. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Abmarkungsbescheid vom 13. Juni 2017 in Gestalt des Abmarkungsbescheids vom 31. Juli 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Gegenstand der vorliegenden Klage können die am 2. Juni 2017 vorgenommen Abmarkung sowie die hierzu ergangenen Abmarkungsbescheide nur insoweit sein, als zwei Grenzpunkte mit Grenznägeln abgemarkt wurden, wie im Riss 3393 eingetragen und in den den Abmarkungsbescheiden vom 13. Juni 2017 (dort wohl nicht auf den ersten Blick erkennbar) und vom 31. Juli 2017 beigefügten Skizzen dargestellt. Soweit hinsichtlich zweier weiterer Grenzpunkte die Abmarkung gem. Art. 7 Abs. 3 AbmG zurückgestellt wurde, ist insoweit eine Abmarkung gerade nicht erfolgt, so dass sich die Klage zulässigerweise hierauf nicht erstrecken kann. Ein Betroffener muss, will er die Aufhebung der in der Natur erfolgten Abmarkung – diese stellt einen feststellenden Verwaltungsakt dar (vgl. BayVGH, B.v. 7.6.2000 – 19 ZB 99.476 – juris Rn. 6) – erreichen, gegen diesen, ihm durch den Abmarkungsbescheid bekanntgegebenen Verwaltungsakt im Wege der Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO vorgehen (VG München, U.v. 25.10.2017 – M 23 K 17.589 – juris Rn. 16). Allerdings kann der „Abmarkungsbescheid” als solcher nicht isoliert und getrennt von der Abmarkung angefochten werden (vgl. BayVGH, B.v. 7.6.2000 – 19 ZB 99.476 – juris Rn. 6). Hat daher hinsichtlich der zurückgestellten Grenzpunkte keine Abmarkung stattgefunden, kann eine solche auch nicht mittels Klage gegen die entsprechenden – die Zurückstellung auch kennzeichnenden – Abmarkungsbescheide angefochten werden.
Die Abmarkung der beiden Grenzpunkte war rechtmäßig.
Die verwaltungsgerichtliche Überprüfung der Abmarkung beschränkt sich auf die Frage, ob die Abmarkung mit den Vermessungsfeststellungen des Liegenschaftskatasters bzw. der Katasternachweise (insbesondere der Fortführungsrisse) übereinstimmt (Art. 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AbmG; vgl. VG München, U.v. 30.1.2013 – M 23 K 12.156 – juris Rn. 16). Geprüft wird mithin nur die Übereinstimmung der festgestellten Grenze mit den Unterlagen des Liegenschaftskatasters, nicht aber die Übereinstimmung des Grenznachweises im Liegenschaftskataster mit der materiell rechtmäßigen Grenze (vgl. VG Augsburg, U.v. 15.1.2014 – Au 4 K 13.1299 – juris Rn. 40 m.w.N.). Streitigkeiten über den Verlauf der Eigentumsgrenze fallen in die Zuständigkeit der Zivilgerichte (vgl. Art. 21 Abs. 2 Satz 2 AbmG); bei der Klärung von Streitigkeiten über das Eigentum an Grund und Boden und der Klärung von Streitigkeiten über die örtliche Kennzeichnung der Grundstücksgrenzen handelt es sich um unterschiedliche Streitgegenstände (VG München, U.v. 30.1.2013 – M 23 K 12.156 – juris Rn. 17).
Nach diesen Maßgaben sind Rechtsfehler der Abmarkung sowie der hierzu gem. Art. 17 Abs. 2 AbmG ergangenen Abmarkungsbescheide nicht erkennbar.
Die Klägerin hat (pauschal) vorgetragen, die Abmarkung entspreche nicht den „tatsächlichen Verhältnissen“; die Abmarkung sei so erfolgt, dass sich die Stelle der Mauer (an der die Abmarkung erfolgt ist) unzutreffend nicht mehr auf ihrem Grundstück befinde. Damit macht sie einen anderen Verlauf der Eigentumsgrenze aus ihrer Sicht geltend; dies zu klären ist jedoch, wie sich aus den dargestellten Maßstäben ergibt, weder Aufgabe der Vermessungsverwaltung noch der der Verwaltungsgerichte. Zur hier interessierenden Frage, ob die Abmarkung den Vermessungsfeststellungen des Liegenschaftskatasters bzw. der Katasternachweise entspricht, ist für die Klägerin näheres, insbesondere substantiiert, nichts vorgetragen worden.
Unabhängig davon ergibt sich aus den vom Beklagten im Verwaltungsstreitverfahren vorgelegten Unterlagen sowie deren schriftlichen und mündlichen Erläuterungen eindeutig, dass die am 2. Juni 2017 erfolgte Abmarkung der beiden Grenzpunkte den abmarkungsrechtlichen Anforderungen entspricht. Aus dem Fortführungsriss 1295 betreffend die Vermessung / Abmarkung vom 3. März 1960 ist klar erkennbar, dass die Abmarkung des Grenzverlaufs an der Nordseite der in Rede stehenden Mauer, d.h. zum jetzt im Eigentum der Klägerin befindlichen Grundstück hin vorgenommen wurde, so dass sich diese Mauer auf dem Grundstück der Beigeladenen befinden sollte. Dies verbalisiert das zugehörige Abmarkungsprotokoll 1074 mit den Worten, dass als neue Grenze gegen das städtische Grundstück (d.h. das Grundstück der Beigeladenen Fl.Nr. …) die südliche Umfassungsmauer der Autogarage und die Nordseite der westwärts anschließenden städtischen Einfriedungsmauer festgelegt wird. Ohne Erfolg bestreitet die Klägerseite, dass diese Festlegung wirksam erfolgt sei. Diese Aussage findet sich so im von den Rechtsvorgängern der Klägerin am 3. März 1960 unterschriebenen Abmarkungsprotokoll. Das pauschale, unsubstantiierte Bestreiten der Klägerseite ist auch insoweit nicht ausreichend. Vielmehr lässt sich dem – von den Voreigentümern unterschriebenen – Abmarkungsprotokoll weiter entnehmen, dass die seinerzeit Beteiligten (Rechtsvorgänger der Klägerin und Beigeladene) diese neugebildete Grenze sowie die vollzogene Abmarkung „als ihrem Willen entsprechend“ bzw. „als gesetzlich gültig“ anerkannt haben.
Dass seinerzeit in Wahrheit das nördliche Ende eines weiteren auf dem Grundstück der Beigeladenen befindlichen Mauerteils gemeint gewesen sein könnte, erschließt sich nicht. Ausweislich des genannten Fortführungsrisses wurden die beiden Grenzpunkte eindeutig auf der Nordseite der Mauer abgemarkt. Das Abmarkungsprotokoll differenziert ebenso eindeutig zwischen der Umfassungsmauer der Autogarage und der (hieran) anschließenden Einfriedungsmauer, deren Nordseite für die Grundstücksgrenze maßgeblich sein sollte. Zudem ist von der „städtischen“ Einfriedungsmauer die Rede; dass die seinerzeit Beteiligten eine städtische Mauer dem Grundstück der Rechtsvorgänger der Klägerin und nicht der Beigeladenen zuweisen wollten, ist nicht anzunehmen.
Bei späteren, ebenfalls noch in den 1960er Jahren erfolgten vermessungsbzw. abmarkungsrechtlichen Vorgängen haben sich keine Änderungen hinsichtlich des Nachweises der maßgeblichen Grenzpunkte ergeben, wie der Beklagte in Erwiderung auf die Klagen sowie in der mündlichen Verhandlung ausführlich und für die Kammer nachvollziehbar erläutert hat. Insbesondere weist der Neumessungsriss Nr. 85 wiederum eindeutig aus, dass (weiterhin) die Nordseite der in Rede stehenden Mauer die Grenze zum klägerischen Grundstück bildet. Dass die Rechtsvorgänger der Klägerin im Rahmen dieser weiteren vermessungsbzw. abmarkungsrechtlichen Vorgänge – entgegen ihrer Zustimmung am 3. März 1960 – ihre Zustimmung nicht erteilt hätten, ist den vom Beklagten vorgelegten und erläuterten Unterlagen nicht zu entnehmen.
Mithin ist der Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass der Katasternachweis hinsichtlich der streitgegenständlichen Grenzpunkte einwandfrei ist und eine entsprechende Feststellung des Grenzverlaufs zugelassen hat (vgl. Art. 2 Abs. 2 AbmG). Infolgedessen wurden im Rahmen der streitgegenständlichen Abmarkung die beiden Grenzpunkte zutreffend an der Südwest-Ecke der Umfassungsmauer und an der Nordseite der auf dem Grundstück der Beigeladenen befindlichen Mauer abgemarkt.
Der Abmarkung mangelt es auch nicht an der erforderlichen Bestimmtheit gem. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Nicht der „Abmarkungsbescheid“ gem. Art. 17 Abs. 2 AbmG, sondern die Abmarkung samt der ihr zur Grenzermittlung eines Grundstücks unter Umständen vorangegangenen Vermessung selbst stellt einen Verwaltungsakt dar. Der „Abmarkungsbescheid” bildet lediglich die förmliche Bekanntgabe dieses Verwaltungsaktes im Sinne von Art. 41 BayVwVfG, ist aber selbst ist kein Verwaltungsakt (vgl. BayVGH, B.v. 7.6.2000 – 19 ZB 99.476 – juris Rn. 6). Inwieweit die eindeutige Abmarkung mittels zweier Grenznägel – bei der die Klägerin zugegen war – unbestimmt gewesen sein könnte, erschließt sich nicht. Soweit die Klägerin die den Abmarkungsbescheiden beigefügten Skizzen beanstandet, lässt sich jedenfalls der dem Bescheid vom 31. Juli 2017 beigefügte Skizze eindeutig entnehmen, welche Grenzzeichen wo in welcher Form abgemarkt sind. Diese Skizze hat diejenige des Bescheids vom 31. Juni 2017 ersetzt.
Nach allem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Da sich die Beigeladene mangels Antragstellung dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO nicht ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit gem. § 162 Abs. 3 VwGO, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben